Interview mit Klaus N. Frick
Datum: Tuesday, 02.November. @ 17:58:05 CET
Thema: Interview


Der Mann hinter Perry Rhodan - Carsten Kuhr sprach mit Klau N. Frick

Klaus N. Frick leitet seit 1995 als verantwortlicher Redakteur die ,,Geschicke" der Perry Rhodan Serie. Als Herausgeber des Semi-Professionellen Magazins SAGITARIUS hatte er sich erste Meriten verdient, dann folgte die Beschaeftigung bei einer Tageszeitung, eine Taetigkeit in einer Public Relations Agentur und seit Ende der 80er Jahre die Bearbeitung von Krimi- und Westernreihen als freier Lektor fuer Pabel 1 Moewig. Erst 1992 fest in den Verlag gewechselt, ist er jetzt fuer den redaktionellen Inhalt aller PR Reihen bei VPM verantwortlich. In seiner Freizeit besucht er gerne Punk-Konzerte.

CK: Hallo Klaus. Dein Steckbrief zeigt, dass Du Dich von der Pike aus hochgearbeitet hast. Hat Dir die Erfahrung im traditionellen Presseverlag zu Beginn Deiner Taetigkeit bei VPM geholfen?

KNF: Natuerlich. Bei einer Tageszeitung lernt man, schnell zu formulieren und Texte freier Mitarbeiter an die verschiedensten Ansprueche anzupassen, wenn es noetig ist. Zudem lernt man, seine Zeit einigermassen einzuteilen und trotzdem moeglichst gute Erfolge zu erzielen. Viel gelernt habe ich auch in der OEffentlichkeitsarbeit, wenngleich mehr ueber die »andere Seite des Schreibtisches«.

CK: Wie sieht eigentlich so ein typischer Tag im Arbeitsleben des KNF aus wenn nicht gerade Autorenkonferenzen oder ein Con anstehen?

KNF: Ich telefoniere viel: Autoren rufen an, die beispielsweise ein Problem mit ihrem aktuellen Roman haben. Ich telefoniere mit Robert Feldhoff ueber die aktuellen Exposés oder mit Autoren ueber ihre aktuellen Romane, diskutiere Staerken und Schwaechen, gebe – wenn mir etwas einfaellt – noetigenfalls auch Tips. Daneben telefoniere ich viel mit Lizenzpartnern, beispielsweise den Leuten von MME, die PERRY RHODAN verfilmen wollen.
Ein Schwerpunkt meiner Arbeit ist nach wie vor das Redigieren. Das Lektorat der PERRY RHODAN-Heftromane uebernehme ich noch selbst, die anderen Texte gehen an freie Mitarbeiter. Deren Arbeiten werden aber im allgemeinen von uns ueberprueft, also nicht nur von mir allein. Im Idealfall wird von unserer Redaktion nichts gedruckt, was nicht vorher ueber unsere Schreibtische ging und von mir oder Sabine Bretzinger geprueft wurde.
Allerlei Texte sind zu schreiben: Vorspaenne fuer die Romane, Werbetexte, Konzeptionen, Briefe an Fans und Autoren, Mails an Firmenpartner und potentielle Lizenznehmer.
Und ein grosser Teil nimmt der »Hickhack« ein, wie ich es immer nenne: interne Diskussionen mit Buchhaltung und Vertrieb, mit Druckerei und Setzerei, Gespraeche ueber Firmenstrategieren, Programmgespraeche mit dem Buchverlag, Produktionsplaene mit dem Zeitschriftenbereich des Verlages. Dazu muessen neue Vertraege ausgearbeitet oder – ganz banal – irgendwelche hausinternen Abrechnungen geprueft werden.
Das ist nicht alles, aber ich kann beim besten Willen alles aufzaehlen. Manchmal wundere ich mich nach einem Arbeitstag, was ich eigentlich die ganze Zeit getan habe – und ich langweile mich dabei keine Sekunde lang.

CK: In einem Markt, in dem Leser scheinbar zu einer aussterbenden Gattung zaehlen, und selbst namenhafteste Verlage ueber dramatische Einbrueche bei den Verkaufszahlen berichten wart Ihr bei VPM mit Euer sehr liebevoll gestalteten Internetpraesenz Vorreiter gerade auch bei der zukunftstraechtigen Vermarktung im Internet. Wie entstand das PR-Net (vgl. www.perry-rhodan.net), wer betreut die Seiten? Habt Ihr Daten, wie oft Eure Seiten taeglich angeklickt werden?

KNF: Dass Leser zu einer aussterbenden Gattung zaehlen, wird gerne behauptet, ist aber falsch. Der Erfolg von Harry Potter beweist, dass Jugendliche beispielsweise sehr gerne lesen. Man muss ihnen nur gute Unterhaltung liefern. Dramatische Einbrueche bei den Verkaufszahlen gibt es nirgends; der Buchhandel schreibt nach wie vor Zuwaechse. Die sind eben nicht mehr so gross wie frueher, und das Geschaeft verlagert sich – die Krise allerdings muss man nicht mit aller Gewalt herbeischreien.
Die Entstehung der PERRY RHODAN-Homepage ist recht amuesant: Ich lernte Oliver Reiff und Mathias Schnurer im Verlauf der PERRY RHODAN-Tage in Sinzig kennen, als mir die beiden ein kleines Computerspiel praesentierten, das sie selbst geschrieben hatten. Als es darum ging, den Band 1800 und damit den Start des neuen THOREGON-Zyklus zu bewerben, kam ich auf die Idee, doch das Internet einzusetzen. Damals wusste ich selbst noch nicht so genau, was das war, weil ich bis dato – wir sprechen jetzt vom Herbst 1995 – noch nie im Netz gewesen war. Es war aber klar, dass das Internet unsere Vorstellungen ueber Kommunikation veraendern wuerde. Und da ich keine Ahnung hatte, telefonierte ich mit den beiden, die – oh Wunder! – in ebenjener Stadt studierten, in der ich wohnte. Wir setzten uns zusammen, die beiden entwickelten erste Konzepte in ihrer Studentenbude, und im Januar 1996 ging die PERRY RHODAN-Homepage an den Start.
Die beiden haben spaeter die Firma Trilobit GmbH gegruendet, betreuen laengst auch andere Firmen (www.transgalaxis.de) und andere Abteilungen unseres Hauses (www.moewig.de) , haben bereits Leute eingestellt und werden meiner Meinung nach weiter expandieren, da sie sich nicht dem allgemeinen Internet-Hype angeschlossen haben, sondern sauber und eher konservativ-korrekt arbeiten.
Natuerlich haben wir Daten, wie oft unsere Seiten taeglich angeklickt werden. Aber diese sind intern.

CK: Stichwort Feedback; - kommen da uebers Internet, ueber den ja gerade der kurze Weg zw. Verlag und Lesern beschritten werden kann viele Vorschlaege und Kritik. Habt Ihr da auch schon mal direkt auf Anregungen reagiert?

KNF: Das Internet hat laengst die Kommunikation bei PERRY RHODAN veraendert. Wir erhalten viel mehr Mails als Briefe – insofern fliessen sehr wohl Anregungen und Vorschlaege der Leser in unsere taegliche Arbeit ein.

CK: UEber die PR-Fanzentrale habt Ihr ein mittlerweile sehr gut durchorganisiertes Netz von Fanclubs aufgebaut - eine Investition in die Zukunft? Was fuer weitere Plaene habt Ihr hier ?

KNF: Die PERRY RHODAN-FanZentrale ist eine Dienstleistungsorganisation fuer die Leser, die von Lesern gemacht und vom Verlag gerne unterstuetzt wird. Das ist insofern eine Investition in die Zukunft, weil wir damit unsere Stammleser mit kleinauflagigen, feinen Produkten versorgen koennen. Geld kann man damit allerdings nicht verdienen, die FanZentrale ist eine reine Service-Geschichte! Insofern gibt es hier keine Verlagsplaene, sondern eben Plaene der FanZentrale. Dass der Erste Vorsitzende der PERRY RHODAN-FanZentrale zufaelligerweise seine Broetchen mit PERRY RHODAN -Marketing verdient, darf allerdings auch nicht ueberraschen ...

CK: Immer wieder erscheinen ja im Rahmen der Fanzentrale auch PR-Spezifische Stoffe – z.B. die Altan Fanserie MACHT DES GHOOR. Was haeltest Du von diesen arbeitsintensiven Projekten der Fans, wie steht der Verlag dazu, koennt Ihr hier eventuell auch foerdernd i.R. von Werbemassnahmen oder AEhnlichem flankierende Massanhmen zur Vermarktung der Titel beisteuern?

KNF: Ich finde solche Fanprojekte schon immer klasse. In meiner Funktion als Chefredakteur hat sich daran nichts geaendert. Wir unterstuetzen solche Fanprojekte, indem wir auf sie hinweisen: in den PERRY RHODAN-Clubnachrichten, auf der Homepage, im Rahmen der PERRY RHODAN-Kommunikation, die in jedem Heft erscheint, und auch mit kompletten Gratis-Anzeigen.

CK: Auch bezueglich der E-Books seid Ihr Vorreiter. Die einschlaegigen Titel von VPM gibt es immer auch als E-Books - wie entwickelt sich hier das Geschaeft? Ist das der Vertriebweg der Zukunft?

KNF: Das E-Book koennte ein Vertriebsweg von vielen fuer die Zukunft sein. Insofern ist das eine – wenngleich sehr teure – Investition in die Zukunft. Das Geschaeft ist nicht ganz einfach, was auch schon Groessen wie Stephen King gemerkt haben und all die euphorisch gestarteten deutschen Kleinstverlage auch noch merken werden.

CK: Was tut ihr, um gerade die jungen Kaeuferschichten, die mit phantastisch animierten Computerspielen verwoehnt sind an die muehevolle Anstrengung des Lesens heranzufuehren?

KNF: Jugendliche lesen gerne – sie muessen nur etwas bekommen, das ihnen gefaellt. Der eben erwaehnte Harry Potter beweist das ebenso wie Thomas Brezina mit seinen Fantasy-Romanen fuer Kinder, auch wenn ich Brezina ziemlich graesslich finde. Ich bin aber nicht die Zielgruppe. Lesen macht Spass, und das wissen Jugendliche sehr wohl. Wir versuchen eben, spannende Unterhaltung zu bieten, die sowohl unser meist erwachsenes Stammpublikum als auch junge Leute anspricht.

CK: Bastei hat bei MADDRAX eine Leserumfrage gemacht, die bzgl. des Alters der Kaeufer / Leser zu recht erstaunlichen Ergebnissen gefuehrt hat. Viele Heftleser sind ueber 30 Jahre alt, die Jugend fehlt. Ist das Ende der Heftreihen in Sicht?

KNF: Nein. Im Jahr 1987 habe ich auf einer Podiumsdiskussion auf dem ColoniaCon, an der unter anderem Uwe Anton teilnahm, behauptet, dass der Heftroman am Sterben sei. Ich hatte unrecht. Der anhaltende Erfolg von PERRY RHODAN beweist das ebenso wie der stabile Verkaufserfolg von MADDRAX – den Kollegen bei Bastei muss hierzu in der Tat ein Kompliment ausgesprochen werden! In der Tat sind viele Heftleser erwachsen geworden, bleiben ihrer Lektuere aber treu; es kommen Jugendliche nach, aber eben nicht mehr in dem Ausmass wie frueher.
In die Zukunft blicken kann ich nicht, also weiss ich auch nicht, ob es im Jahr 2010 noch Heftromane geben wird. Ich kann es mir aber vorstellen. Und wenn ja, wird PERRY RHODAN sicher dabei sein!

CK: Zusammen mit dem Weltbild Verlag habt Ihr als sog. Sammleredition zunaechst die sehr gut laufende DRAGON Reihe produziert, daran anschliessend laeuft gerade die entsprechende Hardcoverneuauflage von MYTHOR. Geruechten zufolge sieht es da mit den Abonnentenzahlen lange nicht so gut aus, wie bei DRAGON. Kannst Du uns hierzu etwas sagen, wird die Reihe fortgefuehrt, oder muss mit einer Einstellung nach dem gegenwaertig in Produktion befindlichen Band 14 gerechnet werden?

KNF: Zu den Verkaeufen bei Weltbild kann ich so viel nicht sagen. DRAGON war sehr erfolgreich, wir haben zusammen mit den Weltbild-Kollegen die 19 Baende herausgebracht und so die Serie endlich zu einem befriedigenden Ende gefuehrt. Wie es mit MYTHOR weitergeht, muss abgewartet werden: Derzeit laeuft ja eine neue Werbekampagne von Weltbild, dann sieht man weiter. Wir wollen die Reihe natuerlich weiterfuehren – aber das haengt davon ab, ob es fuer Weltbild rentabel genug ist.

CK; Ist ueberhaupt die Neuauflage von Heftserien im preislich attraktiven Hardcover Deines Erachtens nach ein Markt der Zukunft. Die alten Fans und Leser als Zielgruppe im Auge, hatten wir gerade in den letzten Jahren ja mit HJB´s REN DHARK, Blitz PROMET und STARGATE sowie Zaubermonds DORIAN HINTER und DAS VOLK DER NACHT genuegend Beispiele.

KNF: Solche Neuauflagen sind meiner Meinung nur bei attraktiven Serien sinnvoll. PERRY RHODAN ist sicher die eine, REN DHARK ebenso sicher die andere – das sind Serien, mit denen die Verlage auch wirtschaftliche Erfolge erzielen. Bei den Zaubermond-Serien hoffe ich das ebenfalls, da es sich hier um attraktive Horror-Reihen handelt. Ob man allerdings jede Science-Fiction-Serie der letzten fuenfzig Jahre als Hardcover veroeffentlichen muss, moechte ich allerdings stark anzweifeln ...

CK: Auch VPM entdeckt zunehmend den Hardcovermarkt. Nach Einstellung der PR-Taschenbuecher (gibt es da Plaene fuer eine Fortfuehrung ?) habt Ihr letztes Jahr angefangen zweimal jaehrlich einen Block mit jeweils 3 Titeln des Lesern zu offerieren. Wie kamt Ihr auf die Idee?

KNF: Das sind ja gleich mehrere Fragen auf einmal. Die PERRY RHODAN-Taschenbuecher werden bei uns sicher nicht fortgesetzt, da wir kein Taschenbuchprogramm haben. Falls sich mal ein »potenter« Lizenznehmer findet, moechte ich das aber nicht ausschliessen.
Die drei Baende von MOEWIG FANTASTIC, die wir im Herbst 2000 publiziert haben, waren eigentlich als einmaliges Ereignis geplant – deshalb haben wir im Herbst 2000 ja auch keine Fortsetzung angekuendigt. Als das Echo bei den Fans allerdings recht gross war, haben wir fuer dieses Jahr zweimal drei weitere Baende geplant. Ob wir die Reihe MOEWIG FANTASTIC im Jahr 2002 fortsetzen, muss sich erst noch herausstellen: Der Aufwand dafuer ist eben doch ziemlich gross, die Arbeit muss auch nebenbei erledigt werden.

CK: Neben neuen Romanen, insbesondere bei ATLAN, aber auch den Fantasy-Reihen DRAGON und MYTHOR liegen unter dem Tradtionssignet TERRA ASTRA auch die ersten beiden Baende mit Neuauflagen von Ernst Vlcek und Peter Ritter (Peter Terrid) vor. Angesichts eines mehr als moderaten Preises laufen die Baende wie man so hoert sehr gut. Wie kamt ihr auf genau die beiden Titel, kannst Du uns schon eine Vorschau auf die naechsten Titel geben?

KNF: Ernst Vlcek lag auf der Hand: Er ist derzeit einer der beliebtesten PERRY RHODAN-Autoren, seine klassischen Romane sind groesstenteils vergriffen, und im Spaetjahr 2000 zog er sich aus der Exposé-Factory zurueck. Da lag es m.E. nahe, von ihm zwei klassische Hefte in neuer Bearbeitung und Gestaltung herauszubringen.
Bei Peter Terrid ist es vergleichbar: Der leider schon viel zu frueh verstorbene Autor hatte zahlreiche Fans. Seine vielen Einzelromane ausserhalb der PERRY RHODAN-Serie wurden allerdings so gut wie nie nachgedruckt; das wuerde ich gerne in einem guten Outfit uebernehmen.
Im Herbst 2001 kommt ein Titel von Horst Hoffmann; »Die Galaktische Rallye« ist vor allem fuer jene Fans interessant, die Spass an den satirischen Romanen von HoHo haben und immer wieder nach einer Fortsetzung seines legendaeren »Kroeten«-Taschenbuches rufen.

CK: Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit fuer das Interview genommen hast. Dir und dem ganzen Verlag wuenschen wir fuer die Zukunft alles Gute !






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