Ein Interview mit Michael Marrak
Datum: Saturday, 23.October. @ 20:54:26 CEST
Thema: Interview





EIN INTERVIEW MIT | MICHAEL MARRAK

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Der Autor Michael Marrak wurde am 05.11.65 in Weikersheim geboren, heute lebt er in der Naehe von Stuttgart. 2000 legte er mit "Lord Gamma" seinen ersten SF-Roman vor, der fuer mehrere Literatur- Preise nominiert wurde und Ende kommenden Jahres in der SF-Reihe des Verlages Bastei-Luebbe erscheinen wird. In diesem Jahr erscheint im Festa-Verlag sein neuester Roman, "Imagon". Phantastik.de sprach mit dem Autoren ueber seinen neuen Roman, "Lord Gamma" und weitere Plaene.


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ojm:

Demnachst erscheint im neugegruendeten Festa Verlag Dein naechster Roman, "Imagon". Erzaehl den Lesern doch mal, worum sich der Roman drehen wird und wenn ja, ob es in dem Text eine bestimmte Message geben wird.

MM:

Du meinst so etwas wie eine geheime Botschaft beim Rueckwaertslesen? Oder eine Moral? Hm … ich wuesste nicht. Als mich Frank Festa vor einem Jahr bat, ihm einen Roman fuer die Lovecraft-Reihe zu schreiben, waren meine Bedingungen, dass es ein moderner Roman werden und ich dem Cthulhu-Mythos neue Aspekte hinzufuegen darf. Als Frank ein wenig skeptisch wissen wollte, "was fuer neue Aspekte mir denn im Sinn stuenden", schickte ich ihm eine kurze Mail mit einem Textauszug, und er war begeistert. Vielleicht sind es diese Aspekte, die Du als Message interpretierst. In diesem Fall waere die Message in "Imagon" eine leicht modifizierte Version des Vier-Musketiere-Credos... (Hab ich eigentlich schon mal erwaehnt, wie sehr ich Raetsel mag?) "Imagon" ist allerdings kein Cthulhu-Roman. Er spielt zwar im Elder Gods-Universum, aber Cthulhu wird allenfalls mal am Rande erwaehnt. Die Geschichte handelt von ein paar ganz anderen... hm... Leuten? Grossen Alten? Monstern? Zudem ist "Imagon" kein klassischer, sondern ein sehr moderner lovecraft’scher Roman, der als Wissenschafts-Thriller beginnt und in naher Zukunft spielt. Vielleicht wird er daher manch einem sogar zu modern sein. Eine Geschichte, die in einem 300 Seiten umfassenden Buch erzaehlt wird, in wenigen Saetzen wiederzugeben, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Sie klingt albern, egal wie ueberragend sie vielleicht ist. Allerdings gibt es noch den von mir vorgeschlagenen Klappentext. Ich halte ihn fuer recht gelungen, da er nicht zu viel aber auch nicht zu wenig verraet. Dort heisst es: "Als ein Meteorit im ewigen Eis Groenlands niedergeht, enthuellt sich einer angereisten Forschergruppe im Krater ein spektakulaerer Fund: der Gipfel einer praehistorischen, an einer Bergflanke erbauten Tempelanlage. Die anfangs sensationelle Entdeckung erweist sich jedoch fuer den schneehassenden Geophysiker Poul Silis und die beteiligten Wissenschaftler als Initialzuendung fuer einen unheilvollen Prozess, denn tief unter dem Eis wartet ein aeonenaltes Wesen auf die Erfuellung einer Prophezeiung." Vom Ambiente her koennte man "Imagon" als Mischung aus Lovecrafts "Berge des Wahnsinns", Carpenters Filmremake "Das Ding aus einer anderen Welt" und Hoegs "Fraeulein Smillas Gespuer fuer Schnee" bezeichnen. Mit dezenten Anleihen aus Lovecrafts "Der Fluesterer im Dunkeln" und "Die Farbe aus dem All".

ojm:

Handelt es sich bei dem Roman tatsaechlich um eine "erweiterte Fassung" Deiner Erzaehlung "Der Eistempel" aus der Anthologie "Die Stille nach dem Ton", wie Herausgeber Frank Festa es in einem Phantastik.de-Interview angedeutet hatte? Wenn ja, wieviel dieser Erzaehlung wird sich im Roman wiederfinden?

MM:

Sagen wir mal so: "Imagon" basiert auf der Novelle "Der Eistempel", und diese ist vollstaendig in den Roman eingeflochten. Allerdings ist "Imagon" viermal so umfangreich als "Der Eistempel", und was von der Novelle uebrig ist, wurde von mir gaenzlich umgeschrieben. Alles klar? ;-) Die wenigsten wissen wahrscheinlich, dass auch "Der Eistempel" lediglich die erweiterte Fassung einer viel aelteren Geschichte ist, die 1990 in der Anthologie "Erzaehlungen der phantastischen Literatur" erschien. Diese (katastrophal schlechte) Ur-Story, 1989 geschrieben, trug den Namen "Die Augen von Aasac" und war nicht mehr und nicht weniger als meine erste veroeffentlichte Erzaehlung. 1994 erschien diese Geschichte dann noch einmal - leicht abgeaendert und mit SF-Background - in "Andromeda" 134 unter dem Titel "Schweigender Gezeiten Geister". Die dritte, 1998 erschienene Mutation "Der Eistempel" war teils noch immer ziemlicher Kokolores und enthielt etliche Fehler, die auf mangelnder Recherche beruhten; sei es der Wissenschaftsbetrieb an sich, die Wissenschaftlichkeit, das Geschichtliche, die Logik, die Mystik oder der enthnologische Aspekt. Vom Schreibstil moechte ich gar nicht reden. All das habe ich nun in Zusammenarbeit mit einem Geologen und einem Sortiment von Fachbuechern geaendert. Waehrend "Die Augen von Aasac" also vor elf Jahren aus der Ursuppe gekrochen kam, geht "Imagon" endlich aufrecht. Es ist im Grunde ein voellig neuer Roman und gleichzeitig das Resultat literarischer Evolution. Klingt gewichtig, oder...?

ojm:

Der Roman erscheint in der Reihe "Lovecrafts Bibliothek des Schreckens". Was verbindet dich mit H.P. Lovecraft?

MM:

Die Liebhaberei? Die Vergangenheit? Ja, ganz sicher. Ich bin das Opfer einer kausalen Ereigniskette und irgendwann Ende der Siebziger mental hinter dem Ereignishorizont der Trivialitaet verschwunden. Ich las jahrelang Gespenster- Geschichten-Comics, danach jahrelang Professor Zamorra- und Gespenster-Krimi- Heftromane, ehe ich Anfang der Achtziger in einem Moment geistiger Klarheit beschloss: Genug davon! Ich sagte zu mir: Geh in einen Buchladen und kauf dir endlich ein gescheites Buch! Eins mit Anspruch. Eins fuer Erwachsene. Von einem grossen Verlag. Literatur aus dem Ausland. Weltliteratur. Sprach’s und fuhr mit dem Bus in die Stadt, enterte eine Buchhandlung und drehte fachkundig die Buecherstaender. Na ja, und als ich die Buchhandlung wieder verliess, hatte ich "Berge des Wahnsinns" in der Tasche... Bloed, was?

ojm:

Weder Festa, noch Blitz Verlag geben langfristige Veroeffentlichungstermine bekannt. Weisst Du, wann "Imagon" genau erscheinen wird?

MM:

Der Roman sollte urspruenglich im Juli beim Blitz-Verlag erscheinen. Durch die Neugruendung des Festa-Verlags und den damit einhergehenden Umstellungen kommt es meines Wissens zu einer Programmverschiebung von ungefaehr zwei Monaten. "Imagon" erscheint also fruehestens im August, spaetestens - falls Frank Festa noch einen aus dem Amerikanischen uebersetzten Roman dazwischenschieben moechte - im Oktober.

ojm:

In unserem letzten Interview meintest Du, du haettest noch einen SF-Roman in Arbeit. Was ist mit diesem Projekt und gibt es da schon einen konkreten Veroeffentlichungstermin zu vermelden?

MM:

Nein, leider nicht. Ich mache mir seit Monaten Gedanken darueber, was nach "Imagon" kommen soll. Eigentlich muesste es ja heissen: was nach "Lord Gamma" kommen soll, denn der naechste Roman wird zwangslaeufig nach dessen Wiederveroeffentlichung bei Bastei-Luebbe erscheinen. Seit dem "Aufstieg" zu Luebbe weht allerdings ein anderer Wind, und die eigenen Ansprueche und die Verhaeltnisse, wie ich einen Roman schreibe und vor allem was fuer einen Roman ich schreibe, haben sich gravierend geaendert. Nun reicht es nicht mehr, irgendwie ein paar hundert Buecher verkauft zu kriegen, sondern ein paar Tausend oder Zehntausend. Letzteres schafft man mit einem SF-Roman hierzulande leider nur sehr, sehr selten. Hinzu kommt, dass es ein Herzenswunsch meines Agenten ist, den naechsten Roman als Hardcover erstveroeffentlicht zu sehen. Das wird mit einem SF-Roman ebenfalls schwierig werden, denn dieses Genre ist mehr im Taschenbuch beheimatet. Zu guter Letzt muss ich gestehen, dass mir von "Lord Gamma" noch immer der Kopf raucht. Ich fuehle, dass ich noch etwas Abstand brauche, ehe ich einen weiteren Pure-SF-Roman in Angriff nehme. Ich moechte schlichtweg vermeiden, dass ich mich dabei ertappe, ein Plagiat von "Gamma" zu erschaffen oder gar eine Fortsetzung. Mein Streben zielt dahin, etwas zu schreiben, das fuer mich und die Leser neu ist und dennoch faszinierend und phantastisch bleibt und eventuell auch einen SF-Aspekt nicht vernachlaessigt. Im Moment sammle ich das Recherchematerial fuer dieses Projekt. Und wenn ich zur Seite schiele und dorthin gucke, wo sich die Buecher, Magazine und Internetausdrucke fuer diesen Roman anhaeufen, kriege ich Bauchschmerzen, denn ich muss das alles noch lesen! Und es ist verdammt viel! Und ich habe noch nicht einmal die Haelfte beisammen. Ein Langzeitprojekt also, das nicht vor Herbst 2003 erscheinen wird. Aber was soll’s. Ich brauche Veraenderung, um Spass an einer Sache zu haben. Wenn man es jedoch genau betrachtet, ist "Imagon" sogar ein SF-Roman. Zum einen sind Cthulhu und Konsorten nun mal Ausserirdische (Lovecraft bezeichnete sie als "Gezuecht von den Sternen"), zum anderen spielt die Geschichte ein paar Jahre in der Zukunft. Das ist notwendig, um den Stand der im Roman eingesetzten Technik zu rechtfertigen, etwa bestimmter Formen satellitenunterstuetzter Kommunikation oder der Groesse und Einsatzfaehigkeit mobiler Analysegeraete wie Scanalyzern, Photoelektronen- oder Roentgenspektrometern. Heutzutage besitzen diese Geraete teils noch annaehernd die Groesse eines VW-Kaefers und sind im Gegensatz zu denen im Roman reine Laborgeraete. Zudem spielt in "Imagon" eine Zeitreise eine Schluesselrolle, verbunden mit einem Effekt, der als temporale Rekursion bezeichnet wird; A verursacht B, B verursacht C, C verursacht A. So: wait and see...

ojm:

Eines meiner Lieblingsbuecher des Jahres 2000 war Dein "Lord Gamma", erschienen im Shayol-Verlag - nun wird der Roman naechstes Jahr bei Bastei-Luebbe nochmal als Taschenbuch aufgelegt. Wird der Roman dort in textlich unveraenderter Form aufgelegt und wie kam es zu dazu, dass er dort als Taschenbuch herauskommen wird?

MM:

Abgesehen von einigen Kleinigkeiten, die ich selbst nachtraeglich ueberarbeitet habe oder auf die mich dankenswerterweise ein paar aufmerksame Leser hingewiesen haben, wird "Gamma" in unveraenderter Form erscheinen. Um zu erklaeren, wie es dazu kam, muss ich etwas weiter zurueckgreifen. Wie der eine oder andere weiss, existiert hier in Stuttgart ein kleiner Autorenzirkel, den wir den "Club" nennen. Er besteht aus Thomas Thiemeyer, Andreas Eschbach, David Kenlock und meiner Wenigkeit. Wir treffen uns in dieser Konstellation mehrmals im Monat, und das seit ueber zwei Jahren. Falls einem von uns eine Laus ueber die Leber gelaufen ist, merken das die anderen. Ich hatte jahrelang ausnahmslos in Kleinverlagen veroeffentlicht und mir auch zu Beginn von "Gamma" keine Gedanken darueber gemacht, warum ich es nicht weiterhin tun sollte (zumal "Gamma" anfangs nur als Kurzgeschichte geplant war). Doch waehrend des Schreibens passierte etwas, von dem ich nicht erwartet hatte, dass es passieren wuerde. Es war wie das Ueberschreiten einer unsichtbaren Grenze, auf die ich mich unbewusst, aber kontinuierlich zubewegt hatte, ohne zu wissen, wo genau sie liegt. Der ganze Prozess des Schreibens war ploetzlich intensiver und einfacher, das Geschriebene klarer und lebendiger. In den Wochen vor der Erstveroeffentlichung bei Shayol, also im August letzten Jahres, rutschte ich jedoch zunehmend in eine depressive Stimmung ab, einer Mischung aus Wut und Frustration, und das schlug sich auch bei unseren gemeinsamen Treffen nieder. Irgendwann, im Laufe eines dieser Treffen, brach sich diese Stimmung schliesslich Bahn. Ich erzaehlte, dass es mir in der Seele wehtue, nach anderthalb Jahren Arbeit etwas fertiggestellt zu haben, von dem ich das Gefuehl hatte, es waere besser als alles vorherige - und nun bekamen durch die geringe Auflage bei Shayol allenfalls ein paar hundert Leute davon etwas mit. Oder um es krass auszudruecken: Anderthalb Jahre Arbeit fuer nichts. Das machte mich ziemlich fertig, denn ich war der Ansicht, "Gamma" haette mehr Aufmerksamkeit verdient. Ich hatte einfach nur den Wunsch, das scheinbar Unvermeidbare abzuwenden, den Lauf der Dinge so zurechtzubiegen, dass er fuer mich wieder akzeptabel war, denn ich wusste nicht, wann ich einen solchen Roman wieder zustande bringen wuerde. Alles in mir straeubte sich, noch ein paar Jahre laenger zu warten. Ich wollte raus aus der Isolation der Kleinverlage und 300er-Auflagen. Da ich jedoch wusste, wie es um die SF in Deutschland momentan bestellt ist (und "Gamma" IST nun mal ein SF-Roman), wandte ich mich im Laufe des Gespraechs an Andreas. Ich betonte, dass es mir unangenehm waere, ihn danach zu fragen (ich wusste ja, dass ihm meine bisherigen Sachen nicht sonderlich gefielen), aber ob er nicht eine Moeglichkeit sehe, Bastei-Luebbe auf "Gamma" aufmerksam zu machen. Andreas atmete daraufhin tief durch, lehnte sich etwa einen halben Meter zurueck und meinte sichtlich reserviert: "Dazu muesste ich den Roman erst mal lesen." Seine Begeisterung hielt sich also in Grenzen. Wir einigten uns darauf, dass ich ihm die ersten beiden Teile von "Gamma" per e-mail zuschicke. Ein paar Tage spaeter kam eine Mail von Andreas, und darin stand: "Hey, das Ding ist ja richtig gut!" Er konnte gar nicht erwarten, wie es weitergeht und bat mich, ihm auch den Rest des Romans zu schicken... Bei unseren naechsten Treffen meinte Andreas, er koenne bei Bastei-Luebbe zwar als Fuersprecher dienen und "Gamma" guten Gewissens anpreisen, da ihm der Roman wirklich ausserordentlich gut gefalle, aber es waere im Grunde nicht noetig, denn falls ein Text wirklich gut ist, erkennt dies der Lektor auch ohne seinen Hinweis. Letztendlich, erklaerte er, muesse der Roman fuer sich selbst sprechen. Im selben Atemzug fuegte er hinzu, dass er es taktisch nicht fuer klug halte, "Gamma" direkt dem Verlag anzubieten, zumal der Roman in Kuerze bei Shayol veroeffentlicht werden wuerde. Er meinte, ich braeuchte in erster Linie endlich einen guten Agenten - und schickte die ersten einhundert Seiten von "Gamma" am selben Abend an Thomas Schlueck. Es vergingen einige Wochen (Kommentar Andreas: "Geduld, Geduld, Geduld..."), dann klingelte das Telefon, und wenige Tage spaeter war ich bei der Agentur unter Vertrag. Zumindest hier, dachte ich, hat der Roman schon mal "fuer sich gesprochen". Die Agentur wies mich allerdings auf das Problem hin, dass "Gamma" (zu diesem Zeitpunkt) bereits als Taschenbuch publiziert sei und dass die Veroeffentlichung in einem Kleinverlag die Sache grundsaetzlich erschweren wuerde. Schlueck nannte die Situation schwierig, da aus diesem Grund nur noch wenige Verlage in Frage kaemen, und riet mir, eine geplante Zweitauflage bei Shayol zu stoppen. Grossverlage, so Schlueck, wuenschen sich in der Regel Originalauflagen, aber ein paar Hundert verkaufte "Gammas" wirkten da "so gut wie nicht erschienen" - und bot den Roman Heyne und Luebbe an. Daraufhin geschah wieder lange Zeit nichts, ausser dass die Shayol-Ausgabe Ende Dezember restlos vergriffen war und meine Nerven irgendwann blank lagen (Andreas: "Geduld, Geduld, Geduld..."). Anfang Februar kam endlich der erloesende Anruf meines Agenten, dass ein Angebot von Luebbe vorliegt. Heyne dagegen konnte sich nicht durchringen, den bereits veroeffentlichten Roman wiederzuveroeffentlichen. Ende Februar unterschrieb ich schliesslich meinen Vertrag bei Bastei-Luebbe. That’s it. An dieser Stelle: Tausend Dank, Andreas!

ojm:

Bisher weiss es noch niemand, daher hier die exklusive Mitteilung: "Lord Gamma" ist nicht nur fuer den diesjaehrigen "Kurd Lasswitz Preis" und den "Deutschen Science Fiction Preis" nominiert, sondern auch fuer den Publikumspreis von Phantastik.de, den "Deutschen Phantastik Award". Bitte beschreib doch mal Deine Gefuehle, wie es ist, fuer zahlreiche Literaturpreise nominiert zu sein.

MM:

Es ist ungeheuer motivierend und die Bestaetigung, nach all den Muehen keinen Schuss in den Ofen gesetzt zu haben. Waehrend der letzten drei, vier Monate, in denen ich an "Gamma" gearbeitet hatte, war ich voellig ausgebrannt und ziemlich desorientiert und desillusioniert, was die Zukunft und die ganze Schreiberei betrifft. Ich beendete den Roman sprichwoertlich nur noch durch die Mobilisierung autonomer Reserven - physisch sowie psychisch. Dass jedermann den Roman anschliessend lobte, drang eine Weile lang gar nicht zu mir durch. Da war einfach nichts mehr, kein Gefuehl, nur noch Erschoepfung. Allerdings - Lob hin oder her - fuehle ich mich nicht so ganz wohl angesichts der von einigen Leuten manifestierten Prognose, "Lord Gamma" wuerde (oder muesse) dieses Jahr zumindest einen oder gleich alle Literaturpreise gewinnen, bzw. waere der sichere Favorit hierfuer. Ich teile diese Erwartung nicht, sie wirkt so konstruiert, so aufgezwungen. Ich kann im direkten Vergleich nicht einmal beurteilen, ob der Roman einer Favoritenrolle gerecht wird. Das ist das grosse Manko an der Schriftstellerei: Der Autor selbst kann sich nach getaner Arbeit niemals an seinem eigenen Buch ergoetzen. Es gibt fuer ihn ja keine Überraschungen mehr. Schade, wirklich... Also, langer Rede kurzer Sinn: Ich freue mich, mit "Gamma" fuer die wichtigsten Genre-Preise nominiert worden zu sein, aber ich sehe einen unbedingten Literaturpreisgewinn nicht als Selbstverstaendlichkeit oder gar dringende Notwendigkeit an. Ein Preis waere eine schoene Wuerdigung, aber es ist genausogut moeglich, dass "Gamma" ueberhaupt keinen Preis gewinnt.

ojm:

Welche Projekte liegen bei Dir ansonsten noch an?

MM:

Neben dem Roman, der auf "Imagon" folgt, eigentlich nicht besonders viel. Im Februar 2002 wird als Alien Contact-Buch im Shayol-Verlag jene Sammlung von Erzaehlungen erscheinen, die Ende 1999 von "Lord Gamma" plattgemacht wurde. Ich werde diesmal NICHT versuchen, eine neue Story dafuer zu schreiben, sonst passiert das gleiche noch einmal und es wird wieder ein Roman. Zudem habe ich seit ueber zwei Jahren keine Kurzgeschichte mehr geschrieben. Der noch titellose Band beinhaltet daher nur acht oder neun ueberarbeitete Erzaehlungen, von denen drei (oder vier?) im Laufe der letzten sechs Jahre im Magazin "Alien Contact" erschienen sind, die restlichen in diversen anderen, groesstenteils vergriffenen oder laengst eingestellten Fanzines, Magazinen und Anthologien.

ojm:

Im Ausland sind ja schon Texte verlegt worden, gibt’s in dieser Richtung neues zu vermelden?

MM:

Kaum etwas. Alles ist sehr langsam am Koecheln. In Frankreich und Italien koennte/soll "Lord Gamma" nahezu zeitgleich zur Bastei-Luebbe-Ausgabe erscheinen, also Ende 2002/Anfang 2003. Ob das auch klappt oder sich alles noch uebersetzungs- und programmtechnisch verzoegert, erfahre ich wohl erst im Herbst. An "Imagon" ist man in Frankreich und Italien ebenfalls interessiert. Im September 2001 erscheint meine Erzaehlung "Wiedergaenger" im SF-Magazin "Galaxies", einer Art franzoesischem "Magazine of Fantasy and Science Fiction". Dort fungiert sie sozusagen als Trailer zur "Gamma"-Uebersetzung, da es in der Geschichte erstmals um das BRAS geht. Im Oktober 2001 folgt dann noch eine Story (vermutlich "Astrosapiens") in einer SF-Anthologie anlaesslich des Utopiae-Festivals in Nantes. In Italien werden ebenfalls zuerst zwei Erzaehlungen uebersetzt ("Die Stille nach dem Ton" und "Quo vadis, Armageddon?"). Sie erscheinen in einer Anthologie namens "Finzioni berlinesi", die naechstes Jahr von Robin Benatti herausgegeben wird. Aus Daenemark, wo aehnliches geplant ist, habe ich bereits seit Monaten nichts mehr gehoert.

ojm:

Auch im Internet wirst Du aktiv - unter www.Marrak.de. Erzaehl doch mal, was dort zu erwarten ist und wann die Site ihre Arbeit aufnehmen wird.

MM:

Sorry, dazu kann ich absolut nichts sagen, weil ich gerade selbst keinen Plan habe. Die Domain ist bereits seit Anfang letzten Jahres reserviert, aber ich hatte bis heute keine Zeit und keinen Nerv, auch nur die Startseite zu entwerfen. Ich bin eine totale Niete, was Web-Design betrifft ... ;-) Und alle Versuche, eine Homepage zusammen mit dem einen oder anderen Bekannten zu entwerfen, scheiterten bisher an wochenlangen Kommunikations-Verzoegerungen. Eigentlich wollte ich die Site bis zur Veroeffentlichung von "Imagon" online sehen, da es wirklich Zeit ist, aber na ja... mal sehen...

ojm:

Andreas Eschbachs "Jesus Video" wird im Herbst fuers TV verfilmt, Kai Meyer hatte bereits zwei nach seinen Drehbuechern entstandene TV-Filme bei RTL. Wie sieht es in dieser Richtung bei Dir aus, gibt es da Plaene, hat schon ein "Studio" bei Dir angeklopft?

MM:

Nope. Ich bin mir wirklich nicht sicher, ob jemand das, was ich schreibe, ernsthaft verfilmen moechte... (An dieser Stelle ein Gruss an David Kenlock, der jedem mit Begeisterung erzaehlen wuerde, warum... ;-) Aber frag mich das in fuenf Jahren noch mal...







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