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Xmas Tales (The Horror Anthology 5) (DVD)

Xmas Tale (The Horror Anthology 5)
E 2005, Regie: Francisco Plaza, mit Maru Valdivielso, Ivana Baquero, Roger Babia u.a.

Von Thomas Harbach

Im Rahmen der Reihe „Six films to keep you awake“ an fünfter Stelle veröffentlicht, dürfte es diese Produktion am schwierigsten haben, ein geeignetes Publikum zu finden. Bislang hatte Francisco Paco Plaza mit seinen beiden Langfilmen unter schwachen Drehbüchern zu leiden. Visuell überzeugend schleppten sich „Second Name“ und vor allem sein Werwolf-Film „Romansanta“ eher dahin. Mit knappen siebzig Minuten ist „Xmas Tale“ eine der kürzesten Geschichten der sechs Teile und das liegt weniger an Kürzungen, sondern an der sehr kompakt erzählten Geschichte. Im Vergleich zu seinen Langfilmen kann der Regisseur seinen visuellen Stil in Kombination mit einer Reihe von optisch humorvollen Anspielungen wie comicartigen Farben gut zur Geltung bringt. Horror – in diesem Fall eine Zombiegeschichte – und Weihnachten sind immer zwei Kontraste, die nur selten schockierend und effektiv zugleich inszeniert worden sind. Dabei schlägt der außerhalb Spaniens fast gänzlich unbekannte Regisseur einen langen Bogen zu den bösartigen „Eerie“-Geschichten – selbst die Farbgebung erinnert insbesondere im verlassenen Ferienpark an diese nicht immer subtilen, aber ein jugendliches Publikum entgegen der Verbote reizenden Pulpcomics – in Kombination mit Joe Dante. Diesem gelang es nicht selten, überzeugende Kinderdarsteller in überdrehten, absurden aber sehr unterhaltsamen Geschichten darzustellen, deren Ziel keine logische Aneinanderreihung von Ereignissen ist, sondern das Erzeugen einer traumartigen, ins Surrealistische abgleitenden Atmosphäre. Und wenn Phoebe Cates in „Gremlins“ vom Tod ihres Vaters im Kamin am Weihnachtsabend berichtet, dann zerlegt der intelligente Dante ohne Gewalt die zuckersüße Atmosphäre Weihnachtens in seine oft schaurige Wahrheit. Ähnlich geht Plaza in dieser sehr geradlinigen Geschichte vor.

Fünf Kinder haben einen Club und finden im Wald in einem Erdloch eine Frau im Weihnachtsmannkostüm. Diese hat sich beim Sturz in das tiefe Loch verletzt. Zwei der Freunde wollen die Polizei zur Hilfe holen, während die anderen versuchen, sie aus dem Loch zu ziehen. Auf der Polizeistation erfahren sie durch Zufall, dass die Weihnachtsfrau in Wirklichkeit eine gefährliche Diebin ist, die beim letzten Raubzug immerhin 2 Millionen Peseten erbeutet hat. Angst und Gier treiben fortan die Kinder in ihren Handlungen an. Sie beschließen, die Frau nur gegen Zahlung der Beute aus ihrem Versteck zu lassen. Als diese schließlich nachgibt und ihnen das Geld ausliefert, sind die Verschwörer sich nicht sicher, was man jetzt mit ihr macht. Aus Angst vor Rache beschließen sie erst mit Verzögerung, die Frau aus ihrem Naturgefängnis zu befreien und kommen zu spät. Sie ist inzwischen verstorben. Als man die Polizei zum Fundort führt, ist die Leiche verschwunden. Anscheinend hat einer der Jungen eine Art Zombie-Ritual aus einem billigen Horror-Film übernommen und an ihr ausprobiert. Natürlich mit fatalen Folgen.


Dass alles eine Art Illusion ist, stellt der Regisseur von Beginn an dar. So schaut sich einer der Jungen verträumt das Plakat einer verschneiten Stadt – wahrscheinlich Moskau – an, um dann einen Augenblick später mit seinem Fahrrad und einem überdimensionalen Funkgerät – wir befinden uns in den achtziger Jahren – am Strand entlang zu fahren. Nach und nach lernen wir die anderen Kinder kennen, ihre Namen werden wie mit Sprechblasen direkt auf die Leinwand gebrannt. Sie lieben Horrorfilme.
Wie in der zweiten Folge „A real friend“, die sich mit dem Verhalten von Kindern in Zeiten arbeitender Eltern auseinandersetzt, spielt das Fernsehen als Ersatzfreund eine wichtige Rolle. Gleich zu Beginn und am Ende des Films – immer vor entscheidenden, den entscheidenden, Szenen zeigt man ausführlich Ausschnitte aus einem fiktiven, billig gemachten Horror-Film. Zum Vergnügen des Publikums wäre vielleicht ein Rückgriff auf Jacinto Molina – der ja inzwischen eine nicht unumstrittene aber blutige Rückkehr auf die Leinwand gefeiert hat – sehr effektiv gewesen, um den Unterschied zwischen der Irrealität des Kinos und der nicht weniger surrealistischen Wirklichkeit zu unterstreichen. Ausgerechnet der eine Brille tragende Intellektuelle lebt für „Karate Kid“, er trägt ein entsprechendes Stirnband, übt fleißig Kung Fu – in einer wirklich wundervollen Hommage an die David Carradine Fernsehserie „Kung Fu“ wird er zumindest für einen Augenblick seine Gruppe mit einem gezielten Kung Fu Tritt retten können – und bemüht sich um einen coolen Auftritt. Als es darum geht, die eigene Identität vor der Weihnachtsfrau in der Grube zu verstecken, wählen sie Namen aus der Fernsehserie „Das A-Team“ und streiten sich fleißig, ob die Namen auch der eigenen Identität entsprechen. Es sind diese immer wiederkehrenden Bezüge zum populären Fernsehen – ob man die Serien oder Filme mag oder ablehnt, spielt keine Rolle, wichtig ist nur, dass man sie erkennt – die an einigen Stellen die Handlungsarmut der Folge überspielen.

Mit der schwarzhaarigen Täterin im Weihnachtsmannkostüm hat das Drehbuch einen ambivalenten Charakter entwickelt. Laut fluchend, sich über die eigene Dummheit ärgernd wird sie sich schnell ihrer verzweifelten Lage bewusst. Sie hat sich beim Sturz in die Grube einen offenen Bruch des Beines zugezogen, es entwickelt sich ein Wundbrand. Als Mensch gibt ihr Paca Plaza keine sympathischen Züge, stellt sie abweisend und aggressiv dar. Trotzdem wirkt sie in ihrer verzweifelten Lage sympathisch, sie wird von den gierigen Kindern ausgenutzt und ausgenommen. Im Laufe dieser psychologisch interessant inszenierten Situation – die Erwachsene muss zu den körperlich kleineren Kindern aufsehen – arbeitet das Drehbuch immer besser die Nuancen der einzelnen Protagonisten heraus und gibt den Kindern sehr individuelle Züge in einem scharfen Kontrast zur bitterbösen Weihnachtsfrau. Dieses Konzept kann aber nur funktionieren, wenn von ihr nicht nur eine bedrohliche Ausstrahlung, sondern vor allem eine nuancierte Persönlichkeit ausstrahlt. Insbesondere hilflos im Erdloch sitzend gelingt es Maru Valdivielso mit der Unterstützung des spärlich, dann aber überzeugend eingesetzten Make Ups von Jose Quetglas – der offene Bruch an ihrem Bein hinterlässt beim Zuschauer ein sehr unangenehmes Gefühl und ist deutlich effektiver als das gute Zombiefacelifting – eine überzeugende Performance aus verschlagenem Verbrecher und zunehmend Qualen erleidender Frau abzuliefern. Ihr überzeugenden Wutausbrüche wirken bedrohlich und der Zuschauer kann sich die Angst der Kinder vorstellen, diese Frau frei – und damit auf sie loszulassen. Diese Präambel liefert die Grundlage für ihre spätere Rückkehr als gehbehinderter, aber nicht unbedingt langsamer Zombie. Und wenn sie die Axt Funken sprühend über den Steinboden schleift und an den Wänden entlang zieht, wird der Eindruck verstärkt und nicht – wie in vielen Horrorf-Flmen – erst aufgebaut.


Der Zuschauer braucht allerdings ein wenig Geduld, um nach dem effektiven Auftakt wirklich überrascht und vom Geschehen gefesselt zu werden. Insbesondere die ersten Szenen erinnern an eine – allerdings nicht mehr so zuckersüße – Mischung aus „The Goonies“ und Fred Dekkers ähnlich strukturiertem „The Monster Squad“. Die abenteuerfreudigen Kinder mit ihrem teilweise sehr altklugem Gehabe – das wird sich im Laufe der Handlung bis auf das Mädchen zu arrogant und selbstherrlich steigern – und absichtlich überzogenen Dialogen strapazieren die Sehnerven insbesondere eines erwachsenen Publikums. Trotzdem wirkt ihre Handlungsweise überzeugend. Aufgrund ihrer Fernseh-Erfahrung wissen sie um die Gefahren, die in dieser fast einzigartigen einem Lottogewinn entsprechenden Chance stecken. Die eine Hälfte der Gruppe versucht menschlich und vernünftig zu handeln, die anderen Kinder sind von der Geldgier emotionslos geworden. Sie sehen alles als Spiel, wenn nicht Experiment an. Der Vorteil dieser sehr langen Exposition ist klar ersichtlich. Das Drehbuch und die Regie möchten die Kinder im Laufe der letzten halben Stunde nicht als unschuldige Opfer – für Sex sind sie zu jung und damit entfallen rund neunzig Prozent der Motive eines typischen Slasher-Films – darstellen, sondern als junge Menschen, die mit ihren unverantwortlichen Handlungen ihr eigenes Schicksal herausgefordert haben. Die letzte halbe Stunde hat es dann in sich. Schon der fiktive Horrorfilm „Zombie Invasion“ warnt die Zuschauer und damit die Kinder. Was passiert, wenn man das beschriebene Voodoo-Ritual nicht an einem Toten, sondern an einem lebenden Menschen durchführt. Die Konsequenzen werden fürchterlich sein. Und diese Konsequenzen müssen die vier Jungen und das Mädchen in einer Nacht durchleiden. Die einzige Möglichkeit, einen Zombie zu töten, ist ihm einen spitzen Gegenstand ins linke Auge zu stechen. Da diese Zombiefrau mit ihrer Axt über eine größere Reichweite verfügt, kein leichtes Unterfangen. In einem verlassenen Freizeitpark, über deren Schlüssel die Kinder aus einem nicht näher erläuterten Grund verfügen, versuchen sie ihrem Antagonisten mehrere Fallen zu stellen. Am vorläufigen Ende gewinnen die Kinder dank des geheimen Kranichkicks aus „Karate Kid“. Die Macht des Fernsehens hat in Person der Kinder das reale Verbrechen besiegt. Bis zu dieser Stelle könnte das gesamte Geschehen auch aus einem harten Exploitation-Film und nicht einem Horror-Film stammen. Erst die letzten, bösen Minuten drehen die Schraube bis zum Anschlag und werden sicherlich eine Reihe von Zuschauern schockieren und verblüffen. Mit sichtlichem Vergnügen zeigt Francisco Paco seine Liebe für die vorlauten minderjährigen Ekelpakete, eine Liebe bis ins feuchte Grab. In der Tradition der „E.C.“-Comics der fünfziger Jahre führt er seine unterhaltsame Geschichte mit bitterbösem Humor zu einem befriedigenden Ende und gleicht damit einige Handlungsschwächen und vor allem Längen in der ersten Hälfte sehr gut aus.

Wie bei allen anderen Folgen dieser Serie finden sich außer einer Trailervorschau keine weiteren Extras auf dieser DVD. Die Bildqualität ist sehr gut, insbesondere die Nachtszenen überzeugen mit guten Kontrasten und vernünftigen Farbabstufungen, der Ton ist sauber und die Folge mit Liebe fürs Details synchronisiert.

DVD-Facts:
Bild: 1,78:1 (anamorph 16:9)
Ton: deutsch Dolby Digital 5.1, deutsch dts 5.1, spanisch Dolby Digital 5.1
Untertitel: deutsch

hinzugefügt: January 7th 2007
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
zugehöriger Link: e-m-s
Hits: 3312
Sprache:

  

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