Interview mit Mark Alastor E. E.
Datum: Wednesday, 03.November. @ 17:06:55 CET
Thema: Interview


Carsten Kuhr sprach mit Marc Alastor E. E.

< EIN INTERVIEW MIT | MARC-ALASTOR E.-E.

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Von Carsten Kuhr

Im Fruehjahr dieses Jahres erschien im Minotaurus Verlag der Debutroman von Marc-Alastor E.-E. unter dem Titel "Kriecher". Marc-Alastor selbst ist eine geheimnisumwitterte Person. Mitglied einer geheimen Loge, frueher Musiker, jetzt Zeichner, Autor sowohl von Prosa als auch Lyrik - ein ueberaus kreativer Mensch, dem wir mit diesem Gespraech ein wenig naeher kommen wollen.


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CK:

Vielleicht erzaehlst Du unseren Lesern zunaechst einmal, wer sich hinter dem Namen Marc-Alastor E-E. verbirgt - besonders interessieren wuerde mich das Kuerzel E.-E. Wie kamst Du mit phantastischer Literatur in Kontakt, wer sind Deine Vorbilder was Deine Vorlieben, wie kamst Du zum Schreiben, was machst Du Hauptberuflich?

MA:

Es ist schwer zu sagen, wer sich hinter dem Pseudonym verbirgt, da meine persoenliche Entwicklung und Veraenderung mir nicht erlaubt, mich selbst als einen fuer andere aussagereichen Fixpunkt zu erkennen. Im buergerlichen Leben zaehle ich dreissig Jahre, bin gelernter Lithograph/Multimedia-Designer und lebe sehr zurueckgezogen nahe des Teutoburger Walds. Das Pseudonym wurde mir in meiner Jugend von Seiten der okkulten Loge als eine Art Ehrentitel verliehen und lautet vollstaendig Marc-Alastor Elawar-Eosphoros. Wir Du Dir vorstellen kannst, macht sich ein solch langer Name schwierig bei Veroeffentlichungen und er klingt fuer viele auch arg ueberspannt. Andererseits hat dieser Name viel mit meinem Glauben zu tun, und es waere mir schwergefallen, ihn nicht zu benutzen, daher die Abkuerzung der beiden letzten Namen. Zu phantastischer Literatur kam ich einerseits durch meine Loge, denn es ist mir als Jugendlicher sehr schwer gefallen, mit vielen Ereignissen, Erlebnissen und Erfahrungen innerhalb dieser Gemeinschaft umzugehen. Ich las zudem sehr viel Horror-Literatur und letzten Endes gab mein Erzeuger dann einen weiteren, motivierenden Anstoss, es selbst zu versuchen. Und wenn ich damals auch keinerlei Qualitaeten erkennen konnte, so machte mir das Schreiben sehr viel Spass und es befreite mich auch. Meine Vorbilder haben sich seit jener Zeit natuerlich sehr veraendert. Sie wechseln sich ab zwischen klassischen Autoren wie z.B. Miguel Cervantes, Herman Hesse oder Nietzsche; Dichtern wie Shakespeare, Edmond Rostand oder Goethe; und gelangen zu modernen Autoren wie Karl-Edward Wagner, Patrick Sueskind oder Robert E. Howard. Allerdings sind es weniger Vorbilder und eher Menschen, die ich aufgrund ihrer Arbeiten sehr schaetze und die mich sehr inspirieren. Und ich komme nicht umhin auch all die Musikbands mit in diesen Quell der Inspiration einzubeziehen, denn sie schnueren die Inhalte meiner Seele und meines Geistes zusammen.

CK:

Du sagst, dass Du Mitglied einer Loge bist. Kannst, besser darfst Du uns hierzu ein wenig mehr erzaehlen? Seit Scientologie sind ja alle religioesen und sonstigen Gemeinschaften, nun sagen wir einmal zumindest suspekt, obwohl unser Grundgesetz ja Jedem seine Freiheit garantiert. Was ist das fuer eine Loge, wie kamst Du mit dieser in Kontakt?

MA:

Haha, es ist schon erstaunlich, dass zu diesem Thema immer wieder die Scientologie genannt wird. Da faellt mir nur wieder die Begebenheit mit dem Bastei-Verlag ein, die eines meiner Buecher ablehnten, weil ich mich gleich im Vorwort zu der Loge bekannte und sie irgendwie Angst hatten, es koenne sich die Scientologie dahinter verbergen. Zwar gab es ein persoenliches Gespraech, doch ich merkte gleich, dass deren Entschluss bereits feststand. Damals war ich wie vor den Kopf geschlagen, heute muss ich darueber lachen. Das mag hoehnisch oder ueberheblich klingen, aber ich kann es nun einmal einfach nicht nachvollziehen. Ich wollte schliesslich einen Okkult-Roman anbieten und nicht den Bastei-Verlag fuer die Scientology Church unterlaufen. Manchmal denke ich, die Leute haben zuviel Thriller gelesen. Zum Thema der Geheimloge kann ich nur ueber Aeusserlichkeiten sprechen, denn es ist nicht umsonst ein Geheimbund. Die "Ushanas Minne Lodge" ist ein hermetischer Orden, deren erklaertes Hauptziel die persoenliche Entwicklung und das Erkennen und Verinnerlichen natuerlicher Gesetzmaessigkeiten ist. Ich kam zu der Loge ueber einen engen Freund, mit dem ich zu der Zeit um die Haeuser zog. Wir haben viel ueber das Leben und den Glauben gesprochen und waren uns in sehr vielen Punkten aehnlich. Und irgendwann nach Monaten sagte er, es gaebe da eine Gemeinschaft, die genau dem entspraeche, wie ich denken und fuehlen wuerde, und wenn ich Lust haette und vorurteilfrei sei, dann koenne ich einmal schnuppern kommen. Klar hatte ich Lust, ich war schliesslich neugierig. Also lernte ich all diese Leute kennen und fuehrte einige Diskussionen, die denen irgendwie imponiert haben muessen. Jedenfalls boten sie mir die Aufnahme an und bereits zwei Jahre danach war ich ausgesprochen aktiv. Es liegt mir fern jemanden meinen Glauben schmackhaft zu machen. Ich kann nur sagen, dass mich diese Verbindung in meinem Leben wirklich weitergebracht hat und sehr zu meiner persoenlichen Entwicklung beigetragen hat. Zumal dort nichts mit Zwang geschieht. Wenn Du Deine Ruhe brauchst oder es in Deinem Leben zu einem Stillstand kommt, dann wird das akzeptiert und Du hast alle Zeit der Welt fuer Dich. Du bist frei und brauchst nicht zurueckgehen. Aber warum solltest Du Deine eigene Entwicklung auf Dauer hemmen wollen?!

CK:

Du deutest auch an, dass Dein Name mit Deinem Glauben zusammenhaengt. Moechtest Du uns hier noch ein wenig mehr mitteilen, um was fuer einen Glauben es sich handelt, wie sich dieser auf Deine Werke, Du schreibst ja nicht nur Prosa, sondern auch Lyrik, bist als Komponist und Texter taetig, ausgewirkt hat.

MA:

Erst einmal ist die persoenliche Entwicklung, wie ich anfangs bereits erwaehnte, ein wichtiger Bestandteil und eben jene ist natuerlich gerade fuer einen Autoren, der sich gerne mit ernsthaften Problemen und Hintergruenden beschaeftigt, unerlaesslich. Wenn man genoetigt ist, den Glauben in wenigen Worten zu umschreiben, wuerde ich ihn am ehesten als luziferistische Naturreligion beschreiben. UEber Glauben kann man sicherlich unendlich lange Interviews fuehren und auch ich koennte nun Absatz um Absatz darlegen, worum es in dem Unsrigen geht, doch das wuerde euren Rahmen sicherlich sprengen. Aber allein die Tatsachen, dass sehr viel ueber das Leben nachgedacht wird und man die bestehenden Religionen und die Parallelen zu erarbeiten versucht, dass man der Natur Gesetzmaessigkeiten entnimmt und sie nach einer Entwicklung auf das menschliche Leben anzuwenden versucht, laesst erkennen, welche dieser Aspekte auch in meine Arbeit einfliessen. Natuerlich kann ich auch andere Informationen viel fundierter recherchieren und auch wiedergeben, so zum Beispiel aus den Bereichen Daemonologie und Okkultismus. Zwar versuche ich es immer auf ein Mindestmass zu reduzieren, um nicht als Fachidiot, der gerne mal Romane schreibt, abgestempelt zu werden, jedoch ist dieses Wissen auch eine fundamentale Seite meiner Arbeit.

CK:

Wie kamst Du auf die Idee zu "Kriecher"? Du schreibst ja bereits seit Jahren Dark Fantasy Epos - was war aber der Ausloeser selbst diesbzueglich kreativ zu werden? Warum ein Dark Fantasy Epos, warum als Protagonisten einen Anti-Helden, einen Moerder, der so gar nicht ins uebliche Schema der Sympathietraeger gaengiger Fantasy-Epen passt? Was willst Du damit aussagen ?

MA:

"Kriecher" wurde 1993 geboren und war zu Beginn eine Novelle, die in diesem ersten Band in Form des Prologs, der Interludien und des Epilogs eingeflochten worden ist. Als dann im Sommer 2000 die Idee reifte ein Buch zum Epos im Internet zu veroeffentlichen, stiessen wir auf die Rohfassung von "Kriecher" und waren sehr begeistert ueber diesen Anti-Helden. Im Herbst dann veraenderte sich meine eigene Lebenssituation zum Schlechten und es schien, als wuerde es keinen Halt mehr geben. Ich habe in meinem Leben immer versucht, mir meine Probleme von der Seele zu schreiben und so vergriff ich mich also an "Kriecher", weil es Parallelen zu geben schien. Die Idee des Anti-Helden entstammt sicher den Geschichten ueber meinen persoenlichen Favoriten der Fantasy Literatur, "Kane" von Karl-E. Wagner. Obgleich Kriecher in seinen ersten Stunden nicht unbedingt als Anti-Held gedacht gewesen ist, wuchs er sich nun in den neuen Novellen dahingehend aus. Eine Entwicklung, die ich sehr begruesst habe. Ausserdem muss ich gestehen, dass ich einen ausgesprochenen Grossteil der gegenwaertigen Fantasyliteratur eher als abgeschmackt und herkoemmlich empfinde. Zuviel brave, arme und zuversichtliche Helden um eine Welt zu retten, von der man sich nicht einmal sicher sein kann, ob sie es wert ist. Zuviel Klischees und altbackene Geschichtselemente, mittelalterliche Atmosphaere trifft auf modernes Sprachgut und zwischendrin Charaktere ohne Charakter - kurzum moderner und amerikanischer Fantasy. Oh, es ist nicht alles schlecht, dennoch ertappe ich mich immer wieder dabei, dass ich ueber die ersten zwanzig, dreissig Seiten eines Buches nicht hinauskomme, weil ich mich darin nicht wiederfinden kann. Ich will damit auch nicht sagen, dass ich nun ein ganz anderes Konzept haette und meines nun das einzige Wahre sei, ich versuche die Dinge einfach anders anzufassen und vielleicht gelingt es mir durch eine persoenlich andere Sicht der Dinge. Die Frage nach der Aussage ist schwerlich direkt zu beantworten. Sicherlich hat "Kriecher" eine Aussage, obschon ich stets versuche, dem Leser die Moeglichkeit zu ueberlassen, ob er sie finden und sich erarbeiten oder einfach nur unterhalten werden will. Man kommt dann zwangslaeufig auch auf das Thema, was man fuer einen eigenen Anspruch an seine Werke hat und ich habe von jeher versucht sehr philosophisch zu schreiben; das heisst wiederum im Klartext, dass ich versuche in meinen Buechern Fragen des Lebens zu bearbeiten (nicht unbedingt zu beantworten) und zum Denken anzuregen. Ich glaube, das gerade die Genre Science Fiction, Fantasy und Horror wie kaum andere Bereiche der Literatur tauglich sind, Fragen ueber das Leben und den Tod aufzuwerfen und zu bearbeiten, da gerade diese eine essentielle Zutat fuer diese Romane sind.

CK:

In Deinem Vorwort schreibst Du, dass Du mit dem Spectre Dragon Zyklus nicht nur ein literarisches Werk verfasst hast, sondern auch eine ganze Welt mit detailliertem Hintergrundszenario, mit Kulturen, Brauchtum, Gedichten und Liedgut entworfen hast. Das Meiste dieser Arbeit kann man, wenn ueberhaupt nur im Internet kennenlernen. Woher kam die Inspiration, eine solch umfassende Welt zu kreieren - eine solche Mammutaufgabe anzugehen?

MA:

All die Hintergruende ueber die Welten, Charakteren und Kulturen sind ueber die Jahres des Schaffens entstanden, und da sie neben meiner normalen schriftstellerischen Arbeit eher als Relaxing-Uebung mitliefen, habe ich mir nie eine Kopf um all das gemacht. Das ist auch unser Problem heute, da wir versuchen alles ins Internet zu bekommen. Unzaehlige Geschichten, teilweise fertig, teilweise in Entwuerfen vorgezeichnet, auf losen Zetteln und in kleinen Buechern handschriftlich verteilt liegen vor uns, alles in allem ein Mammutwerk, und ja, Du hast Recht, eine ebensolche Aufgabe, die aber auch nicht ganz ohne Reiz ist. Viele dieser Hintergruende habe ich auch in unzaehligen Runden des Rollenspiels erarbeitet, um sie im Anschluss daran in Chroniken festzuhalten. Auch dadurch sind einige Geschichten entstanden. Zu guter Letzt sei aber auch noch der kleine, lateinische Versband erwaehnt, der mir schon frueh in die Haende fiel, das "Liber Incendium Veritas", es lieferte oftmals zuendende Ideen und Rahmenbedingungen fuer die Welt. Sein Rolle ist von jeher untergeordnet, allerdings auch nicht unwesentlich.

CK:

Das Stichwort fuer mich um hier einzuhaken. Das "Liber Incendium Veritas" ist nach deinen Angaben eine in Latein in Psalmenform verfasster, handschriftlicher Versband, der zw. 150 und 300 Jahre alt sein duerfte. Wie bist Du an dieses Unikat gekommen?

MA:

Der erste entscheidende Punkt ist, dass sich dieser Band nicht in meinem Besitz sondern in dem der Loge befindet. Ich habe ihn nur einmal zu Gesicht bekommen und da ich des Lateinischen nicht allzu maechtig bin, wurde mir daraus vorgelesen. Diese Inspirationen reichten aus.

CK:

Du arbeitest gegenwaertig auch an einer Uebersetzung dieses Bandes ins Deutsche (in Versform?), die Du dann im Internet zugaenglich machen moechtest. Wie weit ist dieses Projekt gediehen?

MA:

Ehrlich gesagt weiss ich es nicht so genau, die Uebersetzung und Bearbeitung obliegt einigen sehr faehigen Leuten in England. Ich habe zwar kuerzlich gehoert, dass man generell gut vorankaeme, man aber durch die oftmals krakelige Handschrift Probleme haette. Ich neige eigentlich sehr zu einer Ueberarbeitung, da eine direkte Uebersetzung der Psalmen sehr platt klingt. Solche Entscheidungen kann ich aber erst treffen, wenn die ersten Teile bei mir eingetroffen sind. Wir hoffen, dass sich da zum Jahresende etwas bewegt. Aber ich moechte nochmals betonen, dass man das "Liber Incendium Veritas" nicht ueberbewerten sollte. Es gelangt nur der Vollstaendigkeit halber ins Archiv.

CK:

Unter Deine FAQ auf Eurer Webseite teilst Du mit, dass Ihr mit den Spectre-Dragon Erzaehlungen den groessten Fundus von E-Tales im deutschsprachigen Raum anbieten wollt. Was sind denn E-Tales? Verfolgt Ihr dieses Projekt trotz der jetzt beginnenden Auswertung der Texte ueber das Printmedium weiter ?

MA:

Der Begriff der E-Tales ist an sich nichts besonderes, er liegt der Idee zugrunde, dass man eben Erzaehlungen auf elektronischem Wege verbreitet (im Gegensatz zu den elektronischen Buechern - den E-Books). Das Projekt des Spectre-Dragon-Archivs hat nach wie vor eine hohe Prioritaet, auch wenn wir die Bearbeitung der Geschichten fuer das Netz verlangsamen mussten, da ich nun einmal meine Buecher schreiben moechte. Dennoch veroeffentlichen wir eigentlich regelmaessig etwas im Archiv und das soll auch so bleiben. Wenn man aber ueber diesen Begriff des "groessten Fundus" spricht, dann gehoert dazu eigentlich der Zusatz "von einem Autor", denn es gibt natuerlich Seiten im WWW, auf denen es ebenso unzaehlige Geschichten zu lesen gibt. Dort allerdings schreiben auch mehrere Autoren.

CK:

Du warst/bist lange Jahre als Musiker unterwegs gewesen. Ein sehr kreativer Mensch also.

MA:

Meine Musikergeschichte hat ein jaehes und trauriges Ende genommen, auf dass ich kaum mehr eingehen moechte, weil ich einerseits sehr gerne wieder Musik machen wuerde und andererseits auf uebelste Weise abserviert worden bin. Heute will das eh keiner mehr wissen und damals haben sich alle nur die andere Seite angehoert. Es wurde da so viel schmutzige Waesche gewaschen und es wurden noch mehr Luegen verbreitet, dass ich muede bin, darueber noch Worte zu verlieren. Ich koennte mir vorstellen, ueber laengere Sicht wieder in den Musikbusiness einzusteigen. Ich habe immer noch Kontakte zu einigen Bands und man hat auch schon locker ueber Projekte der Zukunft gesprochen, allerdings fehlt mir im Augenblick die Zeit. Wenn aber etwas anstuende, waere ich mit Sicherheit sehr schnell bei der Sache.

CK:

Warum wirst Du nicht bei einem der bekannten Taschenbuchverlage wie etwa Heyne oder Bastei-Luebbe, die ja gerade in letzter Zeit vermehrt deutschsprachige Autoren herausbringen, verlegt? Hast Du versucht Dein Manuskript bei einem der Big Names anzubieten, oder hast Du Dich bewusst fuer die Publikation bei einem Kleinverlag entschieden? Hast Du eventuell ganz bewusst darauf verzichtet Deine Werke bei einer der Buchfabriken unterzubringen, um moeglicherweise eine groessere Einflussnahme auf das Endprodukt zu erreichen?

MA:

Frueher hatte ich viel Kontakt zu den grossen Verlagshaeusern, doch ich war sehr jung und habe beim Einschicken meiner Manuskripte so ziemlich alles falsch gemacht, was man nur falsch machen konnte. Natuerlich bekam ich Absagen, und einige Sachen sind wahrscheinlich nicht einmal gelesen worden. Nun, ich kann es Ihnen heute nicht einmal verdenken. Es war nichtsdestotrotz sehr frustrierend und demotivierend, zumal es um nahezu jeden Autoren eine grosse, gesunde Schar von liebenswuerdigen Mitmenschen gibt, die Dich fuer einen dummen Traeumer oder schlichten Spinner halten und es Dir auch mehr oder weniger offen zu verstehen geben. Als im letzten Jahr der Entschluss zu einer Buchveroeffentlichung kam, gingen wir davon aus, dass die Qualitaet zwar ausreichen mochte, aber die Nachfrage bei den Verlagen nach epischem Fantasy eher bescheiden war. Und nichtzuletzt wuerde man sich deshalb auch nicht an einem Autor versuchen, den a) keiner kennt und der b) auf den ersten Blick Geschichten schreibt, wie man sie nun einmal aus Amerika mit garantierten Verkaufszahlen bekommt. Also haben wir es erst gar nicht versucht - ein Fehler, wie ich heute glaube. Das erste Buch sollte zu Beginn eigentlich eine Anthologie im Book-On-Demand Verfahren werden.

CK:

Inwieweit warst Du ueberhaupt bei der Gestaltung der Ausgabe involviert? Konntest Du Deine Vorstellungen komplett einbringen? Wie entstand der Kontakt mit Joerg Kaegelmann und den "Schattenwelt"-Autoren? Wirst Du bei "Schattenwelt", oder bei Minutaurus verlegt? Hast Du den Band angeboten, oder sind diese auf Dich zugegangen mit der Idee, einer Publikation in gedruckter Form?

MA:

Marina Stevens - die Webmistress meiner Website - stiess irgendwann wohl mal auf die Internetseite des Schattenwelt Verlages und fragte an, ob dieser an Manuskripten interessiert sei. Irgendwann bekam ich dann einen Anruf von Thomas Riedel und die Sache kam ins Rollen. Mittlerweile hatte sich fuer mich abgezeichnet, dass die Novellen um Kriecher genau meinen Vorstellungen fuer einen literarischen Einstand entsprachen, so dass es Kriecher war, der zu Veroeffentlichung gelangen sollte. Alles schien gut zu laufen, ich bin dem Schattenwelt Verlag in vielen Punkten entgegengekommen, habe mich um viele Angelegenheiten gekuemmert, die eigentlich den Aufgaben eines Verlages obliegen. Ich habe das als eine Art Vorschuss auf das Vertrauen einem unbekannten Autor gegenueber getan und es bot mir auch die Moeglichkeit, groesseren Einfluss auf das Endprodukt nehmen zu koennen, was ich sehr begruesst habe. Andererseits komme ich mir mittlerweile vernachlaessigt vor. Zwar stehen wir in Verhandlungen fuer die beiden Folgebaende von "Kriecher", aber selbst dabei habe ich den Eindruck, dass ich um jedes meiner Rechte doppelt kaempfen muss. Meine Vorstellungen fuer das Buch selbst konnte ich zwar einbringen, dennoch sind einige aergerliche Fehler bei der Gesamtumsetzung passiert. Ich betrachte das nun als Lehrgeld und hoffe, fuer die Folgebaende Fehler dieser Art vermeiden zu koennen.

CK:

Was fuer Fehler sind das, was wuerdest Du im Nachhinein an dem Buch aendern, wenn dies moeglich waere?

MA:

Erst einmal ist im Satz einiges schief gelaufen, woran ich allerdings nicht ganz unschuldig bin. Der Einband des Buches war bereits gedruckt und ausgelegt auf ein Buch mit 176 Seiten. Mein Manuskript hatte nach der Fertigstellung allerdings 230 Seiten. Mit Hilfe einer anderen Formatierung und zusaetzlicher Seiten mussten wir nun den Platz schaffen. Dabei ist irgendwie der Satz an einigen Stellen durcheinander geraten. Ausserdem wurden alle Geschichten aneinander gereiht, so dass sie jetzt eher wie einzelne Kapitel wirken, was ich sehr bedauerlich finde. Das Aergerlichste ist allerdings, dass von uns zwar Korrekturen vorgenommen jedoch nicht in den Satz uebernommen worden sind. Da wir unter erheblichen Zeitdruck gearbeitet haben (denn einige Werbetermine liessen sich nicht anders timen) sind einfach Fehler passiert.

CK:

Das bringt mich zur Frage der Vermarktung. Wie erfaehrt der interessierte Leser, ausser ueber Phantastik.de und andere Spezialanbieter sowie Eure sehr liebevoll gestalteten Internetseiten, davon, dass hier ein aussergewoehnliches Werk auf ihn wartet? Machst Du eine Lesetour durch deutsche Buchhandlungen oder Aehnliches?

MA:

Die Vermarktung laeuft auf den ueblichen Wegen, die auch der Blitz-Verlag nutzt, da dieser ja mit dem Minotaurus Vertrieb die Rahmenbedingungen fuer Schattenwelt Verlag stellt. Darueber hinaus habe ich mich um den Absatz bei einem riesigen Musikversand und um diverse Internetbuchhaendler gekuemmert. Ich habe riesigen Aufwand betrieben, um Kriechers Namen ins Spiel zu bringen, aber es ist halt ein Unterschied, ob ein Autor oder ein Verlag an neue Vertriebspartner herantritt. Ich bin auch sehr interessiert an einer Lesetour und hatte so etwas bereits mit dem Autor Guido Krain (Autor des High-Fantasy Romans "Elfenmond" - Anm. des Interviewers) besprochen. Ich bin auf Guido vor einigen Monaten zugetreten, um mal zu sehen, ob man in verschiedenen Bereichen Interessengemeinschaften bilden kann. Bei einer Lesetour koennte man zu zweit auftreten und so ein gewisses Spektrum bieten. Auch andere Werbemassnahmen koennte man ins Auge fassen, allerdings ist Guido ein vielbeschaeftigter Mann und die Kontakte sind nach wie vor eher duenn. Ich hoffe, dass sich trotzdem dort noch etwas bewegen wird.

CK:

Wie sehen die ersten Zahlen aus - seid Ihr mit den Bestellungen und den ersten Reaktionen zufrieden?

MA:

Also ich schon und Schattenwelt sagt das gleiche. Als ich das Buch schrieb, dachte ich nur, oh Mann, das wird eines von diesen Take-it-or-Break-it Werken. Ich sah im eigentlichen Schaffensprozess die Gefahr, dass der Geschichtsablauf fuer den Leser zu fremdartig, die Gefuehlswelt Kriechers nicht nachvollziehbar oder aber zu depressiv und melancholisch sein koennte. Nach den ersten Reaktionen fiel mir ein Stein vom Herzen, dass genau das nicht eingetreten war. Im Gegenteil schienen alle sich ausgesprochen gut mit Kriecher identifizieren zu koennen, ich bekam einige sehr mitreissende Reaktionen, die mich schlichtweg bewegt haben. Das Problem bei Anti-Helden ist, dass sie immer auf dem duennen Grat der Moral wandern. In gewisser Weise sprechen und agieren sie mit dem dunklen Teil der menschlichen Seele, die in uns allen wohnt, die aber laengst nicht jeder in dem Masse zulaesst. Die Motivation des Anti-Helden muss quasi die plausible Rechtfertigung fuer sein Handeln sein, und nur so kann der Charakter sich trotz seiner Fehlleistungen in die Herzen der Leser schleichen. Aber wie gesagt, die Reaktionen sind positiv und was die Zahlen angeht, diesen Bereich moechte ich nun wirklich meinen Verlegern ueberlassen. Es war mein Erstlingswerk und ich bin erleichtert, dass ich einfach einen ermutigenden Start gehabt habe.

CK:

Denkst Du an eine Veroeffentlichung ausserhalb des deutschen Sprachraums? Gibt es da vielleicht schon Anfragen?

MA:

Im Augenblick nicht. Weder denke ich daran noch gibt es meines Wissens diesbezuegliche Anfragen. Ich bin auch immer noch nicht davon ueberzeugt, dass Kriecher fuer ein breites Publikum bestimmt ist (davon muesste mich erst ein solches ueberzeugen - grins). Ich glaube nach wie vor, das Kriecher schwerverdauliche Kost ist. Zwar ist es immer noch ein Unterhaltungsroman, dennoch spricht er viele Dinge an, die sehr ernsthafter Natur sind und sich in unser aller Leben wiederspiegeln.

CK:

Gibt es hier schon Ueberlegungen oder gar spruchreife Plaene zu einer Fortsetzung? Gibt es noch weiteres Material um unseren Anti-Helden.

MA:

Natuerlich. Ich bin gerade dabei, "Adulator", also Band 2 der Triologie zu schreiben. Ich habe mir als lockeren Erscheinungsmonat Dezember gesetzt und meine Verleger schienen damit einverstanden zu sein. Auf meiner Website sind vor kurzem die Klappentexte und Cover online gegangen. Der dritte und letzte Teil "Tetelestai!" wird nicht vor Spaetsommer 2002 erscheinen.

CK:

Aber zumindest der Klappentext zu "Adulator" zeigt uns einen Protagonisten, der zumindest auf den ersten Blick nicht als "Kriecher" erkennbar ist?

MA:

Richtig, "Adulator" wird zum Teil von einem Druiden in der Ich-Form erzaehlt. Dieser hat den Auftrag, unseren Helden um eine Gefaelligkeit zu bitten. Da "Adulator" ein kompletter Roman wird, muss ich nicht nur mit anderen Spannungsboegen arbeiten, ich habe mich auch zu einer anderen Erzaehlform entschieden. Ich finde es aeusserst reizvoll, Kriecher einmal aus den Augen eines anderen Hauptcharakters zu betrachten. Jener wird vielleicht wieder ganz andere Seiten an Kriecher entdecken koennen.

CK:

Und der projektierte dritte Band wird als "Karmadrama in 3 Akten" angekuendigt. Handelt es sich um ein Schauspiel, oder Prosa ? Wer wird hier die Hauptrolle uebernehmen ?

MA:

Der dritte Band wird eine Verschmelzung von Prosa und Schauspiel werden, mit einer Atmosphaere, der ich heute schon entgegen fiebere. Eigentlich sollte nach dem zweiten Band Schluss sein, doch das vorgesehene Ende passte einfach nicht in das Flair von "Adulator" hinein, also entschloss ich mich noch den dritten Band zu planen, um dort den Zyklus gerecht abschliessen zu koennen. Ausserdem wollte ich, dass sich alle drei Baende irgendwie anders lesen, obgleich es jedes Mal in erster Linie um Kriecher geht. Das erste Buch sind mehrere Nachtschattengeschichten, das zweite wird ein kompletter Roman (ein Schauerspiel) aus der Ich-Form erzaehlt und das dritte soll die Verschmelzung von den drei unterschiedlichen Stilrichtungen Prosa/Schauspiel/Lyrik ergeben - eben das Karmadrama in 3 Akten. Und wer jetzt befuerchtet, er koenne sich in den Folgebaenden nicht mehr zurechtfinden, dem kann ich nur sagen, schon sehr schnell wird eines klar sein: es ist ein Buch ueber Kriecher. Waere es ein Film, wuerde ich sagen, man hat lediglich die Kamerafuehrung, den Schnitt und die Special Effects veraendert, die Inhalte gehoeren zueinander. Und neben vielen neuen Charaktern wird man auch wieder auf ein paar gute, alte Bekannte stossen.

CK:

Stichwort e-book - ist das fuer Dich ein Thema, oder gehoerst Du auch zu der aussterbenden Gattung Mensch, die an einem liebevoll gemachtem Buch Freude findet?

MA:

Ja, ich bin ein sehr altertuemlicher Mensch und ein Buch ist mir allemal lieber. Dennoch ist das e-book fuer mich ein Thema. Aber nicht im Augenblick. Die Idee beim Spectre-Dragon-Archiv war eigentlich, dass die Zukunft im Internet liegt. Bald hat jeder einen Anschluss, die Preise werden in einigen Jahren im Keller versunken sein und jeder Fernseher wird im Netz surfen koennen. Fuer diese Zeit und den Weg dahin war das Archiv geplant, allerdings mussten wir feststellen, dass kaum jemand die Geschichten wirklich im Netz liest. Daher wollten wir auch in den Printmedien Bereich gehen, um die Website damit ergaenzen zu koennen. So befremdlich das auch in dieser Zeit anmuten mag, das Netz ist immer noch im Aufbau und so lange der Tarifticker im Hintergrund laeuft und Bildschirme flackern, wird das Archiv eher eine Zukunftsmusik sein. Und genauso verhaelt es sich beim e-book. Wenige nutzen es bisher, wie viele davon dem Fantasy Genre zugetan sind, moechte ich gar nicht erahnen muessen. Prinzipiell halte ich das e-book fuer eine Alternative, wenn man auf Reise ist, oder so, bis es sich aber durchgesetzt haben wird, mag noch viel Wasser den Fluss hinunterlaufen.

CK:

Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit fuer das Interview genommen hast. Dir wuenschen wir fuer die Zukunft noch viele schoene Buecher und damit einhergehend natuerlich auch einen entsprechenden wirtschaftlichen Erfolg!

MA:

Ich habe zu danken.







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