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  Interview: Interview mit Malte Schulz-Sembten
Geschrieben am Wednesday, 03.November. @ 17:34:56 CET von carsten
 
 
  Interview Carsten Kuhr sprach mit Malte Schulz-Sembten


EIN INTERVIEW MIT MALTE SCHULZ-SEMBTEN



Von Carsten Kuhr

Malte Schulz-Sembten ist bekannter Autor ("Hippokratische Gesichter" im Festa-Verlag, "Variationen in Nachtgrau und Fleischrot" sowie "Die ein boeses Ende finden" im Verlag Robert Richter), Essayist, Uebersetzer und Kritiker phantastischer Literatur. Seit kurzem ist er von Frank Festa engagiert, den Newsletter des Festa-Verlages, "Midnight Mail" genannt, zu betreuen und auch die unter Festa-Verlag.de online veroeffentlichten "e-Tales of Terror" herauszugeben.


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CK:

Hallo Malte. Manch einer wird mit Deinem Namen zunaechst einmal noch nicht soviel anfangen koennen. wuerdest Du Dich darum einmal kurz vorstellen (Beruf, Hobbies...)?

MSS:

Beruf: Designer; Hobby: Midnight Mail machen...

CK:

Wie kamst Du zur phantastischen Literatur, was sind hier Deine Vorlieben, wer Deine Lieblingsautoren?

MSS:

Meine frueheste praegende Lektuererfahrung waren Poe, Stanislaw Lem und Lovecraft, wobei die beiden Amis heute noch zu meinen Favoriten zaehlen. Jedoch wechseln meine Lieblingsautoren mit meinen Leseerlebnissen, und nicht alle zaehlen zur Phantastik.

CK:

Welchen Autoren ausserhalb der Phantastik hast Du Dich da zugewandt, wer ist gegenwaertig bei der Phantastik Dein Favorit?

MSS:

Der letzte phantastische Roman, den ich "privat" - also nicht fuer den Festa-Verlag - gelesen habe, war das Hardcover der "Wuestengoettin" von Kai Meyer. Meyers fruehe Romane fand ich - wenngleich in vielen Details Talent zeigend - insgesamt mit zahlreichen Schwaechen behaftet, aber "Die Wuestengoettin" hat mich beeindruckt: Gut geschrieben, phantastievoll und sehr duester. Ich habe mir auch gleich das naechste Kai Meyer-Hardcover gekauft, aber noch nicht gelesen. Ein weniger bekannter Autor deutscher Zunge, von dem ich viel halte, ist der Oesterreicher Andreas Gruber. In seiner - fuer den Phantastik Award nominierten - Kollektion "Der fuenfte Erzengel" finden sich ein paar gute und sehr gute Stories, und mit seiner im Shayol-Verlag angekuendigten Geschichtensammlung ist er der erste Belletrist nach King Marrak, der dort verlegt wird. Was Gruber unter anderem auszeichnet, sind seine sorgfaeltigen Hintergrundrecherchen. Das hebt ihn unter unseren gemeinsamen Kollegen wirklich hervor. Ausserhalb der Phantastik lese ich viele Sachbuecher und historische Romane mit Seefahrtsthematik. Empfehlenswert u.a.: "Das Sklavenschiff" von Barry Unsworth (superb, aber nur noch antiquarisch erhaeltlich) und "Englische Passagiere" von Matthew Kneale.

CK:

Nun hast Du im Festa Verlag zwei neue Aufgaben uebernommen - wie kam es zu dem Kontakt mit Frank?

MSS:

Der Erstkontakt liegt schon eine Weile zurueck. 1995 rief Frank mich an, er wolle ein DIN-A-5-Heft mit Erzaehlungen von mir verlegen. Das gefiel mir und gefiel mir auch wieder nicht. Nachdem Walther Wiesheier mich an die Druckerei verwiesen hatte, die sein Fanzine "Screem" produzierte, konnte ich Frank mitteilen, dass ein professionell hergestelltes Taschenbuch nicht mehr kosten wuerde als das von ihm geplante Heft mit Farbkopie-Umschlag. Heraus kam meine Kollektion "Hippokratische Gesichter" in Franks Edition Metzengerstein. Sein erstes Buch als Verleger war mein erstes als Autor. Der besagte Drucker versorgt uebrigens heute den groessten Teil unserer phantastischen Paperback-Kleinverlagsszene...

CK:

Wer hatte die Idee zur Midnight Mail und den e-Tales?

MSS:

Die Idee zu einem online-Newsletter seines Verlages kam von Frank, Name und Logo von mir, der Inhalt kommt von uns beiden. Die e-Tales sind mein Kind. Es geht uns darum, die Festa-Website durch inhaltliche Vielfalt noch interessanter zu machen und "mehr Traffic zu generieren", wie es jargongetreu heisst.

CK:

Bist Du auch darueber hinaus fuer Frank taetig?

MSS:

Ich lese Druckfahnen von Festa-Buechern als Korrektor/Lektor, u. a. komplett "H. P. Lovecrafts Bibliotkek des Schreckens". Ausserdem bin ich schon seit der Metzengerstein-AEra fuer Frank taetig als gelegentlicher UEbersetzer sowie als Gestalter von Buchcovern, Anzeigen, Prospekten, etc.

CK:

Stichwort Midnight Mail - Nun gibt es Newsletter gerade genug, was soll den Interessierten bewegen, auch noch den MM-Newsletter zu abonnieren? Was koennen wir von der MM, ausser der Berichterstattung mit besonderem Schwerpunkt auf den Autoren des Festa Verlages, zukuenftig erwarten, was wollt Ihr anders machen als die Anderen?

MSS:

Von anderen Verlags-Newslettern unterscheidet die MM, dass sie nicht nur auf den eigenen Verlag bezogene Nachrichten bringt, sondern auch Meldungen zu anderen Verlagen und ueberhaupt allem, was mit Phantastik zu tun hat und Frank & mir gefaellt. Da die MM keine feste Erscheinungsweise hat und schon gar nicht taeglich verschickt wird, stehen wir natuerlich auch weniger unter "News-Zwang" als z. B. Olaf Menke, von dem ich gerne wissen wuerde, wie er neben seiner Arbeit fuer phantastik.de ueberhaupt noch zum Atmen kommt. Die seltene Frequenz der MM ermoeglicht uns auch, mit einem gewissen formalen Anspruch vorzugehen: Wir schreiben und uebersetzen fuer die Midnight Mail mit nicht weniger Sorgfalt, als wir fuer einen gedruckten Newsletter aufwenden wuerden. Fuer aeltere Ausgaben der MM haben wir auf der Festa-Website ein Archiv eingerichtet, wo der Interessierte sie aufrufen kann.

CK:

Was schwebt Dir als Publikationsabstand der MM vor? Und gibt es ueberhaupt genuegend Neuigkeiten aus der "Dark Fantasy"-Rubrik, um einen Newsletter regelmaessig zu fuellen?

MSS:

Erscheinungsfrequenz: ca. monatlich, aber ohne Zwang. Wir stellen keine Midnight Mail zusammen, wenn wir nicht genuegend Material haben. Dazu muessen nicht nur "News" zaehlen: Wir werden uns auch weiterhin um Interviews mit Festa-Autoren bemuehen - das Interview mit S. T. Joshi aus der MM#1 ist auf breites Interesse gestossen.

CK:

Stichwort "Joshi" - da gab es ja auf den ersten Teil seines Essaybandes sehr, sehr unterschiedliche Reaktionen. Von regem Zuspruch bis hin zu vehementer Ablehnung war alles vertreten. Auch in dem Interview, das Du in der MM veroeffentlicht hast, zeigt sich Joshi wieder von seiner bekannt unverbluemten Seite, was die Kritik an Autoren und Neuerscheinungen betrifft. Gab es da auf's Interview auch Reaktionen, wie stehst Du z. B. auch als Stephen King Fan zu der meines Erachtens durchaus fundierten Kritik Joshis an King und anderen vermeintlichen Weird-Tales-Groessen?

MSS:

Ueber "Weird-Tales-Groessen" aeussert sich Joshi in seinem Buch nicht - schliesslich heisst es "Moderne Horrorautoren"... Sowohl im Buch von Joshi als auch in Franks & meinem Interview mit ihm kommen Leute wie King, Clive Barker, Peter Straub und Anne Rice ziemlich schlecht weg, obwohl Joshi Barkers "Damnation Game - Spiel des Verderbens" fuer einen der besten Horrorromane ueberhaupt haelt und Straubs "The Throat - Der Schlund" fuer den vielleicht besten Detektivroman. Joshi ist nicht einseitig. Vor allem liebt er das Genre und kennt es durch und durch. Andererseits habe ich sehr wohl den Eindruck, dass Bestsellerautoren per se einen schwereren Stand bei ihm haben - seine eigenen Lieblingsautoren sind kommerziell nicht ueberragend erfolgreich - und das gleiche gilt fuer religioese Autoren. Als offensiv bekennender Atheist ist Joshi fast ebenso fundamentalistisch wie manche Muslime oder erzkonservative Christen. Aber seine Kritik an den besagten Autoren hat mich in fast jedem Punkt ueberzeugt - und in manchen Punkten "bekehrt". Ich werde weiterhin gerne King lesen, aber mit einem kritischeren Blick. Das gehoert zu dem Gewinn, den die Joshi-Lektuere bringt. Was Joshi nicht geschafft hat: mich davon zu ueberzeugen, dass Thomas Ligotti einer der allergroessten zeitgenoessischen Horrorschriftsteller ist. Neunzig Prozent aller Reaktionen auf das Interview und das Buch sind zustimmend; auch Leser der von Joshi angegriffenen Autoren geben ihm in vielem recht und schaetzen seine kompromisslose Offenheit, man koennte auch sagen: seinen Mut. Ein Bruchteil der Reaktionen klingt tief beleidigt und beklagt Joshis Arroganz. Dass Joshi eine elitaere Pose pflegt (man merkt es besonders im Interview), ist allerdings nicht zu leugnen; doch ist mir dies weit lieber als die Willfaehrigkeit der unzaehligen Lobhudler, fuer die auch Joshi entsprechende Kommentare uebrig hat. In der Originalversion unseres Interviews aeussert er sich da noch drastischer als in der Uebersetzung.

CK:

Wie laufen solche Interviews mit anglo-amerikanischen Autoren in der Praxis bei Euch ab (e-mail oder Telefon)?

MSS:

Wie dieses Interview: per e-mail.

CK:

Wir es weitere derartige Interviews geben, und wenn ja, mit wem?

MSS:

Wie schon gesagt: es wird. Mit wem? - Abwarten!

CK:

Unter dem Signet "e-Tales of Terror" hat der Festa Verlag auf seiner Homepage eine Online-Anthologie mit Kurzgeschichten zum Thema World Wide Web gestartet. Drei Stories, eine davon von Dir verfasst, sind bislang online, wie kamt ihr auf die Idee?

MSS:

Als die Berliner angwa-factory mich vor einiger Zeit um eine Kurzgeschichte fuer ihre Heftreihe Soldedad bat, kam eine "Kuerzestgeschichte" zum Thema Internet namens "Books on Demand" heraus. Sie war die Keimzelle der "e-Tales of Terror", fuer die der Online-Auftritt des Festa-Verlages naturgemaess einen passenden Rahmen darstellt.

CK:

Wie ist die bisherige Bilanz - habt ihr bereits Rueckmeldungen zu den veroeffentlichten Stories, gibt es bereits genuegend qualifizierte Einsendungen?

MSS:

Die Rueckmeldungen gehen gewoehnlich an Frank, die e-Tales an mich. Frank hat wohl schon einige wohlwollende Kommentare erhalten. Bisher liegen neben "Books on Demand" sechs e-Tales vor. Zwei davon sind bereits online, die naechste wird folgen … Zwei weitere erschienen mir in der vorliegenden Form nicht verwendbar, wenngleich hoffnungsvoll. Sie sind fuer unsere online-Antho vielleicht noch nicht verloren. Das Manko der sechsten Story ist, dass sie mit ca. 2700 Woertern leider ca. 600 zuviel hat. Dennoch juckt es mich in den Fingern, sie zu bringen... Man muss bedenken, dass wir relativ viel von den Verfassern verlangen: Sie muessen sich an eine thematische Vorgabe UND an ein enges Woerterlimit halten. Viele Autoren empfinden schon jede einzelne dieser beiden Einschraenkungen als zu beengend. Das Bewusstsein, dass jede der Storys mehr oder minder "extra" fuer uns geschrieben wurde, verpflichtet mich, besonders gewissenhaft zu urteilen und meine Kritik gerade im Ablehnungsfall eingehend zu begruenden. Sollte eine ausreichende Anzahl an e-Tales zusammenkommen, veranstalten wir vielleicht zum Abschluss der Aktion eine Leser-Abstimmung, um die beliebteste e-Tale of Terror zu kueren. Die Spitzenreiter erhalten dann eine Belohnung.

CK:

Warum aber die umfangmaessige Beschraenkung? Ist es nicht egal wieviele Worte eine online gestellte Geschichte umfasst, wenn sie nur gut ist?

MSS:

Qualitaet hat Prioritaet, ganz klar. Aber es ist auch eine Frage der Verantwortung - gegenueber den AEuglein und den Popos der Leser. Ich selbst finde es ausgesprochen unbequem, Texte auf meinem harten Arbeitsstuhl vom Monitor abzulesen - und "was du nicht willst, das man dir tu...". Was das Ausdrucken von Internet-Texten betrifft, so ist das ebenfalls unbequem und nicht immer von Erfolg gekroent - und das Printergebnis oft auch nicht allzu lesefreundlich. Zum Lesespass gehoeren fuer mich eine bequeme Koerperlage (bedingt u. a. durch handliche Lektuere), angenehmes Licht und manchmal ein begleitender Gaumenkitzel. Unsere e-Tales sind gerade so lang, dass der Website-Besucher sie "on the fly" lesen kann, ohne dass sein Durchhaltevermoegen strapaziert wird. Sollte es irgendwann moeglich sein, Texte aus dem www problemlos und narrensicher auf ein Rocketbook zu laden, und erfuellt letzteres dann alle Ansprueche an Handlichkeit, Lesefreundlichkeit und Zuverlaessigkeit, wird die Sache anders aussehen.

CK:

Koennte es sein, dass zu einem spaeteren Zeitpunkt die besten Geschichten vielleicht auch in Printform bei Festa erscheinen werden?

MSS:

Naheliegende Frage... Zwar teile ich keineswegs Franks im Ganzen pessimistische Beurteilung der Faehigkeiten deutschsprachiger Phantastik-Autoren (siehe sein amazon.de-Interview), aber ich verstehe seine Befuerchtung, dass eine Storysammlung vornehmlich deutscher Nachwuchsautoren sich finanziell nicht rechnet. Seine & Marcel Feiges Anthologie "Schatten ueber Deutschland" mit deutschsprachigen phantastischen Erzaehlungen der vergangenen hundert Jahre war kommerziell ein Misserfolg - hingegen verkauft sich die von Frank edierte Antho "Psycho-Express" mit ausschliesslich angloamerikanischen Beitraegen sehr gut! Aber natuerlich war der Gedanke, die "e-Tales of Terror" auch gedruckt zu bringen (wenn auch nicht zwangslaeufig im Festa-Verlag) bei mir von Anfang an praesent. Wichtig - und jetzt noch nicht vorhersehbar - ist die Anzahl & Gesamtqualitaet der Storys, die wir sammeln koennen. Ausserdem wuerde ich eine Print-Antho mit diesem Titel um einige laengere Erzaehlungen bereichern wollen, die fuer die online-Veroeffentlichung zu umfangreich waeren. Als Anthologie-Thema halte ich das Ganze jedenfalls fuer neuartig und sehr ergiebig. Eigentlich sollte jeder mit Phantasie begabte Schreibende mindestens eine gute Plotidee dazu entwickeln koennen. Mit Geschichten von bekannten angloamerikanischen Autoren wuerde ein solches Projekt wahrscheinlich sogar bei einem der "grossen" Verlage auf Interesse stossen.

CK:

Vielen Dank fuer das Interview!

 
 
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