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  Interview: IM GESPRÄCH MIT: ANDREAS BRANDHORST!
Geschrieben am Wednesday, 21.December. @ 17:57:40 CET von Guido
 
 
  Interview
Andreas Brandhorst wurde 1956 in Sielhort, Kreis Minden-Lübbecke geboren. Nach einer kaufmännischen Ausbildung macht er schon bald sein Hobby zum Beruf. 1975 verkaufte er sein erstes Manuskript an den Zauberkreis Verlag, Veröffentlichungen in der „Terra Astra“-Reihe von Moewig folgten, bevor er unter dem Pseudonym Andreas Weiler zum „Terranauten“-Team stieß. Daneben veröffentlichte er bei allen großen Taschenbuchverlagen Fantasy- und SF-Romane, darunter vier zusammen mit Horst Pukallus. Jugendbücher bei Schneider und ein Hardcover im Corian Verlag folgten, bevor es etwas ruhiger um den Autor Andreas Brandhorst wurde. In den letzten Jahren verband man seinen Namen mit gelungenen Übersetzungen, wobei seine Übertragung des „Scheibenwelt“-Zyklus von Terry Pratchett dazu beigetragen hat, dass die Romane auch bei uns ihren überwältigenden Siegeszug antreten konnten. Unser Mitarbeiter Carsten Kuhr sprach mit dem Wahl-Italiener – auch und nicht zuletzt über seine kürzlich bei Heyne veröffentlichte „Kantaki“-Trilogie.

Hallo Andreas. Zunächst die unumgängliche Frage, was Du machst, wenn Du nicht an einem Text arbeitest – ich habe etwas von regelmäßigen Marathon-Läufen gehört?

Es ist nicht so, dass ich jeden Sonntag einen Marathon laufe, bisher sind es erst vier: zweimal Venedig, einmal Turin und einmal Wien. Aber ich laufe fast jeden Tag, bei jedem Wetter, eine Strecke von etwa 13 Kilometern, nicht nur, um mich in Form zu halten, sondern auch, um die Gedanken treiben zu lassen. Während der Körper zu tun hat, ist der Geist herrlich frei und kann über alles nachdenken.

Seit 1984 lebst Du, der Minne folgend, nun südlich der Alpen. Kennst Du die italienische Science Fiction-Szene, bist Du gar selbst dort aktiv? Die Frage nach Veröffentlichungen von Dir in italienisch – die Übersetzung könntest Du ja gleich selbst liefern – drängt sich auf.

Vor gut zwanzig Jahren hatte ich einige kurze Einblicke in die italienische SF-Szene, vor allem über den hier recht bekannten SF-Autor Renato Pestriniero, aber das hat sich dann schnell wieder gelegt. Heute habe ich praktisch keine Kontakte mehr zum hiesigen SF-Universum, unter anderem auch deshalb nicht, weil meine Kontaktpersonen ... gestorben sind, nicht durch Unfälle, sondern aus Altersgründen. Was Übersetzungen betrifft, kann ich nur dies sagen, Carsten: großer Irrtum. :-) Der Übersetzer muss immer jemand sein, der ein fremdsprachiges Werk in seine Muttersprache überträgt, und das Italienische ist nun einmal nicht meine Muttersprache. Noch heute, nach mehr als zwanzig Jahren, gibt es viele Schattierungen und Untertöne in der italienischen Sprache, die ich nur teilweise verstehe. Man muss mit so etwas aufwachsen.

In den 70er Jahren galtest Du als einer der vielversprechendsten jungen Autoren in Deutschland. In fast allen einschlägigen Reihen erschienen Bücher von Dir, dann wurde es mit einem Mal still um den Autor Andreas Brandhorst. Lag das nur am Seriensterben und dem Niedergang der phantastischen Literatur, der auch dazu führte, dass Autoren heimatlicher Zunge plötzlich nichts mehr galten?

Es lag vor allem daran, dass ich zu jener Zeit zum zweiten Mal geheiratet habe, eine Italienerin, mit der ich von Deutschland nach Italien übergesiedelt bin. Bald kamen zwei Kinder hinzu, und die familiäre Verantwortung erforderte ein sicheres Einkommen, weshalb ich mich damals hauptsächlich aufs Übersetzen verlegt habe. Das eigene Schreiben wurde weniger, hörte aber nie ganz auf. In jener Zeit entstanden einige Romane, von denen die heutige SF-Szene vielleicht gar nichts weiß, so zum Beispiel sechs Geschichten um den Delphin Flipper (Bertelsmann, Autor: Andy Brand).

Gerade in der Anfangsphase Deiner Autorentätigkeit hast Du insgesamt vier Romane mit einem anderen Autor zusammen verfasst. Warum, und wie lief die Zusammenarbeit zwischen Horst und Dir damals ab, lag Dir persönlich die Aufteilung, ist man als alleiniger Autor nicht unabhängiger?

Warum haben Horst Pukallus und ich damals vier Romane zusammen geschrieben? Ich glaube, die Antwort lautet schlicht: jeweils halbe Arbeit und halbes Risiko. Wir haben die Romane damals gründlich besprochen, und dann habe ich jeweils die erste Hälfte geschrieben und Horst die zweite. Inzwischen sind fast dreißig Jahre vergangen, und inzwischen sehe ich die Dinge aus einem anderen Blickwinkel. Heute finde ich es viel angenehmer, einen Roman ganz allein zu planen, zu entwickeln und zu schreiben.

Die „Terranauten“ darf in unserer kurzen Reminiszenz an die Vergangenheit nicht fehlen. Wie kamst Du zu der Serie – Du bist ja erst relativ spät eingestiegen – lag Dir das Schreiben nach einem vorgegebenen Exposé, inwieweit konntest Du inhaltlich überhaupt Einfluss nehmen?

Falsch vermutet, Carsten: Ich war bei den „Terranauten“ von Anfang an dabei und habe schon an Autorenbesprechungen teilgenommen, als der erste Band noch nicht geschrieben war. Die Entwicklung führte dann dazu, dass mein erster Band relativ spät erschien. Auch gab es damals keine vorgegebenen Exposés in dem Sinne. Wir haben unsere Exposés praktisch selbst geschrieben, nach Autorenkonferenzen im Verlag, bei denen wir uns auf die allgemeine Richtung einigten. Das war ja das Angenehme bei den „Terranauten“: Wir waren ein echtes Team. Jeder konnte seine Ideen frei einbringen und realisieren, natürlich im vorher abgesprochenen Handlungsrahmen.

Du hast nach der Einstellung der Heftserie dann noch diverse „Terranauten“-Taschenbücher quasi nachgereicht – waren das fertige Manuskripte, die in Deiner Schublade auf ihre Veröffentlichung gewartet haben, oder hast Du die Romane extra für die Taschenbuch-Publikation verfasst?

Nein, es waren keine fertigen Manuskripte, sondern Romane, die ich ganz speziell für die Taschenbuch-Reihe geschrieben habe. Teilweise habe ich dabei auf Themen aus der Heftroman-Planung bis etwa Band 150 zurückgegriffen, zum Beispiel die Sache mit dem Weißen Stern.

Wir haben es schon vorhin angesprochen – nach einer sehr produktiven Autorenphase wurde es diesbezüglich doch relativ ruhig um Andreas Brandhorst. Statt dessen sah man Deinen Namen häufig versteckt im Inneren des Buches als Übersetzer. Was bedeutet für Dich das Übersetzen, das ja eigentlich ein Neuschaffen eines Werkes in einer anderen Sprache ist?

Das hast du schön gesagt, Carsten, und genau so ist es: Ein guter Übersetzer überträgt das Original nicht nur in seine Muttersprache, sondern schafft es gewissermaßen neu, als wäre es ursprünglich in seiner Muttersprache geschrieben. Es ist kein mechanischer, sondern ein höchst kreativer Vorgang, der sehr viel Spaß machen und sehr lehrreich sein kann, wenn der zu übersetzende Roman gut ist. Wenn es sich um ein schlechtes Buch handelt, wird die ganze Sache oft zu geistiger Akrobatik und Hirnzermarterung – wenn man versucht, aus dem schlechten wenn nicht ein gutes, so doch noch ein einigermaßen lesbares Buch zu machen. Der Übersetzer ist mehr als nur ein Übersetzer. Er ist auch Autor, Lektor und Redakteur.

Stört es Dich, dass die Übersetzer so wenig Anerkennung finden – meist muss man deren Namen ja irgendwo im Kleingedruckten suchen?

Schade ist es schon, denn ich weiß ja, wie sehr ich mich beim Übersetzen um gute Arbeit bemühe, von der dann vor allem der Autor profitiert. Aber inzwischen habe ich mich daran gewöhnt. Ganz ohne Befriedigung ist meine Tätigkeit als Übersetzer aber nicht, denn beide, der Autor und der Übersetzer, machen dies: Sie schreiben, wenn auch auf einem unterschiedlichen Niveau. Ich versuche, beim Übersetzen ebenso kreativ zu sein wie bei meinen eigenen Werken.

Hast Du direkten Kontakt zu den Autoren, deren Bücher Du übersetzt? Manches Mal ist es doch sicherlich hilfreich, wenn man direkt nachfragen kann, wie der Autor eine Phrase gemeint hat? Ich weiß, dass manche englischsprachigen Autoren den Kontakt zu ihren Übersetzern suchen, andere dagegen interessiert es gar nicht, wer ihre Bücher übersetzt.

Direkten Kontakt hatte und habe ich nur mit einem Autor: Terry Pratchett. Und es stimmt: Manchmal ist es nützlich, wenn man nachfragen kann, wie eine bestimmte Stelle im Buch gemeint ist usw. Aber heute ist das nicht mehr so wichtig wie noch vor fünfzehn oder zwanzig Jahren. Heute gibt es das Internet, die größte Bibliothek der Welt, in der man alle Informationen findet, die man braucht.

Du hast ganz unterschiedliche Werke übertragen. Neben David Brins „Copy“ (Heyne) und „Star Wars“-Romanen betreust Du schon seit Jahrzehnten die Scheibenwelt-Serie von Terry Pratchett. Was liegt Dir selbst am meisten – intelligente Fantasy á lá Pratchett – Peng-Peng im Weltraum wie „Star Wars“? Wie lange brauchst Du so im Schnitt für die Übersetzung eines Buches?

Am liebsten übersetze ich intelligente, gute Romane, denn dabei kann der Autor Andreas Brandhorst am meisten lernen. :-) David Brins „Kiln People“ (dt. „Copy“) war eine große Herausforderung für mich, aber ohne Herausforderungen wächst man nicht – solche Übersetzungen sind mir auf jeden Fall lieber als irgendein lieblos und inkompetent geschriebener Roman, bei dem man die Hälfte neu schreiben muss, damit er lesbar wird. Auch Terry Pratchett ist eine stetige Herausforderung, dazu bei der nächsten Frage mehr. Wie lange ich für eine Übersetzung brauche, hängt natürlich von Länge und Niveau des Romans ab. So absurd das klingen mag: Ein guter Roman lässt sich manchmal schneller übersetzen als ein schlechter – weil der Autor nämlich den größten Teil der Denkarbeit erledigt hat und man „nur“ noch versuchen muss, für seine Worte möglichst passende deutsche Entsprechungen zu finden. Ein schlechter Roman lässt sich oft so, wie er geschrieben ist, nicht ins Deutsche übertragen. Man muss besser Formulierungen finden, Fehler korrigieren usw., und das kostet Zeit.

Gerade das Übersetzen der „Scheibenwel“t-Romane stelle ich mir sehr schwierig vor. Pratchett schreibt ja eigentlich immer zwei Romane in einem Buch – die vergnüglich zu lesenden Abenteuergeschichte und versteckt darin die oftmals beißende Gesellschaftskritik.

In Terry Pratchetts Büchern gibt es meistens gleich mehrere Bedeutungsebenen, die auch noch ineinander verschachtelt sind. Man kann seine Romane als hübsche Unterhaltung lesen, und ich denke, viele Leute machen das auch so. Aber man kann auch mit wesentlich höheren Ansprüchen darangehen und wird ebenfalls nicht enttäuscht. Er schreibt heute sehr tiefgründig. Das Hauptproblem beim Übersetzen sind aber nicht diese verschiedenen Ebenen, sondern Wortspiele und Anspielungen, die manchmal schlicht und einfach unübersetzbar sind. Ich versuche dann, deutsche Äquivalente zu finden, aber das ist nicht immer möglich. Es kann wirklich zu geistiger Akrobatik werden ...

Nach mehr als dreißig Büchern von Terry Pratchett – bekommt man da nicht irgendwann einmal einen Autor „satt“?

Nein, eigentlich nicht, zumal gerade Pratchett zu den besten Autoren zählt, die ich kenne. Man muss dabei auch berücksichtigen, dass diese dreißig Bücher einen Zeitraum von etwa zwei Jahrzehnten betreffen. Anderthalb Pratchett-Bücher im Jahr, das klingt schon nicht mehr so viel, oder?

Bekommst Du, wenn ein Buch als Hörbuch vertont wird, oder bei Neuauflagen Tantiemen?

Oh, das wäre schön! Normalerweise bekommt der Übersetzer nur einmal Honorar, und damit hat es sich. ABER ... Wenn sich der Roman im Hardcover und anschließend im Taschenbuch besonders gut verkauft, und hier meine ich wirklich extrem gut, dann bekommt auch der Übersetzer noch einmal etwas Geld. Es gibt also, bei bestimmten Verträgen, eine Beteiligung am Verkauf, aber die macht sich erst bei sehr hohen Verkaufszahlen bemerkbar. Bisher ist mir das leider nur einige wenige Male passiert.

In den letzten zwei Jahren tauchte dann Dein Name im Heyne Verlag wieder auf dem Cover auf. Zwei Romane zu „Perry Rhodan“ sind erschienen, dazu deine erste „Kantaki“-Trilogie.
Wie kam es zu dem Kontakt mit „Perry Rhodan“? Hast Du Dich leicht in den Serienkosmos eingefunden und wird es weitere Gastromane aus Deiner Feder im Perryversum geben?


Zum Kontakt mit „Perry Rhodan“ kam es über Sascha Mamczak vom Heyne Verlage, als ich Oktober 2003 in München war. Ich hatte gerade den ersten „Kantaki“-Roman „Diamant“ fertig, und für Heyne stand das „Lemuria“-Projekt an. Sascha fragte mich, ob ich eventuell Interesse daran hätte, einen Band beizusteuern, und ich dachte mir: Warum nicht? Die Vorstellung, in die Welt einzutauchen, die mich als Jugendlicher so sehr begeistert hatte, reizte mich. Es war natürlich nicht leicht, mich im Perryversum zurechtzufinden, aber ich konnte immer auf die Hilfe von Frank Borsch zurückgreifen, der sogar hierher nach Italien kam, um mich zu besuchen – bei der Gelegenheit haben wir viele Dinge besprechen können. Ich sollte hinzufügen, dass mir das Exposé viele Freiheiten ließ, was die ganze Sache erleichterte. So konnte ich mir die Historie der Lemurer ganz allein ausdenken, ohne irgendwelche Vorgaben beachten zu müssen. In Hinsicht auf weitere Projekte steht derzeit noch nichts Konkretes an. Die Arbeit an „Die Trümmersphäre“ war enorm anstrengend, und daraufhin habe ich beschlossen, mir eine Auszeit zu nehmen und mich zunächst auf meine eigenen Romane zu konzentrieren. Das bedeutet aber nicht, dass es in Zukunft keine weiteren Beiträge für PR von mir geben wird.

Last but certainly not least “Kantaki”. Auf Deiner Homepage kann der interessierte Leser auf viel Hintergrundmaterial zu Deinem Universum zugreifen. Wie lange hast Du gebraucht, um Dein Universum, die Rassen und die Historie in denen Du dann Deine Romane ansiedelst zu entwerfen?

In „Diamant“ stecken, wenn man mehrere Überarbeitungen berücksichtigt, etwa anderthalb Jahre harte Arbeit. Ein Teil des „Gerüsts“ – das Universum und seine Völker – existierte schon vorher; ein anderer ist während des Schreibens hinzugekommen. Ich schätze, allein darin und in die Geschichte des „Kantaki“-Universums habe ich mehrere Monate investiert. Ein solcher Aufwand lohnt sich später, wenn man in weiteren Romanen darauf zurückgreifen kann. Je besser alles ausgearbeitet ist, desto schlüssiger und widerspruchsfreier lässt sich das neue Universum präsentieren. Ich schätze, das merkt auch der Leser.

Du hast Dir bei der Ausarbeitung große Mühe gegeben. Waren die Entwürfe von Frank Herbert („Dune“) oder Isaak Asimov („Foundation“), die ihre Romane ja auch in ein komplexes eigenes Universum einbetteten hier ein Vorbild? Und warum eine – moderne - Space Opera, und kein Cyberpunk oder ähnliches?

Nein, es gab keine Vorbilder in dem Sinn. Ich wollte und will „in die Tiefe“ gehen, mich mit Dingen beschäftigen, die mich interessieren, Romane schreiben, die ich gern gelesen hätte. Das ist vielleicht der Schlüssel: Ich schreibe die Romane in erster Linie für mich selbst und freue mich darüber, dass das möglich ist, dass ich keine Vorgaben beachten muss usw. Ich liebe es, an dem Leben meiner Protagonisten teilzunehmen (und das mache ich wirklich!), sie über Fragen nachdenken zu lassen, die auch mich beschäftigen, ihnen Gefühle zu geben, die auch mich bewegen. Eigentlich ist mir dies das Wichtigste: die Personen, die eine Art Ersatzleben für mich führen. Das ist das Schöne daran, Schriftsteller zu sein: Man wird zum Weltenschöpfer und ist nicht auf ein Leben beschränkt! :-) Ich empfinde das wirklich so. Warum kein Cyberspace? Ich mag einfach mehr das Exotische, Farbenprächtige, die weiten Horizonte einer Space Opera. Was aber nicht bedeutet, dass ich nicht auch mal etwas anderes schreiben werde. Mal sehen ...

Mit „Diamant“, dem „Metamorph“ und „Zeitkrieg“hast Du in einem Zeitraum von eineinhalb Jahren Deine erste „Kantaki“-Trilogie bei Heyne veröffentlicht. Wie kam es zum Kontakt mit Heyne – war die Trilogie schon fertig geschrieben, oder hast Du zunächst einen Abriss eingereicht, bevor das Okay kam?

Als Übersetzer arbeite ich seit vielen, vielen Jahren für Heyne und habe dadurch natürlich beste Kontakte. Exposés oder dergleichen habe ich nie eingereicht, und zwar ganz bewusst nicht: Ich wollte einfach „Diamant“ schreiben, so wie ich den Roman im Kopf hatte, ohne an irgendetwas gebunden zu sein. Als dann so etwa 250 Seiten fertig waren, habe ich sie Sascha Mamczak mit der Frage gegeben, ob er Interesse daran hätte. Das hatte er. Wir haben dann ausführlich darüber gesprochen, auch mit Rainer-Michael Rahn, der die Redaktion übernahm und mit dem ich seit mehr als zwei Jahrzehnten bestens zusammenarbeite – die Widmung ganz vorn in „Der Zeitkrieg“ hat er wirklich verdient. Von jenem Zeitpunkt an dauerte es aufgrund mehrerer Überarbeitungen, Erweiterungen und Streichungen noch etwa ein Jahr bis zur Fertigstellung von „Diamant“, und der Roman gefiel so gut, dass ich sofort grünes Licht für „Der Metamorph“ und „Der Zeitkrieg“ bekam.

Wer hat die prägnanten Titel ausgewählt, inwieweit konntest Du auf die äußere Gestaltung Einfluss nehmen (Titelbilder), musstest Du die Romane überarbeiten, und wie lange hast Du insgesamt an jedem Roman gefeilt?

Die Titel stammen von mir, und ich finde es schön, dass Sascha sie nicht geändert hat. Auf die äußere Gestaltung habe ich keinen Einfluss; das ist Sache des Verlages. Zu den Überarbeitungen habe ich eben schon etwas gesagt. Ohne Überarbeitungen geht es nicht. Niemand arbeitet so perfekt, dass die erste Fassung gleich die „final version“ ist. Das ist einfach unmöglich. Es gibt von jedem bisherigen „Kantaki“-Roman mehrere Versionen, jede davon eine Kreativitätsstufe über der anderen. „Diamant“ war besonders aufwändig, weil es das ganze Universum und den historischen Hintergrund zu entwickeln galt. Darauf konnte ich dann bei den beiden anderen Romanen zurückgreifen. Das Feilen am „Metamorph“ hat etwa zehn Monate gedauert, beim „Zeitkrieg“ wegen der größeren Komplexität fast ein Jahr. Ich arbeite heute sehr gründlich, und ich hoffe, das merkt man den Romanen auch an. :-)

Was wolltest Du besser, nein anders machen, als die großen Vorbilder?

Ehrlich gesagt, diese Frage habe ich mir beim Schreiben zu keinem Zeitpunkt gestellt. Es gab keine Vorbilder in dem Sinn, und daher auch nicht das Bestreben, etwa besser oder anders zu machen. Es ging mir darum, die Romane zu schreiben, die ich immer schreiben wollte, mit lebendigen Personen, das ist mir sehr wichtig. Und ich wollte mich über meine Protagonisten mit den Fragen befassen, die mich beschäftigen.

Du hast im ersten Roman einen nicht eben Sympathieträger ins Zentrum der Handlung gestellt. Sind nicht so stromlinienförmige Helden die interessanteren Protagonisten? Im Verlauf der Handlung wandelt sich Valdorian ja vom Saulus zum Paulus. Ich stelle mir das schwierig vor, eine solche Entwicklung überzeugend und nachvollziehbar darzustellen. Dir als Autor ist das innerlich vielleicht ganz klar und einleuchtend, aber dem Leser muss das vermittelt werden – hast Du hier lange an Deinem Text gefeilt?

Es ist natürlich sehr schwierig, solche Veränderungen darzustellen. Was Valdorian betrifft: Mehr als zweitausend Manuskriptseiten beschreiben seine Entwicklung. Wer nur einen der drei bisherigen „Kantaki-„Romane gelesen hat, kennt nur einen Teil von Valdorian. Seine Entwicklung begleitet den Spannungsbogen der drei Bände, verläuft gewissermaßen parallel dazu. Im großen Kreis der Handlung schließt sich auch der von Valdorian: Ihm, der immer vor dem Tod geflohen ist, gelingt schließlich im Tod die eigene Erneuerung. Ich habe sehr, sehr lange an den einzelnen Stufen dieser Entwicklung gearbeitet, in der spezielle Schlüsselerlebnisse – in „Der Zeitkrieg“ zum Beispiel die Begegnung mit seiner Mutter – eine wichtige Rolle spielen. Es gibt in den drei Romanen mehrere Ebenen, auf denen sich Dinge abspielen, und eine davon ist eine sorgfältig geplante psychologische: Die große Geschichte um Diamant und Valdorian lässt sich, mit genug Aufmerksamkeit, als eine Art Entwicklungsroman lesen.

Ohne von der Handlung hier zu viel verraten zu wollen – Valdorian, einer Deiner zwei Protagonisten ist auf der Suche nach dem ewigen Leben, der Flucht vor Alter und Tod. Beschäftigst Du Dich persönlich mit dieser Thematik – sind Deine Romane auch ein Weg für Dich, Dich mit dieser schwierigen Thematik auseinanderzusetzen?

Da sprichst du einen sehr wichtigen Punkt an, Carsten, denn jene Themen – verlorene Jugend, das Altern, die Unausweichlichkeit des Todes – beschäftigen mich immer mehr. Wir alle haben nur dieses eine Leben (es sei denn, man glaubt an Reinkarnation), und wir müssen das Beste daraus machen. Aber wie? Welche Wege beschreiten wir? Viele in die Zukunft führende Wege sind „Einbahnstraßen des Lebens“, d.h., man muss zwischen zwei oder mehr Dingen wählen. Und Jahre später bereut man diese Wahl vielleicht und wünscht sich, zurückkehren und sich anders entscheiden zu können. Diamant und Valdorian sind ein Beispiel für diese verschiedenen Lebenswege.

Das „Kantaki“-Universum ist ein Spielplatz für viele Geschichten. Wann wird es weitere Romane geben, um was wird es dann gehen?

Es wird weitere Geschichten aus dem „Kantaki-„Universum geben, das steht inzwischen fest. Derzeit arbeite ich am ersten Band einer neuern Trilogie, an dem Roman „Feuervögel“, der zwar im „Kantaki“-Universum angesiedelt ist, dem Leser aber eine aus der Sicht von Diamant und Valdorian weit entfernte Zukunft zeigt. Natürlich gibt es trotzdem gewisse Verbindungen, aber über die verrate ich derzeit noch nichts. Erscheinen wird „Feuervögel“ im Oktober 2006 bei Heyne.

Gibt es einen Markt für deutschsprachige SF außerhalb Deutschlands – sprich gibt es Pläne für eine Veröffentlichung in ...?

Nein, derzeit gibt es noch keine Pläne, aber ich hoffe, dass sich bald zumindest im europäischen Raum etwas tut. Auf meiner Wunschliste ganz oben steht natürlich eine Ausgabe in den USA ... :-) Riesig freuen würde ich mich, aus offensichtlichen Gründen, über eine italienische Übersetzung der Kantaki-Romane.

Ich danke Dir, dass Du Dir die Zeit für unsere Leser genommen hast. Dir und natürlich den von Dir betreuten Projekten wünschen wir alles Gute.





Alle Informationen zum "Kantaki"-Universum von Andreas Brandhorst sind hier zu finden.
 
 
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