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  Interview: Im Gespräch mit: Heide S. Göttner
Geschrieben am Saturday, 17.June. @ 12:16:06 CEST von Guido
 
 
  Interview Heide S. Göttner, geboren 1969 in München, wuchs teils in einem Münchner Vorort und teils auf einem Bauernhof im Bayerischen Wald auf. Schon als Kind liebte sie Feensagen und Rittergeschichten und entdeckte neben vielen anderen Büchern auch die Phantastische Literatur. Sie war schnell begeistert von der Idee, selbst magische Welten zu erfinden. Sie studierte Anglistik und Amerikanistik. Besonders interessierte sie, wie Mythologie und Weltanschauung anderer Kulturen (z.B. Nordamerika und Afrika) sich mit der westlichen Literatur verschränken. Ihre Magisterarbeit schrieb sie über die „Inszenierung der Yoruba-Mythologie in den Dramen Wole Soyinkas“. Seit 1997 arbeitet sie als Dozentin für Englisch und Deutsch als Fremdsprache und schreibt. Anlässlich der Veröffentlichung des ersten Bandes ihrer „Insel der Stürme“-Trilogie sprach unser Mitarbeiter Carsten Kuhr mit der Autorin.

Hallo Frau Göttner. Können Sie sich vorab unseren Lesern kurz einmal selbst vorstellen - was macht Frau Göttner, wenn sie nicht schreibt?

Nach einem Tag am Computer brauche ich einen Ausgleich, der mich wieder auf den Boden holt. Ich koche gern und liebe ausgedehnte Abendessen bei Kerzenlicht und gutem Wein. Wenn ich abschalten will, ziehe ich mit dem Hund (oder wahlweise mit dem Rad – der Hund ist schon älter) durch den Wald. Grün ist ganz wichtig, in der Natur kommen mir oft die besten Ideen. Außerdem reise ich gerne und lerne neue Leute und Landschaften kennen. Seit meinem Studium arbeite ich als Sprachlehrerin (Englisch und Deutsch) für Erwachsene. Davor war ich Sekretärin in einer Dachdeckerfirma – ein gutes Kontrastprogramm zu meiner sehr theoretischen Ausbildung!

Mit Ihrem Roman „Die Priesterin der Türme“, der vor kurzem bei Piper herauskam, taucht Ihr Name für mich überraschend das erste Mal im Phantastischen Bereich auf. Haben Sie schon früher phantastische Stoffe verfasst und veröffentlicht, was reizt Sie an dem Genre des Fantasy-Romans? Wer sind Ihre Vorbilder? Was lesen Sie selbst gerne?

Ich habe schon die tollen Kinder- und Jugendbücher geliebt, die sich mit phantastischen Stoffen beschäftigen, z.B. Michael Ende, „Die Brüder Löwenherz“ oder „König Arthur“ von Käthe Recheis. Als ich 15 war, fielen mir Autorinnen wie C.J. Cherryh und Ursula K. LeGuin in die Hände und ich verstand zum ersten Mal, was das Genre Fantasy so besonders macht: Man kann sich eine völlig neue Welt erschaffen, mit eigener Geschichte, eigener Kultur und Figuren, die von dieser Umgebung geprägt sind. Das fand ich spannend. Außerdem steht bei Fantasy eine Frage im Zentrum, die mich schon lange beschäftigt: Was ist Magie? Im Laufe der Zeit habe ich mir dann einige plots ausgedacht. Richtig ausgereift war aber erst „Die Priesterin der Türme“. Deshalb ist das Buch meine erste Veröffentlichung im Bereich Fantasy.

Sie haben das Kunstwerk fertig gebracht, gleich mit Ihrem ersten Fantasywerk die Weihen des Hardcovers eines großen Publikumsverlages zu genießen. Können Sie uns berichten, wie es zum Kontakt mit Piper kam? Hatten Sie den Roman - und seine projektierten beiden Fortsetzungen - fertig in der Schublade? Mussten Sie das Werk im Lektorat noch überarbeiten?

Ich habe immer das fertige Manuskript an die Verlage geschickt, mit einem Exposé zu den beiden Folgebänden. Die Trilogie „Insel der Stürme“ hängt inhaltlich stark zusammen, es ist eine Geschichte in drei Büchern und deshalb habe ich immer das ganze Projekt vorgestellt. Bei Piper hatte ich dann das große Glück, von meiner Lektorin Friedel Wahren unter den Stapeln unverlangt eingesandter Manuskripte entdeckt zu werden. In der Zwischenzeit hatte ich das Buch nochmals überarbeitet und auch die neue Version hat den Verlag überzeugt. Im Lektorat ging es dann vor allem um einzelne Szenen und sprachliche Feinheiten. Für mich war diese intensive Arbeit am Buch eine wichtige Erfahrung. Es lohnt sich auf jeden Fall, über einen Text nochmals nachzudenken, auch wenn man schon hundertmal der Ansicht war: Eigentlich bin ich fertig.

War Ihnen von Beginn an klar, dass die Geschichte sich nicht in einem Roman erzählen lassen würde, dass eine Trilogie darauf gewartet hat geschrieben zu werden?

Ich habe den Roman von Anfang an als Trilogie konzipiert, weil diese Einteilung in der Fantasy schon lange Tradition hat. Als Autor ist man auf die Großform eingestellt – auch weil die Leser dicke Bücher lieben. Durch den Umfang bietet sich die Möglichkeit, die phantastische Welt mit allen Einzelheiten und Hintergründen zu präsentieren und die Entwicklung der Charaktere ausführlich darzustellen. Ich mag diese umfangreichen Geschichten. Ursprünglich habe ich angefangen zu schreiben, weil mir viele Bücher einfach zu schnell zu Ende waren.

In einem Markt, der von tolkienesquen Nachahmern förmlich überquillt erzählen Sie eine etwas andere, zunächst sehr ruhig und bedächtige beginnende, dann aber schicksalsträchtige Story. Was wollten Sie anders, vielleicht besser machen, als die anderen Autoren?

Ich wollte einfach eine neue Geschichte erzählen, in einem anderem setting als der mittelalterlichen Kulisse. Ich beschäftige mich viel mit anderen Kulturen. So haben z.B. Mythen aus Nordamerika und Feensagen von Sardinien mein Buch beeinflusst. Da lag es nahe, meiner Inselwelt einen ganz eigenen Charakter zu geben. Viele Autoren führen den Leser ein gutes Stück in der Zeit zurück, wenn man z.B. an Wolfgang Hohlbeins „Himmelsscheibe“ denkt oder auch an die „Ayla“-Bände.

Im Roman berichten Sie uns - ein wenig versteckt - von der Vertreibung der Ureinwohner der Insel. Felsbildmalereien, eine Nomadenkultur - standen hier vielleicht die nordamerikanischen Indianer ein wenig Pate?

Solche Vertreibungen hat es in der Geschichte immer wieder gegeben und auch die neuen Einwohner eines Landes waren vor Überfällen und Eroberungen nicht sicher. Es gibt also nicht einen Paten für die Nraurn, sondern viele! Das wilde Ziegenvolk ist der Gegenspieler zu den Menschen. Ich wollte die Bösen in meinem Roman nicht einfach nur böse machen, sondern ihnen auch ein Motiv für ihre Feindseligkeit geben. Deshalb hat das Ziegenvolk eine eigene Kultur und Geschichte.

Der erste Band der Trilogie ist wiederum in drei Abschnitte unterteilt. Warum diese Untergliederung? Ich hatte bei der Lektüre ein wenig den Eindruck, dass in jedem der drei Abschnitte eine andere Person ins Zentrum unserer Wahrnehmung rückt. Während im ersten Teil Amra im Mittelpunkt steht, beherrscht später der erste Krieger Gorun, zum Schluss Jemren. Stimmt das?

Ja, das ist richtig. „Die Priesterin der Türme“ wird von den drei erwachsenen Hauptfiguren erzählt. Jede Figur übernimmt einen anderen Teil der Geschichte und jede Figur sieht die Ereignisse, sich selbst und die anderen Charaktere in einem ganz speziellen Licht. Das ist wichtig, denn der Konflikt im Buch dreht sich um die falsche Interpretation von Magie und um Feindschaften, die im Grunde sinnlos sind. Durch die Dreiteilung bekommt der Leser viel mehr Einblick als die Figuren selbst und weiß, wo sie sich irren – das macht die Sache spannend.

Ohne zu viel vom Inhalt verraten zu wollen - eigentliche Hauptperson, wenn auch nicht Erzähler ist ein verlorenes Kind Lillia. Wie kamen Sie auf Ihre Geschichte, wo haben Sie sich inspirieren lassen?

Fantasy-Geschichten drehen oft um ein Ding der Macht – einen Ring, ein Schwert, einen Stab mit magischen Kräften. Das ist bei mir nicht anders – auch wenn sich die Magie in einer Weise zeigt, die die Figuren (besonders einen Krieger wie Gorun) vor ungeahnte Schwierigkeiten stellt. Inspiriert haben mich, wie schon gesagt, nicht nur viele Fantasy-Romane, sondern auch Märchen und Sagen. Auf Sardinien gibt es die sogenannten domus de janas. Übersetzt bedeutet das „Feenhäuser“ – und als Fantasy-Autorin fragt man sich natürlich sofort, woher die kleinen Höhlen ihren Namen haben. Plötzlich hatte ein wunderbares setting vor mir – die Insel im Mittelmeer mit den Nuragen, großartigen Steintürme aus der Bronzezeit, und eben den geheimnisvollen Feenhäusern.

Ein Roman fordert immer auch vorab eine gewisse Struktur. Die Lebewesen, der Schauplatz der Handlung und der Plot selbst müssen geplant und entworfen werden. Wie war das bei Ihnen -haben Sie vorab ein ausführliches Exposee gemacht?

Ja, ich plane den Roman bzw. die ganze Trilogie im Voraus. Ich überlege mir den plot oft vom Ende her und mache mir auch schon mal eine Einteilung, welches Ereignis wann kommen sollte. Erst wenn ich die Lösung kenne, kann ich die Geschichte erzählen. Beim Schreiben kommen mir dann allerdings so viele neue Ideen, dass das schöne Konzept völlig umsonst ist. Ich überarbeite den Text also ziemlich oft und gehöre deshalb bestimmt nicht zu den Schnellschreibern der Fantasy!

Sie berichten uns von einem Land und den Menschen, die von einer künstlichen Grenze geteilt wird. Das weckt Erinnerungen an die Mauer, oder die undurchdringlichen Grenzen Koreas. Hat Ihr Werk eine vielleicht indirekte Beziehung zu diesen realen Grenzsituationen?

Natürlich prägen das Land, in dem man aufwächst, und die weltpolitischen Ereignisse das eigene Denken und Fühlen. Trotzdem würde ich nicht sagen, mein Roman bezieht sich auf reale Gegebenheiten. Ein Buch über die Teilung Koreas oder über die Mauer sollte sicher eine ganz andere Form haben, um den Menschen gerecht zu werden, die solche Umstände erlebt haben. „Die Priesterin der Türme“ ist ausdrücklich Fantasy und das Genre verlangt, dass man eine noch nie dagewesene Welt erschafft. Die Grenze auf der Insel erklärt sich aus der Geschichte selbst. Vielleicht ist sie ein Symbol dafür, wie schwer es den Hauptfiguren fällt, ihre alten Vorstellungen loszulassen und aufeinander zuzugehen. Und ich verspreche: Im zweiten Buch erfährt der Leser mehr!

Während andere Autoren sich Kontinente, oder ganze Welten für Ihre Handlung ausdenken, nutzen Sie nur einen ganz kleinen Teil Ihrer Welt - eine Insel - als Schauplatz. Haben Sie eine besondere Beziehung zu den überschaubareren Inseln - wobei Ihre Insel ja mannigfaltige Vegetationsgürtel aufweist?

Mein Lebensgefährte ist Sarde und in unserem Hausflur hängt ein großes Satellitenfoto von der Insel. Wenn man da dreimal am Tag vorbeiläuft, setzt sich so ein Bild schon im Kopf fest. Ich finde Inselwelten gerade wegen ihrer Abgeschiedenheit spannend. Durch die Isolation mitten im Meer haben sich Besonderheiten erhalten, die es auf dem Festland oft nicht mehr gibt. Von der isländischen Hauptstadt Reykjavik gibt es eine Karte, in der die Wohnstätten von Feen, Trollen, Elfen usw. eingezeichnet sind. Wenn man dort eine neue Straße baut und ein Fels ist im Weg, in dem solche Wesen leben, dann wird eben die Straße umgelegt – und nicht der Fels! Solche Berichte sind für Fantasy-Autoren natürlich ein gefundenes Fressen.
Dass mein Roman ausschließlich auf einer Insel spielt, hat aber noch einen anderen Grund. Die Hauptfiguren kommen aus zwei Welten, die sich sehr unterschiedlich entwickelt haben, weil sie lange Zeit voneinander getrennt waren. Die Isolation ist also Absicht.

Werden wir einmal mehr von Ihrer Welt kennen lernen? Werden Sie nach dieser Trilogie vielleicht wenn nicht auf die Insel, dann auf die Welt literarisch zurückkehren?

Ob sich an die Trilogie weitere Bände anschließen, weiß ich im Augenblick selbst noch nicht. Ideen gibt es jedenfalls genug, auch für Projekte, die den Leser auf ganz andere Reisen mitnehmen.

Haben Sie ganz herzlichen Dank, dass Sie sich für uns Zeit genommen haben. Wir wünschen Ihnen und Ihrem Hause für die Zukunft alles Gute!

Vielen Dank!


Christel Schejas Rezension zur „Die Insel der Stürme 1: Die Priesterin der Türme“ ist hier zu finden.
 
 
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