Im Gespräch mit: Uschi Zietsch
Datum: Wednesday, 17.October. @ 18:50:39 CEST
Thema: Interview


Uschi Zietsch wurde 1961 geboren. Mit 19 Jahren machte sie ihr Abitur in München und studierte anschließend Jura, Politik, Theaterwissenschaft und Geschichte. Schon in der Kindheit begann sie zu schreiben und ihr erster Roman „Sternwolke und Eiszauber“ erschien 1986 im Heyne-Verlag. Kurz darauf gründet sie ihren eigenen Verlag: Fabylon. In den Folgejahren schrieb sie etliche Bücher und viele Dutzend Heftromane („Perry-Rhodan“, „Atlan“, „Maddrax“). Heute lebt sie als freie Schriftstellerin auf einem kleinen Hof im Unterallgäu, schreibt Bücher und Kurzgeschichten, gibt Schreibseminare für angehende Autoren in Österreich und Deutschland und verlegt weiterhin Bücher bei Fabylon, wo sie als Miteigentümerin und Herausgeberin von Anthologien, Redakteurin und Lektorin fungiert. Unser Mitarbeiter Carsten Kuhr hat mir ihr gesprochen.

Hallo Uschi. Fangen wir doch chronologisch an. Du bist seit Mitte der 80er Jahre professionell als Autorin und Herausgeberin tätig. Wie kamst Du zum Schreiben, und warum hast Du Dich nicht für Liebes- oder Heimatromane entschieden, sondern für die Weiten des Weltalls oder die saubere Umwelt einer Märchenwelt?

Hallo, Carsten! Geschrieben habe ich schon immer. Mit drei Jahren habe ich angefangen, Geschichten zu erzählen, mit sechs Jahren kritzelte ich die ersten kleinen Storys in meine Hefte und brachte meine Lehrer zur Verzweiflung. Sie meinten, ich hätte unglaubliches Sprachgefühl und würde fantasievolle Geschichten schreiben, aber die Hausaufgaben wären eigentlich Rechnen gewesen ...
Märchenhafte Tiergeschichten erzählte ich, bis ich so zehn war. Dann kamen Pferdegeschichten dran, aus der Warte der Pferde, die meistens aus der Wildnis in menschliche Gefangenschaft kamen. Diese Geschichten habe ich auch selbst illustriert. Als ich zwölf war, richteten meine Eltern ein leerstehendes Zimmer als Schreibzimmer für mich ein, mit Schreibtisch und allem Drum und Dran. Da schrieb ich die Lebensgeschichte eines brasilianischen Jaguars und entdeckte, dass das Leben von Menschen auch sehr interessant sein kann. Also gab ich zusammen mit einem ebenfalls schreibenden, italienischstämmigen Freund eine Schulzeitung heraus. Dafür schrieb ich sozialkritische Sachen, bis ich etwa fünfzehn war. In diesem Jahr starb mein Vater, und ich flüchtete mich aus Kummer in meine fremden Welten, die mich nie ganz verlassen hatten. Von da an bewegte ich mich hauptsächlich in fantastischen Gefilden. Für Liebes- und Heimatromane habe ich mich nie interessiert. Ich habe auch noch nie Frauenliteratur gelesen, das langweilt mich. Ich vollendete meinen ersten dicken Fantasy-Wälzer mit siebzehn Jahren, verpackte ihn in einen Karton und schickte ihn völlig naiv an diverse Verlage. Der erste, der sich mit mir in Verbindung setzte, war Thienemanns. Weitere Verlage folgten. Natürlich wurde der Wälzer nicht gedruckt, weil er noch nicht reif genug war und viel zu umfangreich für einen Newcomer, aber ich lernte unter Lektorenbetreuung viel vom Handwerk und entwickelte mich weiter.

1986 erschien dann im Heyne Verlag Dein „Sternwolke und Eiszauber“. Nun waren damals deutschsprachige Autoren in den großen SF- und Fantasy
-Reihen der etablierten Verlage eine große Ausnahme. Wie kam es zur Veröffentlichung - musstest Du viele Klinken putzen, gab es Vorgaben bezüglich Inhalt oder Umfang des Romans?


Angekauft wurde das Buch ja im Dezember 1984, das schönste Weihnachtsgeschenk meines Lebens, aber der nächste Programmplatz war erst in zwei Jahren frei. Ich hatte das Manuskript gleichzeitig an alle mir bekannten Verlage geschickt, manche der Lektoren kannte ich ja persönlich. Sie äußerten sich alle sehr positiv, durften mich aber nicht verlegen – eben weil deutschsprachige Autoren nicht besonders angesehen waren und es nur sehr wenige Programmplätze gab. Insofern hatte ich unglaubliches Glück, dass es bei Heyne einen freien Platz gab und der Außenlektor sich euphorisch geäußert hatte – ich war einfach zum richtigen Zeitpunkt „reingerutscht“. Das Buch wurde nur redigiert und erschien so, wie ich es geschrieben hatte. Sogar meine Karte wurde dazu professionell umgesetzt.

Schon recht früh in Deiner Karriere - soweit ich mich erinnere 1988 - hast Du dann mit Fabylon Deinen eigenen Verlag gegründet. Warum hast Du damals, als die Kleinverlage noch nicht en vogue waren, den Schritt zur Verlegerin gewagt?

Offiziell gegründet wurde Fabylon Ende 1987, also vor zwanzig Jahren. Mit den Büchern ging es dann 1988 los. „Sternwolke und Eiszauber“ lief bei Heyne nicht schlecht, aber eine zweite Auflage wurde nicht erwartet. Mein nächstes Buch war zwar schon so gut wie angekauft, aber da kam das Veto des Verlegers, dass nur noch Lizenzen publiziert werden sollten. Aus war’s. Da stand ich also schon wieder am Ende der Karriere, noch bevor sie richtig begonnen hatte. Mein Mann und ich grübelten, wie es weitergehen sollte, und wagten dann einfach den Verlag, denn als Buchbegeisterte wollten wir den idealistischen Wahnsinn riskieren. Ich wollte zudem nicht wieder in der Versenkung verschwinden, und ich wollte unbedingt, dass „Traum der Wintersonne“ veröffentlicht wird. Dann überlegten wir weiter: Wenn schon ein Verlag, dann nicht nur „Selbstverlag“ (was damals sowieso sehr anrüchig war), sondern wir bringen auch Bücher anderer Autoren heraus. Schnell erwarben wir uns einen guten Ruf innerhalb der Szene, vor allem auch wegen der schönen Aufmachung unserer Bücher.

Die ersten beiden Titel wurden dann gleich mit dem Kurd-Laßwitz-Preis ausgezeichnet. War das für Dich wichtig, war das Ansporn und Anerkennung, oder hat sich das auch auf die Verkaufszahlen ausgewirkt?

Wir haben uns natürlich sehr darüber gefreut. Erfahren haben wir es auf der Buchmesse 1989 und entsprechend gleich den Stand mit Zetteln vollgekleistert. Es machte uns Mut, dass wir auf dem richtigen Weg waren, und selbstverständlich ein großer Ansporn. Auf die Verkaufszahlen hat sich das nicht ausgewirkt. Wohl aber hat sich eine Rezension in der „Freundin“ über „Der Traum der Wintersonne“ äußerst positiv ausgewirkt und uns gute Verkäufe beschert.

In der Folgezeit gab es regelmäßig weitere Fabylon-Titel. Das Internet war damals noch nicht aktuell, war es nicht sehr schwierig die Leser und Käufer überhaupt zu erreichen, sie wissen zu lassen, dass es da interessante Bücher gibt?

O ja. Wir haben alle möglichen Vertriebswege versucht; wobei man sagen muss, dass Verlage mit dem Vertrieb zu kämpfen haben, seitdem sie Bücher vertreiben, also schon zu Goethes Zeiten. Und heute ist es trotz Internet nicht leichter geworden. Das alles kostete uns Zeit, Nerven und vor allem Geld, brachte uns aber trotzdem einen gewissen Bekanntheitsgrad und einen treuen Kundenstamm. Innerhalb der Szene hat es sich schnell herumgesprochen, und unsere „großen“ Verlagskollegen haben uns empfohlen oder uns Manuskripte von Autoren geschickt, die sie selbst nicht publizieren durften. Ich denke, das Wichtigste sind Werbung und Rezensionen. Das hat sich heute nicht geändert.

Mitte der 90er Jahre dann brachen die Publikationen Deines Verlages ab - warum?
Zeitmangel, Unlust, fallende Verkaufszahlen oder schlicht Mangel an guten Manuskripten?


Mangel an Zeit. Ich war damals in Vollzeit tätig, habe für „Perry Rhodan“ gearbeitet, eine Kinderbuchserie geschrieben, zwei Bände für DSA, viele Bände zu TV-Serien und dergleichen mehr, und dazu war ich privat noch sehr stark gebunden, weil ich jeden Tag meine Schwiegereltern versorgte – da konnte ich einfach nicht mehr mit dem Verlag weitermachen. Meine Gesundheit stand ohnehin nicht mehr zum Besten. Als ich merkte, dass ich demnächst auf der Strecke bleiben werde, kündigte ich als erstes meinen gut bezahlten Job und schickte Fabylon in den Schönheitsschlaf. Ich hatte aber den Verlag nie ganz aufgegeben, und auch die Jahre über haben wir immer noch von unserer Backlist verkauft. Ich wusste, eines Tages würde sich das wieder ändern.

Es folgte ein bei den Fans sehr geschätztes Engagement bei „Perry Rhodan“. Über mehrere Jahre hast Du die Serie mit Deinen Romanen bereichert, hast Akzente gesetzt. Trotz all des Stresses mit engen Abgabeterminen - hat es Spaß gemacht, hast Du als Autorin aus dieser Zeit etwas mitnehmen können, und wenn ja was?

1992 gab es ja mein erstes PR-Taschenbuch, und 1993 ging es dann richtig los mit der Heftserie. Das war natürlich eine gewaltige Herausforderung für mich, plötzlich von absoluter Freiheit auf Arbeiten nach Vorgaben und Terminen umstellen zu müssen. Aber zu dem Zeitpunkt fühlte ich mich dem gewachsen. So wurden dann über 60 Heftromane daraus, und es war eine sehr schöne, lehrreiche Zeit. Ich hatte sehr viel Spaß, es war eine tolle Arbeit im Team, die meisten meiner Autorenkollegen sind heute noch meine Freunde. Und natürlich lernt man auch knallhart Disziplin und Handwerk. Ich möchte diese Zeit nicht missen. Aber sie ist vorbei, wie alles einmal endet. Was nicht heißt, dass nicht ab und zu einmal ein Gastroman von mir erscheint, wie es jetzt im November mit dem Band 2412 der Fall ist.

Das war ja etwas ganz anderes, als Romane bei Heyne oder Fabylon zu veröffentlichen. Du musstest Dich nach einem fremden Exposé richten, warst in das Korsett einer fortlaufenden, vorgegebenen Handlung eingezwängt und musstest zudem noch mit recht überschaubaren Seitenzahlen auskommen. Ich stelle mir das sehr schwierig vor, wenn man eine tolle Idee hat, einen eigenen Handlungsstrang ausbauen möchte, aber aufgrund der Vorgaben dies nicht verwirklichen kann. Ist das nicht frustrierend, verliert man da nicht so manches Mal die Lust? Ist das alles in allem dann nur mehr Lohnschreiberei, geht die Lust am Fabulieren dann verloren?

Natürlich ist es eine Auftragsarbeit, schließlich muss man seine Rechnungen bezahlen. Wer sich auf eine Heftromanserie im Team einlässt, muss von vornherein wissen, dass es da Richtlinien und Vorgaben gibt, an die man sich zwingend halten muss. Ich hatte damit überhaupt kein Problem, zu keinem Zeitpunkt, weil ich mich darauf eingestellt hatte. Die Expo-Factory hat zudem immer darauf geachtet, dass der jeweilige Autor ein Exposé bekommt, das seinen Stärken entspricht. Ab und zu mal musste ich für andere einspringen, aber auch das war gut machbar. Wenn man erst mal in der Materie drin ist, kann man aus allem etwas machen. Dazu muss ein guter Autor fähig und willens sein. Disziplin ist das oberste Gebot, und die Bereitschaft, mit anderen zusammen an einer großen Geschichte mitzuwirken. Den genauen Umfang zu treffen, war für mich auch nie ein Problem, oder in kurzer Zeit, wenn wieder einmal „Not an der Frau“ war, liefern zu können. Genug Freiraum für eigene Kreativität ist trotz des Exposés gegeben, ich habe immer viel frei fabuliert. Die eigenen „großartigen Ideen“ hebt man sich halt für ein eigenes Projekt auf, das ist doch selbstverständlich. Natürlich gibt es Höhen und Tiefen, mal hat man Frust, weil man danebengehauen hat, mal ist man ganz oben, weil die Leser den Roman lieben. Das hängt immer auch von der persönlichen Situation ab, und das gehört dazu – schließlich schaffen wir Kunst.

War Perry am Schluss nur noch Job der half die Rechnungen zu bezahlen?

Ganz im Gegenteil, ich hatte ja nur noch zwei oder drei Romane im Jahr, und davon kann man ganz gewiss nicht leben. Nein, es war einfach die Zeit gekommen, Abschied zu nehmen. Es gab sehr viele Gründe dafür – vor allem aber meinen Wunsch, wieder vermehrt auf eigene Projekte zu setzen und eines Tages Fabylon zu reaktivieren. Das Leben mit Perry war eine gewiss harte, aber schöne Zeit, doch ich hatte nie eine Bindung „bis dass der Tod euch scheidet“ angestrebt. Dafür bin ich zu vielseitig und habe viel zu viele Ideen und Wünsche, die ich umsetzen will. Das Leben hat so viel zu bieten, da gibt es noch so allerhand zu entdecken und zu schreiben. Nach langer Zeit der „Enthaltsamkeit“ wollte ich mich vor allem wieder auf meine eigene schöpferische Kraft und Kunst besinnen.

Dennoch hast Du im Bereich des Heftromans weiter gearbeitet. „Bad Earth“ und „Maddrax“ hast Du um Deine Geschichten bereichert. Wo lag für Dich der Unterschied zu PR - sind die nicht ganz so lang laufenden Reihen offener für Ideen, für Einflüsse von außen, vielleicht auch experimentierfreudiger und flexibler?
Ach ja, das hatte sich so ergeben. Kaum war mein Ausstieg bei PR bekannt, klingelte schon das Telefon, ob ich nicht ... da ich nun doch ... und überhaupt ... Also habe ich es ausprobiert, und es hat mir viel Vergnügen bereitet. Es war eine ganz neue Erfahrung im Heftromansektor, ein teilweise ähnliches, teilweise aber auch ganz anderes Arbeiten. Ich bin lange genug Profi, um mich schnell einzufinden. Außerdem bin ich freier Schriftsteller, und ich habe hier zu Hause viele Augen, die mich 24 Stunden am Tag vorwurfsvoll-hungrig anstarren – also werde ich gewiss keinen Auftrag ablehnen. Das mache ich wirklich nur dann, wenn ich mit einer Materie überhaupt nichts anfangen kann.

Du hast mir auf dem BuchmesseCon 2006 mal sinngemäß gesagt, dass fast alles schon einmal geschrieben wurde, dass wirklich neue Ideen rar sind. Es kommt darauf an, was man aus einer guten Idee macht, wie man sie ausgestaltet - wie erlebst Du das auf den von Dir gegebenen Schreibseminaren - haben die Nachwuchsautoren den Witz und den Ideenreichtum, bekannten Plots neue Sichtweisen abzugewinnen, ihre Leser zu bannen?

Ja, die meisten schon. Ich bin jedes Mal überrascht, was für eine Fülle an Ideen bei den Schreibübungen, für die die Zeit doch sehr begrenzt ist und dementsprechend der Leistungsdruck enorm hoch, aus den Köpfen sprudelt. Seit ich mit den Schreibwerkstätten begonnen habe, hat sich das Niveau deutlich erhöht, und es freut mich vor allem, die hundertprozentig positive Entwicklung der „Wiederholungstäter“ zu beobachten. Einige von ihnen sind gerade dabei, sich ihre Karriere aufzubauen. Sie nehmen also immer etwas mit nach Hause. In erster Linie sollen meine Seminare das Handwerk vermitteln, Schwächen aufzeigen und vor allem motivieren. Man braucht als Autor einfach mal jemand Professionellen, der einem sagt, wo man steht. Das stärkt das Selbstbewusstsein und den Willen, weiterzukommen und an sich zu arbeiten. Am besten funktioniert das in einer kleinen Gruppe, weil es regen Austausch gibt. Die Mischung aus Theorie und Praxis macht es aus, dass man selbst der plattesten Idee noch jede Menge Spritzigkeit abgewinnen kann.

Du hast Dein Engagement bei „Maddrax“ in den letzten Jahren deutlich zurückgefahren. Waren Deine Schreibworkshops, Euer Bauernhof und die Fabylon-Projekte der Grund dafür?

Ja. Wobei ich sagen muss, dass „in den letzten Jahren“ nicht ganz stimmt, das ist erst seit 2007 der Fall. Und ein wenig Privatleben braucht man irgendwann auch mal. Ich bin jetzt über Mitte Vierzig und habe in den vergangenen 25 Jahren mit Ausnahme von drei Wochen Urlaub in manchen (eher wenigen) Jahren durchgearbeitet, nicht nur im schriftstellerischen Bereich. Ich arbeite jetzt zwar (noch) nicht weniger als früher, aber ich verteile die Arbeit immerhin besser auf den Tag.

Vorletztes Jahr hast Du Fabylon wieder aus seinem Dornröschenschlaf erweckt. Gegenwärtig veröffentlichst Du dort zum einen talentierte Nachwuchsautoren, zum anderen bietest Du dem Freund spannender Space Operas mit der Neuauflage von Ernst Vlceks „Sternensaga“ und der neu konzipierten „SunQuest“-Saga entsprechendes Lesefutter. Wie kam es zur Neuauflage der „Sternensaga“, und wie kam das Projekt „SunQuest“ zustande?

Die „Sternensaga“ war mit ein Grund, Fabylon wiederzubeleben. Ernst, mit dem ich seit 25 Jahren gut befreundet bin, hatte mir irgendwann mal erzählt, dass er seine Serie, die sein Herzblut ist, überarbeiten und zum Abschluss führen will. Da habe ich mich zäh und eisern an seine Hacken gesetzt, bis er einverstanden war, dass die Saga bei Fabylon rauskommt. Darüber freue ich mich sehr.
„SunQuest“ ist wiederum das Herzblut meines Mannes, der eines Tages die Idee zu einer Drei-Sonnen-Welt mit drei weiblichen Protagonisten hatte. Wir fingen an, Ideen und Material zu sammeln, und als wir herausfanden, dass im Schwan ein ebensolches System entdeckt wurde, haben wir es sofort für uns „vereinnahmt“ und das Konzept fertig ausgearbeitet, an potenzielle Autoren herumgeschickt – und nur positives Echo geerntet.

Kannst Du unseren Leser ein wenig über die beiden Serien berichten - was unterscheidet „SunQuest“ von den üblichen SF-Zyklen?

Nun, die „Sternensaga“ ist eher märchenhaft denn reinrassige SF, denn es geht um Legendenerzähler, die durchs Universum reisen und sagenhafte, äußerst fantasievolle Abenteuer erleben, die sie sammeln. Jeder von ihnen will bei einem Wettbewerb mit seiner Geschichte gewinnen und in die ANALECTA GALACTICA, weil er dann großen Ruhm erntet – das wäre ungefähr vergleichbar mit dem Nobelpreis. Drei Legendensammler berichten in den ersten drei Bänden von ihren Abenteuern, die alle eines gemeinsam haben: Sie finden Spuren der geheimnisvollen „Blitzer“, die einst wie die Wilde Horde die Galaxis heimgesucht und Planeten in tiefe Barbarei gestürzt oder ganz zerstört hat. Das ist hundert Jahre zuvor geschehen, und die Galaxis hat sich immer noch nicht von dem Schrecken erholt, obwohl die Blitzer genauso geheimnisvoll und schnell wieder verschwanden, wie sie gekommen waren. Im Abschlussband (der exklusiv zum ColoniaCon 2008 erscheinen wird und von Ernst dort vorgestellt) geht es dann um die große Zusammenkunft, den Wettbewerb ... tja, und was es mit den Blitzern auf sich hat, muss man lesen.
„SunQuest“ beginnt zwar wie eine klassische Space Opera, ist aber auch eher im Bereich der Fantasy/Steampunk angesiedelt. Denn auf dem Mond Less, auf dem seit etwa einer Million Jahre Raumfahrer aus der ganzen Galaxis stranden, gibt es keine elektronische Technik, nur Mechanik bis zur Dampfmaschine ist möglich. Das bedeutet: Einmal hier gelandet, kommt man nie mehr weg. Das liegt an einem besonderen Feld, das im ganzen System von der besonderen Konstellation der drei Sonnen herrührt. Der Mond Less wird von einem weiteren Schutzfeld umhüllt, der Leben ermöglicht, und „Psimagie“ bewirkt. Jedes organische Lebewesen besitzt mindestens eine psimagische Gabe, wie Telekinese, aber es gibt auch ganz skurrile Formen. Allerdings funktioniert diese Gabe nicht immer, sie ist völlig unberechenbar. Im Lauf der Jahrtausende haben die Gestrandeten gelernt, miteinander zu leben, und Zivilisationen aufgebaut, die an Vielfalt keine Wünsche offen lassen. Ebenso verhält es sich mit den örtlichen Gegebenheiten, hier sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. In dieses Ambiente strandet unsere Hauptheldin, Colonel Shanija Ran, die im Besitz wichtiger Daten ist, die dringend zur Erde müssen. Die Menschen befinden sich nämlich im Krieg mit den außerirdischen unbekannten „Quinternen“, die soeben eine Vernichtungswaffe zur Zerstörung der Erde entwickelt haben. Die Auslöschung steht kurz bevor, wenn Shanija nicht rechtzeitig die Erde erreicht. Aber wie soll sie von Less wegkommen, wenn Elektronik nicht möglich ist? Außerdem nähert sich die „Passage“, eine ganz besondere Sternenkonstellation, die alle 257.000 Jahre stattfindet und einen Riss ins Universum schafft – und ausgerechnet Shanija wird als Auslöser angesehen, dass durch diesen Riss ein möglicherweise tödliches Wesen, das „der Ewige“ genannt wird, herüberkommt.

Der erste Zyklus ist auf sechs Bände ausgelegt, die bislang vom Publikum sehr gut angenommen wurden. Geht es danach weiter, und wenn ja, kannst Du uns in Eure Planung schon einen kleinen Einblick geben?

Gerade (während ich deine Fragen beantworte) ist Band 3 erschienen, und die ersten positiven Rückmeldungen dazu kommen schon. Ja, wir freuen uns natürlich sehr, dass unsere Serie so gut angenommen wird, und die Geschichte wird sich natürlich auch noch spannend weiterentwickeln bis zu einem wirklich furiosen Finale, das von mir gesetzt wird. Nicht einmal die Co-Autoren wissen bisher, wie es ausgeht, es gibt da ziemlich viele Möglichkeiten. Die Zahl unserer Abonnenten wächst, und ich kann mit Stolz sagen, dass 90 Prozent der Käufer, die sich erst mal nur den ersten Band zum »Anschnuppern« zugelegt haben, dann ein Abo abschließen. Das kann ich anhand unserer Statistik und der persönlichen Rückmeldungen ausrechnen.
Und deswegen, weil wir eine positive Absatzentwicklung sehen, planen wir tatsächlich den zweiten Zyklus, der „Quinterna“ heißen wird. Wann wir damit starten werden, kann ich noch nicht sagen, da das von vielen Faktoren abhängt. Band 6 von „Dies Cygni“ erscheint ja im April 2008, mein Wunschtermin für den Start des zweiten Zyklus wäre Oktober, und dann vielleicht sogar monatlich.

An „SunQuest“ schreiben ja neben Routiniers auch eine ganze Reihe von Newcomern mit. Wie schätzt Du als erfahrene Autorin hier den Markt ein. Es gibt ja seit ein paar Jahren einen Trend auch der großen Publikumsverlage hin zu SF/Fantasy aus deutschen bzw. österreichischen Landen?

Ja, es ist ein Glück, dass die Publikumsverlage endlich gemerkt haben, dass Lizenzen vielleicht doch nicht so billig und besser sind als das, was deutschsprachige Autoren liefern können. Ich bin sehr froh über diese Entwicklung – schließlich profitiere ich selbst davon –, und sie wird sicher auch eine Weile anhalten, denn es gibt eine Menge hervorragender und guter Autorinnen und Autoren, die vom Publikum angenommen werden. Früher war es tatsächlich so, dass jeder dritte oder vierte SF/F-Leser selber schreiben, aber keine deutschsprachigen SF/F-Bücher kaufen/lesen wollte. Die Verlage sind dem Trend natürlich gefolgt (den sie selbst mit ins Leben gerufen hatten), doch heutzutage sind Originalausgaben nicht mehr verpönt, sondern erwünscht. Das wurde Zeit, ist sehr zu begrüßen und sollte auch weiterhin stark gefördert werden. Wir von Fabylon versuchen dies auf bescheidene Weise im Rahmen von „SunQuest“ und ausgewählten Einzeltiteln – wir haben da z.B. ein zauberhaftes Märchenabenteuerbuch „Der Pakt der Mäuse“ als Erstling – zu unterstützen.

Neben der „Sternensaga“ von Ernst sind Bücher von Michael K. Iwoleit, Hanns Kneifel und Uwe Anton erschienen bzw. in Vorbereitung. Kann man mit solch etablierten Autoren besser kalkulieren als mit unbekannten Autoren und nach welchen Kriterien wählst Du Deine Publikationen aus?

Man kann natürlich leichter kalkulieren mit bekannten Autoren, weil man mit ihren Namen werben kann. Bei Newcomern kann man nur mit dem Werk werben. Trotzdem gibt es keine Voraussage, dass man automatisch jedes Buch eines bekannten Autors supergut verkauft und von einem Newcomer etwa nichts. Das kann man überhaupt nicht vorhersehen, und das ist eben das Interessante und auch Schöne an diesem Metier. Meistens ist es so, dass die Manuskripte an uns herangetragen werden, auch von den bekannten Autoren. Bedingt durch unser kleines Programm müssen wir jedes einzelne Manuskript sehr sorgfältig abwägen, was bedeutet, dass wir hinter jedem Buch, das wir veröffentlichen, stehen müssen. Und das tun wir auch.

Auf der Buchmesse hat mir Ruggero Leò sehr von Deiner neuen Fantasy-Trilogie „Die Chroniken von Waldsee“ vorgeschwärmt. Sei doch bitte so gut, und erzähle uns, wie es zum Kontakt mit Bastei-Lübbe kam, und um was es in den Büchern gehen wird - eine klassische Fantasy-Trilogie mit Knalleffekten?

Der Kontakt ist natürlich schnell hergestellt, denn man kennt sich in der Szene, oder man wird von jemand anderem vorgestellt. Ich bin ja nicht ganz unbekannt bei den „Machern“. Es war an der Zeit, dass ich gerne wieder was eigenes machen wollte, und die Wahl fiel dann auf Lübbe, weil es eine ganz tolle Zusammenarbeit ist, wie man sie sich nicht besser wünschen kann.
Ich weiß nicht, was du dir unter einer klassischen Fantasy mit Knalleffekten vorstellst, deshalb erzähle ich jetzt einfach so ein bisschen was. Wobei ich sagen muss, eine kurze Inhaltsangabe kann ich nicht geben, weil die Geschichte viel zu komplex und vielschichtig ist. Die Geschichte spielt jedenfalls im „Träumenden Universum“, mit dem ich seinerzeit – du erinnerst dich an deine erste Frage oben – begonnen hatte, als ich meinen ersten dicken Wälzer verschickte. Damals entwickelte sich das Universum, in dem die Welt von „Sternwolke und Eiszauber“ ebenso eingebettet ist wie „Der Stern der Götter“, der bei Fabylon herausgekommen ist. „Der Stern der Götter“ ist sogar sehr nahe dran, denn die neue Trilogie spielt auf derselben Welt namens Waldsee, und der Held aus dem „Stern“ hat einen kurzen Gaststarauftritt. Die „Chroniken“ sind, wie es der Name schon sagt, „historisch“ angelegt, kann man ein bisschen mit der Hochblüte des Rittertums oder den Artussagen vergleichen. Um Gut und Böse geht es nicht, und Elfen und Orks gibt’s auch keine. Es gibt viele fabelhafte Wesen, Legenden, Lieder, Geschichten, jede Menge Verstrickungen, Romantik, Prüfungen, Magie, Zauber, Atmosphäre und vor allem einige Wendungen samt Auflösung, die garantiert selbst der gewiefteste Fantasy-Profi nicht alle vorhersehen kann. Natürlich gibt’s auch Kampf und Krieg, aber das steht nicht im Vordergrund. Wir verfolgen den Weg eines jungen Mannes namens Rowarn, der sieben Pfade beschreitet. Und dann gibt’s da noch Visionenritter, magische Artefakte, den Zwiegespaltenen, Unsterbliche, Götter und natürlich Menschen. Und nicht zuletzt Dämonen, die eine sehr wichtige Rolle spielen, allen voran Nachtfeuer, dessen Namen man sich merken sollte. Als Anhang des ersten Bandes wird der Hintergrund der Geschichte dargelegt und das »Träumende Universum« vorgestellt, und in jedem Band ist ein wachsendes Glossar dabei, das weitere Hintergründe liefert. Auch im dritten Band gibt es einen Anhang.

Es ist leider eine unbestreitbare Tatsache, dass sich Anthologien wesentlich schlechter verkaufen, als Romane oder Serien. Trotzdem hast Du mit „Wiener Roulette“ ein entsprechendes Buch aufgelegt. Wie kam es dazu, was sind Deine Erfahrungen mit dem ungewöhnlichen Projekt?

Andreas Findig hat eines Tages die „Sentenza Austriaca“ gegründet, die „sehr geheime Geheimgesellschaft zur schleichenden Verösterreicherung des Perryversums“. Als Beinahe-Wahlwiener wurde ich trotz meiner bayerischen Wurzeln zum Ehrenmitglied ernannt. Bei einem unserer Treffen berichtete ich von der geplanten Wiederbelebung unseres Verlages, und dass ich als eine der ersten Publikationen gern einen Storyband von den Mitgliedern der Sentenza bringen würde. „Prima“, sagte Ernst Vlcek, „und ich hab auch schon die Idee zu einer Story, an der wir alle schreiben können.“ Er legte uns seine Idee dar, und keine Frage – wir mussten sie schreiben, und auch noch gemeinsam. Dazu wollte ich noch Einzelgeschichten der Beteiligten bringen, und Illustrationen. Das Buch sollte eine kleine Kostbarkeit sein, die völlig aus dem Rahmen der gewohnten Anthologien fällt. Das ist uns gelungen, und wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, auch wenn sich manche damit schwer tun, dass es kein durchgängiges Thema gibt, und dass bei der einen oder anderen Story ein Glossar vonnöten ist, um die umgangssprachlichen Ausdrücke zu verstehen – aber gerade darum geht es ja. Dazu haben wir dann gleich noch eine limitierte Sonderauflage von 50 Stück geschaffen, die die DVD vom Garching-Con 2005 beinhaltet, die einen musikalischen Bühnen-Auftritt von Ernst Vlcek, Leo Lukas und mir zeigt, dazu haben wir den Band natürlich alle drei handsigniert. Das ist etwas ganz Einmaliges, und unsere Vorräte schrumpfen gut dahin.

Für Panini hast Du drei Bücher zu dem Game „Spellforce“ verfasst. Die entsprechenden Vorgaben denke ich waren klar - Du solltest dem leseunwilligen Zocker vom Bildschirm weg und ans Buch heranführen. Das, und die vorgegebene Computerwelt ließ Dir für eine wirklich eigenständige Gestaltung wenig Raum. Trotzdem hast Du meines Erachtens versucht der Geschichte soweit möglich eigenes Leben einzuhauchen, und eine spannende, flüssig zu lesende Story erzählt. Nun zirkulieren im Netz einige nicht eben begeisterte Rezensionen von einem einzelnen Kritiker - wie stehst Du dazu?

Was kümmert mich ein einzelner Kritiker? Noch dazu, wenn die Ausführungen wenig fundiert und begründet sind (zumindest war das beim ersten Band so, wenn ich mich recht erinnere, weitere Rezensionen habe ich mir nicht angesehen). Das ist halt jemand, der die Autorin Uschi Zietsch nicht mag (vielleicht bin ich ihm mal auf den Schlips getreten?), und der sich unbedingt durch lautstarkes Nörgel-Getöse wichtig machen will, na und? Ich kann es nicht jedem Recht machen, und das will ich auch gar nicht. Man sollte bei einem Buch zu einem Game fair genug sein, dass der Autor keine Möglichkeit hat, eigene Kreationen zu bringen und die Geschichte auch nicht so originell sein kann wie ein selbst geschaffenes Projekt. Ein bisschen Differenzierung sollte man schon anerkennen.
Natürlich sind auch einige Hardcore-Fans enttäuscht, aber das ist ganz logisch: Man bringt nie genug und nicht genau das, was sie haben wollen. Das kenne ich hinreichend von „Perry Rhodan“ her, manche sind einfach nie zufrieden, weil sie ihre ganz eigenen Vorstellungen haben. Der Großteil aber liest die „SpellForce“-Trilogie sehr gern, denn sie verkauft sich gut, und mir hat die Geschichte großen Spaß gemacht. In dieser ersten Trilogie konnte ich natürlich nicht so sehr in die Tiefe der Welt gehen, weil möglichst viele (jugendliche) Leser angesprochen werden sollten. Trotzdem bringe ich einiges an Hintergrund, wobei immer die verschiedenartigen Figuren im Vordergrund stehen mussten, die die Handlung tragen sollten, nicht umgekehrt. Und das hat gut funktioniert.

Ist für Dich der Kontakt zu Deinen Lesern wichtig? Du bist ja sehr aktiv, besuchst viele Cons, und auch der Internetauftritt von Fabylon bietet sich zur Kontaktaufnahme an?

Na klar, gerade als Kleinverlag brauchen wir das Feedback unserer Leser. Wir wollen ja nicht an ihnen vorbei publizieren. Außerdem macht es Spaß, sich mit Gleichgesinnten zu unterhalten.

Ein Wort noch zur Kleinverlagsszene - tummeln sich hier zu viele Fische im Teich?

Nö.

Ich habe Dich als sehr offen, extrovertiert und immer gut gelaunt erlebt. Wie schaffst Du es immer so positiv und energiegeladen zu wirken?

Ich bin so. Unheilbar optimistisch. Als ich mit drei Jahren das erste Mal beinahe gestorben bin und seither eine chronische Erkrankung mit mir herumschleppe, die mir auch schon das eine oder andere Mal das Leben verkürzen wollte, habe ich von da an immer sehr dankbar gelebt und jeden Tag so intensiv wie möglich genossen. Ja, auch schlechte Tage, denn das macht stärker und reifer. Ich habe natürlich auch mal Durchhänger, aber die können meine Probleme nicht lösen. Jammern und Wehklagen ist nicht mein Ding, ich allein bin dafür verantwortlich, wie ich mein Leben gestalte und mit Konflikten und Problemen umgehe. Wenn ich lächle, lächeln Menschen zurück. Das macht den Tag doch gleich besser, oder? Verkniffenheit schafft nur Falten. Bosheit mag vielleicht das Leben verlängern, aber ich hab lieber Spaß.

Zum Schluss noch - was machst Du, wenn Du einmal nicht mit Büchern/Romanen beschäftigt bist - ich habe etwas von einem Bauernhof läuten hören. Ein Ausgleich zur vorwiegend sitzenden Tätigkeit?

O ja. Früher sind wir ja ab und zu verreist, seit drei Jahren geht das nicht mehr, weil wir hier im Unterallgäu auf einem kleinen Hof leben – aber wir haben den entsprechenden Ausgleich. Hier auf unserem Hof leben (unter anderem) Pferde, Katzen und Hunde, die mich ordentlich auf Trab halten und mich zwingen, mich zu bewegen und an die frische Luft zu gehen, egal bei welchem Wetter. Ich schalte da völlig ab, die Welt ist fern von mir, und das ist nicht nur körperliche Ertüchtigung, sondern auch geistige Entspannung. Fast wie Meditation. Und es ist einfach herrlich, mit den Fingern durch ein warmes Fell zu gleiten, gemeinsam die Landschaft zu genießen und mindestens doppelt so viel Liebe und Treue zurückzubekommen, wie man gibt.

Vielen Dank dass Du uns Rede und Antwort gestanden bist. Wir wünschen Dir und Deinem Verlag für die Zukunft alles Gute!


Die Website vom Fabylon Verlag ist hier zu finden.





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