Im Gespräch mit: Alfred Bekker
Datum: Tuesday, 26.December. @ 21:42:21 CET
Thema: Interview


Alfred Bekker wurde 1964 geboren und veröffentlichte bislang mehr als 350 Romane und ca. 1000 Kurzgeschichten in sämtlichen Genres der Unterhaltungsliteratur. Seine Romane (Hardcover, Paperbacks, Taschenbücher und Hefte) werden ständig neu aufgelegt und erscheinen teilweise als Übersetzungen auch im europäischen Ausland. Wichtige Pseudonyme sind: Neal Chadwick, Henry Rohmer, Jack Raymond, Jerry Cotton, Janet Farell, Leslie Garber, Robert Gruber, Brian Carisi, John Devlin, Dave Branford, Chris Heller, Ashley Parker, Conny Walden u.v.a.m.
Unser Mitarbeiter Carsten Kuhr hat mit ihm gesprochen.

Hallo Alfred. Wenn ich mir Deine Vita einmal zu Gemüte führe, dann hast Du zunächst im Heftbereich veröffentlicht. Wie kamst Du zum Schreiben: War der Einstieg für Dich damals einfach?

Ich schreibe schon, seit ich schreiben kann. An den Kiosken entdeckte ich Comics und Heftromane wie "Jerry Cotton - der Kriminalroman, von dem die Welt spricht". So etwas fand ich spannend. Außerdem faszinierte mich Karl May, den ich in der Taschenbuchausgabe des Ueberreuter-Verlages kennen lernte. Jahre später schrieb ich dann selbst sowohl für "Jerry Cotton" als auch für "Ueberreuter".

Deine Werke lassen sich kaum auf einen Sektor festlegen. Neben Krimis, insbesondere Deine Mitarbeit an der "Kommissar X" und "Jerry Cotton" sind hier zu erwähnen, schreibst Du Grusel, SF, Piraten-Romane, Fantasy, Western Muss man heute vielseitig sein, um bei den Verlagen punkten zu können, und was liegt Dir selbst am meisten?

Ich komme als Leser von der Science Fiction und Fantasy her und durch meine Mitarbeit an "Sternenfaust", "Ren Dhark", "Bad Earth", "Syndic", "Titan" und "John Coan" war hier in den letzten Jahren auch mein Schwerpunkt. Zunächst war ich allerdings in anderen Genres erfolgreich: Western, Grusel, Krimi, Bergromane und in jüngerer Zeit historische Stoffe. Meine Kinder- und Jugendbücher für Ueberreuter und dtv gehen ebenso in diese Richtung wie der bei Ullstein erschienene Roman "Fluch der Meere", den ich zusammen mit dem Kollegen W.A.Hary verfasste.
Man muss nicht vielseitig sein - aber aus wirtschaftlicher Sicht ist das einfach ein sehr großer Vorteil. Und für die schriftstellerische Weiterentwicklung ist es auch gut, wenn man nicht zu einseitig wird.

Neben den Heftromanserien haben deutschsprachige Autoren heute insbesondere im Jugendbuchbereich Möglichkeiten zu veröffentlichen. Auch Du hast mit Deinen Mittelalter-Krimis bei Ueberreuter entsprechende Bücher veröffentlicht. Ich kann mir vorstellen, dass das für Dich als Autor ein anderes Arbeiten ist, als wenn Du an einem Heftroman sitzt?

Nein, das Schreiben ist immer dasselbe. Große Unterschiede gibt es aber, was die Vor- und Nachbearbeitung angeht. Das ist dann auch der Punkt, an dem Qualitätsunterschiede entstehen.

Stichwort "Ren Dhark" - zwischenzeitlich bist Du zu einem der beständigsten Autoren der Fortschreibung avanciert. Im Team, geleitet von Hajo F. Breuer, schreibt ihr Space Opera-Romane voller Action und Exotik. Wie kamst Du zu "Ren Dhark", und was fasziniert Dich an dieser Arbeit? Kannst Du hier auf die Fortführung der Handlung Einfluss nehmen?

Alle zwei Jahre gibt es eine Autorenkonferenz, auf der wir den nächsten Zyklus planen. Der Verleger lädt uns dann in ein schönes Hotel ein, wo wir uns an einem Wochenende darüber Gedanken machen, wie es mit "Ren Dhark" und der Geschichte Terras weitergeht. Wir tragen dann Ideen zusammen und einigen uns auf einen Handlungsbogen. Daraus macht Hajo dann für gewöhnlich ein Skript, das noch mal allen vorgelegt wird - und wer dann noch etwas zu kommentieren oder zu meckern hat, kann das dann tun. Diese auf der Konferenz entwickelte Handlung wird dann von Hajo zu sehr guten Exposés verarbeitet. Der große Bogen wird dabei quasi klein gearbeitet und in Romanhandlung übersetzt. Außerdem müssen viele Details entwickelt und festgelegt werden, damit das Ganze stimmig bleibt, schließlich schreiben wir alle ja praktisch einen einzigen Fortsetzungsroman, der dann am Ende ein geschlossenes Gesamtprodukt werden muss. Aus den Exposés machen die Autoren dann Romane, wobei die Handlungsvorgaben des Exposés abermals angereichert werden müssen. Also ein mehrstufiger Prozess. In dem von Hajo geleiteten Team sind wir insgesamt fünf Autoren und produzieren damit jährlich sechs dicke Hardcover der Hauptserie, drei Sonderbände (jetzt: Unitall) und insgesamt zwölf Paperbacks zu "Ren Dhark"-Spin Offs wie "Sternendschungel Galaxis", "Der Mysterious" oder "Forschungsraumer Charr". Das entspricht einem Textumfang von 42 Heftromanen, um den das "Ren Dhark"-Universum jedes Jahr anwächst.

Du bist seit Jahren beruflich mit dem Bastei Verlag verbunden. Nach der Einstellung von "Bad Earth", einer Serie, an der Du ja auch beteiligt warst, wurde dann "Sternenfaust" gestartet - eine Serie, die ein gewisser Alfred Bekker sich hat einfallen lassen. Erzählst Du unseren Lesern bitte einmal, wie es überhaupt zu der Serie kam?

Zunächst muss ich dich korrigieren. Ich habe zwar von allen beteiligten Autoren die meisten "Sternenfaust"-Romane geschrieben (20 von den ersten 50 Heften), was sicher dazu geführt hat, das man mich in besonderer Weise mit der Serie identifiziert. Aber der Serienerfinder bin ich definitiv nicht.
Das Grundkonzept stammt von Holger Kappel, dem zuständigen Lektor, der bis heute wesentlicher Impulsgeber und Ideenlieferant ist. Dieses Grundkonzept wurde natürlich durch die beteiligten Autoren mit eigenen Ideen ergänzt. Aufgrund des Serien-Konzepts habe ich ein Exposé für Band 1 erstellt. In einem sehr langen Telefongespräch zwischen Holger und mir haben wir dann viele Details festgelegt und dabei jedes Mal überlegt, wie sich das dramaturgisch auf die Serie auswirkt. Gerade am Anfang, wenn die Serienschablone mit dem ersten Roman eigentlich erst entwickelt wird, muss man sehr aufpassen, das nichts drin ist, was einem später Möglichkeiten verbaut, die Serie weiterzuentwickeln.

Inwieweit hattest Du vor Beginn der Exposé-Arbeiten schon feste Vorstellungen, wie die Handlung ablaufen sollte, was ihr anders, vielleicht auch besser als die vorhergehenden SF Reihen bei Bastei machen wolltet?

Also, "Sternenfaust" sollte bodenständiger, nachvollziehbarer sein. Auch naturwissenschaftlich! Die Raumschiffe müssen zum Beispiel tatsächlich bremsen und beschleunigen. Außerdem sollte Gigantomanie vermieden werden, weswegen wir die verwendete Technik auch immer nur in kleinen Schritten weiterentwickeln. Wir wollen schließlich nicht in nächster Zeit schon irgendwelche Verdummungsstrahlen oder dergleichen einsetzen müssen, weil es gegen die erfundenen Superwaffen kein Mittel mehr gibt.
Darüber hinaus ist die Sternenfaust eindeutig ein Kriegschiff, das heißt, es gibt immer auch einen militärischen Aspekt. Dafür musste ein Kriegsdienstverweigerer wie ich sich dann schon vor Erscheinen der Serie im Internet wegen Kriegs- und Gewaltverherrlichung beschimpfen lassen, obwohl die Betreffenden wahrscheinlich nicht einmal die vorab veröffentlichte Leseprobe goutiert hatten, geschweige denn die Romane kennen konnten. Aber so läuft das nun mal.

Wie kamt ihr auf den doch ungewöhnlichen Namen?

Der Name stammt von Holger Kappel.

Beim "Sternenfaust"-Meeting anlässlich des diesjährigen BuchmesseCons war zu erfahren, dass Luc Bahl eine längere Pause einlegen wird, und zunächst von Volker Krämer ersetzt werden soll. Inwieweit warst Du bei der Entscheidung über den Nachfolger mit von der Partie?

Das entscheidet der Redakteur. Er muss die Romane dann ja schließlich auch nachgucken und ausbessern. Volker Krämer kenne ich seit unserer Zusammenarbeit bei "John Coan".

Wie sieht die Zusammenarbeit in der Praxis aus - Trefft ihr euch, oder haltet ihr Kontakt via Telefon und Mail?

Viel Telefon, viel Mail und Autorenkonferenzen hatten wir auch.

Zwischenzeitlich gibt es, ganz ungewöhnlich für eine laufende Serie eine Spin-Off. Im Zaubermond Verlag erscheint die Vorgeschichte zur Heftserie in einer wohlfeilen Hardcover-Edition. Wie kam es zu dem Projekt, von wem kam der Anstoß?

Der Anstoß kam vom Zaubermond-Verlag. Ich wurde gefragt, ob ich das machen möchte und wie man das aufziehen könnte. Die Hardcover sind eine Serie für sich, die zeitlich vor der Hauptserie spielt, aber immer wieder mit ihr verzahnt ist. So haben die Hardcover untereinander auch einen deutlichen Fortsetzungscharakter und bilden nicht einfach nur Einzelromane, die besondere Ereignisse aus dem "Sternenfaust"-Hintergrund beleuchten. Man kann aber sowohl die Hardcover, als auch die Heftserie jeweils für sich lesen. Es geht um die frühen Missionen der Sternenfaust unter ihrem ersten Captain Richard J. Leslie - 16 Jahre vor Beginn der Heftserie. Der Hintergrund wird durch die Begegnung mit den Kridan und dem ersten Kridan-Krieg gebildet, aber es gibt viele Aspekte, die aktuelle Entwicklungen in der Heftserie in einem neuen Licht erscheinen lassen.

Ist das für Dich als Mitautor nicht auch ein großes Kompliment, wenn es recht früh schon zu einer Schwesterserie kommt?

Es erweitert auf jeden Fall den Serienkosmos ganz erheblich. Die Bücher sind übrigens sehr geschmackvoll aufgemacht. Es gibt ein Back-Cover, das entsteht, wenn man die Bände nebeneinander in den Bücherschrank stellt.

Dem Vernehmen nach läuft die Reihe wohl recht gut - gerade wurde sie von halbjähriger auf vierteljährige Erscheinungsweise umgestellt. Das heißt aber für Dich alle drei Monate ein komplettes Buch abliefern zu müssen. Bedeutet das für Dich neben all Deinen anderen Projekten nicht auch einen enormen Terminstress?

Nein, das ist machbar.

Im Gegensatz zur Heftserie schreibst Du die Hardcover alleine - warum?

Weil die Hardcover-Serie Fortsetzungscharakter hat und so am ehesten ein geschlossenes, auch mit der Heftserie abgestimmtes Gesamtbild geboten werden kann, was ansonsten sehr viel arbeitsaufwändiger wäre, denn dann müssten z.B. umfangreiche Exposés geschrieben werden.

Mir fällt auf, dass Du immer wieder auch mit anderen Autoren zusammenarbeitest. Wilfried A. Hary und Conrad Shepherd ("Syndic") sind hier zu nennen. Was reizt Dich an Co-Operationen?

Wenn die Stile harmonieren, entstehen dabei Dinge, die sonst nicht entstanden wären. Das kann sehr fruchtbar sein.

Der Heftromansektor, so ist überall zu hören, kränkelt ein wenig vor sich hin. Leser wandern zu anderen Medien ab, neue Leser kommen nur wenige nach. Woran liegt das Deiner Meinung nach, und wie kann die Attraktivität der Heftromane vielleicht gesteigert werden?

Ein weites Feld. Man sollte dabei aber bedenken, dass selbst eine schwach laufende Heftserie immer noch mehr Leser hat als ein durchschnittliches Taschenbuch - und zwar innerhalb einer Woche und nicht innerhalb mehrerer Jahre wie bei Büchern!
Leider werden die Hefte vom Handel aber schlecht behandelt und schlecht präsentiert. Da könnte man viel tun.

"Sternenfaust" hat eine treue Fangemeinde. Über die Foren und die Verlagsseite im Internet können sich die Fans und Macher austauschen. Hast Du darüber hinaus Kontakt zu den Lesern gehst Du eventuell auch auf Vorschläge aus dem Leserkreis ein?

Ja, natürlich. Ich werde teilweise direkt von Lesern über Homepage angeschrieben, manchmal auch postalisch. Übrigens keineswegs nur im Hinblick auf "Sternenfaust", sondern auch z.B. in Bezug auf meine "Tatort-Mittelalter"-Bücher. Außerdem bin ich des Öfteren auf Cons zu finden, wo ich mich auch gerne Fragen, Signierwünschen etc stelle. Im letzten Jahr fand im "Los Morenos" in Mönchengladbach z.B. ein "Ren Dhark"-Fantreffen
statt, zu dem Fans aus dem ganzen deutschsprachigen Raum anreisten, um mit den Machern der Serie zu diskutieren.
Die Bastei-Foren zu den Serien, an denen ich mitschreibe, verfolge ich natürlich auch. Mich da regelmäßig zu äußern ist mir allerdings aus zeitlichen Gründen einfach nicht möglich, was ich sehr bedauere. Aber der Tag hat nun mal nur 24 Stunden und da ist es einfach vorrangig, dass ich an meinen Romanen schreibe.

Du hast in den letzten Jahren sehr viel im Bereich der sog. Klein- oder Nischenverlage veröffentlicht. Könntest Du und aus Deiner Sicht die Vorteile aber auch die Nachteile einer Publikation in einem der ambitionierten Kleinverlage mitteilen?

Es kommt nicht auf die Größe eines Verlages an, sondern darauf, wie er in seinem speziellen Marktsegment positioniert ist und wie sein Wirtschaftsgebaren ist.

Was ist in nächster Zeit von Dir zu erwarten - an welchen Manuskripten arbeitest Du?

Ich arbeite zurzeit noch an meinem nächsten Hardcover zur Zaubermond-Fortsetzung von "Bad Earth", das den Titel "Das Erste Reich" tragen wird.
Gerade ist bei Ueberreuter in der neuen Reihe Horror Zone der Roman "Das Tor zur Hölle" unter meinem Pseudonym John Devlin erschienen. ,Hellgate - das Tor zur Hölle' - so heißt ein Computerspiel, das die Hauptperson Robert von einem abgedrehten GothicTypen kauft. Als er es mit seiner Freundin Brenda spielt, werden beide in eine virtuelle Höllenwelt hineingesaugt, die allerdings für die Helden tödliche Realität besitzt. In eisiger Kälte müssen sie gegen Vampire, Zombies und Hexen kämpfen, bis sie im letzten Level einem mächtigen Höllenherrn gegenüberstehen.
Dann schreibe ich demnächst den vierten Band meiner "Tatort Mittelalter"-Serie, von der es demnächst auch eine Taschenbuchausgabe bei dtv und eine Hörbuchserie geben wird.
Außerdem gibt es Pläne und Verträge für eine Reihe weiterer Bücher bei dtv und Ueberreuter.

Kannst Du unseren Lesern noch einen Ausblick geben wie es bei "Sternenfaust" in den nächste Monaten weitergehen wird - ich habe gehört, dass die Handlung bis Band 75 bereits in groben Zügen entworfen ist?

Das stimmt.
In dem Doppelband 50/51 werde ich den Dronte-Zyklus abschließen. Die Serie erlebt damit ein erstes Jubiläum. Band 50 bekommt ein umlaufendes Titelbild von Arndt Drechsler. Danach wird mit dem Auftauchen der Morax ein neuer Handlungsabschnitt begonnen. Dana Frost wird als Captain der Sternenfaust ersetzt, bleibt aber trotzdem Hauptperson der Serie. Wie das geht, werde ich jetzt nicht verraten. Gerade habe ich Band 54 fertig geschrieben, in dem man Frost in einer völlig neuen, ungewohnten Rolle erleben wird. Es gibt dabei natürlich Bezüge zu den Hardcovern 4 ("Die Kanonen von Dambanor II") und 5 ("Msssarrr"). Die Msssarrr sind ja ein arachnoides Volk mit der unangenehmen Eigenschaft, die Hirne seiner Mitgeschöpfe aus rituellen Gründen zu verspeisen. Durch die Invasion der vogelartigen Kridan wurden sie jedoch selbst zu Opfern. Auch in der Hauptserie sollte der Leser in Zukunft auf spinnenartige Lebewesen achten. Aber mehr sage ich nicht. Der Leser kann sich auf spannendes, actionreiches Weltraum-Abenteuer freuen, bei dem der Horizont des "Sternenfaust"-Universums deutlich erweitert wird. Außerdem deuten sich politische Umwälzungen innerhalb und außerhalb der Solaren Welten an.

Vielen Dank, dass Du Dir für uns Zeit genommen hast. Wir wünschen Dir alles Gute!


Die Homepage von Alfred Bekker ist hier zu finden.





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