Interview mit Jan Gardemann
Datum: Wednesday, 03.November. @ 16:39:52 CET
Thema: Interview


Carsten Kuhr im Gespräch mit Jan Gardemann

Jan Gardemann wurde im Dezember 1961 in Hamburg geboren. Nach dem Fachabitur im Bereich Grafik und Gestaltung jobbte er im Hamburger Hafen und als Modedesigner. Nach ausgedehnten Reisen durch Europa, Afrika und Asien heiratete er 1989 Anja Gardemann, deren Namen er annahm. Seit 1991 verdient er als freiberuflicher Autor ein Zubrot zum Familieneinkommen. Soeben adelte der Kelter Verlag seine Romanserie um "Das magische Amulett" indem er die in der Reihe Gaslicht erscheinende Serie auskoppelte, und als eigenständige Serie an die Kioske bringt. Carsten Kuhr sprach für phantastik.de mit dem Autor


CK: Hallo Jan, vielleicht stellst Du Dich unseren Leser erst einmal ein wenig selbst vor - was habe ich in meiner Einleitung über Dich so alles vergessen?
JG: Zubrot ist ein witziger Begriff. Erinnert mich an das Wort Brotzeit und deshalb an gute Laune und Freizeit, Begriffe, die man wohl auch im Zusammenhang mit Heftromanen nennen könnte. Inzwischen ist es so, dass meine Frau das Zubrot verdient und ich das Haupteinkommen. Und die Serie „das magische Amulett“ wurde nicht etwa aus der Reihe „Gaslicht“ ausgekoppelt, sondern läuft dort wie gehabt weiter. Die eigenständige Heftserie „das magische Amulett“, die seit April auf dem Markt ist, beinhaltet dagegen eine chronologisch korrekte Neuauflage der alten Amulettromane, sowie neuen Abenteuern, die ich exklusiv für diese Reihe schreiben werde und sich zeitlich und inhaltlich in die Handlung der Serie einfügen.
Was sonst noch über mich zu sagen wäre? Ich würde mit meinem Arbeitszimmer gerne in einen Zirkuswagen umziehen und ihn in meinen Garten stellen. Dann wünschte ich mir noch durchgehend gutes Wetter, so dass ich draußen im Freien arbeiten könnte. Aber zumindest der letzte Punkt wird wohl ein unerfüllter Wunsch bleiben.

CK: Soweit ich dies recherchieren konnte hast Du wohl unter dem Pseudonym Joan Garner für die Reihe Mitternachtsroman des Bastei Verlag angefangen, Romane zu veröffentlichen. Wie kamst Du zum Schreiben - war das Beruf oder Berufung, macht es immer noch Spaß?
JG: Es war immer ein Traum von mir gewesen, das Schreiben zu meinem Beruf zu machen. Aber ich hatte es nicht eilig, mir diesen Traum zu erfüllen, denn ich wusste, dass es dafür mehr bedurfte, als bloß einen Wunsch zu verspüren. Man muss nicht nur das Handwerk des Schreibens beherrschen, sondern die Geschichten auch mit Inhalt füllen können. Und dafür benötigt man meines Erachtens einige Lebenserfahrung. Als unser erstes Kind, Paul, geboren wurde, hatte ich das Gefühl, dass es jetzt so weit war, die Sache in Angriff zu nehmen. Da ich in meiner Jugend leidenschaftlich gerne Heftromane gelesen habe, und mir viele unheimliche Geschichten im Kopf herumspukten, nahm ich mir vor, auf diesem Gebiet mein Glück zu versuchen. Ich ging also in den nächsten Zeitschriftenladen und suchte nach Heftromanen. Ich wollte mich orientieren, was auf dem Markt so alles angeboten wurde. Ich fand die Hefte dann in einer düsteren, abgelegenen Ecke des Geschäftes, und musste feststellen, dass die meisten Heftverlage, die ich noch aus meiner Jugend kannte, eingegangen waren. Gruselromane schien es gar nicht mehr zu geben – bis auf die sogenannten Spannungsromane für Frauen - und die Serie John Sinclair und Professor Zamorra, für die ich mich nie so richtig hatte begeistern können. Ich kaufte mir also einen Mitternachtsroman, las ihn durch und machte mich sogleich daran, selbst einen zu schreiben. Nachdem ich dann zwei Mal beim Bastei Verlag angerufen und nachgehakt hatte, ob mein Mauskript schon gelesen wurde, erhielt ich endlich einen Vertrag und die Zusage, auch weiterhin für die Serie schreiben zu dürfen. Auf gleiche Weise verfuhr ich dann mit dem Kelter Verlag, mit dem selben Resultat. Seitdem habe ich etwa zweihundert Mystery-Romane geschrieben, und es macht mir noch immer genau so viel Spaß, wie am Anfang.

CK: Wie kam es zum Kontakt mit den Verlagen - hast Du Dich damals beworben, und gleich offene Türen eingerannt, oder war es ein beschwerlicher Weg hin zum Profi-Autor?
JG: Ich glaube, jeder Autor macht da andere Erfahrungen. Bei mir war es wohl vergleichsweise einfach, was mich anfangs selbst ein wenig erstaunt hat. Heute weiß ich, dass man kein Glück braucht, sondern qualitativ gute Texte abliefern muss, um bei einem Verlag zu landen.

CK: Du schreibst unter Pseudonym - zunächst als Joan Garner, dann unter Janett Farell und schließlich als Ira Korona. Warum dies, warum lesen wir keine Romane von Jan Gardemann? Ist dies ausschließlich auf die Verlagsvorgaben zurückzuführen, oder versteckst Du Dich gar hinter den Namen?
JG: Ein Pseudonym zu benutzen gehört für mich zur Tradition der Heftromane. Jason Dark, Dan Shocker – dass sind markante und sehr aussagekräftige Pseudonyme. Und sie klingen bei weitem interessanter, als die bürgerlichen Namen der dazugehörigen Autoren. Es macht Spaß, sich Pseudonyme auszudenken und mit Namen zu spielen. Ob das etwas mit dem Bedürfnis zu tun hat, sich zu verstecken, wage ich in meinem Fall zu bezweifeln. Vielleicht gibt es den einen oder anderen Heftromanautor, der sich wegen seiner Arbeit schämt und deshalb ein Pseudonym benutzt. Zu dieser Sorte von Autoren zähle ich mich aber nicht. Sonst hätte ich meine Pseudonyme auf meiner Internetseite www.jangardemann.de auch wohl kaum gelüftet. Für mich sind Pseudonyme eher eine künstlerische Ausdrucksform.

CK: Seit Beginn Deiner Karriere hast Du Dich auf Gothic- Romane spezialisiert. Warum diese Zuwendung zum romantischen FrauengruseI? Zufall, oder war es eine bewusste Entscheidung?
JG: Ich bin ein Fan von Horror- und Gruselgeschichten. Es hat mich in meiner Jugend allerdings immer ein wenig gestört, dass die Frauen in den einschlägigen Heftromanen immer bloß erotisches Beiwerk waren. Natürlich gibt es da auch Ausnahmen, im großen und ganzen waren die Frauen aber alle hilfsbedürftige, großbusige Wesen, die nur deshalb in dem Roman einen Auftritt hatten, um von dem Helden gerettet und vernascht zu werden. Das war auf Dauer ziemlich langweilig und unglaubwürdig. Frauen sind ziemlich spannende aufregende Geschöpfe, und man tut ihnen als Autor Unrecht, wenn man mit ihnen in den Romanen so unqualifiziert umspringt. Ich habe mir über die Rolle der Frau immer viele Gedanken gemacht und mich zu diesem Thema auch mit Frauen ausgetauscht. Das war damals zur Zeit der Emanzipationsbewegung noch ziemlich einfach, weil die Frauen größtenteils sehr gesprächsbereit und auch experimentierfreudig waren, besonders in einer Großstadt wie Hamburg. Dies kam mir bei meiner Arbeit als Heftromanautor nun zu Gute. Von daher war es für mich schon auch Glück, dass der Gruselbereich der Heftromane nun vorwiegend auf ein weibliches Publikum abzielte. Ich konnte mich fantasietechnisch also so richtig austoben – und das auch noch mit Erfolg.

CK: Ist es für Dich als Mann nicht schwer, die für die Frauenserien so typischen Romance-Sequenzen zu verfassen, Dein Augenmerk verstärkt auf Beschreibung von Aussehen, Ausstrahlung und Kleidung Deiner Personen zu legen? Juckt es Dich nicht manchmal in den Fingern, einfach einmal eine harte Actionszene einzustreuen?
JG: Um romantische Sequenzen zu verfassen, muss ich mich gar nicht sonderlich anstrengen. Ich bin selber ein ziemlich kitschiger Typ, daher liegt mir so etwas wohl im Blut. Was die Beschreibung des Aussehens betrifft, gelten bei weiblichen Protagonisten wohl die gleichen schriftstellerischen Regeln, wie bei männlichen Protagonisten. Man muss die Romanfiguren realistisch schildern, Voraussetzung dafür ist, dass man sich mit ihren Gepflogenheiten auskennt. Von einer Leserin habe ich mir aber einmal sagen lassen, dass sie erkennen kann, ob ein Frauenroman von einem Mann oder einer Frau geschrieben wurde. Und zwar vergessen die männlichen Autoren anscheinend zu erwähnen, dass die Protagonistin sich schminkt und Toilette macht. Solche Tätigkeiten mögen für manchen Leser genau so interessant erscheinen, wie etwa die Rasur bei einem Mann. Zur Charakterisierung einer Romanfigur kann es aber schon wichtig sein, zu erfahren, ob sie sich schminkt oder nicht. Das scheinen männliche Autoren jedoch zumeist nicht drauf zu haben – ich, ehrlich gesagt auch nicht ;-).
Harte Action hingegen wird zumeist von männlichen Protagonisten, wie z.B Jerry Cotton, geboten, den ich auch schon in einige Abenteuer verstrickt habe. Frauen pflegen Konflikte dagegen zumeist auf anderem Weg zu lösen, was sie in meinen Augen viel sympathischer macht. Natürlich gibt es in meinen Romanen auch Actionszenen. Aber sie sind eben etwas anders, als man sie aus den Heftromanen für Männer kennt, nicht so gewalttätig und blutig.

CK: Und wie weit darfst Du mit Erotik in Deinen Romanen gehen - sind hier selbst gezogene Grenzen zu beachten, oder hast Du hier Vorgaben des Verlages?
JG: Im Gegensatz zu den anderen Frauenreihen, wie etwa Fürstenromane, Bergdoktor, etc, endet die Erotik im „das magische Amulett“ nicht zwangsläufig bei einem leidenschaftlichen Kuss. Ich finde, Erotik ist ein wichtiges Stilmittel um Atmosphäre zu schaffen und eine Beziehung zwischen zwei Menschen zu beschreiben. Aber natürlich ist auch in meinen Romanen ab einem gewissen Punkt dann die Fantasie der Leserin oder des Lesers gefragt. Ich setze dann ein Sternchen, und wer Lust hat, kann sich die Liebesszene selber weiter ausmalen.

CK: Was muss ein typischer Gruselroman für Frauen deiner Fachmeinung nach unbedingt haben?
JG: Er muss packend geschrieben sein und eine geheimnisvolle Story erzählen. Die Protagonistin sollte eine interessante Persönlichkeit besitzen und die Geschichte vorantreiben, anstatt von ihr getrieben zu werden. Liebesfähigkeit und Mitgefühl wären zwei Charaktereigenschaften, die mir persönlich wichtig wären. Und natürlich darf das Happy End nicht fehlen, was aber nicht zwangsläufig vor den Traualtar führen muss.

CK: Als Untertitel der GASLICHT Reihe heißt es DER SPANNUNGSROMAN FÜR DIE FRAU – in wieweit unterscheiden sich diese Romane aus Deiner Sicht von den Gruselserien wie etwa Professor Zamorra oder John Sinclair?
JG: Bei Gaslicht spielt eine Frau die Hauptrolle, mit allen Konsequenzen, die dies auf die Handlung und Entwicklung des Plots hat. Das ist eigentlich der einzige Unterschied. Denn Vampire, Dämonen, Geister und Verbrecher kommen in den Gaslichtromanen ebenso vor, wie bei John Sinclair und Professor Zamorra. Übrigens wird auch John Sinclair dem Vernehmen des Bastei-Verlags nach, inzwischen auch hauptsächlich von Frauen gelesen.

CK: Wie hast Du Deine Arbeit eingeteilt - welche Vorgaben bekommst Du vom Verlag, wie lange ist die Vorlaufzeit eines Romans, und wie lange sitzt Du vor der Tatstatur, bis das Heft fertig ist? Arbeitest Du mit Exposees, wie läuft das Lektorat mit dem Verlag ab?
JG: Oh man – das sind eine Menge Fragen! Bis ein fertiges Romanmanuskript als Heft in den Kiosken landet, vergeht etwa ein halbes Jahr. An einem Roman sitze ich etwa zwei Wochen. Ich arbeite ungefähr sechs bis sieben Stunden am Tag. Bevor ich mich an die Arbeit mache, schreibe ich ein Exposé von einer halben Seite Umfang, das der Titelbildzeichnerin dann als Anregung für das Cover dient und mich beim Schreiben daran erinnern soll, worauf es bei der Story ankommt. Verlagsvorgaben bekomme ich inzwischen nicht mehr. Die habe ich auch nur bei der Serie Jessica Bannister erhalten. Anscheinend treffe ich mit meinen Geschichten immer genau den Nerv, so dass es den Redakteuren erspart bleibt, mit dem Zaunpfahl zu winken.

CK: Kann man, kannst Du vom Schreiben überhaupt leben?
JG: Es ist fast schon rührend, zu beobachten, wie sehr sich die Leute um die finanzielle Existenz der Autoren sorgen. Es war schon immer so, dass Schriftsteller es schwer hatten, von ihrer Arbeit zu leben – dieses Image gehörte in der Vergangenheit sogar zu einem guten Schriftsteller dazu. Sie nagen am Hungertuch, sind unglücklich verliebt und zumeist an Tuberkulose erkrankt. Susan Sontag hat zu diesem Thema einen sehr aufschlussreichen Essay geschrieben. In der heutigen Zeit sieht es aber etwas anders aus, aber nur deshalb, weil immer mehr Frauen berufstätig wurden und ihre geliebten Schriftsteller auf diese Weise finanziell unterstützen konnten. Ich und viele meiner Kollegen profitieren von dieser neuzeitlichen Entwicklung. Man braucht als Schriftsteller oder Autor einen langen Atem und Durchhaltevermögen, um eines Tages von seinem Beruf auch leben zu können. Und das Durchhaltevermögen wird natürlich sehr dadurch gestärkt, wenn man mit einer Frau zusammen ist, die ebenfalls berufstätig ist und Geld verdient. Inzwischen kann ich meine Familie mit meinem Job über Wasser halten. Ohne die anfängliche Unterstützung durch meine Frau, hätte ich das aber wohl kaum geschafft!

CK: Nun bist Du Schriftsteller, aber einer dessen Werke nach der Lektüre meist in der Tonne landen. Nagt das am Selbstwertgefühl, hast Du nicht einen potentiellen Bestsellerroman in der Schublade liegen, der auf die Veröffentlichung als Hardcover wartet? Hast Du Pläne eventuell in andere Genre auszubrechen?

JG: Das gute an der Sache mit der Tonne ist ja, dass dadurch eine Neuauflage für die Verlage attraktiv wird. Die Hefte sind alle futsch – darum können sie nach einer gewissen Zeitspanne neu auf den Markt gebracht werden. Natürlich spielt dabei auch noch eine Rolle, dass unter den Leserinnen und Lesern nach sieben Jahren angeblich ein Generationswechsel stattfindet. Solange meine Romane also neu aufgelegt und sie ihre Leserinnen finden, hat mein Selbstwertgefühl keinen Grund, schlechte Laune zu bekommen. Und ob meine Romane auch nach meinem Tod noch gelesen werden, ist nur in der Hinsicht für mich interessant, dass meine Hinterbliebenen dann von den Honoraren profitieren können.
In dem phantastischen Genre fühle ich mich sehr wohl. Ob ich irgendwann mal etwas Anderes schreiben werde, vermag ich jetzt noch nicht zu sagen. Momentan befindet sich ein Buchmanuskript bei einem Literaturagenten. Was daraus entstehen wird, steht noch in den Sternen und ist daher noch nicht spruchreif.

CK: Wenden wir uns nun Deinem erfolgreichsten, wohl auch liebsten Kinde zu - der Serie um die Archäologin Brenda Logan. Unter dem Serientitel "DAS MAGISCHE AMULETT" erschienen zunächst in drei-wöchentlichem Abstand innerhalb der SPUKLICHT Reihe des Kelter Verlages, später im Monatsrhythmus bei GASLICHT insgesamt fast 100 Romanhefte. Wie kam es zu der Idee - wobei der Serienaufhänger - Das magische Amulett ja ein wenig irreführend ist, da es immer wieder um verschiedene Amulette geht, nicht um nur eines.
JG: Die Idee, eine Mystery-Serie mit dem Thema Amulett ins Leben zu rufen, stammt eigentlich von dem Verlagschef Herrn Melchert. Mit dieser einen Vorgabe erschöpfte sich die Einflussnahme des Verlages aber auch schon. Der Rest war mir überlassen, was die ganze Sache für mich natürlich unheimlich spannend und attraktiv machte. Das ganze Konzept und die Protagonisten habe ich mir ausgedacht. Dabei konnte ich natürlich auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen, denn zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon fast hundert Heftromane verfasst und als Hauptautor an der Serie „Jessica Bannister“ mitgewirkt.
Dass die Serie schließlich den Titel „das magische Amulett“ erhielt, liegt allein an der Tatsache, dass der Titel „die magischen Amulette“, irgendwie seltsam klingt und den Chefredakteur Andreas Schäfer und auch mich an Omelette denken ließ ;-)

CK: Warum hast Du Deine Serie in London angesiedelt, und nicht in heimischen Gefilden? Gibt ein deutscher Handlungsort weniger her?
JG: England ist nun mal das Land der Spukschlösser und Geister. Kein anderes Land kann den Britischen Inseln in diesem Punkt das Wasser reichen. Auf der anderen Seite ist die Storyführung oft so angelegt, dass eine düstere Geschichte mit dem magischen Amulett verbunden ist, eine Geschichte, deren Wurzeln bis in der Vergangenheit reichen. Forscht man in Deutschland aber in der Vergangenheit, kommt nur brauner Sumpf zutage. Die jüngere Deutsche Vergangenheit ist grausiger, als sie ein Autor sich vorstellen sollte. Man sollte wirklich nicht versuchen, dieses real stattgefundene Grauen durch erdachten Horror zu toppen oder gar zu relativieren.

CK: Nun ist Deine Protagonistin ja eine emanzipierte, gebildete und auch sehr mutige Frau. Trotzdem nimmt ihr Mann, Dr. Connors eine sehr wichtige, stützende Rolle in ihrem Leben ein. Schon zu Beginn der Rahmenhandlung steht der charismatische Arzt ihr stützend zur Seite. Wäre eine weibliche Hauptperson ohne männliche Stütze im Heftroman undenkbar?
JG: Denkbar wäre eine solche Protagonistin auf jeden Fall. In Vampira und Damona King wurde sie auch realisiert. Diese Einzelkämpferinnen neigen aber dazu, männliche Charaktereigenschaften anzunehmen. Sie sind dann mehr Amazone als mitfühlende Frau. Mein Bestreben war es aber, eine Figur zu schaffen, die in ihr soziales Umfeld eingebunden ist und in eine aufregende Liebesbeziehung zu einem Mann unterhält, mit dem sie mehr verbindet, als bloß der Kribbel einer flüchtigen Liebesnacht. In einer solchen Beziehung steckt viel Potential. Meine Erfahrung im Umgang mit den Figuren Brenda Logan und Daniel Connors, hat mir gezeigt, dass eine solche feste Beziehung im Serienkontext sehr spannend und aufregend ist und einen unerschöpflichen Pool für Situationen und Konstellationen abgibt.

.CK:Hast Du auf die äußere Gestaltung, auf die Titelbilder irgendeinen Einfluss?
JG: Nein. Warum auch? Ich finde es sehr spannend, abzuwarten, zu welchem Titelbild mein Exposé Ilka Hennemeyer, die die Bilder zu meinen Romanen malt, inspiriert hat.

CK: Die Romane sind jeweils Einzeltitel - wäre es nach fast 100 Abenteuern nicht einmal Zeit und auch eine besondere Herausforderung für Dich, einen Kurzzyklus mit einem über mehrere Hefte reichenden Spannungsbogen vorzulegen, oder blockt da der Verlag entsprechende Pläne ab?
JG: Solche Kurzzyklen wird es in der eigenständigen Reihe geben, sich aber nur über zwei Romane erstrecken. Ich war als Heftromanleser nie ein Freund von langen Zyklen gewesen. Sie verleiten einen Autor meiner Meinung nur dazu, eine zündende Idee endlos in die Länge zu ziehen und mit Informationen hinter dem Berg zu halten, um diese Idee so lange wie möglich am Leben zu erhalten, und den Leser am Ende zu langweilen. Es kommt darauf an, spannende, packende Geschichten zu erzählen und die Story auf den Punkt zu bringen. Diesem Prinzip laufen Zyklen oft zuwider. Es gab, und so wird es auch in Zukunft sein, in der Reihe „das magische Amulett“ aber immer wieder lockere Handlungsfäden, die sich über mehrere Romane erstreckten. Diese bezogen sich aber zumeist nicht auf Brendas Gegner, sondern, ähnlich wie bei einer Soap Opera, auf zwischenmenschliche Konflikte, die in diesen Romanen auch eine große Rolle spielen.

CK: Woher nimmst Du Deine Ideen, Deine Personen. Verarbeitest Du hier reale Erlebnisse, oder wo holst Du Dir Anregungen her, wo und wie recherchierst Du? Hast Du gar Vorbilder, denen Du nacheiferst?
JG: Die Ideen für meine Geschichten sprudeln einfach so aus mir heraus. Das scheint eine Begabung zu sein, die man als Vielschreiber auch braucht. Aber ich sorge auch ständig für „Input“, so dass meine Erfindungsmaschinerie stets über genügend Konsistenz verfügt. Zum Beispiel bin ich ein unheilbarer Fan von Superheldencomics. „Spider-man“ und das Marvel-Universum haben es mir besonders angetan. Ich gehe mit meinen Freunden regelmäßig ins Kino und sehe mir alles an, was auf dem Fantasy- und SF-Sektor so gebracht wird. Es ist wohl überflüssig, zu erwähnen, dass ich viel und gerne lese. In meinem Arbeitszimmer steht außerdem ein ganzes Regal voll mit Nachschlagewerken und Lexika. Wenn ich schreibe, ist mein Arbeitstisch mit Notizzetteln, Büchern und Stadtmagazinen übersät. Natürlich recherchiere ich auch im Internet. Die Kunst beim Heftromanschrieben ist aber, all die Informationen wieder zu vergessen und sie erst wieder hervorzukramen, wenn die Szene es erfordert, denn sonst wird der Text zu kopflastig.
Auf meine Arbeit als Heftromanautor bezogen, habe ich ein einziges Vorbild, und das heißt Dan Shocker. Ich habe Dans Romane als Jugendlicher verschlungen und seinen Heften all den anderen Publikationen auf dem Heftromansektor den Vorzug gegeben. Noch heute empfinde ich eine tiefe Achtung vor der außergewöhnlichen Phantasie dieses Mannes, der die meiste Zeit seines Lebens in einem Rollstuhl verbringen muss. Ich habe Dan, dessen bürgerlicher Namen mir momentan nicht einfallen will, mehrmals auf der Buchmesse getroffen, traue mich aber nie, ihn anzusprechen, aus Angst, vor Ehrfurcht kein Wort hervorzubringen.
Ich war aber auch ein sehr kritischer Leser. Und in dieser Hinsicht haben Dans Romane immer besonders schlecht abgeschnitten, denn sie besitzen stilistisch ein sehr niedriges Niveau (ich hoffe Dan wird diese Zeilen nie lesen!). Diese stilistischen Mängel haben in mir damals aber auch den festen Entschluss heranreifen lassen, es einmal besser zu machen, falls ich je die Gelegenheit bekommen würde, als Heftromanautor arbeiten zu dürfen.

CK: Neben VPM und Bastei ist Kelter einer der ganz Grossen der Branche. Wie schätzt Du den Markt für Heftromane in Deutschland ein - hat das Medium Heftroman und damit natürlich auch der Kelter Verlag eine Zukunft im umkämpften Mediemarkt?
JG: Um die Heftromane ist es momentan ziemlich gut bestellt, was sich nicht nur in den Auflagezahlen, sondern auch am Interesse der Medien an dieser Publikationsart widerspiegelt. In Zeiten allgemeiner Verunsicherung greifen die Leserinnen und Leser gerne zu Romanen, die ihnen eine heile Welt vorspiegeln, in der Gut und Böse leicht voneinander zu unterscheiden sind. Heil ist die Welt in meinen Romanen und in Gruselromanen an sich aber nicht unbedingt. Doch ich glaube, sie vermitteln den Leserinnen und Lesern trotzdem so etwas wie Hoffnung und Zuversicht. Außerdem sind Heftromane leicht erschwinglich, im Vergleich zu Büchern.

CK: Im April erhielt dann Deine Serie ihren eigenen Platz am Kiosk. Die Reihe wird in 14- tägigem Abstand erscheinen, und die gesamten Abenteuer Deiner Archäologin in neuem Gewand präsentieren. Wirst Du die Romane für die Neuauflage noch einmal durchsehen, oder gar überarbeiten?
JG: Nein. Aber ich werde, wie gesagt, neue Abenteuer schrieben, die dann exklusiv in der neuen Reihe erscheinen werden.

CK: Bei den Romanheften aus dem Hause Kelter vermisse ich immer ein wenig die bei Konkurrenten eigentlich selbstverständlichen Details. Keine Personenauflistung, keine Einführung, kein Vorwort oder eine Leserkontaktseite - bestehen hier Pläne, Deine Reihe anders, publikumsfreundlicher zu machen?
JG: Bisher nicht. Der Kelter Verlag hat, was diese sogenannte „Publikumsfreundlichkeit“ anbelangt, gewisse Erfahrungen gemacht, die es den Verantwortlichen nicht angeraten erscheinen lässt, an dem bisherigen Erscheinungsbild der Hefte etwas zu ändern. Eine Einführung in die Serie ist auch nicht erforderlich, da sich alles nötige beim Lesen des Romans erschließt. Frauen sind übrigens bei weitem nicht so mitteilungsbedürftig, wie männliche Heftromanleser, wenn es darum geht, in Form eines Leserbriefes eine Meinung zu den Romanen abzugeben. In den Internet-Foren ist das freilich anders. Hin und wieder erreicht mich aber doch mal eine Leserinnenmeinung. Aber das kommt eher selten vor und geschieht hauptsächlich über die e-Mail Funktion meiner Internetseite.

CK: Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für uns genommen hast. Wir wünschen Dir für Deine Zukunft alles Gute!
Danke! phantastik.de ist übrigens meine Startseite ins Internet. Bei euch habe ich schon viele wichtige Informationen erhalten und wurde z.B. auch auf das Magazin „phantastisch!“ aufmerksam, für das ich inzwischen ehrenamtlich als Storyredakteur tätig bin. Macht weiter so!






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