Im Gespräch mit: Richard Schwartz
Datum: Tuesday, 24.October. @ 21:02:07 CEST
Thema: Interview


Richard Schwartz, geboren 1958 in Frankfurt, hat eine Ausbildung als Flugzeugmechaniker und ein Studium der Elektrotechnik und Informatik absolviert. Er arbeitete als Tankwart, Postfahrer und Systemprogrammierer und restaurierte Autos und Motorräder. Am liebsten widmet sich der passionierte Rollenspieler jedoch phantastischen Welten. Er schreibt am liebsten in der Nacht, so auch seinen Debütroman „Das Erste Horn“, den spannenden Auftakt des Zyklus um das „Geheimnis von Askir“ (Piper Verlag). Wer schon einmal das Vergnügen hatte, den Autor live anlässlich einer Lesung oder eines persönlichen Gesprächs zu erleben, der wird von der Persönlichkeit und Ausstrahlung beeindruckt sein. Unser Mitarbeiter Carsten Kuhr sprach mit dem Autor

Hallo Richard. Könntest Du Dich, bevor wir uns Deinem Debütroman zuwenden unseren Lesern einmal ganz kurz selbst vorstellen - was machst Du beruflich, wie verbringst Du Deine Freizeit - mal abgesehen davon, dass Du Dir Geschichten für Deine Leser einfallen lässt?

Hallo Carsten. Bis vor knapp einem Jahr habe ich eine kleine Softwareschmiede betrieben, doch Januar dieses Jahres habe ich den letzten Streich getan, und konzentriere mich seitdem aufs Schreiben. Und genieße es, den 24 Stunden Stress los zu sein. Ich pflege Freundschaften und Kontakte ... und natürlich gibt es immer wieder das Rollenspiel. Wie man an meiner Vita sehen kann, komme ich eher aus dem Technik- und Ingenieursbereich, jetzt sind mir Menschen wichtiger und interessanter...

Gehen wir gleich in medias res - wenn ein junger, noch unbekannter Autor einen Fantasy-Roman mit fast 400 Seiten noch dazu den Beginn eines umfangreichen Zyklus bei einem Verlag platzieren kann, so ist dies wie ein Lottogewinn. Wie kamst Du überhaupt auf die Idee ein Buch zu verfassen, warum ein Fantasy-Roman und hattest Du von Beginn an die Überzeugung, dass es Dein Werk in die Buchhandlungen schaffen würde?

Danke fürs jung, Ja, es ist mein Genre und Nein. Das mit den 400 Seiten erstaunt mich noch immer, wenn ich schreibe, dann in 10Punkt und voller Bildschirm... bin dann immer überrascht wie viel es wird. Ich hatte das Glück, den vielleicht besten deutschsprachigen Agenten zu finden, dies über mein erstes Buch, einem Thriller, das zwar Interessenten fand, aber nicht gekauft wurde. Bei einem Gespräch mit meinem Agenten kam es dazu, dass ich erwähnte, dass ich auch gute Fantasy schreiben könnte... und dann packte mich der Ehrgeiz und ich wollte wissen, ob ich’s tatsächlich kann. Dass es dieser Roman sein würde, der als erster veröffentlicht wird, hätte ich nicht gedacht, eher nur gehofft, dass er irgendwann jemandem gefallen würde.
Ich schrieb ihn auch um des Schreibens willen. Es macht mir ja Spaß. Und es ist wie wirklich ein Lottogewinn. Das eigene Buch in der Hand zu halten, ist sowieso geil… und dies ist das Erste und das wird es immer sein. Gerade deshalb freue ich mich über die durchweg positive Resonanz, die ich erfahren habe.

Der Roman läuft trägt den Untertitel „Das Geheimnis von Askir“, wie umfangreich wird der Zyklus werden, wie weit sind die Planungen gediehen, oder hast Du gar schon weitere Manuskripte fertig?

Lesergunst vorausgesetzt? Einen Zyklus mit einem unbekannten Autor zu starten ist ein ungeheurer Vertrauensbeweis meines Verlags.
„Das Erste Horn“ stand zuerst alleine da, ein Zyklus war zwar von mir angedacht, aber nicht geplant. Nur gefielen mir die Personen so gut, dass ich dann einfach weiter schrieb. Das Ergebnis war der nächste Band, der dann so umfangreich wurde, dass der Verlag ihn zweiteilen musste. Den Sprung aus dem eingeengten Gasthof hinaus in die Weite zu wagen und dennoch auch hier wieder nicht zu sehr das „klassische“ Fantasy-Bild zu bedienen, war einfach etwas, das ich probieren wollte. Gerade arbeite ich am dritten Band. Der zweite „Askir“-Band erscheint im März 07, dann sollen in regelmäßigen Abständen weitere folgen.

Ich habe etwas davon läuten hören, dass Du eines Tages in Schöpfungslaune Urlaub genommen hast, und dann zwei Wochen fast ununterbrochen am ersten Band geschrieben hast, bis dieser fertig war. Stimmt das?

Ja. Ein echter Urlaub in einer anderen Welt. Ich habe mich meinem Agenten gegenüber etwas zu vollmundig geäußert, gab an, dass wenn ich Ruhe habe, ein Buch in zwei Wochen schreiben kann... wenn es Fantasy wäre, weil das mein Heimatgenre ist.
Und dann wollte ich selbst wissen, ob ich da nicht zuviel abgebissen hatte... räumte die zwei Wochen frei und fing an. Schreiben, Essen, schlafen, schreiben. Ab und zu durch die Dusche huschen.. aber nur ans Schreiben gedacht. Es hat riesig Spaß gemacht, weil diese Figuren ein echtes Eigenleben entwickelten.. ich war nur der Chronist. Und nein, das ist auch bei mir nicht üblich. Bei meinem ersten Buch, dem Thriller, brauchte ich gute neun Monate, das aktuelle braucht nun schon vier Monate.

War das Schreiben wie ein Rausch?

Ja, ich kann es nicht anders nennen. Bei anderen Büchern war es nicht so, aber hier bei diesem Buch, war die reale Welt für mich wirklich nicht mehr da. Es hat einfach nur richtig Spaß gemacht. Es war für mich extrem spannend, das Buch zu schreiben.. und einmal fror ich richtig... so tief war ich drin. Als ich fertig war, sah ich in den Spiegel und sah nur rote Augen und ein dämliches Grinsen. Ich sah aus wie ein Albino auf Speed... Ich hab mich richtig gewundert, wie warm es war, als ich dann das erste Mal wieder vor die Tür ging ...

Du hast also ohne Exposé drauflos fabuliert -und dennoch ein Werk geschaffen, in dem die einzelnen Puzzleteilchen exakt zueinander passen, in denen vieles doppeldeutig ist, in der Personen - wie kommen später noch darauf - sich in ihrer Ausgestaltung drehen - wie hast Du da noch dazu bei einem solch umfangreichen Projekt die Übersicht behalten?

Exposé... ich hab mir geschworen nie wieder ein Buch auf Exposé-Basis zu verkaufen. Fertigschreiben, hinlegen und gut ist... nein Exposé ist nichts für mich, engt mich zu sehr ein.
Was das Puzzeln angeht, höre ich das immer wieder. Die Erklärung ist einfacher als man denkt. Zum einen war das gesamte Setting durch jahrelanges Rollenspiel auf dieser Welt gefestigt... der große Rahmen und sehr viele Details standen so fest, dass ich nicht drüber nachdenken musste. Der Hammerkopf, die neuen Reiche, die drei Bannschwerter... alles war schon definiert, für eine neue Kampagne, die es dann doch nicht gab. Daher auch der „klassische“ Anfang... aber auch beim Rollenspiel lege ich Wert darauf, dass die Figuren Tiefe haben. Wenn man einen Menschen sieht, kennt man ihn noch lange nicht. Das Leben besteht nicht aus Gebäuden und Welten, sondern aus Menschen, von denen ein jeder seine eigene Geschichte hat. Ich bevölkerte den Gasthof mit dem üblichen... Gäste, dem Wirt, seinen Töchtern und dem Personal... jeder würde eine Rolle haben, welche wusste ich selbst noch nicht. Ich wusste nur, wer sie waren. Kannte ihren Charakter, wie sie bei welcher Situation handeln würden. Was den Plot angeht, wusste ich, dass das die Jungs vom ersten Horn im Eis gefangen waren, was die Vorgeschichte war und warum hier im Gasthof jemand sein musste, der diese alte Magie wieder weckt. Wer das sein würde, wusste ich selbst nicht. Das war der Plan der Gegenseite. Jetzt brauchte ich nur noch die Guten, die den Plan vereiteln sollten. Die Bannschwerter waren definiert... und von allen ist Reaper, also Seelenreißer, das fürchterlichste... und brauchte einen ganz besonderen Träger. Havald war das arme Schwein, der es aufnahm... auch die Geschichte wird erzählt... und es ist kein Wunder, dass er die Nase voll hat. Dann brauchte ich noch eine strahlende Heldin, die ja die Welt retten will und noch jemandem um einen Konterpunkt zu setzen. Zokora. Für die Ablenkung einen Meister der Schauspielkunst. Janos Dunkelhand. Ich hoffe er bekam auch vom Leser Applaus.
Was vor Jahrhunderten geschah, war bereits bekannt... alles was Havald erlebte, hatte seine Anfänge dort... es war klar, dass die eine Seite agieren würde... aber Havald sah zunächst nur die Auswirkungen, Spuren der Aktionen, nicht das Ganze.
Als alle da waren, ließ ich Leandra hereinkommen, warum war sie da... wegen Havald, der ihr helfen sollte. Was würde der davon halten... Nüx, der will nur seine Ruhe. Janos, hatte den Job für Ablenkung zu sorgen... wie macht er das... und dann ging es einfach los. Ich konnte mich zurücklehnen und einfach nur aufschreiben, was jede Figur tat, um ihrer Bestimmung zu folgen. Jede Figur brachte ihren eigenen Charakter mit, als sie den Gasthof betraten... und taten das, was sie tun würden... wären sie real... und hier legte ich den Fokus auf die einfachen Leute, die Unsichtbaren, die man immer leicht übersieht. Dass Leandra eine Heldin sein würde, entsprach ihrer Rolle... aber warum sollten einfache Menschen für große Ziele ihren Hals riskieren? Das Buch ist die Geschichte dieser einfachen Leute, die keine Helden sein wollen, Und auch Havald ist ja nur ein einfacher Schweinehirt...

Du hast vorhin erzählt, dass Du jahrelang als Rollenspieler Kampagnen geleitet hast. Inwieweit hast Du aus dieser Erfahrung beim Schreiben profitieren können - hast Du manche Szenen oder gar Elemente übernehmen können?

(lacht) Es gibt da im nächsten Band eine Szene, die eine Hommage an eine geniale Darstellung einer meiner Spieler ist.. Zokoras Lieblingsgericht. Aber auch wenn die Charaktere die Welt mit bestimmten, ist es nicht ihre Geschichte, sondern eine Neue. Die von Havald, Leandra und den anderen.
Für die Art wie ich leite und schreibe, gibt es eine Schlüsselszene, die vor Jahren stattfand. Meine Gruppe brachte einen schwer verletzten Helden in einen Tempel, auf dass man ihn dort heilen möge. Dabei waren sie zu einem Tempeldiener sehr herablassend. Der war ein ehemaliger Taschendieb und fand, dass das Vermögen der Gruppe besser in den Opferstock gehörte. Die Spieler verdächtigten sich gegenseitig, der schwer verletzte Held beleidigte einen Oberpriester, es kam zwischen den Spielern zu einem Handgemenge, sie wurden des Tempels verwiesen... drei tote Charaktere, Stadtbann auf die Gruppe und der Zorn eines Gottes... alles nur, weil ein kleiner Mann mehr als nur ein Platzhalter war, und eine Vorgeschichte hatte...
Das war eine sehr lehrreiche Lektion für mich... (lacht). Die nächste Lektion ist ein Klassiker: Und hinter dem Vorhang findet ihr eine Geheimtür... Ich lernte, dass, wenn ich einen Vorhang beschrieb, die Spieler unweigerlich dahinter nach der Geheimtüre suchten. Und fand es passend Erwartungshaltungen auch mal zu enttäuschen. Manchmal ist eine Wand nur eine Wand. Oder auch nicht!

Ausgangspunkt Deines Romans ist eine recht typische Rollenspielsituation - einander fremde Menschen und Elfen treffen in einem Gasthof aufeinander, werden dort eingeschlossen und beherbergen in ihren Reihen einen Verräter. Doch dann kippt die Handlung, wird vielschichtiger, spielt mit den Erwartungen des Lesers nur um diesen ein ums andere Mal mit unerwarteten Wendungen zu überraschen. War da so geplant, hast Du oft zurückgehen müssen, Passagen umschreiben, ja neu schreiben müssen, oder war das bereits zu beginn in Deinem Kopf?

Es war geplant, dass die Rollen vielschichtig sein würden. Es gab nur zwei definierte Handlungsträger. Havald und Leandra und natürlich musste es den Bösen geben. Ich sah durch Havalds Augen und wusste selbst lange nicht, wer denn der Gegner sein würde. Ich wusste nur, dass er da war, Spuren seiner Aktionen hinterließ und irgendwann hervortreten würde.
Aber ich kannte jeden dort im Gasthof. Auch die Personen im Eis. Ich kannte die Geschichte des Kuhhirten, der nie größer in Erscheinung trat... die der Händler in der Ecke, was sie geladen hatten, das Eberhards Hobby die Münzkunde war, und dass Janos Havald schon einmal begegnet war und ihn sofort erkannte. Janos hatte die schwierigste Rolle, Zokora die einfachste. Und jede dieser Personen handelte einfach ihrem Charakter entsprechend. Der Kuhhirte zum Beispiel, war auf der Flucht und tat sein Möglichstes um nicht aufzufallen.. und war darin erfolgreich.
Ich bin natürlich manchmal an den Anfang zurückgegangen und habe Dinge korrigiert. Kleinigkeiten... im Laufe der Geschichte wurde klar, dass man ein Bannschwert nicht leichtfertig verwendet.. also gab ich Leandra ein normales Schwert zusätzlich. Das musste ich nachreichen. Sie hatte vorher rote Haare, später als Zokora auftauchte, wusste ich, dass Leandra weiße Haare haben musste.. einfach damit der Kontrast zwischen den beiden hervortrat. Solche Dinge... kleine Korrekturen in der Beschreibung. Aber das war es auch schon.

Wir erfahren zunächst nur ganz wenig über Deine Figuren. Einzig die Elfin Leandra wird uns genauer vorgestellt, alle anderen bleiben mysteriös, können im Verlauf der Handlung vom Leser selbst quasi besetzt werden. Wie siehst Du das?

Es war pure Absicht. Leandra, die strahlende Heldin entspricht so sehr dem Klischee... es brauchte eine Idealistin, die nicht akzeptieren will, dass das, was sie erreichen will, eigentlich unmöglich ist. Eine Träumerin, die glaubt, dass das Gute siegen muss! Es braucht solche Helden... aber alleine schaffen sie es auch nicht. Es braucht noch andere dazu. Die anderen, scheinbar so nebensächlichen Figuren.. um die ging es mir. Die, die ohne Waffenausbildung und Magie wirklich Mut brauchten, um sich der Bedrohung zu stellen. Mit wem identifizierst du dich, Carsten? Dem strahlenden Helden, oder dem Wirt, der seiner rechtschaffenen Arbeit nachgeht und in eine solche Situation kommt?

Eher dem Wirt, wenngleich mich persönlich die ambivalente Dunkelelfin am meisten in ihren Bann gezogen hat. Welche Deiner Figuren hat Dich am meisten überrascht - welche hat im Verlauf des Schreiben ein auch für Dich unerwartetes Leben entwickelt?

Eigentlich alle. Es kam der Moment, an dem Leandra Havald eröffnete, dass ihr Leben nicht immer heldenhaft war, dass sie in der Liebe verraten, benutzt und verspottet wurde... eine kleine Geschichte, die ihren Charakter erklärte. Dass sie ihrer Königin so treu ergeben ist, für sie in den Tod gehen wird, weil diese die einzige ist, die Leandra nie belog. Es ist törichter Idealismus, der Paladin für eine sterbende Königin zu sein wollen... aber man kann es ihr einfach nicht übel nehmen, dass sie so ist. Und jetzt weiß man, warum sie so ist.
Sieglinde... wenn jemand all ihren Mut aufbringen musste, dann ist es sie, und als sie auf dem Tisch stand und die Geschichte der Fee erzählte, die ihrer Ahnin wertlose Geschenke gab, war es auch für mich eine Überraschung... die Balladentexte sind übrigens (sehr) altes deutsches Liedgut.
Und natürlich Zokora mit ihrer trockenen Art und ihrem ganz speziellen Sichtwinkel... ich habe oft über sie geschmunzelt.
Janos, der seine Aufgabe so grandios meisterte und sie alle in Spannung hielt... alle. Sie haben alle ihre Rolle gut gespielt. Und habe ich es richtig geschrieben, sind sie auch meinen Lesern zu guten Freunden geworden.

Im Verlauf des Romans spielst Du immer wieder mit Erwartungshaltungen Deiner Leser. Zunächst präsentierst Du ihm gängige Fantasy-Versatzstücke - die magischen, gebundenen Waffen, der böse Zauberer etc. dann aber entwickelt sich die Handlung doch wieder ganz anders als erwartet. Ich nehme einmal an, dass dies ganz bewusst so beabsichtigt war?

Ja. Ich finde es schön, dass diese Erwartungshaltungen existieren, es macht es leicht, zu überraschen. Ich mag es, die Figuren gegen das Klischee handeln zu lassen. Kein Mensch ist wirklich ein Klischee.
Es gibt den Menschen und Figuren Tiefe... so ließ ich Havald die Schönheit des Eis bewundern, das sie zu töten drohte... Oder, dass der alte Mann strauchelte und sich die Rippen brach... Zokora dann eine wundersame Heilung durchführte, die eben auch nicht dem entsprach, was man erwartete. Oder die Szene, in der Janos ins Bad kam...
Zokora ist das deutlichste Beispiel.. sie ist all das, was man von einer Dunkelelfe erwartet... so auch einer fast undenkbaren Grausamkeit fähig.. aber dennoch... anders. Es ist immer noch das Klischee... nur hoffe ich, dass mehr dahinter zu sehen ist.

Nun ist der Roman nur der erste Band eines Zyklus. Werden immer dieselben Personen im Mittelpunkt stehen?

Das weiß ich noch gar nicht so genau, man wird sie aber wieder sehen, oder ihre Wirkung spüren. Havald und die anderen haben noch viel zu tun... und es wird noch einen anderen Protagonisten geben, der mit dem Gegner eine Rechnung offen hat. Es gibt in der Gesamtkonzeption eine grobe Vierteilung: die Reise nach Askir, der Kronrat, die Macht der Eulen und zuletzt, die Dreieinigkeit, als eine Art Auflösung. Alles ist miteinander verwoben... aber der Leser wird nicht ständig hin und her blättern müssen und zu wissen, wer wer ist und nun was macht... ich werde den Fokus immer auf einen Hauptprotagonisten halten. Jedes Buch soll für sich alleine stehen können.

Von Deinem Herausgeber bei Piper habe ich erfahren, dass der zweite Band des ersten Teilzyklus bereits fertig vorliegt. Aufgrund des Umfanges von fast 1000 Seiten wurde dieser jedoch produktionsbedingt auf zwei Bücher - ein Band erscheint im Frühjahr, einer im Herbst 2007 - verteilt. War es einfach für Dich einen Punkt zu bestimmen, an der sich das eigentlich einheitliche Buch teilen ließ, oder musstest Du hier gar etwas umschreiben?

Im Moment liegen die beiden Bände bei mir auf dem Tisch. Ich sollte übrigens erwähnen, dass ich wirklich Glück habe. Ein großartiger Agent, Herrn Meller, einen standfesten Verlag und einen außerordentlich begabten Lektor, der mein Geschreibsel so richtig rund macht... wir liegen, und das ist hier der Glücksfall, wirklich auf einer Wellenlänge. Ich hörte irgendwann erstaunt, dass die Zusammenarbeit zwischen Autor und Lektor manchmal schwierig wäre und viel hin und her erforderte... bislang absolut nicht meine Erfahrung. Als es klar wurde, dass gesplittert wird, reichte ein kurzes Telefonat, es gab nur eine Stelle im Buch... ein Handlungsteil war weitestgehend abgeschlossen und nur dort konnte es gehen.
Es ist mir wichtig, dass die Bände für sich stehen können. Ich persönlich mag es nämlich überhaupt nicht, wenn alles über viele Bände zerfasert. Größeres Umschreiben ist nicht notwendig, ich gehe gerade alles noch mal durch und prüfe Akzente, Nuancen... so was. Die Texte gehen diese Woche zurück an den Lektor... und dann brauche ich sie nicht wieder zu sehen, bis die Umbrüche kommen.

Du hast einmal erwähnt, dass Du von Deinem Agenten aufgefordert wurdest, Deine Manuskripte von den beiden bislang fertig gestellten „Askir“-Romanen zu kürzen. Ich stelle mir da sogar nicht einfach vor, sein eigenes Werk, in dem viel Herzblut eingeflossen ist dann nachträglich zu kürzen. Wie hast Du das empfunden, denkst Du im Nachhinein, dass die Straffung sinnvoll war?

(grummelt) Ich hasse es zuzugeben, wenn ich nicht Recht habe! In dem Fall musste ich es tun. Es war richtig so. Durch die Splittung musste der zweite Band nicht gekürzt werden, es sind jetzt halt zwei Bände. Aber beim „Ersten Horn“ flogen gut 120 Seiten... davon ist nur noch Havalds kurze Traumsequenz übrig. Es ist die Geschichte der Soldaten des ersten Horns, die Havald in diesem Traum erfährt. Verloren ist das Herzblut nicht, spätere Ereignisse beziehen sich auf diese Figuren und deren Vorgeschichte... Auf diese 120 Seiten bezog sich auch der Titel „Das Erste Horn“. Die Sequenz konnte nahtlos entfernt werden, die Leser haben ja jetzt andere Bände, wo sich die Geschichte dieser Menschen offenbart, aber der Titel blieb.. das haben sie ja auch verdient. Es war vielleicht mal ihre Geschichte, aber jetzt ist es die von Leandra, Havald und den anderen.

Wer sich einmal mit Dir unterhalten hat oder eine Deiner Lesungen besucht hat, der konnte erfahren mit wie viel Herzblut, mit welchem Interesse auch auf die Reaktion deiner Leser Du agierst. Wäre es für Dich schlimm gewesen, wenn das Buch keinen Verleger gefunden hätte, als was siehst Du Deine Leser – ich hatte den Eindruck, dass Du auch viel aus den Gesprächen für Dich und Deine Bücher mitnimmst?

Rollenspiel und Fantasy schreiben ist ja auch meine Leidenschaft. Eine gute Rollenspielsession ist, wenn die Tränen herunter laufen, oder wir vor Lachen aus dem Stuhl fallen. Für mich ist Fantasy eine große Leinwand auf die ich ein Bild malen kann... aber nur, wenn ich das Gelächter höre, oder die Tränen sehe, weiß ich, dass es gut ist. Dieses Buch zu schreiben war so oder so ein Vergnügen, eine Freude, die ich mit meinen Freunden und Probelesern teilen konnte. Hätte sich Piper nicht meiner erbarmt, hätte ich trotzdem weiter geschrieben. Ein Leser, der daran Freude hat, den ich mit meinen Worten im Herzen berühre, ist mir das Wert. Vor fünfhundert Jahren hätte ich auch irgendwo gesessen und Geschichten erzählt... mich an den Kupferstücken und den glänzenden Augen erfreut. Natürlich wäre ich gerne reich... aber ich bin im Herzen ein Geschichtenerzähler, erzähle von und über Menschen für andere, die hoffentlich gerne lesen, was ich zu erzählen habe.

Noch hast Du keine eigene Internetseite - warum nicht? -, aber wäre das eine Option für Dich dort eventuell die gestrichenen Passagen Deinen Fans zur Verfügung zu stellen?

(winkt ab) Wird irgendwann kommen, aber ich habe mich beruflich mit viel zu vielen Internetseiten beschäftigen müssen. Es wird kommen, aber nicht um die gestrichenen Passagen zu zeigen... eher die Kurzgeschichten, kleine Anekdoten, Schnipsel über die Charaktere, vielleicht ein Forum. Seufz. Ich hab da noch ein paar Softwarepacken rum liegen... Aber du hast Recht. Ich sollte es machen, gerade weil ich die Resonanz der Leser ja hören will.
Eine Idee dazu muss ich mit dem Verlag noch verhandeln... ob es möglich ist, Probelesern aktuelle Projekte zum Feedback zur Verfügung zu stellen, ohne dass es rechtliche Probleme gibt. Sozusagen ein Qualitycheck während der Roman entsteht... das würde mir gefallen.


Richard Schwartz ist ein Pseudonym - warum veröffentlichst Du nicht unter Deinem richtigen Namen?

Ich habe nichts gegen meinen „richtigen Namen“ aber er ist zu lang und gefällt mir auf dem Buchrücken nicht. Zudem, hoffe ich, ich darf ja träumen, dass meine Bücher auch mal über den großen Teich springen können. Die Engländer können Rikard Swarz sagen.. aber an meinem Nachnahmen brechen sie sich die Zunge... Nein. Der Hauptgrund ist, dass die Erfahrung zeigt, dass unterschiedliche Genre unterschiedliche Pseudonyme brauchen. Zudem erlaubt es eine Verlagsbindung. Richard Schwartz ist ein Piper-Autor und wird es immer bleiben.

Ich habe läuten hören, dass Du, obzwar sicherlich der Fantasy als Rollenspieler in besonderem Maße zugetan, als Autor auch andere Genre mit Lesestoff versorgst. Auf was darf sich der Leser hier freuen, wird das auch unter Richard Schwartz erscheinen?

Oh je. Das hängt wieder von der Lesergunst ab. Da haben wir einen erotischen Kriminalroman, ein Experiment, das zwar gut gelungen ist, aber wahrscheinlich keine Wiederholung findet, Thriller und Krimis, die noch nicht verkauft sind, und eben die Fantasy, die exklusiv bei Piper unter Richard Schwartz erscheint. Mein Agent kriegt graue Haare... er mag es nicht, weil es schwieriger ist einen Autor außerhalb seines etablierten Genres zu platzieren... und ich kann ihn verstehen. Ich glaube, ich werde, rein um ihn zu ärgern, jedes Genre bedienen... aktuell denke ich schmunzelnd über einen Liebesroman nach... aber ich sag dir was: Ich werde dir für von jedem meiner Bücher eines zukommen lassen... dann kannst du ja selbst schauen ob es was wird.
Tatsächlich liegt mir Fantasy am besten... und es wird auch Science Fiction und eine an Cyberpunk angelehnte Serie geben. Kommt das bei Piper raus, steht dann auch Richard Schwartz drüber. Es sei denn der Verlag wünscht es anders.
Bei Science Fiction kann ich auch mein HardCore Technikwissen anwenden... das ist auch spannend für mich, denn wir leben ja in der Zukunft! Aber es wird immer zuerst um die Menschen gehen.
Wenn sich die aktuellen Projekte verwirklichen lassen, steht vielleicht in drei Jahren ein Kunde im Buchladen und verlangt nach dem neuesten Schwartz... ohne zu wissen, dass es da in fünf verschiedenen Regalen einen gibt. Mit ein Grund für die Pseudonyme... es ist schwierig das alles unter ein Dach zu bringen. Aber ob das was wird, steht in den Sternen... im Moment steht erst mal an, die aktuellen Projekte fertig zu schreiben.

Wie empfindest Du als Autor das, gehst Du an einen Krimi von der Arbeitsweise her anders heran als an einen Fantasy-Roman?

Ich dachte „Das Erste Horn“ wäre ein Krimi !? (lacht) Ja. Alleine dadurch, das ein Krimi, in der realen Welt spielt. Und diese Welt ist schwieriger glaubhaft darzustellen, da jeder Leser sie kennt. Das Wort hier nennt sich Recherche. Ich brauch nicht die Abfahrtszeiten einer Fähre... aber es sollte zumindest die Fährenstrecke geben! Bei Krimis plane ich erst mal das Verbrechen.. auf der Seite des Verbrechers... dann kommt die Aufdeckung. Krimis sind aber wesentlich schwerer für mich zu schreiben... denn es darf nicht zu perfekt sein.

Vielen Dank für das Gespräch. Wir wünschen Dir für die Zukunft alles Gute!

Danke schön.


Richard Schwartz
Das Erste Horn - Das Geheimnis von Askir 1
Piper, Taschenbuch, 400 Seiten, 8,95 EUR, ISBN 3-492-26606-1





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