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  Interview: Im Gespräch mit: Markolf Hoffmann
Geschrieben am Thursday, 20.September. @ 18:33:59 CEST von Guido
 
 
  Interview Markolf Hoffmann, geboren 1975 in Braunschweig, studierte Literaturwissenschaft und Geschichte in Berlin und schreibt seit mehreren Jahren Romane, Erzählungen und Drehbücher. Mit dem Roman „Nebelriss“, dem ersten Teil der Fantasy-Reihe „Das Zeitalter der Wandlung“, erschien 2004 sein vielbeachtetes Debüt. Unsere Mitarbeiterin Christel Scheja hat zum Erscheinen des abschließenden Band der Reihe, „Splitternest“, mit dem Autor ein Interview geführt.

Wer ist Markolf Hoffmann? Möchten Sie sich unseren Lesern etwas ausführlicher vorstellen und etwas über sich erzählen?

Die lange oder die kurze Version? Am besten versuche ich es mit einem raschen Sturzflug durch mein Leben: geboren 1975 in Braunschweig, ab dem 13. Lebensjahr in Scheer an der Donau aufgewachsen (am Fuße der schwäbischen Alb), 1998 dann nach Berlin umgezogen. Hier lebe ich noch immer und habe bis vor kurzem Literaturwissenschaft und Geschichte studiert. Was meine literarische Entwicklung betrifft: geschrieben habe ich schon sehr früh, und nach einigen Erfolgen bei verschiedenen Ausschreibungen verfestigte sich mein Wunsch, das Schreiben zum Beruf zu machen. Außer dem Schreiben interessiere ich mich auch sehr für das Medium Film und drehe gelegentlich Kurzfilme (auch wenn ich in den letzten Jahren nicht dazu kam). Und ich bin passionierter Klavierspieler.

Wann sind Sie auf die Idee gekommen, den Zyklus um „Das Zeitalter der Wandlung“ zu schreiben und warum? Waren gleich mehrere Bände geplant, und wenn ja wie viele?

Die Grundidee basiert auf einem älteren Manuskript, das ich noch zu Schulzeiten geschrieben habe. Ich hatte es lange Zeit weggelegt, doch so ganz ließ mich die Geschichte nie los, und so habe ich im Jahr 2000 begonnen, sie komplett neu zu schreiben. Von dem alten Entwurf sind dabei nur einige wenige Motive und Personen – etwa Akendor, der fragwürdige Kaiser von Sithar, und Inthara, die Königin der Arphater – übriggeblieben. „Das Zeitalter der Wandlung“ hat sich vielmehr in eine ganz andere Richtung weiterentwickelt.

Wenn man die Entwicklung vom ersten bis zum letzten Teil betrachtet, so hat sich tatsächlich seit Nebelriss sehr viel getan. Das Zeitalter der Wandlung hat tatsächlich vieles verändert. War das alles von Anfang an geplant oder haben sich gewisse Aspekte noch später beim Schreiben ergeben?

Der Rahmen stand von Anbeginn fest – der Konflikt zwischen Mondschlund und Sternengänger, das Schicksal der Welt Gharax und die Rollen der drei Hauptcharaktere Baniter, Laghanos und Nhordukael, die ja verschiedene Wege verkörpern, mit einem solchen Zeitalter der Wandlung umzugehen.
Aber natürlich hat sich beim Schreiben einiges verändert, in vielen Punkten hat die Geschichte eine Eigendynamik entwickelt. Personen, die ursprünglich nur als Nebenfiguren eingeplant waren, bekamen einen größeren Anteil an der Geschichte als ursprünglich geplant (etwa Aelarian und Cornbrunn), andere traten stark in den Hintergrund (etwa der Rebell Cercinor, der allerdings in „Splitternest“ wieder seinen Auftritt hat). Es ist faszinierend, wie ein solches Romanprojekt beim Schreiben zum Leben erwacht, sich manchmal eigene Pfade sucht – und doch immer wieder zum Kern der Geschichte zurückfindet. Denn das Ende stand von Anfang an fest – nur der Weg dorthin hat sich oft anders verzweigt, als ich es mir gedacht hatte.
Was sich natürlich auch im Lauf der Jahre verändert hat, ist der Autor. Als ich „Nebelriss“ schrieb, war ich 25, „Splitternest“ habe ich hingegen mit 31 Jahren beendet. Natürlich bin ich im Lauf der Zeit gereift, und mein Stil hat sich sicher verändert. Dies war mir allerdings von Anfang an bewusst, weshalb ich jedem Roman eine eigene Grundstimmung verleihen wollte. Ich habe also selbst ein „Zeitalter der Wandlung“ durchgemacht und dabei viele Erfahrungen gesammelt.

Nun ist der Zyklus ja abgeschlossen. Wenn Sie auf die vergangenen Jahre und die vier Bände zurückblicken - welches waren die nachhaltigsten Erlebnisse während der Arbeit an den Romanen und welche Teile betrachten Sie als Höhepunkt der Serie?

Eine interessante Frage ... vielleicht hätte ich eine Art Romantagebuch führen sollen. Es waren in der Tat sehr intensive Jahre für mich, die einerseits durch den unerwarteten Romanerfolg geprägt waren, andererseits durch mein Studium, das ich parallel weiterverfolgt habe. Nun habe ich diese beiden „Großbaustellen“ abgeschlossen und blicke mit Stolz auf das „Zeitalter der Wandlung“ zurück.
Es gab Phasen des intensiven Schreibens, des absoluten Versinkens in die Handlung, und Phasen des Ringens mit der Handlung und mit einzelnen Figuren, etwa dem Jungen Laghanos, dessen Kapitel stets die Schwierigsten waren. Es gab Rückschläge, darunter eine längere Krankheit und der plötzliche Tod meiner Großmutter, die meine Arbeit am Manuskript erschwert haben, und Höhenflüge, etwa eine Probelesung der Kneipenszenen aus der „Roten Kordel“ vor Freunden, stilecht am Hafenbecken des Berliner Westhafens, und aufbauende Emails begeisterter Leser. Eines kann ich nach Abschluss der Reihe mit Sicherheit sagen: ein mehrbändiges Projekt nimmt einen tatsächlich in Beschlag und lässt einen nicht los, es begleitetet einen sogar bis in die Träume.
Und die Höhepunkte innerhalb der Reihe? Ich denke, jeder der Romane hat seinen Reiz. „Nebelriss“ war wild und sperrig, da er den Leser in eine komplexe Handlung wirft, deren Ausmaß sich wohl erst am Ende des Buchs erkennen lässt. „Flammenbucht“ war dann heller und ruhiger, die Spannung baut sich langsam auf, um am Ende in heftige Szenen zu münden – hier bin ich auf den Handlungsbogen besonders stolz. „Schattenbruch“ war dann der bizarrste und vielleicht schwierigste Band, da hier die Hintergründe aufgedeckt werden und die Widersacher der Menschen ihrer Masken beraubt werden.
Und „Splitternest“ schildert das geräuschvolle, gnadenlosen Zerbersten des Trugbilds, welches die Zauberer Mondschlund und Sternengänger im Lauf der Jahrhunderte aufgebaut habe ... ich denke, hier ist mir ist die Darstellung von Verzweiflung und Wahn der betrogenen Menschen sehr gut gelungen. Überhaupt bin ich auf den Abschlussband stolz, denn er bringt die Geschichte zu einem fulminanten und runden Ende, das für eine Fantasy-Reihe sicher ungewöhnlich ist.

Werden Sie noch einmal auf die Welt zurückkehren oder ist die Saga nun ein für alle Mal abgeschlossen. Und überlassen Sie die überlebenden Figuren ihrem Schicksal?

Da ich für meine Webseite jeweils eine Vorgeschichte zu jedem Roman verfasst habe und eine noch fehlt – nämlich jene zu „Schattenbruch“ – werde ich diese in nicht allzu ferner Zukunft verfassen, für die treuen Fans des „Zeitalter der Wandlung“. Doch die Geschichte selbst ist abgeschlossen. Das Schicksal der Welt Gharax liegt nun in den Händen der Überlebenden und soll der Phantasie der Leser überlassen werden. Einen fünften Band wird es nicht geben. Es wird Zeit, sich neuen Welten, neuen Romanen und Abenteuern anzunehmen.

Inwiefern haben ihr Studium oder ihr Hobby Einfluss auf den Zyklus?

Vor allem mein Geschichtsstudium hat sicherlich Spuren hinterlassen, etwa bei der Entwicklung der Legenden von Gharax, die ja für die Handlung von großer Bedeutung sind. Man könnte sogar sagen, dass „Das Zeitalter der Wandlung“ eine Auseinandersetzung mit der literarischen Form der Legende ist – ihre Entstehung, ihre Rezeption, aber auch ihre Möglichkeit zur Manipulation.
Das macht ja auch der Prolog von „Splitternest“ deutlich, in der ich die Legende des Eisriesen Suuls erzähle. Was die Hobbys betrifft: als Kinobesucher und gelegentlicher Kurzfilmer achte ich beim Schreiben sehr auf die Kulisse, um beim Leser visuelle Assoziationen hervorzurufen. Die Dialoglastigkeit der Romane lässt sich wiederum auf meine Theaterleidenschaft zurückführen, der ich in Berlin dank der vielen hervorragenden Bühnen nachgehen kann.

Was hat ihnen beim Schreiben besonderen Spaß gemacht? Liegt es ihnen mehr, den politischen Zerfall der Welt Gharax zu schildern oder die Mission der Goldéi? Oder dem was wirklich dahinter steckt?

Ein Grundgedanke des „Zeitalters der Wandlung“ war es, die gesellschaftlichen, politischen und persönlichen Folgen aufzuzeigen, die eine Katastrophe wie die goldéische Invasion auslöst. Die tatsächliche Eroberung und Zerstörung durch die Goldéi wird hingegen nur am Rande geschildert. „Das Zeitalter der Wandlung“ berichtet vielmehr von einer Umbruchszeit, die das gesamte Leben von Gharax erfasst. Die Schlachten treten zugunsten einzelner Schicksale in den Hintergrund – und diese Schicksale sind wiederum eng mit jenem der Welt Gharax verknüpft.

Welche Szenen gefallen ihnen am besten und welche Figuren aus ihren Romanen liegen ihnen am meisten am Herzen?

Natürlich gibt es in jedem Buch Lieblingsszenen von mir, etwa in „Nebelriss“ die Begegnung zwischen Fürst Baniter und Königin Inthara im Aru-Amaneth, einer prachtvollen Gartenanlage, in der die erotische Spannung zwischen den beiden Figuren die Luft zum Knistern bringt. In „Flammenbucht“ waren es die Szenen in der „Roten Kordel“, einer Kaschemme voll trinkfreudiger Fischer – hier habe ich mich von diversen Eckkneipen von Berlin-Neukölln inspirieren lassen. In „Schattenbruch“ hat es mir besonders viel Freude gemacht, den titelgebenden Handlungsort zu beschreiben - eine verfallene Parkanlage samt ihres geheimnisvollen Bewohners, des Schattenspielers. Und in „Splitternest“ konnte ich die alptraumhafte Stimmung der Stadt Gehani, als der Wahn der Bathaquar-Sekte offenbar wird, starken Bildern einfangen und so ein wichtiges Thema der Reihe, die Macht der Religion, betonen.
Was die Figuren betrifft, schätze ich vor allem die Hauptfigur Baniter Geneder, auch wenn ich mir selbst nicht ganz sicher bin, ob ich diesen intriganten Kerl nun mögen oder hassen soll. Aber auch der ehemalige Priester Nhordukael und die zwei Troublinier Aelarian Trurac und Cornbrunn liegen mir sehr am Herzen.

Welche zusätzlichen Informationen bieten sie interessierten Lesern auf Ihrer Internetseite www.nebelriss.de?

Erst einmal natürlich alle Neuigkeiten über die Reihe, Lesungstermine und allgemeine Informationen. Darüber hinaus habe ich aber für „Nebelriss“, „Flammenbucht“ und „Splitternest“ Vorgeschichten geschrieben, die als PDF-Download angeboten werden. („Schattenbruch“ wird eines Tages folgen, wenn mich die Muse küsst.)
Außerdem findet der Besucher zahlreiche Beiträge zur Geschichte und Geographie der Welt Gharax, zu den magischen Quellen und den Ursprüngen der Magie. Für alle, die sich weiter in „Das Zeitalter der Wandlung“ vertiefen möchten, bietet die Webseite also einiges.

Welche literarischen, historischen oder mythischen Quellen haben sie beim Schreiben inspiriert? Lassen Sie eigene Erfahrungen und Erlebnisse einfließen?

Eigene Erfahrungen und Erlebnisse fließen wohl eher unbewusst in die Romane ein … wobei ich in „Schattenbruch“ eine Nebenfigur als Karikatur eines guten Freundes angelehnt habe. Auf seinen eigenen Wunsch, möchte ich ausdrücklich betonen. Auf jeden Fall war diese Übertragung einer realen Person in eine Fantasywelt äußerst spaßig. Ich hoffe, er findet es genauso spaßig, wenn er in „Splitternest“ erfährt, was seiner Figur widerfährt …
Ansonsten habe ich für die Konzeption der Stadt Vara einige architekturtheoretische Texte gelesen, da mich das Thema der Stadt in der Fantasy zur Zeit sehr interessiert. Nicht ohne Grund spielen etliche Fantasyromane der letzten Zeit vor urbanem Hintergrund, etwa China Miévilles „Perdido Street Station“ oder Jeff Vandermeers „Stadt der Heiligen und Verrückten“. Eine interessante Entwicklung, die sich in den kommenden Jahren sicher noch fortsetzen wird.

Welche Projekte möchten Sie in Angriff nehmen, nachdem das „Das Zeitalter der Wandlung“ abgeschlossen ist? Haben Sie einen literarischen Traum?

Ich habe mehrere Ideen, doch welche ich davon in Angriff nehme, wird sich noch zeigen. Auf jeden Fall will ich nicht ausschließlich Fantasy schreiben … wobei zur Zeit in meinem Kopf ein aufregendes neues Fantasy-Projekt reift. Ich habe, wie wohl die meisten Schriftsteller, unzählige solcher Träume von möglichen Romanen und Erzählungen. Auch fände ich es reizvoll, mal wieder ein Theaterstück zu schreiben, wie ich es in meiner Jugend des Öfteren gemacht habe – und dieses Stück eines Tages auf der Bühne zu sehen.

Mit welchen Themen würden Sie sich am liebsten beschäftigen?

Es gibt einige historische Epochen, die ich gerne literarisch erkunden würde, zum Beispiel die Spätantike. Überhaupt erscheint mir der historische Roman als ein sehr reizvolles Genre, zumal es dem phantastischen eng verwandt ist. Aber auch die Gegenwart reizt mich, ist unsere Welt doch dunkler und phantastischer, als eine erdachte es je sein könnte.

Wie beurteilen sie die derzeitige Situation der deutschen Fantasy? Und was wünschen Sie dieser für die Zukunft?

Ich beobachte mit großer Freude die gesteigerte Aufmerksamkeit, die Fantasy bei Lesern, Verlegern und Autoren genießt. Gerade in Deutschland gibt es ja geradezu einen Boom, und einzelne Autoren feiern mit ihren Romanen riesige Erfolge. Dadurch ergibt sich eine Chance für neue Autoren, mit innovativen Fantasy-Konzepten ihr Publikum zu finden.
Ich selbst stehe mit mehreren Autoren der Phantastik in regem Kontakt und freue mich über diesen Austausch, denn so durchbricht man die gläserne Wand des Schreibtischs, hinter der ein Autor allzu oft sitzt. Und für die Zukunft wünsche ich der Szene noch etwas mehr Mut, sich mit ungewöhnlichen Konzepten zu befassen und Fantasyklischees aufzubrechen. Nur so lässt sich dem Genre neuer Schub verleihen, der es auch in den kommenden Jahren voranträgt.

Wir bedanken uns für das freundliche Gespräch und wünschen Ihnen für die Zukunft alles Gute und weiterhin viel Erfolg!

Christel Schejas Rezension zu Markolf Hoffmanns "Splitternest" ist hier zu finden.
 
 
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