Welcome to Phantastik-News
 
 

  Inhalt

· Home
· Archiv
· Impressum
· Kino- & DVD-Vorschau
· News melden
· Newsletter abonnieren
· Rezensionen
· Suche
· Zum Forum!
 

  Newsletter

Newsletter-Abo
 

 
 

Marzi, Christoph: Fabula (Buch)

Christoph Marzi
Fabula
Heyne Verlag, 2007, Paperback mit Klappenbroschur, 478 Seiten, 14,00 EUR, ISBN 978-3-453-52327-2

Von Carsten Kuhr

Dies ist die Geschichte zweier Brüder aus dem schottischen Galloway. Der eine hat sich nach dem Unfalltod seines Vaters in die USA abgesetzt und eine Band gegründet. Der andere hat Karriere in der Werbewirtschaft Londons gemacht.

Colin Darcy, unser Erzähler, hat sein Leben in den letzten zehn Jahren ganz auf seine Karriere ausgerichtet. Doch eines Tages ändert sich alles. Sein bester Freund und Kollege verunglückt tödlich, seine Freundin betrügt ihn und ein Anruf der Haushälterin seiner Mutter verspricht weiteres Unheil. Anscheinend sind sowohl seine Mutter, als auch sein zum Besuch zu Hause weilender Bruder spurlos verschwunden.
Kurzerhand macht er mit seiner überstylten Verlobten Schluss und begibt sich schweren Herzens auf eine Reise in die alte, ungeliebte Heimat und in seine verdrängte Jugend.

Kaum in Galloway angekommen trifft er auf seine Jugendliebe. Zusammen machen sich die beiden auf nach Ravencraig, dem Anwesen der Darcys. Nach und nach erschließt sich uns in Erinnerungen Colins dessen traumatische Kindheit. Die Mutter der Brüder war eine begnadete Geschichtenerzählerin. Durch ihre einzigartige Gabe verstand sie es, ihre Geschichten zum Leben zu erwecken, ja, ihre Zuhörer in eine von ihr geschaffenen Realität zu versetzen. Während sie zunächst für eine glückliche, unbeschwerte Kindheit sorgte, maßregelte sie später ihre Söhne durch ihre Geschichten. Da wurden geringe Vergehen damit geahndet, dass die Kinder ohne Münder aufwachten, dass ihre Augen blutig tränten, oder dass sie von Riesenspinnen gejagt wurden. Mit zunehmenden Alter aber lernten die Jungs sich den Strafen zu entziehen. Sie verschwanden aus der Realität in ihr eigenes Rio Bravo, einer Westernwelt, in der sie die Bösen das Fürchten lehrten. Als sie erwachsen wurden, flohen sie aus dem sie einengenden Elternhaus und brachen den Kontakt ab. Nach und nach kommt Colin dem Mysterium der Verschwundenen auf die Spur. Verfolgt von der Polizei und tödlichen Bienenschwärmen eröffnet sich ihm sein phantastisches Erbe und das ganze Ausmaß eines Verbrechens aus tiefster Verzweiflung, denn ihre Mutter will sich aus dem Leben ihrer Söhne nicht heraushalten ...


Christoph Marzi verzauberte seine Leser mit der „Emily Laing“-Trilogie. Die Geschichte des Waisenkindes, mit der Stadt unter der Stadt, zeigte uns einen Autor voller Fabulierfreude und Phantasie.
Schon in der bei Arena erscheinenden „Malfuria“Trilogie ging er andere, märchenhaftere Wege.

Vorliegendes Werk ist wieder ganz anders. Wer sich ähnlich packende Abenteuer erhofft wie bei Emily, der ist hier definitiv falsch. „Fabula“ ist ein Buch der ruhigen, der nachdenklichen Töne. Es ist die Geschichte eines Mannes, der von seiner traumatischen Kindheit geprägt wurde, der sich von seiner despotischen Mutter allen Versuchen zum Trotz nie lösen konnte. Nach und nach wird deutlich, dass, obwohl er - wie sein Bruder - die Flucht ergriffen hat, diese nach wie vor seine Art zu leben bestimmt. Getrieben von den verdrängten Erinnerungen, auf der Flucht vor seiner eigenen Vergangenheit und seiner Verantwortung wird Colin durch die Geschehnisse gezwungen sich mit seiner Kindheit und seinem Erbe auseinanderzusetzen. Dass dabei lange Zeit unklar bleibt, ob er sich die Vorkommnisse nur eingebildet hat, oder ob diese Realität waren, dass die phantastischen Sequenzen und Einflüsse hinter die Darstellung des geplagten Menschen Colin Dracy zurücktraten, öffnet dem Autor den Raum seine Gestalt dezidiert zu zeichnen. Das wirkt sehr intim, das ist mehr eine Charakterstudie als ein phantastisches Abenteuer.

Gleichwohl offenbart sich dem Leser über die Kapitel eine phantastische Welt voller märchenhafter Themen. Eine Welt, die zwar nicht so voller actionreicher Dramatik fesselt, wie die „Emily Laing“-Trilogie, die aber dafür Mitleid mit dem Protagonisten weckt, die in leisten Tönen ihre Leser verzaubert.

hinzugefügt: November 16th 2007
Tester: Carsten Kuhr
Punkte:
zugehöriger Link: Heyne Verlag
Hits: 2399
Sprache:

  

[ Zurück zur Übersicht der Testberichte | Kommentar schreiben ]