Im Gespräch mit: Claudia Kern
Datum: Sunday, 01.January. @ 16:04:59 CET
Thema: Interview


Claudia Kern ist den Freunden der Phantastischen Szene keine Unbekannte. Sie fungierte als Chefredakteurin der SF-Magazins „Space View“ und gehörte über viele Jahre zum festen Autorenstamm der Bastei-Serien „Maddrax“ und „Professor Zamorra“. Die 1967 in Gummersbach geborene Autorin hat mittlerweile drei Romane zu „Perry Rhodan“ beigesteuert, dazu ein paar Gastauftritte bei „Atlan“ absolviert und ist zudem als Übersetzerin vornehmlich für Panini/Dino tätig. Nach einem gefeierten Beitrag für die Hardcover-Serie „Professor Zamorra´“ im Zaubermond Verlag macht sie gerade durch ein zusammen mit ihrem Kollegen Bernd Frenz für Panini/Dino realisiertes Romanprojekt auf sich aufmerksam. „S.T.A.L.K.E.R“ heißt das PC-Spiel, dessen literarische Umsetzung in den Händen der beiden „Maddrax“-Autoren gelegt wurde.
Carsten Kuhr sprach mit der vielseitigen Autorin.

Hallo Claudia, kannst Du Dich unseren Lesern bitte ganz kurz erst einmal vorstellen?

Der Beruf ist ja dank der sehr schönen Einleitung schon irgendwie klar, in letzter Zeit sind zu den Übersetzungen, Heftromanen und Spiele-Adaptionen noch die Story-Entwicklung zu einem Weltraumspiel namens „Darkstar One“ von der Firma Ascaron gekommen, sowie – und da bin ich sehr stolz drauf – ein Vertrag mit dem Blanvalet-Verlag über einen dreiteiligen Fantasy-Epos. Der erste Band soll im Herbst 2006 erscheinen.
Privat verbringe ich möglichst viel Zeit mit meinem Freund und unserer Australian-Shepherd-Hündin Buffy (ja, sie ist nach der Serie benannt), der heimlichen Gottkaiserin unseres Haushaltes – und des Planeten, wenn man sie fragen würde. Außerdem surfe ich viel im Internet, lese, spiele X-Box und setze meine Mission fort, möglichst die gesamte DVD-Weltproduktion bis 2010 gesehen zu haben.

Im Gegensatz zu vielen Deiner Kollegen hast Du selbst keine Internetseite. Warum nicht, und wie bleibst Du mit Deinen Lesern und Fans in Kontakt?

Eine eigene Internetseite würde mir schon Spaß machen, allerdings habe ich sehr spezifische Vorstellungen davon, wie so etwas aussehen sollte, und bis jetzt hat sich einfach noch nicht die Gelegenheit ergeben, das alles umzusetzen. Und irgendwer muss die Seiten ja auch mit Inhalten füllen – ich wahrscheinlich, was das Ganze noch schwieriger macht. Mit Lesern und Fans stehe ich aber auch so in gutem Kontakt. Deshalb besuche ich ja oft Conventions, und wer was von mir möchte, kann mich auch über Bastei oder Panini erreichen. Die leiten die Emails dann weiter.

Wie kamst Du zur Phantastischen Literatur, wer und warum sich Deine Vorbilder?

Science Fiction, Horror und Fantasy haben mich schon immer fasziniert, das hat wahrscheinlich etwas damit zu tun, dass es in allen phantastischen Literaturformen um Erfahrungen jenseits der Realität geht. Ich finde einfach die Frage sehr spannend, wie sich Menschen in solch extremen Situationen verhalten oder wie sich Gesellschaftsformen unter ganz fremden Umständen entwickeln. Außerdem bin ich auf dem Land aufgewachsen, wo es nicht wirklich spannend war. Wenn in der Realität das Highlight des Tages aus der Ankunft des Linienbusses besteht, bietet sich eine Flucht in fremde Welten schon irgendwie an.
Gelesen habe ich damals vor allem Stephen King, Ray Bradbury, Larry Niven, H.P Lovecraft und Robert A. Heinlein, wobei keiner dieser Autoren ein Vorbild war, dem ich nacheifern wollte. Dazu hätte ich mich bewusst dafür entscheiden müssen, Autorin zu werden, aber das habe ich nie getan.
Heute lese ich vor allem George R.R. Martin, Iain Banks, Ian Rankin, Harlan Ellison, Neil Gaiman, Michael Chabon, Chuck Palahniuk und Ernest Hemingway.

Nach Deiner Lehrzeit bei „Space View“ bist Du zunächst zu Pro 7 gewechselt, hast dort aber schon nach relativ kurzer Zeit ausgemustert und bist seitdem als freie Autorin und Übersetzerin tätig. War das ein schwieriger Schritt, bereust Du diesen, was sind die Vor- und was die Nachteile an selbstständiger Autor aus Deiner Sicht?

Ein schwieriger Schritt war das ganz und gar nicht. Die Zeit bei Pro7 hatte mir verdeutlicht, dass ein Redaktionsjob nicht das war, wo ich mich wohl fühlen würde, also mussten ein paar neue Berufsaussichten her. Während dieser Denkphase wollte ich erst mal ein wenig schreiben und übersetzen, bis ich mich für einen „echten“ Beruf entschieden hatte, aber irgendwie ist das bis heute nicht passiert. Manchmal ertappe ich mich immer noch bei dem Gedanken, was ich eigentlich später mal machen will, weil mir meine Arbeit nicht wie ein richtiger Beruf erscheint. Sie ist eher eine Mischung aus Hobby und Lebenseinstellung – nur dass ich dafür bezahlt werde. Zum Glück.
Nachteile gibt es natürlich auch, zum Beispiel die Selbstmotivation, die bei gutem Wetter schon mal deutlich nachlassen kann und die ungesicherte Existenz. Nur die Wenigsten verfügen über eine so geregelte Auftragslage, dass sie tatsächlich mit ihren Honoraren planen können.

Du hast meines Wissens zuerst mit Werner Kurt Giesa zusammen einen Roman für Heel verfasst – „Hagar Qim“ - der Auftakt zu einer faszinierenden Space Opera mit einem dem Buch beigefügtem VHS Video. Warum wurde das viel versprechende Konzept letztlich nicht fortgesetzt - mangelnder Zuspruch der Leser?

Die Leser wären schon da gewesen, allerdings nicht mehr zu dem Zeitpunkt, als der Verlag beschloss, über eine Fortsetzung nachzudenken. Da war bereits zuviel Zeit vergangen.

Danach bist zu zum Autorenteam von „Professor Zamorra“ gestoßen. Wie war das, hast Du da eine Anleitung bekommen, einen Mentor, der Dir zu Beginn geholfen hat, Dir gezeigt hat, wie man an die Bearbeitung eines Exposés geht, wie man solch einen Heftroman vom Schreiben her überhaupt aufzieht, oder wurdest Du ins kalte Wasser geworfen, bist als ganz Autodidakt?

Werner K. Giesa war mein Mentor. Von ihm habe ich bei meinen ersten Arbeiten wahnsinnig viel gelernt, vor allem was Spannungsaufbau, Kapitellängen und Dramaturgie angeht. Hinzu kam, dass ich als großer „Zamorra“-Fan eine ganz gute Vorstellung von der Serie hatte und nicht ganz unbedarft war.

Später dann kam „Maddrax“ hinzu. Hier fiel mir auf, dass Bernd Frenz und Du Euch gerne die Bälle gegenseitig zuspielt, meist aufeinander aufbauende Romane verfasst. Wie läuft das in der Praxis ab, und wie kam es zu der Zusammenarbeit, hast Du Bernd schon früher gekannt?

Wir haben uns bei der Arbeit an „Maddrax“ kennen gelernt. Die erste Zusammenarbeit war Zufall, weil unsere Romane direkt hintereinander lagen. Dabei haben wir gemerkt, dass wir uns gut ergänzen, und daraus entstand dann eine regelmäßigere Zusammenarbeit. Wir sprechen uns normalerweise per Telefon und Email über das Exposé ab und teilen die Kapitel untereinander auf.

Was und warum schreibst Du lieber - Grusel (PZ), Endzeit á lá „Maddrax“ oder SF?

Alle Genres haben ihre Reize, wobei mir technisch orientierte SF sicherlich am schwersten fällt. Man muss sich da an so lästige Dinge wie Naturgesetze halten – zumindest ansatzweise. Bei Horror und Fantasy kann man der Physik leichter entgehen.

Du bist regelmäßig bei „Maddrax“ präsent - trotzdem gibt es in der bei Zaubermond erscheinenden Hardcover-Serie keinen Roman aus Deiner Feder - warum nicht? Immerhin hast Du für Zaubermond mit „Fu Long“ einen der in meinen Augen besten „Zamorra“-Romane der Edition verfasst - warum also meidest Du „Maddrax“?

Gemieden habe ich die „Maddrax“-Hardcover nicht, das war eher eine Zeit- und Themenfrage. Wenn mir das Thema gefiel, kollidierte der Abgabetermin mit einem anderen Projekt, wenn der Termin stimmte, gefiel mir das Thema nicht. Deshalb ist daraus nie etwas geworden.

Ein paar Romane hast Du für VPM geschrieben - ist hier ein weiteres Engagement angedacht? Und wie hast Du die Arbeit an der größten Weltraumserie erlebt, war es nicht schwierig in den umfassenden Serienkosmos einzutauchen und sich zurecht zu finden? Gerade auch verglichen zu Bastei - war es ein anderes Arbeiten?

Absolut. Es war eine echte Herausforderung, sich in eine so langlebige und komplexe Serie einzuarbeiten. Gerade beim ersten Roman waren die Unsicherheiten sehr groß. Klaus Frick kann sich sicher noch an meine Panikanrufe erinnern, mit Fragen wie „wie heißt denn bei euch der Warpantrieb?“ oder „was sagt ihr zu Phasern?“. Zum Glück sind die Exposés bei Rhodan viel detaillierter als man das von Bastei kennt. Gerade neuen Autoren hilft das sehr.

Mit Deiner Übersetzertätigkeit für Panini/Dino hast Du Dir ein zweites Standbein zugelegt. Wie kamst Du zum Übersetzen?

Das kam durch den Heel-Verlag. Eine Freundin hat mir damals einen Übersetzerjob für Star-Trek-Sekundärliteratur dort besorgt, damit fing das ganze Unglück an. ;-)

Nun ist es so, dass mal abgesehen von Horst Pukallus und der zu früh verstorbenen Lore StraßI; die Übersetzer selbst bei Lesern und Fans, die sich intensiver mit der Materie befassen kaum präsent sind. Woran liegt das Deiner Meinung nach?

Mit Übersetzern ist es so wie mit Straßen. Man nimmt sie nur wahr, wenn sie schlecht sind. Eine gute, flüssig geschriebene Übersetzung fällt einfach nicht auf, erst wenn der Übersetzer grobe Fehler macht oder sehr hölzern klingt, fragt man sich als Leser, wer diesen Müll verbrochen hat. Ändern lässt sich so etwas wohl kaum, das gehört einfach zum Übersetzerschicksal dazu.

Erzähl doch mal, wie sieht so die typische Übersetzung aus. Zuerst das Buch zweimal durchlesen, und dann Seite um Seite? Wie lange sitzt Du an einem Buch?

Das hängt sehr vom Schwierigkeitsgrad des Stoffs ab. Einen „Warcraft“-Roman lese ich einmal und markiere währenddessen schon mal einige schwierige und strittige Stellen, bei wirklich komplizierten Dingen wie dem „Star Trek Technical Manua“l hilft manchmal nur ein Anruf bei der Uni Bonn. Bei den „Halo“-Romanen musste sogar die US-Army mehrere Male als Informationsgeber herhalten.
An einem normal langen und normal geschriebenen Roman sitze im Schnitt ungefähr zwei Monate. Das kann aber je nach DVD-Stapeln und Sonnenscheindauer schon mal variieren.

Jetzt habt ihr zusammen mit Dino einen ganz großen Fisch an Land gezogen - die Romane zu „S.T.A.L.K.E.R“. Wie kam es dazu, dass ihr den Auftrag bekamt die Romane zu verfassen, wie läuft hier die Zusammenarbeit mit Bernd und dem Verlag bzw. den Spiele-Erfindern in der Praxis ab?

Die Spiele-Macher haben zum Glück eine sehr gesunde und entspannte Einstellung zu den Romanen. Wir haben uns von ihnen das Exposé absegnen lassen, sie haben uns alle Informationen zukommen lassen, die wir für ein Prequel zum Spiel brauchten und uns dann in Ruhe gelassen. Jo Löffler, der Redakteur von Dino bekam von uns ebenfalls das Exposé, fand es gut und ließ uns dann auch in Ruhe. Bernd und ich haben die Kapitel aufgeteilt und uns gegenseitig zum Korrigieren und Kommentieren zugeschickt. Das hat bei „Maddrax“ schon gut funktioniert.

Wie viele Romane sind - bei entsprechendem Erfolg - geplant?

Momentan ist eine Trilogie geplant.

Auf was dürfen sich die Leser in nächster Zeit von Dir freuen?

Auf den zweiten Band der bei Tokyopop erscheinenden „Warcraft“-Comic-Trilogie, bei der ich als Übersetzerin tätig bin, auf das Computerspiel „Darkstar One“ und auf den ersten Band des noch namenlosen Fantasy-Zyklus. Und natürlich auf meinen Bestseller „Buffy – ein Hund strebt nach der Weltherrschaft“. ;-)

Vielen Dank, dass Du uns Rede und Antwort gestanden hast. Wir wünschen Dir alles Gute!

Danke für euer Interesse!


Unsere letzten Interviews:
Carsten Kuhr im Gespräch mit Andreas Brandhorst
Carsten Kuhr im Gespräch mit Bernd Frenz





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