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  Interview: Im Gespräch mit: Lena Klassen
Geschrieben am Saturday, 23.January. @ 09:10:21 CET von Guido
 
 
  Interview Lena Klassen ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt und arbeitet in Westfalen. Im Dezember erschien ihr Roman „Magyria – Das Herz des Schattens“ bei Penhaligon. Unser Mitarbeiter Carsten Kuhr hat sich mit der Autorin unterhalten.


Hallo Frau Klassen. Könnten Sie uns zu Beginn ein wenig von Ihnen erzählen? Wie kamen Sie zum Schreiben?

Ich habe losgeschrieben, sobald ich schreiben konnte - das müsste ungefähr in der zweiten Klasse gewesen sein. Meine Eltern und meinen Klassenlehrer habe ich dann mit vollgeschriebenen Schulheften beschenkt. Damals habe ich meine Geschichten sogar selbst mit Filzstift illustriert, heute lasse ich das lieber. Allerdings ist schon in meinen frühesten Versuchen Blut geflossen - zum Entsetzen meines Lehrers, der bei mir zu Hause anrief und sich besorgt erkundigt hat, ob mit mir alles in Ordnung sei. Da wurde sehr viel geliebt und gestorben; schon mit acht fand ich das wahnsinnig cool. Mit den Jahren wurden die Geschichten immer länger und ausgefeilter. Es gab in meinem Leben keine Zeit, in der ich nicht geschrieben hätte. Es war also eher so, dass das Schreiben zu mir kam, bevor ich mich wehren konnte, und dann bin ich es nicht mehr losgeworden.

Was machen Sie, wenn Sie nicht vor der Tastatur sitzen - bleibt Zeit für Hobbys?

Ich probiere immer wieder mal etwas Neues aus. So habe ich es schon mit Theaterspielen, Jonglieren oder Bauchtanz versucht. Aber um wirklich dranzubleiben, dazu fehlt mir tatsächlich die Zeit - oder die Geduld. Wichtig ist mir jedenfalls ein Ausgleich zum stundenlangen Herumsitzen vor dem Computer. So oft wie möglich bin ich draußen. Spazierengehen, Nordic Walking, den Garten genießen, Meerschweinchen füttern. Bei Wind und Wetter schleppe ich meine bemitleidenswerte Familie an die frische Luft. Und auch wenn ich das Autorenauge nie ganz abschalten kann, lasse ich mich gerne von schönen Büchern in andere Welten entführen.

Das bringt mich zu der Frage, welche Autoren Sie bewundern, wer und was an diesen Sie inspiriert hat?

Ich bewundere Walter Moers. Seine „Zamonien“-Romane haben für mich einfach das gewisse Etwas, kürzlich habe ich erst wieder den „Schrecksenmeister“ gelesen. Aber das ist eine ganz andere Richtung als das, was ich selbst schreibe, daher kann ich es vielleicht besonders gut genießen. Robin Hobb finde ich toll oder Tad Williams. Dann natürlich auch Autoren jenseits der Fantasy und ihre Art, zu erzählen und mit Sprache umzugehen. Ich liebe auch Geschichten mit schwarzem oder schrägem Humor. Was mich geprägt hat, war sicherlich die Lektüre des „Herrn der Ringe“, damals war ich zwölf. Und eine besondere Vorliebe für Edgar Allan Poe und E.T.A. Hoffmann gehört zu meinem literarischen Werdegang auch dazu.

Welche Bücher harren gerade darauf, dass Sie sich für sie Zeit nehmen?

Ich habe hier seit Wochen die „Gilde“-Trilogie von Trudi Canavan liegen und schaffe es jetzt so allmählich, mich hineinzulesen. Wenn ich sehr intensiv arbeite, kann ich mich nicht auf andere Welten als meine eigene einlassen. Lesen mit echtem „Eintauch-Effekt“ ist mir nur zwischen zwei Projekten möglich, oder wenn es Lektüre ist, die meiner eigenen Welt nicht in die Quere kommt. Ich freue mich auch schon sehr auf „Mord im Gurkenbeet“ von Alan Bradley, das ich zu Weihnachten bekommen habe.

An was arbeiten Sie gerade?

Solange ich „Magyria“ noch nicht ganz abgeschlossen habe, ist diese Geschichte immer irgendwo in meinem Hinterkopf. Doch solange einzelne Aspekte noch reifen müssen, widme ich mich zwischendurch auch anderen Projekten. Manchmal drängen sich mir Geschichten auf, für die ich
eigentlich gar keine Zeit habe, und überrumpeln mich, ohne dass ich Gegenwehr leisten kann. Mehr verrate ich nicht - da bin ich gerne etwas geheimniskrämerisch.

Hanna ist eine sehr überzeugend ausgestaltete Figur. Ein Rebell, ein Querkopf, aber auch ein sehr sensibler Charakter. Wieviel von Ihnen selbst steckt in dieser Frau?

Dankeschön, dass sie Ihnen gefällt! Ich mag Hanna auch. In mancher Hinsicht ist sie mir sehr ähnlich, in anderer überhaupt nicht. Es ist verführerisch für den Leser, sich vorzustellen, dass der Autor einfach sein eigenes Abbild in die Geschichte pflanzt, aber so ist es natürlich nicht. Ich möchte gar nicht über mich schreiben, sondern Charaktere entwickeln, die ganz anders handeln, als ich es könnte.

Hanna geht als Au-pair-Mädchen für ein Jahr nach Budapest. Warum haben Sie sich für die ungarische Metropole an der Donau als einen der Handlungsorte entschieden?

Ich wollte eine europäische Stadt mit Flair, und da ist mir spontan Budapest eingefallen. In der Schulzeit hatten wir einen kurzen Ausflug dorthin gemacht und ich hatte noch eine vage Erinnerung an die tolle Atmosphäre dieser Stadt. Also habe ich erst einmal Budapest genommen - quasi unter Vorbehalt - und mich dann näher damit beschäftigt. Wenn es nicht gepasst hätte, hätte ich noch einmal umdisponiert, aber während meiner Recherchen habe ich gemerkt, dass Budapest einfach perfekt für diese Geschichte ist.

Wo und wie haben Sie hier die sehr überzeugend ausgestalteten Handlungsorte recherchiert? Sind Sie selbst nach Budapest gereist, oder haben Sie Reiseführer gewälzt und gegoogelt?

Sowohl als auch. Und ich hatte eine wunderbare Testleserin, die Budapest gut kennt. Die Reisen waren natürlich das, was am meisten gebracht hat. Ich bin zweimal für jeweils mehrere Tage dort gewesen. Einmal im Frühling und einmal im Winter, aber beide Male war es fürchterlich kalt und ich bin bei den langen Wanderungen durch die Stadt halb erfroren. Spaß gemacht hat es trotzdem. Ich wusste vorher ungefähr, was meine Figuren tun sollten, und dann kam es darauf an, die passenden Orte dafür zu finden. Wege nachzugehen, Entfernungen abzuschätzen, die Wohnorte festzulegen. Dazu habe ich auch ein paar Einheimische gnadenlos mit Fragen bombardiert (die konnten aber deutsch; des Ungarischen bin ich leider nicht mächtig.) Das Wichtigste von allem war für mich jedoch, die Atmosphäre zu fühlen. Riechen, sehen, hören, schmecken. Budapest mit eigenen Sinnen zu erleben.

Waren Sie selbst einmal als Au pair im Ausland? Durften Sie auch so naseweise, schwierige aber eben auch liebenswerte Kinder hüten?

Das Kinderhüten habe ich als Teenager an meinen beiden jüngeren Geschwistern ausgiebig geprobt - und die waren sehr wild, sehr laut und alles andere als leicht zu bändigen. Ein Au-pair-Jahr konnte ich mir damals nach der Schule dann auch gut vorstellen und ich hatte auch schon Kontakt zu einer Familie in Kalifornien, aber aus verschiedenen Gründen hat es dann doch nicht geklappt. Nun müssen eben meine Figuren das ausleben, wovon ich geträumt habe.

Überzeugend war für mich auch insbesondere die Darstellung, wie sich die jungen Menschen einander annähern, wie Vertrauen gefasst und aufgebaut wird - gibt es hier reale Vorbilder? Sie haben ja selbst zwei Kinder.

Ich hatte und habe immer recht viel mit Kindern und Jugendlichen zu tun - die kleinen Geschwister, meine Nichten, dann die eigenen Kinder. Dazu kommen natürlich die Erinnerungen an die eigene Kindheit und Teenagerzeit. In meinen Buchfiguren fließt das alles zusammen; einzelne Personen würde ich nicht in ihrer Gesamtheit als Vorbild für eine Figur benutzen. Allerdings - mein Sohn ist ungefähr im selben Alter wie der kleine Attila im Roman, daher hat der vermutlich eine ganze Breitseite von dem Jungen abbekommen, der hier bei mir durchs Haus tobt.


Sie verbinden ihre Budapest-Handlung mit einem archaischen Phantasiereich, in dem Schatten und Wölfe - echte und erschaffene Werwölfe - den Frieden, das Licht bedrohen. Wie kamen Sie auf die ungewöhnliche Kombination einer geteilten, in landschaftlichen Details sich ähnelnden Welt?

Am liebsten erfinde ich andere Welten, doch diese Geschichte wollte ich gerne in der Gegenwart verankern, denn ich hatte eine Idee mit Vampiren, die hier in der realen Welt spielt. Eine Zeitlang war ich noch am Zögern, ob ich sie in Angriff nehmen sollte, bis ich diese leuchtende Stadt „gesehen“ habe, die von der Finsternis bedroht wurde. Als mir klar wurde, dass meine Vampire ursprünglich aus dieser Stadt in jener anderen Welt kommen, und wie sie mit den Wölfen zusammenhängen, wurde die Geschichte für mich lebendig. Aber natürlich kann man Fantasie letztendlich nicht erklären.

Benutzten Sie reale Personen als Vorbilder für Ihre Figuren?

Ich beobachte gerne Menschen. Das beliefert mich mit einzelnen Aspekten von Persönlichkeiten oder Charaktereigenschaften. Doch dann lasse ich lieber meine Fantasie spielen. Ein Held oder eine Heldin muss genau zur Geschichte passen, die man erzählen will. Er oder sie muss die Handlung vorantreiben können, Entscheidungen treffen, Probleme lösen, für sein Glück kämpfen, leidenschaftlich sein. Im Alltag ist das meiner Meinung nach eher selten anzutreffen. Aber wer will schon von jemandem lesen, der herumsitzt und nur darauf wartet, was passiert?

Auf wieviele Bände haben Sie Ihre Saga ausgelegt, wie weit sind die entsprechenden Manuskripte gediehen, in welchem Abstand sollen sie erscheinen?

Als ich anfing zu schreiben, habe ich rasch gemerkt, dass sich die Geschichte nicht mit einem Band abhaken lässt. Eine ganze Ereigniskette, die ich ursprünglich für das erste Buch vorgesehen hatte, ist nun in das zweite gerutscht, das mittlerweile fast fertig ist und 2010 erscheinen soll. Es wird wohl eine Trilogie werden.

Mit der Ehrung, gleichzeitig auch Bürde als Hardcover ins Rennen geschickt zu werden, geadelt, zielen sie auf eine Leserschicht, die Stephenie Meyers „Biss“-Romane vergöttert. Was bedeuten die „Bis“-Titel für Sie persönlich, sind diese Vorbilder, oder versuchen Sie ganz bewusst sich von den Bestsellern abzugrenzen?

Als Bürde habe ich das noch gar nicht betrachtet. Es ist ein wunderschönes Buch geworden. Und die Leser wissen selbst, dass es kein zweites „Biss“ gibt. Sie wären vermutlich enttäuscht und zu Recht sauer, wenn ein anderes Buch dem zu ähnlich wäre.
Ich habe „Biss“ erst gelesen, als ich schon an meinem eigenen Projekt gearbeitet habe, aus dem letztendlich „Magyria“ geworden ist. An Stephenie Meyer bewundere ich, wie nah sie ihre Leser mit ins Geschehen nimmt. Aber ein Autor, der sich ernstnimmt, wäre, glaube ich, schlecht beraten, wenn er anderen nacheifert oder wenn er krampfhaft versucht, ganz anders zu sein. Natürlich gibt die Kombination von Vampir-Roman und Liebesromanze manche Dinge vor. Wenn es um Vampire geht, muss man sich mit ihren Ernährungsgewohnheiten befassen. Ein sympathischer Vampir wird höchstwahrscheinlich mit seinem Schicksal hadern, statt im Blutrausch zu schwelgen. Und wenn man eine menschliche Heldin und einen Vampirprinzen hat, muss man sich darüber Gedanken machen, wie die beiden damit fertigwerden. Schon dadurch entstehen gewisse Ähnlichkeiten, die kaum vermeidbar sind. Um dem Vergleich mit „Biss“ zu entgehen, hätte ich entweder die Vampire oder die Liebe herausschneiden müssen, und was wäre dann aus meinem „Magyria“ geworden? Doch letztendlich sind das nur oberflächliche Ähnlichkeiten, die Geschichte ist eine völlig andere. Ich habe genug eigene Ideen, ich habe meinen Stil - wenn ich schreibe, muss ich meine eigene Geschichte entwickeln und sie mit meiner eigenen Stimme erzählen.

War es schwierig, einen Verlag für Ihr Projekt zu begeistern?

Ich werde von der Agentur Schmidt & Abrahams vertreten, daher muss ich mich zum Glück nicht um die Verlagssuche kümmern.

Haben Sie schon einmal vor Publikum aus Ihrem Roman gelesen - wie haben Sie die Lesung, die Fragen erlebt, wie den Kontakt mit ihren Fans?

Auf der Leipziger Buchmesse werde ich zum ersten Mal aus meinem Buch lesen. Ich bin schon gespannt, wie das wird. Ich habe auch schon Zuschriften von Fans bekommen, die auf jeden Fall dabei sein möchten - auf die freue ich mich besonders.

Wann und wo schreiben Sie?

Wie könnte eine interessante Antwort darauf lauten? Vielleicht so: in einem Künstlercafé mit Blick auf die Passanten. In einem Baumhaus. Auf einem Boot oder - noch besser - auf meiner Luxusjacht. Es wäre auch nett, wenn ich behaupten könnte, ich würde in meinem Haus am Meer sitzen und draußen die weißen Segel auf dem blauen Wasser vorbeiziehen sehen.
Manche Autoren können ja besonders gut auf Reisen schreiben - das geht bei mir gar nicht. (Auf Reisen werde ich allerdings mit Ideen bombardiert, die ich dann zu Hause sortiere.)
Die Wirklichkeit klingt da doch eher öde: Ich schreibe ganz schlicht in meinem Arbeitszimmer. Jeden Tag. Ohne Routine und Disziplin bekommt man nun mal keine dicken Bücher fertig. Im Sommer sitze ich auch gerne auf der Terrasse.
Das Aufregende allerdings ist: Wer mich am Computer sitzen sieht, weiß überhaupt nicht, wo ich mich wirklich befinde.

Und wie lange saßen Sie an dem Manuskript?

Vor zwei Jahren habe ich angefangen, die Geschichte zu entwickeln. Die reine Schreibzeit beläuft sich auf ca. ein halbes Jahr, dazu kommen noch die Vorplanung, Recherche und die späteren Überarbeitungen und Korrekturen. Irgendwann muss ich mir jedoch sagen: Jetzt ist genug, jetzt ist es fertig. Sonst könnte ich endlos weiterfeilen.

Wie sieht denn ein typischer Tag im Leben der Autorin Lena Klassen aus?

Wenn die Kinder in der Schule sind, kann ich ungestört schreiben. Der Nachmittag ist turbulenter. Da kommt es drauf an, was gerade so anfällt - Hausaufgaben nachsehen, zum Musikunterricht kutschieren, das Übliche eben. Bei dringenden Abgabeterminen oder wenn die Geschichte mich nicht loslassen will, schreibe ich zwischendurch noch weiter, auch mal bis spät abends. Und obwohl meine Kinder längst selber lesen können, lese ich ihnen noch jeden Abend vor dem Schlafengehen vor.

Vielen Dank, dass Sie sich für uns Zeit genommen haben. Wir wünschen Ihnen für die Zukunft alles Gute!
 
 
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