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Der Fluch von Siniestro (DVD)

Der Fluch von Siniestro
GB 1961, Regie: Terence Fisher, mit Clifford Evans, Oliver Reed, Yvonne Romain u.a.

Von Thomas Harbach

Als zweiter Teil der „Koch Hammer Edition“ wird der einzige Werwolf-Film des britischen Studios, „The Curse of the Werewolf“, veröffentlicht. Regie führte, wie bei „Dracula und seine Bräute“, der Veteran Terence Fisher. Mit dem Werwolf sind im Grunde letztendlich alle Monsterfiguren der Universal-Filme aus den dreißiger und vierziger Jahre in strahlendem Technicolor wieder zum Leben erweckt worden.
Frankenstein und Dracula machten den Anfang, es folgten die Mumie und „Dr. Jekyll und Mister Hyde“. Der 1961 entstandene „The Curse of the Werewolf“ hat, wie einige der anderen Hammer-Filme, das Subgenre nicht neu erfunden, es aber mit einigen sehr guten Einfällen belebt.

Die Handlung des Films spielt im 18. Jahrhundert: Ein Bettler kommt in eine Stadt in Spanien und wundert sich, wieso es dort so still ist und die Glocken läuten. Er wird aufgeklärt: Der Siniestro feiert auf Kosten seiner Bürger ein rauschendes Hochzeitsfest. Der Bettler macht sich also auf den Weg ins Schloss, um dort um Mildtätigkeit zu bitten. Von dem arroganten Marquis bekommt er zwar Wein in Massen, auch etwas zu essen, wird aber als Spielzeug für seine Feier missbraucht und in den Kerker des Schlosses gesperrt und jahrelang vergessen.
Die stumme Tochter des Kerkermeisters widersetzt sich den sexuellen Übergriffen des Marquis und wird zum Landstreicher gesperrt, der sie vergewaltigt.

Der Film erzählt diese Vorgeschichte im Verlauf von zwanzig Minuten. Terence Fisher nimmt sich die Zeit und den Raum, um ganz bewusst von der klassischen Erwartungshaltung gegenüber der behaarten Bestie abzulenken. Während der deutsche Titel besser zu dem Film passt, hat Hammer in seinen oft zu aggressiven Werbestrategien den Werwolf als Symbol der Bedrohung in den Titel aufgenommen und so sicherlich mit der ersten Hälfte des Films eine Reihe von Zuschauern eher gelangweilt, als wirklich sinnvoll die Intention des Regisseurs unterstützt. Wie sehr die zweite Hälfte des Films deutlich effektiver, stringenter und vor allem handlungstechnisch abgerundeter ist, darf hier nicht verschwiegen werden. Die ersten zwanzig Minuten gehören optisch zu den besten Passagen, die Fisher in seiner langen Karriere gedreht hat, vom Plot her zu seinen schwächsten. Das liegt unter anderem auch an dem eloquenten Drehbuch, das sich mit dem vorhandenem Budget nicht adaptieren ließ. Wie so oft im Verlaufe seiner Hammer- Karriere musste und wollte Fisher improvisieren. Da ihm die Vorgeschichte sehr wichtig gewesen ist, hat er es mit unpassenden Mitteln versucht, auf die noch später genauer eingegangen wird.
Fisher blendet bei den sexuellen Übergriffen diskret weg und belässt es bei offensichtlichen Andeutungen. In einem der letzten „Frankenstein“-Filme sollte er auch eine Vergewaltigung inszenieren. Peter Cushing hat später laut seinen Memoiren für diese Szene die Regie übernommen, da Fisher sich zu dieser explizieren Zurschaustellung von Erotik nicht in der Lage fühlte.
Schließlich kann das junge Mädchen seinem Peiniger entkommen und wird halb erschöpft von Don Alfredo Corledo aufgenommen, wo sie am Weihnachtsabend ihr Kind zur Welt bringt und bei der Geburt stirbt. Der Junge wird Leon genannt. Alfredo pflegt den kleinen Leon zusammen mit seiner Haushaltshilfe Teresa wie sein eigenes Kind. Doch auf Leon lastet ein Fluch, nachts verwandelt er sich in einen Werwolf und reißt Ziegen und andere Haustiere. Mit Liebe und Gittern vor seinen Fenstern kann Alfredo den Wolf in sich besänftigen. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis seine Gabe oder sein Fluch wieder aufbrechen werden.

Objektiv gesehen versucht Terence Fisher in seinem Werk, zu viel Geschichte auf zu wenig Raum zu erzählen. Die drei sehr unterschiedlichen Handlungsebenen werden oft nur dank der sehr guten Off-Erzählung miteinander verbunden und dem Zuschauer fällt es ohne diesen verbalen roten Faden sichtlich schwer, die einzelnen Protagonisten und ihr Verhältnis untereinander wirklich zu unterscheiden. Dann werden allerdings wieder Passagen aus dem Off heraus erläutert, deren Sinn sich der Zuschauer selbst erschließen kann. Diese Vorgehensweise wirkt an einigen Stellen sehr unentschlossen und im außenstehenden Betrachter bleibt die Vermutung zurück, als sollte „The Curse of the Werewolf“ vielleicht der ersten Film eines weiteren Zyklus sein. Aber die Produzenten haben sich in letzter Sekunde entschlossen, den Stoff zu komprimieren und in einem Film zu erzählen. Dazu haben sich einige sachliche Fehler eingeschlichen. Der Off-Erzähler verfügt auch über Informationen, welche der impliziert als Erzähler gekennzeichnete Corledo nicht haben dürfte. Hier wäre es sinnvoller gewesen, dem Film eine Rahmenhandlung zu geben und die Figur des Erzählers faktisch mit diesem Rahmen zu etablieren. Selbst hier hätte sich eine logische Frage gestellt: viele der Informationen kann er nur von dem stummen, geistig zurückgebliebenen Mann haben. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass dieser in der Lage gewesen ist, ihm die Geschichte aufzuschreiben. Von Erzählen ganz zu schweigen.

So praktisch der Zeitsprung theoretisch sein mochte, so sehr stört er die Balance des Films. Die erste Hälfte des Films ist eine moralische Fabel. Der Werwolf entsteht durch eine Kette von verschiedenen Ereignissen, die in erster Linie mit der Willkürherrschaft der Feudalherren in einem engen Zusammenhang stehen. Das wirkt alles zu perfekt und symbolisiert von Beginn die Tragik der Figur. Die Grausamkeit der Herrschenden gebiert schließlich das Monster, das sich gegen seine „Schöpfer“ wendet. Auch wenn die Vorzeichen leicht unterschiedlich sind, hat man das Gefühl, der mystischen Frankensteinschöpfung im Vergleich zu viktorianisch-technisch induzierten Monstergeburt zu folgen. Ähnlichkeiten sind nicht nur latent vorhanden, sondern werden von Terence Fisher vor allem in der ersten Hälfte des Films mehrmals betont. Nicht zuletzt durch seine auf Gewalt beruhenden Zeugung ist die Kreatur nicht mehr oder niemals in der Lage, ein normales Leben zu führen. Er wird zu einer Gefahr für seine Mitmenschen und muss am Ende von den Ordnungskräften bekämpft werden. Diese bissige Ironie basiert auf der Tatsache, dass die Kräfte gegen ihn vorgehen müssen, deren Herr für seine Entstehung ursächlich verantwortlich ist. Dieses ironische Spiel mit den zwei Seiten einer Münze hat Terence Fisher von einem seiner ersten Filme, „The Four-Sided Triangle“, immer wieder fasziniert. Es stellt zusammen mit der unnatürlichen Schöpfung den roten Faden seines umfangreichen phantastischen Werkes dar.

Außerdem ist Fishers Film eines der wenigen Werwolf-Werke, in welchem sich der Plot positiv gesehen Gedanken um die Entstehung des ersten Mitglieds der Sippe gemacht hat. Alleine aus dieser Perspektive kann man dem Drehbuchautor Anthony Hinds – der gleichzeitig eine Reihe sehr guter Hammer-Filme produziert hat – nicht genug danken, dass er auf der Grundlage des 1933 erschienenen Romans „The Werewolf of Paris“ mit einiger Unterstützung von „Frankenstein“ und natürlich Lon Chaneys „The Wolfman“ einen eigenständigen Stoff geschrieben hat. Sicherlich hat Anthony Hinds von den unlogischen Prämissen der Vorgeschichte abgesehen eine sehr gute Werwolfgeschichte geschrieben, welche die romantisch-tragische Essenz des Romans auf die Leinwand überträgt. Hinds spielt mit der Tragik seiner brutalen Empfängnis, ohne allzu sehr ins Kitschige abzugleiten. Zusammen mit Fishers konzentrierter Regiearbeit hat der Zuschauer das Gefühl, einer ins Moderne übertragenen griechischen Tragödie zuzuschauen. Auch diese Epen haben oft unter ihrer holprigen und nicht logischen Vorgeschichte gelitten, bevor die eigentlichen Spannungsbögen schließlich in epischer Breite die eigentliche innere wie äußere Quest der fehlerbehafteten Helden beschrieben.

Dass für ein Drittel des Films für die Exposition auf eine sehr unglückliche Art und Weise verwandt worden ist, nimmt „The Curse of the Werewolf“ einen Platz auf dem Podest der Werwolf-Filme. Die letzten Zweidrittel können diese Schwächen nur bedingt ausgleichen. Vorgeschichte und Hauptstory stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang, auch wenn für den neutralen Zuschauer schnell ersichtlich wird, dass sich Fisher weniger als Psychologe denn als Actionorientierter Geschichtenerzähler wohl fühlt.

Dabei hat Hammer das Werwolf-Thema eher durch einen Zufall aufgegriffen. Zwar fehlte der Werwolf bislang in den Neuinterpretationen des britischen Studios, man scheute aber die Make Up-Kosten und hatte vor allem keine geeigneten Hintergründe. Daher kam dem Studio der Zufall zu Hilfe Auf den Sets eines unvollendeten Inquisitionsdramas, das im spanischen Bürgerkrieg spielen sollte, hat Fisher zusammen mit seinem Kameramann Artur Grant für die notwendige düstere Atmosphäre gesorgt. Wie bei den ersten „Dracula“- Filmen und seinem markanten „Frankenstein“-Epos – betrachtet man alle Teile zusammen - besticht diese Fisher/Hammer-Produktion durch ein ausdrucksstarkes, irreales Farbspektrum, dessen Intensität weniger die gruseligen Momente extrapoliert, sondern die emotionale destruktive Stimmung betont. Dadurch hebt sich dieser Hammer Film deutlich vom klassischen Monsterstreifen ab und wird zu einer tragischen Parabel über alle gesellschaftlichen Außenseiter. Während Fisher mit diesem Film seine routinierte Klasse als sehr guter Auftragsregisseur zementierte, wird der Stern des Hauptdarstellers Oliver Reed mit diesem Film aufgehen.

Um das gute Teamwork der beiden Männer besser zu verdeutlich, ist es sinnvoll, noch einmal auf die markanten Züge eines Terence Fisher.Films einzugehen. Da Fisher nun plötzlich über außerordentliche Sets verfügte, die er in seinen vorangegangenen Filmen in manchen Szenen stark vermisste und durch eine gelungene Kombination aus Matte Paintings und Modellen ersetzte, entstand mit „The Curse of the Werewolf“ einer der schönsten und vor allem technisch am meisten überzeugenden durchgestylten Filme. Obwohl der Streifen während des spanischen Bürgerkriegs spielen sollte, gelingt es ihm, die morbide gotisch-viktorianische Atmosphäre seiner anderen Horrorfilme adäquat zu übertragen.
Der junge Schauspieler Oliver Reed in der tragischen Rolle des Leon wirkte perfekt besetzt durch seinen natürlichen Charme und seine kraftvolle Erscheinung. Beauty in the Beast könnte eine treffende Beschreibung lauten. Immer wieder versucht er sich als tragischer Antiheld, der in seinem Bestreben, Gutes zu wollen und Böse zu tun, nur scheitern kann. Clifford Evans in der Rolle Leons Onkels erinnert teilweise an Claude Rains in „The Wolf Man“. Ein Aristokrat, den die Zeit eingeholt hat. Wie in vielen Hammer-Filmen ist die junge hübsche Frau das schwächste Glied der Schauspielerkette, aber am schönsten anzusehen. Catherine Feller spielt nicht schlecht, aber ihre Rolle als Stichwortgeberin ist zu wenig ausgestaltet worden. Andere Schauspieler in kleineren Rollen wie Hira Talfrey und John Gabriel geben dem Ensemble eine überraschende Tiefe.

„The Curse of the Werewolf“ ist auch heute noch einer der besten Hammer-Filme. Der Versuch allerdings, ein Epos in weniger als neunzig Minuten zu erzählen, ist von Beginn an zum Scheitern verurteilt. Hammer hatte nicht den Mut oder die Ressourcen, das Budget der Intention anzupassen. Rückblickend sicherlich eine richtige Entscheidung, denn der Film ist vielleicht nicht zuletzt aufgrund seiner erzählerischen Schwächen im ersten Drittel an der Kinokasse gescheitert. Es sollte der letzte Werwolf-Film des Studios sein, während insbesondere Vampire in verschiedenen Inkarnationen – von dem ehrbaren Christopher Lee über die Lesben der „Karlstein“-Trilogie bis zu den asiatischen Ufern – das nächste Jahrzehnt der Hammer-Produktion prägen sollten.

Gerade wegen der Ambition, eine griechische Tragödie in Gestalt eines modernen Horrorfilms zu erzählen, dem Versuch, mit einem bescheidenen Budget tricktechnisch, ausstattungsmäßig und vor allem mit soliden Schauspielern zu punkten, gehört „The Curse of the Werwolf“ neben „The Wolf Man“, „Wolfen“ und „An American Werewolf in London“ zu den besten Filmen dieses Subgenres. Die Figur des Leon, der verzweifelt versucht, den auf ihm liegenden Fluch wenn nicht zu besiegen, sondern zumindest zu kontrollieren, ist eine der besten Figuren, die Hammer in seiner langen Karriere geschaffen hat. Auch heute noch lässt sich Oliver Reeds schauspielerische Leistung in einem billigen Horrorfilm sehen und handlungstechnisch haben sich Fisher und Hinds bemüht, dem Zuschauer etwas Neues, etwas Originelles zu präsentieren. Alleine für diese Mühe muss man den Hut vor ihnen ziehen.

Koch Media präsentiert den Film in Deutschland erstmals in der ungeschnittenen und restaurierten Fassung auf DVD. Die für die Kinoauswertung und diversen Fernsehausstrahlungen entfernten Szenen sind im englischen Original mit deutschen Untertiteln zu sehen. Und mit dem restaurierten korrektem 16:9 Bildformat bekommt man den Film von Regisseur Terence Fisher in einer atemberaubenden Fassung zu sehen. Hier lässt sich Fishers gutes Auge für Bildkompositionen mit einfachsten Mitteln am Besten verfolgen. Die Farben leuchten in unbekannter Frische. Besonders das Rot/Blau wirken natürlich und nicht mehr so künstlich, die Schärfe und der Kontrast gehen in Ordnung. Die bildliche Restaurierung ist mehr als zufrieden stellend, der Ton wird in Digital Dolby 2.0 Mono wiedergegeben. Die ersten Hammer-Filme hatten keine Stereospuren. Das Bonusmaterial besteht aus einer gut gestaltete Bildergalerie und einem Comic, der als PDF Datei herunter geladen werden kann. Neben dem obligatorischen Trailer gibt es noch das informativ geschriebene sechzehnseitige Booklet, ebenfalls mit guten und seltenen Fotos versehen. Wie „Dracula und seine Bräute“ ist die Veröffentlichung „Der Fluchs von Siniestro“ ein weiterer Schritt, das umfangreiche Hammer-Werk in schönen, sammelwerten Editionen zu veröffentlichen. Unabhängig von der Tatsache, dass Koch seine Edition gleich mit zwei sehr guten und für seine Vorstellungen signifikanten Arbeiten Terence Fishers begonnen hat.

DVD-Facts:
Bild: 1,85:1 (anamorph, 16:9)
Ton: deutsch Dolby Digital 2.0 Mono, englisch Dolby Digital 2.0 Mono
Untertitel: Fehlanzeige

DVD-Extras:
Booklet, Bildergalerie, Trailer, Comic zum Film als PDF-File

hinzugefügt: September 13th 2007
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
zugehöriger Link: Koch Media
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