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  Interview: Im Gespräch mit: Dave Duncan und Michael Krug
Geschrieben am Wednesday, 09.January. @ 08:37:59 CET von Guido
 
 
  Interview In der Dezember-Ausgabe von Erik Schreibers „Der phantastische Autorenbrief“ geben der Fantasy-Autor Dave Duncan und sein deutscher Übersetzer und auch Verleger Michael Krug bereitwillig Auskunft auf Erik Schreibers Fragen. Wir haben das Interview auch bei uns online gesetzt.

Im August 2007 konnte ich bereits ein e-mail-Interview mit Dave Duncan führen. Der ganze Kontakt lief über Michael Krug ab, in dessen Otherworld-Verlag die Bücher „Die Dolche des Königs“ und „Omar – Der Geschichtenerzähler“ erschienen. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Michael und seinen Kontakt, sowie die Übersetzertätigkeit. Gleichzeitig nutzte ich die Gelegenheit mit Michael Krug über seine Übersetzertätigkeit zu sprechen, dessen Interview gleich im Anschluss an Dave Interview zu finden ist. Ich denke, gerade im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Übersetzer, er hat für den Bastei Lübbe Verlag alle Dave Duncan Romane übersetzt, sieht man beide Interviews in einem anderen Licht.


Dave Duncan wurde 1933 in Schottland geboren. Er machte seinen Abschluss in Geologie an der Universität St. Andrews und wanderte jedoch bereits im Jahr 1955 nach Kanada aus, um auf den Erdölfeldern im Westen des Landes zu arbeiten. Damals gab es kein Öl in Schottland, wie er in seinem Interview erzählte. In Kanada war er viele Jahre lang als Geologe tätig. Er fand erfolgreich einige Öl- und Gasfelder für seine Arbeitgeber, und die Arbeit hat ihm viel Freude bereitet, bevor er sich der Schriftstellerei zuwandte. Seit 1959 ist er glücklich mit Janet verheiratet, mit der einen Sohn und zwei Töchter hat, die den beiden ihrerseits insgesamt vier Enkelkinder beschert haben. Dave lebt in Victoria, British Columbia, Kanada.


Hallo Dave, vielen Dank, dass Du dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Ich habe gelesen, dass du Geologie studiertest und danach nach Kanada gingst, um dort zu arbeiten. Was hat Dich dazu getrieben, den Beruf zu wechseln und Schriftsteller zu werden?

Nach 30 Jahren verliert alles seinen Reiz, und ich fühlte mich allmählich gelangweilt. 1984 begann ich, nur zum Spaß einen Roman zu schreiben. Nachdem ich ihn fertig gestellt hatte, schickte ich ihn an einen Verleger, dann schrieb ich einen weiteren und noch einen. Anfang 1986 fiel die Ölbranche in eine schwere Depression, und ich stand zum ersten Mal in meinem Leben ohne Arbeit da. (Zu dem Zeitpunkt hatte ich mein eigenes Beratungsunternehmen.) Ich schloss mein Büro und entschied, dass ich ebenso gut schreiben wie versuchen könnte, geologische Konzepte zu entwickeln, die niemand kaufen würde. Zwei Wochen später erhielt ich einen Anruf aus New York, in dem mir mitgeteilt wurde, dass Del Rey Books einen Roman kaufen wollte, den ich an den Verlag geschickt hatte, „Rose-Red City“. Damit hatte sich die Frage endgültig geklärt. In den nächsten zwölf Monaten verkaufte ich weitere vier Bücher und bin nie zur Geologie zurückgekehrt.

Vier Bücher in nur einem Jahr ist eine tolle Leistung. Wie schaffst Du es, die Qualität zu halten? Du schreibst zudem acht Stunden täglich?

Ich verbringe natürlich schon viel Zeit am Computer. Aber die Anzahl der in einem Jahr veröffentlichten Bücher ist nicht unbedingt gleichbedeutend mit der Anzahl der geschriebenen. In den neun Jahren von 2001 bis 2008 werden von mir elf Bücher auf den Markt gekommen sein, was ein realistischeres Maß für mein Schaffen ist. Einige dieser Manuskripte haben mehrere Zwischenstationen in der Schublade eingelegt.

Was fasziniert Dich am Beruf als Schriftsteller und warum ausgerechnet Phantastik?

Schreiben ist kein Beruf, es ist eine Sucht, und ich liebe es. Ich kann in meiner ganz eigenen Welt Gott spielen - was könnte besser sein als das? Ich bin insofern schöpferisch, als ein Buch, das ich nicht schreibe, nie geschrieben werden wird, während Öl oder Gas, das ich als Geologe fand, früher oder später auch von jemand anderem gefunden worden wäre. Jede erzählende Literatur ist bis zu einem gewissen Grad Fantasy - der Autor teilt uns mit, was seine Charaktere denken, und was könnte fantastischer sein als das? Aber Fantasy als Genre ist erzählende Literatur, in der alles erlaubt ist. In mancherlei Hinsicht ist es die einfachste Form von Belletristik (weil man alles frei erfinden kann), in anderer die schwierigste. Man muss schon ein sehr begabter Schriftsteller sein, um den Lesern etwas Unmögliches glaubhaft zu vermitteln.

Würdest Du die Phantastik als Lügengeschichten beschreiben, wie die Erzählungen des Barons Münchhausen?

Fiktion besteht immer aus Lügen. Ich glaube, Baron Münchhausen hat von den Menschen erwartet, dass sie seine Geschichten glauben, ich erwarte das bei meinen keinesfalls.

Viele Schriftsteller beginnen mit dem Besuch von Schreibkursen und Seminaren. War das auch Dein Weg?

Eigentlich nicht. Ich bin größtenteils Autodidakt. Ich habe zwar mal einen Abendkurs besucht (ein paar Stunden pro Woche über einen Zeitraum von acht oder zehn Wochen) und versucht, Kurzgeschichten zu schreiben. Allerdings fand ich heraus, dass ich dafür kein Talent besaß, außerdem konnte ich neben der Arbeit und der Familie die Zeit dafür nicht erübrigen, also stellte ich meine Ambitionen zehn Jahre lang hinten an. Als ich sie wieder aufgriff, las ich eine Menge Bücher über das Schreiben, habe mir aber alles selbst beigebracht. Nur Kurzgeschichten kann ich immer noch nicht schreiben.

Empfindest du das als Manko, keine Kurzgeschichten schreiben zu können? Ich selbst bin großer Kurzgeschichtenfan. Was empfindest Du daran so schwierig?

Das Schwierigste ist, sich in eine Geschichte „einzufinden“. Das fällt mir selbst bei Romanen schwer. Bei kurzen Arbeiten scheint mir die Mühe zu groß für den Lohn. Folglich lese ich keine Kurzgeschichten, was wiederum bedeutet, dass ich nicht weiß, wie man welche schreibt.

Mit welcher Erzählung begann Deine Karriere?

Mein erstes veröffentlichtes Buch war ein Fantasy-Roman namens „A Rose-Red City“, das zweite ein Science-Fiction-Roman mit dem Titel „Shadow“. (Der Held darin ist ein Leibwächter!) Danach folgte die Trilogie „Das Siebente Schwert“, die ein großer Erfolg wurde und meine Karriere in Gang brachte.

In Deutschland sind vor allem die Bücher der „Pandemia“-Sage und die „Klingen“- und „Dolche“-Geschichten bekannt. Wie kam es zu der Idee mit den „Klingen des Königs“?

Leibwächter verkörpern sehr gutes Ausgangsmaterial für Abenteuergeschichten. Sie sind Kämpfertypen mit Machoeinschlag, bewegen sich aber zwischen Reichen und Berühmten. Sie sind jung und maskulin, aber können mit den wahrhaft Mächtigen verkehren (die in der Regel eher alt und statisch sind). Für einen Fantasy-Autor, der überhaupt an Leibwächter denkt, ist die Vorstellung von Leibwächtern, die magisch gebunden werden, um loyal zu sein, nur natürlich.
Übrigens, normalerweise brauche ich etwa ein halbes Jahr, um ein Buch zu schreiben, abzüglich etwas Zeit für andere Dinge. Oft habe ich mehr als ein Buch in der Schublade liegen. Aber „Die Vergoldete Kette“ schrieb ich in einem Monat! Das Buch schien sich mehr oder weniger wie von selbst zu schreiben.

Wenn Du schreibst, bist Du dann abgeschieden in Deinem Kämmerlein und wie reagierst Du auf Störungen. Positive oder negative Ablenkung?

Ich habe ein Büro. Meine Frau hat einen Schreibtisch auf der gegenüberliegenden Seite des Zimmers. In der Regel bin ich bei Störungen sehr tolerant. Manchmal aber auch nicht. Achtung: DANN BEISSE ICH!

Deine Bücher leben vor allem durch die Charaktere. War es schwierig, die Handlungsträger zu entwickeln?

Nicht oft. In der Regel werden die Charaktere so konzipiert, dass die Geschichte durch sie funktioniert. Man würde nicht Machiavelli als Vorlage für Brutus verwenden, oder Conan, den Barbar, für Hamlet, den Prinzen von Dänemark. Gelegentlich sagt einer meiner Charaktere etwas, das seine Persönlichkeit für mich exakt definiert, und das ist stets ein belohnendes Gefühl. Darauf kann ich aufbauen. Aber wenn ich von einem Prinzen erzählen will, der um sein Erbe betrogen wird, nur knapp den Meuchelmördern entrinnt, die seine Familie auslöschen, und wegläuft, um eines Tages zurückzukehren und sich sein rechtmäßiges Erbe zurückzuholen ... dann konzipiere ich ihn nicht als Schlappschwanz. Es sei denn, es gibt einen anderen Charakter, der ihn im Verlauf der Geschichte auf Vordermann bringt!
Manchmal (und das liebe ich!) entreißt mir eine Figur die Geschichte. Das beste Beispiel dafür ist Radgar in „Der Herr des Feuerlandes“. Das Ende des Buches überrascht die Leser immer, und das sollte es auch, denn es hat selbst mich überrascht. Es war Radgars Idee, nicht meine, und er ist kein Mann, mit dem man sich anlegen möchte, deshalb habe ich es auch nicht getan.

Kommt es häufig vor, dass Dir deine Handlungsträger die Gefolgschaft aufkündigen und das machen, was sie wollen und nicht an Deine Ideen halten?

Nicht oft, aber ich liebe es, wenn es geschieht.

Was war zuerst da? Das Land, die handelnden Personen oder die Idee mit den gebundenen Klingen?

Die Idee mit den gebundenen Klingen. König Ambrose basiert auf Heinrich VIII, dem berühmtesten und am einfachsten zu parodierenden englischen König. Durendal sollte die größte aller Klingen werden, deshalb ist er ziemlich perfekt (worüber sich andere Charaktere beschweren). In geringerem Ausmaß basiert er auf einem Mann, den ich sehr bewundert habe.

Mit dem Land um die Eisenburg hast Du einen festen Bezugspunkt in Deinen Erzählungen, lediglich die Personen ändern sich. Damit unterscheidet sich Dein Zyklus von denen anderer Schriftsteller. Ich habe so den Eindruck, Du hast ein Land und willst jetzt alle Geschichten erzählen?

Nicht alle! Eine Welt mit stimmiger Magie, Geografie und Gesellschaft zu kreieren, bedeutet eine Menge Arbeit, nicht nur für den Autor, auch für den Leser, der sich in sie einfinden muss, daher ist es sinnvoll, sie für so viele Geschichten wie möglich zu nutzen. „Der Herr des Feuerlandes“ zum Beispiel ist eine klassische Geschichte um einen „verlorenen Prinzen“, die in jedem Reich spielen könnte, in dem es Prinzen gibt. (Obwohl ich bestimmte Reiche kenne, in denen es Prinzen gibt, von denen man sich wünscht, sie würden verloren gehen und bleiben.)
Manchmal allerdings stelle ich fest, dass ich die Magie an eine bestimmte Geschichte anpasse — nicht selten, indem ich die Regeln der Magie breche! —, und nur eine Geschichte aus einer Welt herausholen kann. „Die Verfluchten“ ist ein solches Beispiel. Als ich bei der entscheidenden Schlacht am Ende des Buchs angelangte, hatte ich alles gesagt, was ich über diese Welt sagen wollte. Alles darüber hinaus wäre eine Wiederholung gewesen.

Wie kommt es zu den seltsamen Namen für Deine Handlungsträger? In „Der Herr des Feuerlandes“ heißen sie zum Beispiel Räuber und Wespe.

Radgar weil er sich versteckte und den Spitznamen Räuber erhielt, der seinem richtigen Namen so ähnlich war, das er beide behielt. Jungen in der Ausbildung zu Klingen ist es gestattet, sich ihre neuen Namen auszusuchen (so wie Päpsten). Manchmal wählen sie Namen, die von ihrer Unreife zeugen wie Bluthand („der keine anderthalb Meter groß war und Sommersprossen hatte”). Manchmal benennen sie sich nach heldenhaften Klingen vergangener Tage, was mir geholfen hat, die lange Geschichte des Ordens anzudeuten, und manchmal erhalten sie ihre Namen von anderen Jungen wie Räuber und Durendal. Ich wollte eine große Vielfalt von Namen, und letztlich wurden es zwischen 200 und 300.

In „Des Königs Dolche“, so der Titel der deutschen Übersetzung, sind die wichtigsten Personen Stahlhart, Smaragd und Silbermantel. Die drei Personen sind eher Teil einer durchtriebenen Agentengeschichte, die zufällig in einem Fantasy-Land spielen. War es Deine Absicht, die Geschichte so zu schreiben oder entwickelte sie sich von selbst in diese Richtung?

Das war so geplant. In „Die Vergoldete Kette“ versuchte der König, Steuern auf Magie zu erheben, folglich versuchten die Magier, den König zu töten. Im Roman wurde das nur kurz behandelt, also habe ich es als Rahmen für die Bücher über die Dolche verwendet. Gewöhnliche Klingen sind tapfer und einfallsreich, aber sie können keine Magie bekämpfen, und so wird Stahlhart zu einer verdeckt arbeitenden Klinge, während Smaragd ihm hilft, Magie aufzuspüren. Silbermantel kommt nur im letzten der drei Bücher vor, als der gefährlichste Auftragsmörder, den es gibt. Dachs aus dem mittleren Buch ist eine sehr interessante Figur. Ihn mochte ich sehr! (Und Stahlhart taucht ganz kurz als Mann mittleren Alters in „Die Verlorene Klinge“ auf. Mehrere Charaktere haben zu verschiedenen Zeiten ihres Lebens immer wieder Kurzauftritte in den Büchern.)

Stahlhart ist eine Person mit allerlei Nachteilen. Angefangen von den körperlichen bis hin zu den sozialen, denn er ist ja keine gebundene Klinge. Smaragd ist eine Ordensschwester, die als Lockvogel missbraucht wird und Silbermantel eine Person, die, obwohl in der negativen Rolle, doch zielstrebig und loyal zu ihrem Auftraggeber ist. Warum sind Deine Personen nicht nur Gut oder nur Schlecht?

Weil echte Menschen nicht nur Gut oder nur Schlecht sind! Ich habe zuvor gesagt, dass es sehr schwierig ist, Fantasy zu schreiben; der Grund dafür ist, dass man, wenn man eine unmögliche Welt beschreibt, die Leser dadurch überzeugen muss, dass man die Welt mit sehr glaubhaften menschlichen Wesen bevölkert. Selbst wenn die Figuren keine Menschen im näheren Sinn sind, müssen sie als Personen erkennbar sein. In allen Stücken von Shakespeare gibt es nur einen Schurken, der durch und durch böse ist – Iago in „Der Händler von Venedig“. Menschen sind komplex. König Ambrose zeigt in den ersten drei „Klingen“-Büchern sehr verschiedene Gesichter, weil sich die Sichtweise ändert: Durendal bewundert ihn als König, Radgar hasst ihn als Feind, und seine Tochter Malinda verachtet ihn als Vater.

Welchen Anteil nimmt die reale Welt in deinen Welten? Jede erfundene Welt von Schriftstellern fußt letztlich auf der Welt in der sie leben. Welche geographischen Vorbilder hast Du?

Ich reise zwar nicht so besonders gern, trotzdem habe ich die kanadische Arktik und Neuseeland, die Tropen und mehrere Länder Europas sowie den Großteil von Nordamerika besucht. Außerdem gibt es heutzutage Bücher und Videos, auf die ich zurückgreifen kann. Meine Laufbahn als Geologe hat mir viel über Landschaften und darüber beigebracht, wie die Erde funktioniert.

Jede Deiner Personen hat irgendwelche Nachteile. Damit spiegeln sie durchaus Menschen der Jetztzeit wieder. Hast Du Vorbilder für deine Handlungsträger in lebenden Personen?

Nicht besonders. Ich forme sie je nach den Anforderungen der Geschichte, aber manchmal erkenne ich später echte Personen in ihnen - allerdings selten Leute, die ich persönlich kenne, häufiger stilisierte Archetypen wie Heinrich VIII oder Margaret Thatcher.

Margaret Thatcher bezeichnest Du als Archetyp. Das halte ich für sehr gewagt. Sicher sie entspricht einigen Klischees, aber ein Archetyp...?

Will man eine starke weibliche Figur, könnte man sie kaum besser anlegen.

Die Charaktere deiner Personen sind zum Teil sehr komplex. Fällt es Dir schwer, die Personen so anzulegen?

Nein, viel schwieriger ist es, ihre Persönlichkeit konsistent zu wahren! Ein einziges Wort kann eine Figur für den Leser völlig verändern. In meinem ersten Buch beschrieb ich in einer angespannten Lage, dass der Held, Jerry, „zerfloss” - und von da an war er als Held ruiniert. Das war in Ordnung so, weil der eigentliche Held sein vermeintlicher Helfer war, Killer. (Und wenn man viele meiner Bücher liest, wird man feststellen, dass ich mich sehr oft auf einen Helden aus der zweiten Reihe konzentriere - einen Leibwächter, einen Stallburschen oder einen wandernden Geschichtenerzähler.)

Wenn ich ein Buch lese, sind die Handlungsträger meist hellhäutig. Vielleicht liegt das daran, dass ich selbst einer bin und meine Vorstellung sich darin erschöpft. Andersfarbige werden immer als „Die Fremden“ dargestellt. Kannst du Dir vorstellen, eine Erzählung aus Sicht eines dunkelhäutigen Menschen und somit in vielerlei Hinsicht ein Außenseiter, zu schreiben?

Außenseitertum hängt immer davon ab, wer die Insider sind, nicht wahr? In meiner letzten Reihe, der „Dodec“-Duologie, werden der Held/die Heldin als dunkler als die Schurken beschrieben. Ich sage allerdings nie, wie dunkel, und ich habe sie so gestaltet, weil sie aus einem heißeren Klima stammen. Da ich selbst aus Großbritannien komme, fällt es mir leicht, mir blonde Schurken vorzustellen, da meine Schulbildung geprägt von barbarischen Beutefahrern der Dänen und Wikinger aus dem Mittelalter war.

Deine Klingen sind manchmal sehr jung. Hast Du vor, einmal Jugendbücher über die Schule der Klingen zu schreiben?

Nein. Ich habe nicht vor, nach Chivial und zu den Klingen zurückzukehren. Über sie habe ich alles erzählt, was es zu erzählen gibt.

Sehe ich mir Omar, den Geschichtenerzähler an, muss ich immer an einen Großvater denken, der seinen Kindern Geschichten erzählt. Als Schriftsteller arbeitest Du ähnlich. Wie viel Omar ist Dave?

Viel. Ich beschreibe ihn gern als meine „alter id”. Er ist ein Spitzbube und als Zeuge nicht besonders zuverlässig, aber ich liebe es, wie er sich aus allem herausreden (oder hineinreden) kann. Ist er sterblich oder nicht? Ich weiß es nicht.

Ich persönlich halte Omar für eine Glanzleistung. Du hast Dich mit dem Buch selbst übertroffen. Wie entstand die Figur des Geschichtenerzählers?

Danke! Das kann ich ehrlich nicht sagen, weil es zu lange her ist. Ich denke, ich wollte einfach etwas Leichtes schreiben, und habe versucht Lord Dunsanys Fantasiegeschichten nachzuahmen, was schon viele versucht haben, aber nie jemandem gelingt. (Mittlerweile ist er fast in Vergessenheit geraten, aber er hat die moderne Fantasy eigentlich erschaffen und besaß einen wunderbar verträumten, lockeren Stil.) Außerdem wollte ich mal die Masche des unzuverlässigen Erzählers ausprobieren.

Das ist Dir durchaus gelungen. Vielleicht fasziniert er mich deshalb so. Die Geschichten sind etwas älter. Wird Omar noch einmal auftauchen?

Nein. Ich habe bereits eine recht gute Vorstellung von den Büchern, die ich in den nächsten paar Jahren zu schreiben hoffe. Über diese Zeitspanne hinauszuplanen, käme wirklich einer Herausforderung an die Götter gleich.

Hältst Du Kontakt zu Deinen Lesern? Bekommst Du selbst geschriebene Geschichten oder Anregungen von Ihnen?

Geschichten? Gott, nein! Daran will ich gar nicht mal denken. Anregungen manchmal schon, aber ich kann mich nicht erinnern, je welche verwendet zu haben.

Besuchst Du Convention, hast Du sonst Kontakt mit Lesern und anderen Autoren? Ich war vom 7. bis 9. September auf den 27. Tagen der Phantstik. Dort treffen sich Interessierte Leser zu bestimmten Themen, die jedes Jahr wechseln. Das diesjährige Thema behandelte Utopische Räume. Phantastik und Architektur. Solche Treffen sind mir inzwischen wichtig. Der Gedankenaustausch dort ist äußerst fruchtbar. Gibt es so etwas auch bei Dir in Amerika?

In Nordamerika finden fast jedes Wochenende irgendwo SF-Conventions statt. Zwischen Mitte Oktober und Mitte November werde ich drei besuchen, was jedoch sehr ungewöhnlich für mich ist. In der Regel beschränke ich mich auf etwa zwei pro Jahr.

Was würdest Du gerne einmal schreiben?

Eine zwanzigbändige Reihe aus sechs Zentimeter dicken Bestsellern. Dafür müsste ich leben, bis ich etwa 99 bin.

Und, hast Du schon angefangen?

Nicht wirklich! :0)

Wenn Du nicht schreibst, welche Bücher hast Du zuletzt gelesen?

Belletristik lese ich selten. Ich habe festgestellt, dass es mich aufregt, nachdem ich selbst den ganzen Tag geschrieben habe. Entweder empfinde ich alles als falsch gemacht oder als zu deprimierend gut. Ich lese vorwiegend Geschichts- und wissenschaftliche Bücher.

Wie entspannst Du dich, wenn Du weder schreibst noch liest?

Zählt schlafen??? Den Fernseher schalte ich selten ein, weil ich Fernsehen als kindisch und mit Werbung überfrachtet empfinde. Eine entsetzliche Zeitverschwendung.

Du hast auch unter Pseudonymen geschrieben. Welcher Grund besteht sich hinter einem anderen Namen zu 'verstecken'?

Ich schrieb einmal ein Buch aus weiblicher Sicht, und mein Verleger wollte einen weiblichen Namen auf dem Cover. Ein anderes Mal war ich meinem Verleger so weit voraus, dass er eine Weile keine weiteren Bücher annehmen konnte, und so verkaufte ich eine Reihe an einen anderen Verleger, was technisch gesehen eine Vertragsverletzung war. Deshalb verwendete ich einen anderen Namen.

Woran arbeitest Du zur Zeit?

Ich beschäftige mich gerade mit dem dritten Abenteuer eines Hellsehers, Alchemisten und Philosophen aus dem 16. Jahrhundert, Maestro Filippo Nostradamus. Er war eine echte historische Persönlichkeit, die behauptete, der Neffe des berühmten Michel de Nostradame zu sein, ansonsten aber unbekannt ist. In Italien veröffentlichte er Prophezeiungsbücher, deshalb habe ich die Bücher im Venedig des Jahres 1595 angesiedelt, und der Held ist Nostradamus' Lehrling Alfeo. Es geht um Rätsel, Fantasy, historischen Realismus und allgemein um Unterhaltung. Es ist noch zu früh, um zu sagen, wie die Bücher bei den Lesern ankommen, aber die Kritiker schwärmen davon.

Welche Werke werden von Dir in der nächsten Zeit in Deutschland erscheinen?

Derzeit ist keine weitere Übersetzung eines meiner Bücher ins Deutsche geplant, aber mein Agent ist optimistisch.

Hältst Du Kontakt zu Deinen Übersetzern und kennst Du die jeweiligen Landesausgaben? Wie zufrieden bist Du mit Ihnen und in wie viele Sprachen wirst Du inzwischen übersetzt?

Meine Sprachkenntnisse sind dermaßen bescheiden, dass ich es nicht beurteilen kann. Michael ersucht mich stets penibel um Klarstellung, wenn es ihm nötig erscheint. Ich stehe dafür immer gern zur Verfügung, damit die Übersetzung so genau wie möglich wird. Ich erinnere mich nur an zwei andere Anfragen von Übersetzern – an eine aus Frankreich und eine aus Taiwan. Ich würde mich freuen, wenn es mehr wären. Bisher wurde ich in etwa ein Dutzend Sprachen übersetzt, aber natürlich nicht alle Bücher in alle Sprachen!

Wie ist die Zusammenarbeit mit Michael Krug, der dieses Interview dankenswerter Weise übersetzt?

Das habe ich bereits beantwortet. Großartig.

Vielen Dank für die Zeit, die Du Dir für die Beantwortung genommen hast. Ich wünsche Dir noch weiterhin viel Erfolg.



Das Buch eines ausländischen Autoren lebt in Deutschland nur von der erfolgreichen Übersetzung. So erscheint es mir wichtig, auch einmal kurz mit dem Übersetzer Michael Krug über sich und seine Arbeit zu sprechen.

Michael wurde 1972 in Graz geboren. Nach dem Abitur absolvierte er die Übersetzer- und Dolmetscherausbildung an der Karl-Franzens-Universität in Graz. Schon während des Studiums begann Michael Krug zunächst in Teilzeit, aber bald in immer umfangreicheren Maße bei der Firma P.E.E.M. Förderanlagen GmbH & Co KG zu arbeiten, einem Export orientierten Anlagenbauunternehmen, bei dem er unter anderem im Vertrieb für die Märkte England und Frankreich zuständig war. Daneben nahm er schon ab 1995 als literarischer Übersetzer seine Arbeit auf. Kurz nach der Übernahme der Firma durch einen deutschen Konzern habe kündigte er und wurde als freiberuflicher Übersetzer selbständig. Eine Tätigkeit, die er bis heute ausübt. Parallel dazu arbeitet er seit Anfang 2006 als Geschäftsführer des von ihm und seinem Partner gegründeten Otherworld Verlags. Er lebt heute in einer kleinen Ortschaft etwas außerhalb von Graz, ist seit neun Jahren verheiratet und hat drei Töchter.


Wie kamst Du zum Übersetzen? Ausbildung und Ziel Übersetzer zu werden?

Ich habe schon immer gerne gelesen, in frühester Jugend hauptsächlich Abenteuerromane und Krimis, dann, etwa vom Teenageralter an, eine ganze Weile alles von Stephen King und ähnlichen Autoren wie Dean Koontz, James Herbert, Richard Laymon, also Horror und Thriller. Dabei habe ich immer die Leute bewundert, die mir diese Geschichten zugänglich machten, die Übersetzer – damals wäre noch undenkbar gewesen, ein Buch im Original zu lesen. Ich dachte mir oft, es muss toll sein, einen Roman in eine andere Sprache zu übertragen. Da ich sprachlich nicht ganz unbegabt war, wie die Noten in der Schule zeigten, entschied ich mich nach dem Abitur für ein Doppelstudium, Wirtschaft und Übersetzer. Allerdings hat es gerade mal drei Monate gedauert, bis mir klar wurde, dass die Betriebswirtschaftslehre und ich niemals Freunde werden könnten, und so verabschiedete ich mich davon und habe mich ganz der Übersetzer- und Dolmetscherausbildung gewidmet. Mit dem erklärten Ziel, vielleicht irgendwann vom Übersetzen leben zu können. Was mir mittlerweile gelungen ist.

Hat sich Deine Vorstellung, „es muss toll sein, einen Roman in eine andere Sprache zu übertragen“ erfüllt? Oder ist es manchmal auch ein wenig anstrengend?

Ich denke, ganz egal, was man macht, und wenn man seinen Beruf noch so liebt, alles kann manchmal ein wenig anstrengend erscheinen, wenn man nicht gut drauf ist oder es gerade mal etwas weniger gut läuft. Aber insgesamt kann ich sagen, ja, die Vorstellung hat sich absolut erfüllt. So sehr, dass sie letztlich ein bedeutender Zusatzgrund war, den Otherworld Verlag zu gründen, der mir die Möglichkeit gibt, noch mehr literarisch zu übersetzen.

Welche Autoren hast Du bisher ins Deutsche übertragen?

David Baldacci, Paul Kearney, Lynn Flewelling, Brad Strickland, Chris Wooding, Diana L. Paxson, William Forstchen, Alison Croggon, Osanna Vaughn, Brian Keene, Owl Goingback, Morven Westfield, David Moody, Daniel G. Keohane und natürlich viel von Dave Duncan.

Diese Frage ist rein subjektiv und ohne eine Wertung vorzunehmen, welcher der Autoren gefällt Dir am besten?

Da müsste ich zumindest pro Genre je einen nennen – im Bereich der Fantasy Dave Duncan, im Horrorbereich Brian Keene – Letzterer, weil er es für meine Begriffe wirklich draufhat, so mitreißend zu schreiben, dass man seine Bücher nicht mehr aus der Hand legen will. Geradlinig, schnörkellos, rasant – aber selbst „leisere“ Stellen kommen so daher, dass man sie nicht als Längen empfindet.

Was fesselt Dich an Dave Duncan?

Die hervorstechendsten Merkmale von Daves Romanen sind für mich seine hervorragend gezeichneten Charaktere, die zumeist wunderbar glaubhaft und nachvollziehbar geraten, dazu sein herrlich augenzwinkernder Humor, den er in fast keinem seiner Bücher vermissen lässt, ohne dafür Spannung zu opfern.

Wie arbeitest Du mit Autoren im Allgemeinen, mit Dave Duncan im Besonderen zusammen? Kannst du sie bei Übersetzungsproblemen fragen, wie sie etwas gemeint haben? Oder bist Du der einsame Übersetzer in der heimeigenen Klause?

Ich habe mich von Anfang an den Autor/innen und ihren Werken verpflichtet gefühlt. Ich finde, es steht mir als Übersetzer nicht zu, etwas in das Werk des Autors hinein zuinterpretieren, weil ich eine Stelle nicht richtig verstanden habe. Deshalb habe ich es mir angewöhnt, IMMER den Kontakt zu den Autor/innen zu suchen, wenn ich auf solche Stellen stoße, um die Ungewissheiten zu klären und so übersetzen zu können, wie der Autor sie ursprünglich im Sinn hatte. Das Internet ist dabei natürlich eine Riesenhilfe – per E-Mail lassen sich auch bekanntere Autor/innen schnell und einfach kontaktieren.

Fällt es schwer, für manche englische Begriffe entsprechende und gute deutsche Begriffe zu finden?

Definitiv, wobei es hier für mich persönlich zwei grundlegende Kategorien gibt. Die eine umfasst Fachbegriffe, bei denen ich nicht den leisesten Schimmer habe, was sie bedeuten, geschweige denn, wie die deutsche Entsprechung heißt. Da hilft dann nur recherchieren, was sich je nach Fachgebiet sehr aufwändig gestalten kann. Bei Paul Kearneys Romanen war ich damit gleich in zweifacher Hinsicht konfrontiert, weil der Mann zwei seiner Steckenpferde umfangreich in die Bücher einfließen ließ, nämlich Militärgeschichte und Seefahrt. Stilgerecht hat er obendrein möglichst altertümliche Begriffe aus diesen Fachbereichen gewählt, die man in keinem herkömmlichen Wörterbuch findet. Damals blieb mir der Weg in die Bibliothek nicht erspart, um alte Schwarten zu wälzen und über Fachbücher und Vergleichstexte rauszufinden, wovon er da schrieb.
Die zweite Kategorie sind oft ganz unscheinbare Wörter oder Wendungen, die ich auf Anhieb verstehe, bei denen ich haargenau weiß, was sie bedeuten, mir aber partout nicht einfallen will, wie man das auf Deutsch möglichst schön ausdrücken könnte. Auch das passiert immer wieder, wobei sich das mit wachsender Erfahrung etwas legt, weil man auf bestimmte Formulierungen und Ausdrucksweisen immer wieder stößt und sich irgendwann einprägt, wie man sie umschifft hat.

Wenn Du nicht übersetzt, welche Bücher liest Du dann?

Fast ausschließlich englische Titel, immer noch Horror, Thriller und natürlich Fantasy. Science Fiction zwar auch, aber eher zurückhaltend, weil Space Operas und Military SF nicht so ganz mein Fall sind und das Angebot an wirklich guten SF-Romanen abgesehen davon eher spärlich ist.

Hast Du Dir überlegt, selbst zu schreiben?

Früher hin und wieder mal, aber über das Versuchsstadium bin ich nie hinausgekommen. Sprachtechnisch glaube ich zwar, dass ich dem aufgrund der Erfahrung durch das Übersetzen gewachsen wäre, allerdings habe ich bei meinen kläglich gescheiterten Ansätzen jedes Mal festgestellt, wie viel Arbeit und Talent nötig ist, um sich eine gute Geschichte, die andere interessieren könnte, nicht nur auszudenken, sondern auch stimmig zu strukturieren, mit glaubwürdigen Charakteren zu beleben und dann noch spannend und unterhaltsam zu Papier zu bringen. Das ist eine ganz eigene Gabe, die ich sehr bewundere, aber ich fürchte, ich selbst besitze sie nicht.

Vielen Dank auch Dir Michael für die Antworten und natürlich für die Übersetzung des Interviews mit Dave Duncan. Ich wünsche Dir weiterhin viel Erfolg bei Deiner Arbeit.


Hier ist die Website von Dave Duncan zu finden.

Hier ist die Website vom Otherworld Verlag zu finden.

Hier ist die Website der Verlagsgruppe Lübbe zu finden.
 
 
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