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  Interview: Im Gespräch mit: Stephan R. Bellem
Geschrieben am Sunday, 11.November. @ 14:06:25 CET von Guido
 
 
  Interview Stephan R. Bellem wurde 1981 in Heidelberg geboren, wo er seit geraumer Zeit das pulsierende Leben der Universitätsstadt genießt. Zur Schriftstellerei kam er mit dreizehn Jahren - zunächst in Form von kurzen Texten für Rollenspiele oder Kurzgeschichten. Im Otherworld Verlag erschien kürzlich sein Auftaktband zu einer Fantasy-Trilogie, den "Chroniken des Paladins". Unser Mitarbeiter Carsten Kuhr hat mit dem Autor gesprochen.

Hallo Stephan. Dein Name taucht zumindest für mich aus dem Nichts auf. Wie kamst Du zum Schreiben, und warum hast Du Dich für die Fantasy-Variante entscheiden?

Hmmm, ich könnte jetzt natürlich sagen, dass ich durch das Leiten diverser Rollenspielrunden zum Schreiben kam und dann in Deckung gehen, bis die ersten Schreie der Entrüstung abklingen, aber es gibt eine viel bessere Geschichte.
Meine Mutter zeigte mir neulich ein vergilbtes Blatt Papier, auf dem sich eine Geschichte um ein Eichhörnchen und gesammelte Wintervorräte befand. Sie frischte mein Gedächtnis auf und sagte, dass ich ihr die Geschichte diktiert hätte, als ich vier Jahre alt war. Insofern kann ich also ruhigen Gewissens behaupten, dass ich schon länger Schreibe, als ich schreiben kann.
Zur Fantasy kam ich aber tatsächlich über diverse Legospielzeuge und dann mit 12 Jahren das gute alte DSA. Vermutlich auch „Indiana Jones“-Geschichten, denn das waren mit DSA-Romanen die ersten Bücher, die ich las. Das war auch alles in dem zarten Alter von 12. Was mich an der Fantasy so reizt, ist das Setting an sich. Und die Werte die in vielen Romanen vermittelt werden, wie Tapferkeit, Verantwortung, Freundschaft usw. Zudem ist es mehr als bloß reizvoll eine eigene Welt zu »erdenken«

Dein Debütroman erschien in einem noch recht kleinen Nischenverlag. Siehst Du die Zusammenarbeit mit Otherworld als Vor- oder als Nachteil für Dich? Einer der großen Publikumsverlage hat naturgemäß als eingeführter Lieferant viel mehr Macht und Regalfläche, ich kann mir aber vorstellen, dass Du in Michael Krug und seinem Team sehr engagierte Begleiter hast, während Du im Großverlag eventuell in der Masse untergehen würdest?

Die Frage trifft die Antwort recht gut. Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht gerne in jedem Laden einen Buchstand mit dreißig Exemplaren von „Tharador“ wüsste. Mein Wunsch ist schließlich, eines Tages von der Arbeit als Schriftsteller leben zu können. Aber das Team bei Otherworld ist unglaublich engagiert, die wollen ja schließlich auch weiter nach oben. Da mir bisher die Vergleiche zu Großverlagen fehlen, kann ich noch keine Bilanz ziehen. Ich kann nur sagen, dass ich die Arbeit mit meinem Lektor bei Otherworld als ausgezeichnet empfunden habe, wie auch mit dem Rest des Verlags. Als einer der wenigen deutschsprachigen Autoren kommt mir da natürlich auch ein überproportionales Maß an Aufmerksamkeit zugute, die mir im letzten Jahr bei der weiteren Entwicklung meines Stils unschätzbare Dienste leistete.

Wie dürfen wir uns den Entstehungsprozess Deines Romans vorstellen - hast Du den Roman zunächst für Dich selbst oder schon mit dem Hintergedanken, diesen einem Verlag anzubieten, verfasst? Gab es vorab einen ausgearbeiteten Entwurf von Kanduras, hast Du Deine Figuren in Einzelheiten entworfen?

Ganz zu Beginn, da entstand der Roman im Storyboard von tabletopwelt.de. Ich muss aber gestehen, dass ich schon beinahe von Beginn an mit der Geschichte an die Öffentlichkeit wollte. Wie dieses „an die Öffentlichkeit“ bringen dann aussehen sollte, darüber war ich mir natürlich völlig unklar. Kanduras gab es nur als Landkarte. Ursprünglich sollte der Kontinent der Schauplatz eines eigenen Rollenspielsystems werden – für das es niemals Regeln gab. Aber ich begann mir eine Geschichte auszudenken, die ich dort ansiedelte. Die nahm aber schon auf den ersten Seiten Wendungen, die ich nie geplant hatte. Ursprünglich sollten die Orks tatsächlich die „Bösen“ sein, was aber direkt nach Ul’goths erstem Auftritt nicht mehr möglich war. Der erste Roman entstand zu 80 Prozent aus dem Bauch heraus. Mittlerweile ist das Verhältnis eher umgekehrt. Manche Figuren waren in Einzelheiten entworfen, manche entwickelten sich gerade so, wie es die Situation erforderte. Ich lasse den Figuren gerne einen gewissen Freiraum. Das klingt natürlich seltsam, da ich schließlich der Autor bin, aber ich frage mich dann was Figur X in Situation Y wohl am plausibelsten tun würde.

In welcher Figur steckt am meisten von Dir selbst?

Natürlich in Xandor! Wer möchte nicht allmächtig sein und die Welt beherrschen? ... Niemand? Hmm, es ist wohl tatsächlich so, dass in jeder Figur ein beträchtlicher Teil von mir steckt. Natürlich nicht direkt, aber das läuft dann als eine Art Transfer. Man fragt sich, wie das eigene Leben verlaufen wäre, wenn man zwei Jahre zuvor dieses und nicht jenes getan hätte usw. Unter welchen Umständen aus jemandem ein Dergeron wird und kein Tharador. Klingt unheimlich tiefschürfend, lässt sich aber auf eine einfache Aussage reduzieren: Wenn ich mich nicht irgendwo mit einer Figur identifizieren kann, dann kann ich auch nicht über sie schreiben.

Wie kam es zum Kontakt mit Otherworld? Inwieweit warst Du mit den Einzelheiten der Gestaltung - wie etwa der tollen Karte zu deiner Welt oder dem Titelbild involviert?

Ich las auf einer anderen Fantasy-Literatur-Seite eine Newsmeldung, dass ein neuer Genreverlag Autoren für sein Herbstprogramm sucht. Dann habe ich Michael Krug angeschrieben und nach einem eher unkonventionellen Mailwechsel und den üblichen Prüfungen bot man mir einen Vertrag an.
Die Karte gab es bereits als Skizze – ja, ich habe hier zuhause den ganzen Kontinent auf Papier, im Buch ist nur ein kleiner Ausschnitt. Und beim Titelbild wurde ich wirklich sehr stark mit einbezogen, wofür ich gar nicht dankbar genug sein kann. Denn das fertige Bild ist fast genau so, wie ich es mir immer vorgestellt hatte, dass es zum Roman passen würde.

Dein Roman ist klar der Sword & Sorcery zuzurechnen. Ich nehme einmal an, dass diese Sparte Dir selbst am liebsten ist. Wer sind Deine Vorbilder, und wichtiger noch warum?

Jein. Ja, die Chroniken sind im ersten Band klassische Sword & Sorcery. Aber es ist nicht mein Lieblingsgenre. Ich mag auch epische High Fantasy oder Steampunk. Ich wollte mit „Tharador“ eine Abenteuergeschichte erzählen und – zugegeben – temporeiche und ausführliche Kampfhandlungen gefallen mir schon sehr.
Vorbilder sind immer eine schwierige Sache, da man dann auch gerne abgestempelt wird. Ich bewundere aber R. A. Salvatore für seine Arbeiten. Eine Serie zu erschaffen, die über 20 Jahre andauert, ist fantastisch. Also ein „erfolgsmäßiges“ Vorbild.
Schriftstellerisch hoffe ich mich von Buch zu Buch selbst zu übertreffen. Sicher, ich muss mich in jeder Sparte mit den bekannten Vertretern messen lassen, das ist auch in Ordnung.

Die Grundhandlung erinnert stark an eine Rollenspielkampagne. Du bist selbst Rollenspieler, was hast Du aus dem Rollenspiel in die Autorentätigkeit mitgenommen?

Ich bin eher Spielleiter, als Spieler. Und auch erst wieder seit kurzem im Dienst. Man nimmt da natürlich eine Menge mit, am meisten Vorurteile von Außenstehenden. Nein, im Ernst, es war mir persönlich eine große Hilfe was den Spannungsbogen meiner Geschichte anging. Oder innere Stimmigkeit der Welt zu erzeugen.

Die für mich interessanteste Figur war UI'goth der Orkhäuptling, der so gar nicht dem gängigen Klischee entspricht. Hast Du hier von vorne herein geplant, diesem so viel Tiefe und überraschende Intelligenz mitzugeben, oder überraschen Dich Deine Figuren auch ab und an?

Auch wieder ein Jein. Eine „echte“ Überraschung ist kaum möglich, aber Ul’goth hat sich sehr schnell zu etwas viel größerem gemausert, als er ursprünglich werden sollte. Das liegt vielleicht an seiner beeindruckenden Statur. Und nach den ersten Sätzen über die Orks, als ich mich selbst fragte, weshalb ein Volk in den Krieg zieht, da war klar, dass ich ein anderes Licht auf die Orks werfen will.

Im ersten Drittel des Buches schienen die Rollen klar verteilt - hier der strahlende Held Tharador, der obzwar ein Deserteur nur aus innerem Antrieb und nicht etwa aus niedrigen Motiven der Heerschar entfloh, dort der finstere, machtgierige Xandor, das schien mir einfach, fast zu klischeehaft gestrickt. Dann, fast schon unerwartet, begann sich die Handlung zu wandeln, hatte ich den Eindruck, dass Du mit der Erwartungshaltung Deiner Leser zu spielen begannst - stimmt das?

Ein wenig. Ich mag das Klischee des machtgierigen Magiers und benutzte es sehr gerne. Aber Xandors Rolle (auch wenn er selbst sich für etwas Größeres hielt) sollte als Einstieg in eine viel tragischere Geschichte dienen, die im zweiten Teil der Trilogie offenbar wird. Ich stand auch vor der Entscheidung mit allen Klischees zu brechen, die man so kennt, aber dann fragte ich mich, ob heute nicht der Klischeebruch an sich schon wieder ein Klischee darstellt. Xandor war großartig in seiner Rolle. Ebenso Khalldeg, der auch (noch) ein gängiges Klischee darstellt. Ich hatte viel Spaß den Geist der späten 80er und frühen 90er Jahre mit ihnen heraufzubeschwören. Ich bin schon auf die Reaktionen zum »Amulett« gespannt.

Nun ist die Grundanlage Deines Handlungsaufbaus klassisch zu nennen. Wir haben die Streiter auf Seiten des Guten -Menschen, Elf und Zwerg - und als Widerpart die Orks, böse Zauberer etc. Das lässt Vorbilder - die Saga um Felix und Grotek kommt mir hier in den Sinn - nicht verleugnen. Siehst Du Deine projektierte Trilogie als Hommage, als Bereicherung der klassischen S&S Sagen, oder planst Du in den beiden verbliebene Bänden den Leser mit ungewöhnlichen Entwicklungen zu fordern?

Sowohl als auch. Wobei das schwer zu sagen ist. Ideen, die ich als ungewöhnlich empfinde, sind für viele möglicherweise bekannt oder langweilig. Ich habe auch nur ein Bücherregal und keine Bibliothek zuhause. Der erste Teil ist durchaus eine Hommage an die klassische S&S, der zweite wird sich aber deutlich von ihm unterscheiden.

In wiefern – kannst Du uns hier einen kleinen Ausblick geben, was sich ändern wird, welche neue Figuren oder bisherige Nebenschauspieler ins Rampenlicht treten?

Oh, da möchte ich nicht zu viel verraten, deshalb werden keine Namen genannt. Aber ein paar Dinge kann ich schon verkünden. Wenn man den ersten Band genau anschaut, dann merkt man, dass Tharador zwar der „Held“ ist, aber nicht allein im Mittelpunkt steht. Im „Amulett“ wird der Leser einiges über das Schicksal einiger anderer Nebenfiguren erfahren, und auch Ul’goths Geschichte ist noch nicht zu Ende. Außerdem wird den Leser eine kleine Überraschung erwarten, was es mit dem Buch Karand tatsächlich auf sich hat. Es stoßen neue Charaktere in die Besetzung hinzu – und von anderen müssen wir uns leider verabschieden.

Wie weit sind die beiden Abschlussbände der Trilogie gediehen - sprich findest Du als Student genügend Zeit, Dich dem Schreiben zu widmen?

Teil 2 ist beinahe fertig und geht noch diesen Monat ins Lektorat. Der dritte wird dann nahtlos begonnen und ist schon weitestgehend durchgeplant. Mein Studium ist mir sehr wichtig und ich versuche beides so gut wie möglich miteinander zu koordinieren. Meistens klappt das ganz gut.

Du hast auch schon erste Lesungen bestritten. Wie war das für Dich, Dein Werk einem Publikum live zu präsentieren, wie waren die Reaktionen?

Die Goblins kamen gut an, jedoch wurde der geringe Frauenanteil bemängelt. Da ist aber auch Besserung in Sicht. Ich war natürlich nervös, aber das legte sich nach den ersten Sätzen. Es ist auch erstaunlich, dass kleine Lesefehler mir selbst enorm auffielen und im Publikum hatte es niemand gemerkt. Und ich war natürlich schon ein wenig stolz, vor zahlendem Publikum zu lesen. Aus einem Buch, das ich geschrieben habe.

Wie sehen die weiteren Pläne des Autors Bellem aus?

Ich möchte natürlich nach den Chroniken nicht aufhören zu schreiben. Vor meinem 30. Geburtstag noch drei weitere Bücher unter Vertrag zu bekommen wäre natürlich klasse. Mein Studium will ich auch beenden. Das sind die kurzfristigen Ziele. Langfristig hoffe ich vom Schreiben auch leben zu können. Und irgendwann möchte ich mal das Schmiedehandwerk erlernen.

Vielen Dank, dass Du Dir für uns Zeit genommen hast.

Sehr gerne.


Carsten Kuhrs Rezension zu Stephan R. Bellems „Tharador - Die Chroniken des Paladins 1“ ist hier zu finden.
 
 
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