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Masters of Horror: Pick me Up (DVD)

Masters of Horror
Pick me Up
DVD
USA 2006, Regie: Larry Cohen, mit Mar Andersons, Paul Anthony, Fairuza Balk u.a.

Von Thomas Harbach

Nach Don Coscarellis/Joe Landsdale „Incident on and off a Mountain Road“ kommt mit Larry Cohen und David J. Schow ein zweites elektrisierendes Duo und eine ähnlich ungewöhnliche Kooperation im Rahmen der „Masters of Horror“ zu Ehren. Beide Folgen haben die einsamen bergigen Straßen in einem abgeschiedenen Teil der USA zum Thema, in „Incident“ kommt es zur Auseinandersetzung zwischen Mensch und Monster, im Tenor könnte nicht zuletzt aufgrund der in der Folge an prominenter Stelle gezeigten Plakette „I survived the THING…“ die hier vorliegende Folge eine Fortsetzung im Geiste darstellen. Dazu kommt mit Larry Cohen ein immer noch innovativer Regisseur, der auf dem Höhepunkt seines Schaffens in den späten siebziger und frühen achtziger Jahren mit dem Budget einer Folge der „Masters of Horror“ wahrscheinlich zwei Filme gedreht hätte. Aber auch für sein bisheriges sehr umfangreiches Werk stellt diese Folge zumindest in einer Hinsicht Neuland dar: die überwiegende Zahl seiner phantastischen Filme und abgefahrenen Komödien, sowie die Blaxploitationfilme spielten alle im Dschungel der Großstadt und nicht im Wald dort draußen.

Obwohl der Hauptteil seines Werkes urbane Thriller sind, gehört Larry Cohen nicht zuletzt aufgrund seiner „Baby“- Trilogie, der intelligenten Fortsetzung zu Stephen Kings „Salem’s Lot“ oder seiner Mitarbeit an den „Maniac Cop“- Filmen zu den beständigen Größen des Genres. Selbst schwierige Vorhaben wie das Stop Motion Epos „Q“ oder der verrückte „The Stuff“ haben ihn nicht geschreckt. Seine Filme sind zumindest auf einer relativ simplifizierten Ebene sehr unterhaltsam, sie gehören nicht zu der Computertrickgeneration und noch weniger in die hochmodernen, sterilen Kinopaläste in den Vorstädten. Seine Heimat ist das Autokino oder vielleicht der inzwischen verfallene Programmkinopalast mit seinen Drei- Filmen- für – den – Dollar.

Diese Tradition vertritt auch David Schow, einer der Splattermeister. In den frühen achtziger Jahren mit einer Reihe morbider Geschichten und einigen wenigen Romanen ans Licht der Öffentlichkeit tretend, hat er durch seine Mitarbeit an einer Reihe von C- Filmen und unsäglichen Fortsetzungen – siehe „Leatherface“ – an Profil verloren. Daneben gehört er zu einer sehr intelligenten, Dinosaurier liebenden Kolumnistengruppe, die fundiert, aber immer noch mit dem Herzen eines Fans versehen aktuelle und nostalgische Tendenzen in einer Reihe von Genremagazinen wie „Fangoria“ oder „Video Watchdog“ kommentieren.

Gemeinsam haben sie eine weitere interessante Alternative zum eigentlich in den letzten Zügen liegenden Serienkillergenre geschaffen. Eine Frau setzt sich nicht mit einem Serienkiller in der Tradition von Filmen wie „The Hitcher“ auseinander, zwei alters – und vor allem typmäßig unterschiedliche Killer haben es auf ihr gemeinsames Objekt der Begierde abgesehen. In der Tradition Quentin Tarantinos mit seinem manchmal zu platten, aber aus dem Genre heraus stammenden Humor, seinen unzähligen und ungezählten Referenzen anderen kleinen oder großen Meisterwerken und vor allem einer notwendigen Ernsthaftigkeit dem Thema gegenüber entwickeln Cohen und Schow eine interessante, gruselige Achterbahnfahrt. Das beginnt mit der ersten Szene, in der ein sadistischer Busfahrer eine Klapperschlage überfährt und dafür vom ersten Serienkiller natürlich bestraft wird bis zum Ende. In einer surrealistischen Szene sitzen zwei Killer und ihr Opfer in einem Truck und warten, bis eine andere Schlange die Straße überquert hat. Dazwischen philosophieren sie über Gott und die Welt, warten auf einen Moment der Schwäche beim anderen und sind stolz auf ihre gruseligen Taten. Der eine agiert mehr als Jäger auf den einsamen Straßen, der andere in der Tradition der Sammler. Insbesondere Michael Moriarty – inzwischen gehört er zum Inventar von Larry Cohens Filmen – als älterer Trucker mit einer Polizeimarke, einer sehr ruhigen Art, einem sardonischen Humor und einer gefährlichen gespaltenen Persönlichkeit überzeugt in seiner differenzierten Darstellung. Warren Kole als Anhalter im Ledermantel und mit Cowboyhut hat es ungleich schwerer. Seine ganze Haltung und vor allem sein Spiel signalisieren von weitem einen gemeingefährlichen Irren. Ihm fehlt die Subtilität Moriartys, auch wenn beide ihre blutigen Szenen haben.

Der Reiz dieser Folge liegt trotz des bekannten Themas in seiner Unvorhersehbarkeit. Jeder kann jeden töten, jeder ist dazu in der Lage. Selbst die frisch geschiedene Fairuza Balk – sie tritt erst spät im Rahmen der Folge wirklich in Erscheinung und ihre Mischung aus entschlossener, sich von ihrem Mann befreiter Frau und dann wieder fast naiven Opfer hätte nuancierter und vor allem weniger zornig dargestellt werden können – hat ein gewisses Gewaltpotential und eine nicht zu leugnende Affinität zu Gewalt in sich.
Auf dem Cover der DVD erkennt der interessierte Zuschauer, dass sie sich „Freedom“ auf den Oberarm tätowiert hat, allerdings geht ihr Charakter zwischen den beiden extremen Serienkillern unter. Mehr und mehr wird sie in die Rolle der gefährdeten Spezies Frau hineingedrängt, im Vergleich zur außerordentlichen Folge „Incident…“ ein unverzeihlicher Rückschritt. Zwar spielt die Folge immer wieder mit den bekannten Klischees, sie kann sie aber nicht gänzlich umgehen.

Mit diesem Charaktertrick distanzieren die Macher auf der einen Seite die Zuschauer vom brutalen bodenständigen und bizarren Geschehen, auf der anderen Seite ermöglichen sie es ihm aber auch, weniger herzlich als eher befreiend zumindest zu schmunzeln, in einigen Passagen sogar herzhaft über die fast surrealistische Szenerie zu lachen. Im Vergleich allerdings zu einer Reihe von Nebencharakteren oder Opfern in spe verhalten sich die beiden Massenmörder in Gesellschaft ungewöhnlich zivilisiert, sie führen eine gepflegte Konversation mit natürlichen morbiden Tendenzen. Wenn man ihnen schließlich alleine gegenübersteht – und zumindest im Falle des Cowboys strahlt dieser fast von weitem eine bedrohliche Stimmung aus – ist man im allgemeinen verloren, bis die freundlichen Helfer mit der Ambulanz kommen und sich zumindest der Kreis zu Larry Cohens „The Ambulance“ schließt.

Um eine so überdrehte Folge zu beenden, greifen Schow und Cohen auf eine Reihe von falschen Enden zurück. Scheinbar besiegt und auf dem Weg ins Krankenhaus streiten sich die beiden Serienkiller noch im Krankenwagen wie Kinder. Auf dieses scheinbare Ende pflanzt das Team einen zweiten, unerwarteten Twist. Kaum hat sich der Zuschauer an dieses nihilistische, aber verdiente Ende gewöhnt, schwenkt die Kamera und offeriert eine weitere, sehr unangenehme Handlungsvariante. In diesen Szenen ähnelt die Fernsehfolge eher Joe Landsdale sehr kurzen, aber feinen Texten und weniger David J. Schows oft plakativer, provozierender Gewalt.

Die wenigen wirklich brutalen Szenen – unter anderem häutet einer der Killer sein weibliches Opfer, während nebenan eine junge Frau genervt ob der stöhnenden Geräusche an die Wand klopft und einen weiteren Raum weiter der zweite Serienkiller sein Nachtquartier aufschlägt – werden durch eine außergewöhnliche starke Schauspielerleistung in den Hintergrund gedrängt und wirken eher die Handlung unterstützend als schockierend. Diese Männer sind gefährliche und emotionslose Killer. Ein Teil des Vergnügens dieser Folge liegt in der Tatsache begraben, dass der Zuschauer zumindest ahnt, was als nächstes geschehen wird und diese Verahnung wird durch einige Drehungen und Wendungen im Manuskript ad absurdum geführt. Das sehr gute und durchdachte Manuskript wird durch eine eher unauffällige, aber sehr subtile Kameraführung unterstützt. Larry Cohen provoziert weniger Reaktionen von seinen Zuschauern, sondern setzt die Tiefe der endlosen, dunklen Wälder, die Einsamkeit der Bergstraßen und schließlich die menschenleere Einöde sehr effektiv, aber niemals im Vordergrund stehend ein.

Die Mischung aus schwarzem Humor, spannendem, bodenständigen Horror, so auf den ersten Blick durchschnittlich erscheinenden Protagonisten – jeder verfügt über eine Art zweites Gesicht – und comichaften Übertreibungen funktioniert in den vorliegenden 55 Minuten so gut, dass man sich wundert, wie schnell die Zeit vergangen ist. Eine der besten Folgen der ersten Staffel und ein Beweis für die Tatsache, dass insbesondere die B- Budget Regisseure mit dem Druck eines elftägigen Drehs besser umgehen können und sich vor allem im Bereich der Horrorliteratur besser auskennen als die in Ehren ergrauten angeblichen Meister.

Das Bild dieser DVD ist wieder außergewöhnlich, sogar deutlich kontrastreicher als bei einigen anderen Folgen der Serie. Dazu ein sehr gute 5.1 Dolby-Ton, es empfiehlt sich aber trotz der über weite Strecken sehr guten Synchronisation mit angemessenen Sprechern auf das Original zurückzukehren. Slang ist nun einmal schwer zu übersetzen. Neben einer Handvoll Interviews gibt es die leider unkommentierten „Behind the Scenes“ und zwei Making Offs. Diese geben wieder einen ernsten Eindruck von der Arbeit hinter den Kulissen, das Betrachten dieser Szenen wirkt aber in dieser Form ermüdend, ein Audiokommentar hätte hier Abhilfe geschaffen.

Bei den Interviews lohnt es sich, mit Larry Cohen – eine kurze passende und informative Biographie ist ebenfalls eingefügt – anzufangen. Leider ist das Interview am Rande des Sets während der Dreharbeiten am zweiten Tag aufgenommen worden, insbesondere bei den Fragestellungen sind die Hintergrundgeräusche sehr störend und die Kamera wirkt zumindest zu Beginn unfokussiert. Es sind wieder sehr allgemeine Fragen, auf der Routinier allerdings sehr umfassend antwortet. Viele seiner Erklärungen umfassen nicht nur die Dreharbeiten dieser Folge, sondern stellen sie in den Gesamtkontexts seines Werkes. Er antwortet sehr direkt, sehr ehrlich auf die Frage. Er lobt seine Crew und vor allem seine Schauspieler, der Zuschauer erkennt, wie wichtig ihm die richtige Chemie am Set ist und wie bei vielen Low Budget Filmen dieser Harmonie und eine gute Schauspielerische Leistung Defizite im Budget und bei den Tricks ausgleichen kann. Cohen zeigt zumindest in diesem Interview seinen subtilen Humor, er bemüht sich, sein Vorgehen, seine Intention umfassender zu erläutern und wirkt sehr überzeugend, unerschütterlich. Der Regisseur lebt seine zum Teil morbiden Fantasien in diesen Filmen aus, distanziert sich aber von den so genannten Dokumentardramen. David G. Schow könnte auf den ersten Blick keinen größeren Gegensatz darstellen, aber der Autor ist nicht nur mit Larry Cohen Filmen aufgewachsen, er kennt sich sowohl im literarischen als auch cineastischen Horrorgenre ausgezeichnet aus. Er fasst die Adaption, aber auch die Änderungen zwischen seiner Kurzgeschichte und der „Masters of Horror“ Folge sehr konzentriert, sehr kompakt, aber interessant präsentiert zusammen. Der Zuschauer erkennt, dass Schow sein Hobby nicht nur zum Beruf gemacht hat, er lebt in diesem Genre und könnte wahrscheinlich noch stundenlang berichten. Seine Antworten sind mehr als einmal überraschend expressiv, aber vom ganzen Herzen ehrlich.

Michael Moriarty geht in erster Linie auf seine langjährige Zusammenarbeit mit Larry Cohen ein und erhält von diesem einen Kuss vor laufender Kamera auf die Wange. Seine Antworten wirken allerdings in Hinblick auf das Script und seinen Charakter überzogen und ein wenig einstudiert. Er versucht seine Persönlichkeit zu definieren, hat aber selbst offensichtlich Schwierigkeiten, überhaupt einen Zugang außerhalb seiner Leinwandpräsenz zu Massenmördern oder Psychopathen zu bekommen. Seine Anspielung auf menschliche Grausamkeit in Bezug auf die Judenfrage und Abtreibungen wirken zu unüberlegt. Waren Kole sieht sowohl seinen Charakter als auch die Anlage der Rolle als cooles, vergnügliches Unternehmen. Sobald aber Details abgefragt werden oder er über die oberflächliche Ebene hinaus seine Figur charakterisieren und einschätzen soll, bleibt er seltsam distanziert und vage. Leider handeln die Fragen auch nur bei allen Interviews einzelne Szenen ab. Spätestens beim dritten Mal wird dieser Teil ermüdend. Weiterhin wird in allen Interviews auf das Klima im Team und die Zusammenarbeit mit den Routiniers eingegangen. Kole liefert aber nicht nur eine sehr gute Beschreibung von Larry Cohens Vorgehensweise am Set, sondern zeigt beispielhaft auch die Improvisationsmöglichkeiten auf. Fairuza Balk hat als Dritte im Bunde nur noch wenig zu ergänzen, sie entpuppt sich als „Texas Chainsaw Massacre III: Leatherface“. Oft agiert sie sehr expressiv, aber nicht überzeugend vor der Kamera. Ihre Antworten sind zu abgehackt und man hat das Gefühl, als Außenstehender einem Dialog beizuwohnen und nicht unbedingt in das Gespräch einbezogen zu werden.



DVD-Facts:
Bild: 1,78:1 (Widescreen anamorph)
Ton: deutsch Dolby Digital 5.1, englisch Dolby Digital 5.1

DVD-Extras:
Making of, Behind the Scenes, Interviews

hinzugefügt: October 1st 2006
Tester: Thomas Harbach
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