Boxoffice: Es ist nun möglich - „Avatar“ könnte die „Titanic“ versenken
Datum: Monday, 11.January. @ 14:07:23 CET
Thema: Kino


Waren es bisher nur eher überschwängliche Fans, die seit drei Wochen bekundeten, dass „Avatar“ den erfolgreichsten Film aller Zeiten, „Titanic“, einholen könnte, ist nach dem vierten und erneut Erfurcht gebietend starken „Avatar“-Kinowochenende (48,5 Millionen Dollar in Nordamerika, über 140 Millionen Dollar außerhalb) festzustellen: Ja, die Zahlen sprechen dafür, „Avatar“ könnte „Titanic“ als nichtinflationsbereinigt erfolgreichster Film aller Zeiten in den USA und weltweit tatsächlich ablösen. Vielleicht ist es einfach folgerichtig, dass „Titanic“-Regisseur James Cameron nur einer und ein einziger schlagen könnte: James Cameron selbst.

Nun sind wirklich sämtliche Ferien vorbei, so dass sich „Avatar“ im Alltag auf den Markt behaupten musste. Nachdem der Film in den USA drei Wochen auf sehr hohem Niveau praktisch nicht nachgab (77 Mio. am ersten, 75,6 Mio. am zweiten, 68 Mio. Dollar am dritten Wochenende), war abzusehen, dass nun ein starker Einbruch erfolgen müsste. Experten waren von einem vierten Wochenende im Bereich von maximal 40 Millionen Dollar ausgegangen. Mit 48,5 Millionen Dollar am vierten Wochenende gab „Avatar“ nicht nur überraschend wenig nach, dies ist, obwohl es ein viertes Wochenende ist, das zweibeste Januar-Wochenendergebnis aller Zeiten (das beste war die „Avatar“-Zahl vom letzten Wochenende) und schlug den Start von „Cloverfield“ vor zwei Jahren mit 40 Millionen Dollar um Längen. Damit schob sich „Avatar“ in den USA mit einem Gesamteinspiel von 429 Millionen Dollar an „Transformers 2“ (402 Mio. Dollar) als umsatzstärkster Film 2009 vorbei, liegt nun auf Platz 7 der erfolgreichsten US-Filme aller Zeiten und wird in hohem Tempo die Sprossen dieser Leiter weiter erklimmen.
Damit ändern sich einige Vorzeichen: Das Erreichen der magischen 500-Millionen-Dollar-Grenze in den USA ist nun nicht mehr sehr wahrscheinlich, sondern nur noch eine kurze Formalie. Die Frage, ob „Avatar“ der erfolgreichste Film in den USA des letzten Jahrzehnts wird und damit die 533 Millionen von „The Dark Knight“ hinter sich lassen kann, ist keine Frage mehr des „ob“ oder „wann“, sondern nur noch des „wie schnell“. Und selbst die noch scheinbar und vor kurzem noch ewig weit entfernten 601 Millionen Dollar weit oben in sehr dünner Boxoffice-Luft von „Titanic“ in den USA sind nun möglich: Selbst bei vorsichtigen Prognosen wird „Avatar“ nun im Endergebnis in Nordamerika bei 550-600 Millionen Dollar landen. Und da der Film vier Wochen geneigt war, die Erwartungen zu übertreffen, noch zwei Feiertags-Wochenenden und Oscar-Nominierungen anstehen, ist es keinesfalls ausgeschlossen, dass der Film innerhalb des genannten Einspielfensters eher oben landet - und zwischen 600 und 601 Millionen Dollar liegt dann nur eine Haaresbreite.

Trotz im Vergleich zu Nordamerika viel gewaltigerer Zahlen von „Titanic“ ist es außerhalb der USA wesentlich wahrscheinlicher, dass James Cameron sich hier selbst schlagen wird. Noch bis vor kurzem galten die 1,241 Milliarden, die „Titanic“ 1997/98 außerhalb der USA einspielte, auf Jahrzehnte trotz galoppierender Ticketpreis-Inflation für uneinholbar. Wenn ein Film allerdings wie „Avatar“ an vier Wochenenden hintereinander um die 140 Millionen Dollar an den Wochenenden einspielt und insgesamt nach gerade einmal 24 Tagen bei 902 Millionen Dollar außerhalb der USA liegt, muss man Worte wie „uneinholbar“ angesichts einer solchen Geschwindigkeit schnell wieder einfangen und einrollen. Um dies ins Verhältnis zu setzen: Zwischen den 1,241 Milliarden von „Titanic“ und den beiden nächstplatzierten klaffte bisher eine gigantische Lücke, bisher standen auf Platz 2 „Die Rückkehr des Königs“ (2003) mit 742 Millionen Dollar und „Ice Age 3“ (2009) mit 688 Millionen Dollar. Beide ließ „Avatar“ nach gerade einmal gut drei Wochen rasend schnell hinter sich und ist nach vier Wochen jetzt fast schon in Schlagdistanz zu „Titanic“, der für sein Gesamteinspiel mehr als vier Monate benötigt hatte.
Es kommt immer mal wieder vor, dass Filme außerhalb der USA so exorbitant besser laufen, dass das US-Einspiel im Vergleich dazu sich fast zwergenhaft ausmacht, so letztes Jahr geschehen bei „Ice Age 3“ (fast 690 Millionen Dollar außerhalb der USA, keine 200 Millionen Dollar in Nordamerika) und Roland Emmerichs „2012“ (fast 600 Millionen Dollar außerhalb der USA, gerade einmal 163 Millionen Dollar in Nordamerika). Dass das Einspielverhältnis bei „Avatar“ ähnlich ist, liegt im Gegensatz zu „Ice Age 3“ und „2012“ nun wirklich nicht an einem schwachbrüstigen US-Einspiel, wo der Film vielleicht der erfolgreichste aller Zeiten wird, sondern an den astronomischen Einspielergebnissen außerhalb der USA.
Wie gesagt, es ist noch nicht sicher, aber jetzt gut möglich, dass „Avatar“ das für uneinholbar gehaltene Ergebnis von „Titanic“ einholt, sollten einige andere Faktoren wie Oscar-Nominierungen hier helfen, wäre es fast sicher.

Aber auch neben „Avatar“ gibt es Erfolgsgeschichten zu erzählen. Denkt man sich „Avatar“ einmal weg, was in etwa so wäre, wie sich einen Elefanten im Wohnzimmer wegzudenken, würde dem großen Erfolg von Guy Richies „Sherlock Holmes“-Neuinterpretation mit Robert Downey, jr. sehr viel mehr Aufmerksamkeit zuteil werden. Die actionreiche Holmes-Neuschöpfung steht seit drei Wochen in den USA auf Platz 2 hinter „Avatar“ und hat inzwischen 165 Millionen Dollar eingespielt. Da sich bei weiteren fast 100 Millionen außerhalb der USA das Budget von um die 90 Millionen Dollar längst amortisiert hat, ist eine Fortsetzung mehr als amtlich. Zu beglückwünschen hierfür ist wohl insbesondere Warners Marketing-Abteilung, die den Film einem jüngeren Publikum mit viel Pfiff und Pepp verkaufen konnte und das daraufhin in Scharen in den Film strömte, neben „Avatar“.

Und, nun mit noch mal wesentlich kleineren Zahlen, eine weitere Erfolgsgeschichte. Zunächst ist festzustellen, dass der Kino-Januar seit Jahren dem Horror bzw. der dunkleren Phantastik in den USA gehört. Schon letztes Jahr konnte man drei Genre-Film des Januars mit einander verknüpfen, fingen doch alle mit „U“ an, „The Unborn“, „The Uninvited“ und „Underworld: Rise of the Lycans“, allerdings ohne jegliche thematische Verknüfpung, im Gegenteil. Dieses Jahr starten im Januar drei Filme hintereinander, die man alle sehr wohl thematisch verknüpfen kann: Sie passen alle in das Subgenre endzeitlich/postapokalyptisch. Der erste dieser drei Filme startete dieses Wochenende vergleichsweise erfolgreich. Das Vampir-Drama „Daybreakers“ begegnet dem im Moment Augerollen verursachenden Überangebot an Kinovampiren durch die im Kino frische Prämisse, dass er in einer Welt spielt, die vollständig von Vampiren beherrscht wird und in welcher das letzte Häuflein Menschen um sein Überleben kämpft. Mit Ethan Hawke, Sam Neill und Willem Dafoe ziemlich prominent besetzt, kann der mit 20 Millionen Dollar sehr günstige Film mit einem US-Startergebnis von 15 Millionen Dollar angesichts zu erwartender Auslands und Heimvideo-Ergebnisse bereits nach drei Tagen als profitabel betrachtet werden. Ein schöner Erfolg für das kleine Lionsgate-Studio und die Brüder Spierig, zwei Deutsche, die vor knapp sieben Jahren mit der australischen Zombie-Komöide „Undead“ schon viele Fans für sich gewinnen konnten.

Nächste Woche marschiert Denzel Washington in „Book of Eli“ durch eine karge, endzeitliche Mad-Max-Welt, eine King James Bibel in einer Hand, schwere Bewaffnung in der anderen Hand und wird sich durch eine Comic-Verfilmung der Hughes Brothers kämpfen, von denen man seit ihrem letztem Film, der damals positiv aufgenommenen Jack the Ripper-Comic-Verfilmung „From Hell (2001) “ lange nichts gehört hatte. Wiederum eine Woche später werden dann in dem dunklen Fantasy-Epos „Legion“ ganze Heere von nicht unbedingt gutwillig gesonnenen Engeln mit großen Flügeln auf die Menschheit losgelassen, hier sind Paul Bettany, Tyrese Gibson und Dennis Quaid in den Hauptrollen zu sehen.

Nächste Woche startet außerdem Peter Jacksons „In meinem Himmel“ im Massenkopieeinsatz in den USA, nachdem er im Dezember nur in einigen wenigen Kinos gestartet war um positive Mundpropaganda zu erzeugen. Was bemerkenswerter Weise nicht funktioniert hat, die Romanverfilmung „In meinem Himmel(„The Lovely Bones“) des erfolgsverwöhnten „Herr der Ringe“-Regisseurs hat überwiegend erstaunlich negative Kritiken erhalten. Ein Erfolg ist somit keinesfalls sicher.

Ein vielseitiger Kino-Januar für Phantastik-Fans, sofern sie durch die Schneemassen den Weg ins Kino finden.

Text: Oliver Naujoks





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