|
|
|
|
Veranstaltung: Der EuroCon 2007 in Kopenhagen
Geschrieben am Sunday, 23.September. @ 13:27:58 CEST von Guido |
|
|
|
|
|
Für die dänischen Fans war es eine Premiere - und für den
Berichterstatter auch, denn er hatte vorher noch keinen ausländischen
Con besucht. Und so hatten sicher beide - Organisatoren und ich - ihre
Erwartungen und Befürchtungen bezüglich des EuroCons, der dieses
Wochenende in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen stattfand und von dem
ich leider nur die ersten beiden Tage mitmachen konnte.
Es heißt ja, dass der erste Anschein oft trügen kann, andererseits ist
der erste Eindruck oft der wichtigste. Der erste Eindruck, den ich vom
EuroCon hatte, war der eines Festsaales im Kopenhagener Rathaus: dorthin
hatte nämlich der Stadtrat die Fanschar zum Buffet gebeten. Und viele
sind der Einladung gefolgt. Die vorbereitete Rede des anwesenden
Ratsmitgliedes zeigte zwar in allzu deutlicher Art und Weise, dass die
Dame absolut nicht wusste, mit wem sie es da zu tun hatte - sie wünschte
uns "successfull research" -, aber das Buffet war ausgezeichnet.
Der eigentliche Con begann am Nachmittag, und für mich gleich mit dem
Besuch eines ersten Panels. Ruth Nestvold, Barbara Kerner, Marc van
Schlegell und Bruce Holland Rogers diskutierten über "Writing the genre" und
tauschten ihre Erfahrungen zum Thema Worldbuilding, Plot entwickeln,
Charakterisierungen, Schreibrituale und Schreibtechniken aus. Eine
interessante und anregende Diskussion mit vier sichtlich gut aufgelegten
Autoren, ein guter Einstieg für jeden Con.
Das Congebäude, das Kulturhaus im Stadtteil Valby, unterschied sich in
seiner architektonischen Ästhetik wenig von vergleichbaren Zentren in
Deutschland und so fühlte man sich auch als sonst "nur deutscher"
Conbesucher schnell heimisch. Die Cafeteria war ausgezeichnet und bot
bezahlbare Speisen für jeden Gaumen, und ich war auch bereit, über den
gigantischen Stand der Scientologen hinweg zu sehen, die bergeweise
Hubbard-Schrott anboten und 24 Stunden am Tag eine Dauerwerbesendung zum
Scientologen-Schreibtwettbewerb "Writers of the Future" mit weinenden
Preisträgern zeigte - von denen wahrscheinlich niemand sonst je gehört
hat.
Die offizielle Eröffnungszeremonie, begleitet durch einen markig
dreinblickenden imperialen Stormtrooper, war wenig elaboriert und
erkennbar nicht vorbereitet, was dem ganzen etwas die Würze nahm - vor
allem die Vorstellung der Ehrengäste wie Anne McCaffrey (immerhin 81
Jahre alt), Stephen Baxter, David Hardy und Harry Harrison verlief etwas
arg unspektakulär, da hätte man schon etwas mehr draus machen können.
Den Nachmittag verbrachte ich dann mit allerlei Gesprächen, aber auch
mit dem Besuch der diversen Verkaufsstände. Neben internationaler SF -
wobei der Dealer keine ausländischen Kreditkarten akzeptierte, was dann
nicht nur bei mir für etwas Stirnrunzeln sorgte - gab es Stände von
größerem Interesse. Öfters hängen blieb ich bei der irischen Äeon-Press,
woraus sich mit der Zeit ein sehr interessanter und zunehmend
spezifischer Gedankenaustausch ergab. Auch der dänische SF Cerklen, eine
Mischung aus Verein und Verlag, hatte reichlich aufgefahren, und ich
habe sogar dänische Bücher gekauft, obgleich ich sie gar nicht lesen
kann. Hoch die internationale Solidarität. Lesen konnte man allerdings
die extra für den Con herausgegebene Anthologie mit europäischer SF,
darunter eine Hugo-nominierte Story von Ian McDonald und eine von mir (nein, nicht für den Hugo nominiert...).
Das ist schon die richtige Gesellschaft.
Von der parallelen Filmschiene bekam ich wenig mit, wie ohnehin das
Programm vor allem daran krankte, dass es furchtbar überladen war - es
gab bis zu acht parallele Schienen und das nenne ich bei aller
Zurückhaltung dann doch Overkill.
Einen Overkill ganz besonderer Art stellte dann die nachmittägliche
Sitzung der European Science Fiction Society (ESFS) dar, die ich
beizuwohnen das Vergnügen hatte - zusammen mit Arno Behrend, der dem
Spektakel mit eiserner Ruhe, preußischer Disziplin und abgeklärter
Erfahrung folgte, während ich angesichts der abstrusen, bürokratischen
Auseinandersetzungen aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus kam.
Am
kommenden Tag war es mir dann eine Freude, die Bürde des
Delegiertendaseins Erik Simon zu überlassen. Ach so: EuroCon 2009 ist in
Italien.
Am Samstag besuchte ich einige weitere nicht uninteressante
Programmpunkte: das Panel der Kleinverleger, bei dem die irischen und
belgischen Vertreter von den gleichen Schwierigkeiten mit Kleinverlagen
zweifelhafter Reputation und mangelndem Qualitätsbewusstsein
berichteten, die auch die deutsche Szene beuteln. Sehr aufschlussreich
und interessant.
Einen Vortrag von Klaus Mogensen zur potentiellen Besiedlung des
Sonnensystems (er plädiert für den Kuiper-Gürtel) gab dem Con für mich
noch etwas Science (und war durchaus inspirierend), das offizielle
David-Hardy-Interview ging etwas zäh, und dann war auch schon Abend und
das Bankett stand an. Nach endloser Wartezeit vor verschlossener Halle
aufgrund organisatorischer Probleme wurden eher durchschnittliche
Speisen in einem Raum vom Charme eines Bahnhofswartesaals aufgetischt -
unter einem Bankett hatte ich mir dann doch etwas anderes vorgestellt.
Anne McCaffrey bekam ein Buch zu "40 Jahre Pern" geschenkt und dann
eilten auch schon alle zum Kostümwettbewerb - ich allerdings ins Hotel,
denn ich musste früh raus, um den Flieger in die Heimat zu bekommen.
Wenn ich also auf die zwei Tage EuroCon zurückblicke, dann bleiben mir
vor allem einige sehr nette und interessante Gespräche und ein paar sehr
ordentliche Programmpunkte, aber auch die eine oder andere
organisatorische Schwäche im Gedächtnis - nichts, was mir schlaflose
Nächte bereiten würde, und vergessen wir nicht: es war auch für die
Dänen das erste Mal.
Alles in allem hat der EuroCon in Kopenhagen Spaß gemacht. Moskau in
2008 werde ich wahrscheinlich übergehen, aber Italien 2009 - warum
eigentlich nicht?
Im Laufe der Woche werden hier Bilder vom EuroCon online gehen.
|
|
|
|
|
| |
|
|
|
|
Artikel Bewertung
durchschnittliche Punktzahl: 5 Stimmen: 1
|
|
|
|
|
|