Im Gespräch mit: Marcel Feige
Datum: Tuesday, 07.November. @ 17:06:34 CET
Thema: Interview


Marcel Feige, Jahrgang 1971, absolvierte nach dem Abitur ein Volontariat. Zwischen 1991 und 1996 war er Redakteur bei Lifestyle- und Stadtmagazinen, bevor er 1998 den Schritt in die Selbständigkeit wagte. Seitdem hat er rund 20 Sachbücher zu solch unterschiedlichen Themen wie Techno, Tattos & Piercings, Fantasy & SF veröffentlicht. Im November 2003 erhielt er für die Biografie "Nina Hagen - That´s Why The Lady Is A Punk" den renommierten internationalen Buchpreis Corine Im Buchherbst 2005 erschien im Festa Verlag mit "Ruf der Toten" der Auftaktband der urbanen Weird Fiction-Trilogie "Inferno". Jetzt ist mit "Schwester der Toten" Band 2 erschienen.
Unser Mitarbeiter Carsten Kuhr sprach mit Marcel Feige.

Hallo Marcel, wie weit ist der abschließende Teil deiner „Inferno“-Trilogie gediehen?

Der dritte Band ist seit einem Monat fix und fertig geschrieben und liegt gegenwärtig meinem Lektor Hannes Windisch vor, der grundsätzlich immer meine Werke lektoriert, bevor ich sie an die Verlage übergebe. Anfang November dürfte das fertige Manuskript an den Verlag gehen.

Ich stelle mir das immer als ganz besonders schwierig vor, den Mittelband einer Trilogie zu verfassen. Im ersten Teil werden die Personen und das Geheimnis eingeführt, im abschließenden Band die Handlungsstränge zusammengeführt und das Rätsel gelöst, doch der zweite Teil hängt doch immer ein wenig in der Luft. Zu viel verraten darf der Autor nicht, andererseits muss er seine Leser bei der Stange halten - wie siehst Du das?

(lacht) Tatsächlich besteht die Kunst darin, in Band 2 nicht zu viel zu verraten, aber trotzdem so viel, dass der Leser bei der Stange bleibt, damit er gespannt zu Band 3 greift.
Ersten Leserstimmen zufolge ist mir dies mit „Schwester der Toten“ gelungen. Ich bin erleichtert.

Während Inferno 1 fast ganz im Zeichen des großstädtischen Molochs Berlin stand, nimmt die Metropole im zweiten Band eine eher untergeordnete Rolle ein. War das für Dich ein anderes Arbeiten als wenn Du quasi über Deine Stadt die Du in- und auswendig kennst schreibst?

Natürlich ist es leichter, wenn man – wie ich über Berlin – über eine Stadt schreibt, die man in- und auswendig kennt.
Aber seit Karl May wissen wir ja, dass es durchaus möglich ist, eine Stadt oder ein Land anschaulich zu beschreiben, ohne sie jemals mit eigenen Füßen betreten zu haben.

London, eine der britischen Inseln und Rom sind ja ganz andere Handlungsorte als Berlin. Wie hast Du hier recherchiert - hast Du die beiden Hauptstädte besucht?

Ich war bereits mehrfach in London, hatte vor einigen Jahren sogar mal vor, meinen Wohnsitz komplett dorthin zu verlegen. Damals habe ich einige Zeit in der britischen Metropole verbracht. Insofern ist sie mir nicht mehr ganz so fremd.
Was die britische Inseln und Rom betrifft, sie habe ich tatsächlich nicht besuchen können, leider. Insofern war eine Menge Recherche von Nöten.

Mit der verstärkten Wandelung des Handlungsortes ging auch eine Verschiebung von Deinem Protagonisten Philip zu der in England beheimateten Beatrice einher. Nun ist diese sowohl von ihrem Charakter als auch ihrer ganzen Anlage her ein ganz anderer Typ als Philip. Sie ist braver, introvertierter, nicht der aufsässige Rebell. Hier musstest Du beim Schreiben Dich sicherlich umgewöhnen, neue Schwerpunkte setzen?

Nicht wirklich. Beatrice wurde bereits in Band 1 sehr ausführlich vorgestellt, sie war mir und dem Leser also nicht fremd. Außerdem hat es in meinen Augen keine Verschiebung gegeben, sondern eher ein Aufschluss ...
Beatrice und Philip stehen – was ihre Funktion als Protagonisten betrifft – in Band 2 ebenbürtig nebeneinander.

Inwieweit wusstest Du vor Beginn der Reihe und vor dem Start des Bandes 2 wohin die Reise ging? War/ist alles durchgeplant, oder lässt Du Dich von Deiner Handlung mitreißen?

Es kommt durchaus vor, dass ich mich von meiner Handlung mitreißen lasse. Aber das passiert eher selten.
Ich bin ein Ordnungsfanatiker vor dem Herrn und mag es gar nicht, im Verlauf einer Geschichte unvermittelt vor Handlungslöchern oder gar logischen Fehlern zu stehen.
Bevor ich daher eine Geschichte beginne, entwickle ich die einzelnen Handlungsebenen von Anfang bis Ende durch. Was nicht heißen soll, dass ich beim Schreiben dann nicht doch gelegentlich von meinem Konzept abweiche, aber ... wie gesagt, das geschieht eher selten, weil die Vorarbeit recht komplett und ausführlich ist.

Im letzten Interview hast Du mir erzählt, dass viel von Dir selbst in Deiner Hauptperson Philip steckt.

(lacht) Ach ja? Habe ich das gesagt? Oder ging es eher um Parallelen ...

Wer stand für Beatrice Pate? Repräsentiert sie vielleicht Deine weibliche Seite, wie die Psychologen sagen?

(lacht noch lauter) Netter Versuch einer Interpretation. Aber diese Fragen sollten tatsächlich Psychologen beantworten, wenn sie sich näher mit der „Inferno“-Trilogie auseinandersetzen. So sie es denn tun ...

Noch ist die genaue Rolle der katholischen Kirche unklar. Von christlicher Nächstenliebe ist bei der Agenten der Kurie zumindest aber nicht zu bemerken. Da werden skrupellose Verbrecher beschäftigt, Morde im Namen der Kirche begangen - eine realistische Vorstellung oder reine Phantasie?

Die Kirche hat eine düstere Vergangenheit. Und noch heute hüllt sie sich in vielerlei Punkten in Schweigen. Wer weiß, was alles in diesen Schatten lauert ...

Seit Dan Browns „Sakrileg“ sind Thriller im Umfeld der katholischen Kirche ja angesagt. Hast Du diesen Handlungsstrang ganz bewusst mit eingewoben, um Deine Trilogie an den Zug anzuhängen, oder lag das Manuskript bzw. die Idee schon zeitlich vor dem Überraschungserfolg Browns vor?

Die Idee zur „Inferno“-Trilogie entstand schon, bevor Brown so erfolgreich wurde. Aber ich gebe zu, es war für „Inferno“ von Vorteil und sorgte dafür, dass ich den kirchlichen Aspekt später ein bisschen akzentuierter in die Geschichte einfügte, als ursprünglich geplant war ...

Inzwischen, so habe ich gehört, hast Du den Verlag gewechselt und verfasst für Goldmann einen Thriller. Kannst Du uns hierzu ein wenig etwas erzählen - um was geht es, gibt es phantastische Elemente?

Richtig, mein nächster Roman „Wut“ wird im Goldmann Verlag erscheinen. Was mich besonders freut: „Wut“ erscheint einen Monat vor der wichtigen Buchmesse in Frankfurt, also im September 2007, mit mir als „Autor des Monats“ werbewirksam im Buchhandel präsentiert.
„Wut“ enthält aber keinerlei phantastische Elemente, es ist ein lupenreiner Thriller. Und ein urbaner Krimi. Eine Mischung aus beidem. Handlungsort: natürlich das geliebte, gehasste Berlin, wo sonst?

Wirst Du Dich, mal abgesehen vom dritten „Inferno“-Band, dann von der Phantastik abwenden? Oder hast Du im Hinterkopf noch das eine oder andere Schmankerls aus dem Bereich Weird Fiction parat?

Nein, auch die „Wut“-Nachfolger haben nichts mit Phantastik zu tun. Und ich muss gestehen: die Ambition, daran in Zukunft etwas zu ändern, geht gegen Null.
Ich spüre: die urbanen Themen, das rücksichtslose Großstadt-Leben, das Leben im Moloch Berlin, machen mir – nach den vielen Sachbüchern, die ich bereits über diverse Subkulturen und Szenen geschrieben habe – einfach ungeheuren Spaß. Diese Themen, die Gesellschaft, unser Leben, den Alltag, die Probleme der Leute, alles das in spannende Thriller und vertrackte Krimis zu packen, quasi als fiktionalen Spiegel unserer Zeit und Zustände, das ist mein Ding.
Ich lese auch kaum noch Phantastik. Stattdessen zunehmend Krimis und Thriller, bevorzugt deutschsprachiger Autoren: Sebastian Fitzek, Friedrich Ani, Petra A. Bauer, Andreas Franz. Und noch eine Menge mehr.

Vielen Dank, dass Du Dir für uns Zeit genommen hast. Wir wünschen Dir alles Gute!

Ich danke für das Interesse.


Die Homepage zur "Inferno"-Trilogie ist hier zu finden.





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