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  Interview: Im Gespräch mit: Andreas Eschbach
Geschrieben am Friday, 13.November. @ 21:59:55 CET von Guido
 
 
  Interview Andreas Eschbach, 1959 in Ulm geboren, lebt und arbeitet in Frankreich. 1995 erschien bei Schneekluth mit „Die Haarteppichknüpfer“ sein erster Roman, dem Titel wie „Das Jesus Video“, „Quest“ und „Eine Billion Dollar“ folgten. Zuletzt erschien „Ein König für Deutschland“ bei Lübbe. Unser Mitarbeiter Carsten Kuhr hat sich mit dem Schriftsteller unterhalten.

Hallo Herr Eschbach. Leben wie Gott in Frankreich - trifft dies auch auf den Immigranten aus der schwäbischen Brezel- und Maultauschenmetropole zu, sprich, fühlen Sie sich auch nach Jahren noch wohl in der neuen Heimat, oder zieht es Sie einmal wieder zu neuem Wein und Zwiebelkuchen?

Ehrlich gesagt, ist mir alter Wein aus dem Bordelais lieber als neuer Wein aus Baden-Württemberg, und Pizza lieber als Zwiebelkuchen... Was aber immer sein muss, wenn ich nach Stuttgart komme, ist eine frische Brezel. Mit Butter.

Kennt man Sie an Ihrem Wohnort als Autor, liegen Ihre Bücher - in der französischen Ausgabe, versteht sich - in den örtlichen Buchhandlungen aus? Sind Sie eher ein VIP oder ein boche?

Man weiß im Ort, dass wir das deutsche Schriftstellerpaar sind, in der örtlichen Bücherei findet man die französischen Ausgaben - aber man macht kein Bohei darum herum und keinen Starkult. Wir leben hier ganz normal.
Generell sind Deutsche in der Bretagne gern gesehen. Das kann man historisch nicht so recht nachvollziehen, aber es ist so. Vermutlich hält man uns zugute, dass wir keine Engländer sind... (lacht)

Werden Sie zu Lesungen in Frankreich eingeladen?

Ja, und nicht zu knapp. Da muss ich bisweilen auch abwinken.

Bei unserer ersten Begegnung an lässlich einer Lesung zu „Quest“ vor rund zehn Jahren in Stuttgart lernte ich Sie im Sommer-Freizeitlook kennen. Auf der diesjährigen Buchmesse stand mir dann ein Bestsellerautor in feinem Zwirn gegenüber - der Preis, der für Erfolg zu zahlen ist?

Nein, gar nicht. Gerade als Schriftsteller kann man, wie man will. Und es wird Ihnen nicht entgangen sein, dass kein Sommer mehr herrschte auf der diesjährigen Buchmesse...

Verlegerisch haben Sie einen Weg hinter sich. Von Schneekluth über Heyne zu Lübbe und Arena. Fühlen Sie sich bei ihren Verlegern wohl?

Ja.

Wie sieht hier die Zusammenarbeit aus? Im Arena Verlag erschienen in den letzten Jahren ja die fünf „Mars“-Bände, SF reinsten Wassers, bei Lübbe neben den Neuauflagen der alten Titel eher Thriller. Kann man mit klassischer Erwachsenen-SF im Hardcover nicht punkten, oder hat sich vielleicht auch Ihr persönlicher Fokus verschoben?

Ach, der Kollege Schätzing punktet doch ganz schön mit Erwachsenen-SF, oder etwa nicht? Und ist „Ausgebrannt“ etwa keine SF? Oder „Der Letzte seiner Art“?
Aber es stimmt schon, mein Fokus verschiebt sich. Ich vermute, das, was Sie „klassische SF“ nennen, nenne ich inzwischen „x-ter Aufguss des Immergleichen“ oder manchmal auch „Bücherbasteln aus dem SF-Baukasten“.
Die zeitgenössischen SF-Reihen entlocken mir, offen gestanden, mehr Gähnen als Begeisterung. Ich suche die neue Idee, den originellen Blickwinkel - und den liefert heute eher der Mainstream. Man denke an „Die Frau des Zeitreisenden“ - DAS war originell!

Immer wieder einmal erscheint ein Gastroman aus Ihrer Feder bei „Perry Rhodan“. Ist das eine Reminiszenz an Ihre Jugend, ist das ein anderes Schreiben im engen Korsett einer fremden Serie als wenn Sie in einem ganz selbstständigem Werk unterwegs sind?

Der erste Gastroman war eine Reminiszenz, ja. Aber die danach sind entstanden, weil ich es ab und zu genieße, mir die Handlung nicht selber ausdenken zu müssen, altvertraute Figuren zu haben und einen Kosmos, der schon reichhaltig ausgemalt ist. Das heißt, ich brauche es einfach nur laufen zu lassen...!

Seit einigen Jahren erscheinen im Arena Verlag eine Reihe außergewöhnlich aufgemachter Bücher aus Ihrer Feder. Die insgesamt fünfbändige „Mars“-Reihe wartet mit einem ungewöhnlich durchsichtigem Kunststoffumschlag durch den hindurch der interessierte Leser einen Blick auf den roten Planeten erhascht. Wie kam es zu der ungewöhnlichen Gestaltung, die sicherlich so manchen Leser erst zum Buch hat greifen lassen? Waren Sie hier involviert?

Nein, über solche Dinge zerbreche ich mir nicht den Kopf. Auf so eine Idee wäre ich gar nicht gekommen. Das war die Initiative des Verlags.

Haben Sie Rückmeldungen, zum Beispiel anlässlich Lesungen?

Ich erhalte eher Rückmeldungen zum Inhalt. Zur Gestaltung der Bücher... da fällt mir jetzt kein Kommentar ein.

Apropos - Sie muten sich jedes Jahr ausgedehnte Lesereisen zu. Ist das nicht sehr anstrengend, immer aus dem Koffer zu leben?

Doch, sehr. Eines Tages werde ich das auch bleiben lassen.

Wie erleben Sie als Vortragender die Lesungen - gibt es hier regional Unterschiede?

Es gibt Unterschiede, aber ich habe nicht den Eindruck, dass die regional begründbar sind. Es hat eher etwas damit zu tun, was für eine, ich sage mal, „Lesungs-Kultur“ sich in einem bestimmten Ort oder oft auch um eine bestimmte Buchhandlung herum entwickelt hat.

Stichwort Publikumsfragen: Kommen nicht immer wieder dieselben Fragen, nach dem Motto, wie lange brauchen Sie für einen Roman, oder wo finden Sie Ihre Ideen? Wie bleibt man da als Autor in der Reaktion frisch?

Es sind oft dieselben Fragen, aber die Situation ist immer anders, und es sind andere Menschen, die sie stellen. Es klingt vielleicht seltsam, aber ich habe festgestellt, dass man diese Fragen immer wieder anders beantworten kann, ohne sich deswegen zu widersprechen, wenn man sich auf den Moment einlässt. Und wenn die Lesung gut gelaufen ist, gelingt das.

Wenn Sie im Ausland lesen, gibt es hier Unterscheide in der Reaktion der Zuhörer verglichen mit einem deutschsprachigem Publikum? Lesen Sie soweit möglich in der Landessprache?

Dazu ist zu sagen, dass das Konzept der Lesung - ein Autor liest aus seinem Roman - in Frankreich weitgehend unüblich ist. Hier hat man ein „Rencontre“, eine Begegnung zwischen dem Autor und dem Publikum, das dessen Werke größtenteils kennt. Meistens ist ein Moderator dabei, der einen interviewt, der die Fragen des Publikums aufnimmt und so weiter.
Abgesehen davon gibt es tatsächlich deutliche Unterschiede. In Deutschland stellt man eher Fragen zum Autor, in Frankreich eher Fragen zum Werk. In Deutschland werde ich gefragt, wie ich meinen Tag verbringe - in Frankreich fragt man mich, ob die Ähnlichkeit zwischen dem Anfang von „Der Letzte seiner Art“ und Kafkas „Verwandlung“ beabsichtigt sei.

Sie erhielten schon diverse Auszeichnungen und Preise für Ihre Bücher. Was bedeuten Ihnen die Preise?

Preise sind Symbole der Anerkennung. Ganz klar.

Bei Lübbe erschienen in den letzten Jahren diverse Bücher aus Ihrer Feder, die allesamt unter dem Signet Thriller vermarktet worden. Sehen Sie sich selbst als Thriller-Autor, oder anders gefragt, ist es nicht einengend, wenn man als Verfasser von Romanen auf eine Sparte festgezurrt wird?

Also, diesbezüglich bin ich ja wohl der Letzte, der Grund zur Beschwerde hätte. Ich kann ja nun wirklich schreiben, was ich will und ohne dass mir jemand dreinredet - anders als manche Kollegen, die tatsächlich auf bestimmte Genres oder gar bestimmte Romankonzepte festgelegt sind. Nein, ich denke, man schreibt derzeit gern „Thriller“ auf einen Roman, wenn es irgend geht, weil das das bestverkäuflichste Genre ist.

Nun haben Sie sich in ihren letzten drei Büchern mit ganz unterschiedlichen, allesamt aber hochaktuellen Thematiken beschäftigt. „Ein König für Deutschland“ beschäftigt sich stark vereinfachend ausgedrückt mit der Möglichkeit eines Wahlbetruges mittels Wahlcomputern, in „Ausgebrannt“ nahmen Sie sich des Themas der Rohstoffknappheit - hier der Endlichkeit des Ölnachschubs - an, und in „Der Nobelpreis“ ging es um eine Erpressung und Entführung. Das sind nun alles Themen, die man nicht unbedingt massenweise liest, die mir zumindest auch sehr europäisch erscheinen. Amerikaner interessieren sich nicht sehr für knapp werdendes Öl und schon gar nicht für Wahlbetrug - George W. Bush hätte sonst wohl kaum ein zweites Mal im Oval Office Platz genommen.
Ist es Ihnen wichtig, aktuelle Entwicklungen aufzugreifen und diese fortzuentwickeln, hin zu einem zwar vielleicht, nein besser hoffentlich nicht, eintretenden Ereignis, die Realitätsnähe zu suchen?


Es ist eher umgekehrt - dass aktuelle Entwicklungen mir unwiderstehliche Ideen für Romane liefern. Und jede Menge Material, nicht zu vergessen.

Mir fiel auf, dass Sie sehr emotional erzählen. Man merkt zwischen den Zeilen viel Wut, Ärger und auch Verzweiflung, die Sie Ihren Figuren in den Mund legen. Ist Bücher schreiben für Sie auch ein Weg, mit Ihrem Frust, Ihren Ängsten umzugehen?

Das mag eine Rolle spielen, aber vor allem kommt diese, wie Sie es nennen, emotionale Erzählweise daher, dass ich mit meinen Figuren mitfühle. Ich schlüpfe sozusagen während des Schreibens in ein anderes, ein imaginiertes Leben. Das mit meinem eigenen nicht unbedingt viel zu tun haben muss.

An was arbeiten Sie zur Zeit? Steht wieder ein Jugendbuch auf dem Programm, oder mehr ein Erwachsenenroman?

Ich arbeite zu jedem beliebigen Zeitpunkt am jeweils nächsten Roman - logisch. Im Augenblick an einem Jugendroman, der kurz vor dem Abschluss steht, im Herbst 2010 erscheinen wird - und über den ich ansonsten noch nichts verraten werde!

Stichwort Hörbücher beziehungsweise Hörspiele: Auch Ihre Titel wurden vertont. Sind Sie hier involviert, wie gefällt Ihnen das Ergebnis? Ist das die Zukunft für Autoren?

Ich muss gestehen, dass ich selber mit Hörbüchern nichts anfangen kann. Ich bin einfach nicht der Typ dafür. Ich brauche ein Buch vor mir. Um meine Hörbücher kümmere ich mich wenig; ich weiß sie beim Verlag in besseren Händen, als sie es bei mir wären. Es dauert auch oft lange, bis ich dazu komme, mir eines meiner eigenen Hörbücher anzuhören. Ich finde sie fast alle sehr gelungen, und ich weiß, dass manche Leute Hörbücher vorziehen - das finde ich okay, jeder wie er mag.
Dass das „die Zukunft“ sein soll... na, das ist etwas hochgegriffen. Hörbücher sind teurer, die Verkaufszahlen weitaus niedriger - es ist ein neues Medium, nicht mehr und nicht weniger.

Immer wichtiger werden die ein Buch begleitenden Gimmicks, Kurzvideos bei amazon.de und YouTube, Twitter-Seiten. Wie stehen Sie dazu? Geht da der Text nicht irgendwann einmal unter?

Werden die Gimmicks wirklich immer wichtiger? Ich bezweifle es. Es sind einfach Marketingmaßnahmen, die die neuen Techniken zu nutzen versuchen. In dem Maße, wie das irgendwann alle machen, wird die Wirkung nachlassen.
Meine Sorge wäre eher die, dass wenn man zuviel Tam-Tam um ein Buch veranstaltet, man es dadurch eher suspekt macht - nach dem Motto „ist es so schlecht, dass es den Rummel nötig hat?“.

Würde es Sie reizen einmal etwas ganz anders zu schreiben, einen historischen Roman oder eine Questen-Fantasy zum Beispiel?

Sobald mich das reizt, werde ich es einfach tun. Niemand hindert mich daran.

Haben Sie für das Gespräch recht herzlichen Dank. Wir wünschen Ihnen für die Zukunft alles Gute!


Die Website von Andreas Eschbach ist hier zu finden.
 
 
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