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  Interview: Interview mit Sasha Maczak
Geschrieben am Monday, 01.November. @ 07:22:35 CET von carsten
 
 
  Interview Carsten Kuhr sprach mit Sasha Mamczak, dem Herausgeber der Heyne Science Fiction Reihe


INTERVIEW MIT SASCHA MAMCZAK


Von Carsten Kuhr
Seit Beginn des Jahres hat Sascha Mamczak sowohl das SF-Lektorat als auch die Stelle des verantwortlichen Herausgebers von Deutschlands bedeutendsten Science Fiction Verlag der letzten Jahrzehnte übernommen. In Zeiten, in denen auch bei den Verlagen der Rotstift regiert sicherlich keine einfache Aufgabe. Grund genug für phantastik.de das Gespräch zu suchen.

CK:

Hallo Sascha. Kannst Du unseren Lesern vielleicht zunächst einmal kurz Deinen beruflichen Werdegang schildern, und was machst Du in Deiner sicherlich karg bemessenen Freizeit?

SM:

In aller Kürze: Ich habe Politik, VWL und Jura in München studiert und parallel dazu, eigentlich schon zu Gymnasiumszeiten, für das SF-Magazin „science fiction media“ und den Verlag Thomas Tilsner gearbeitet - Film- und Buchrezensionen geschrieben, später dann den gesamten redaktionellen Ablauf des Magazins betreut. „science fiction media“ gibt es heute leider nicht mehr, doch der Science Fiction bin ich in gewisser Weise erhalten geblieben - ohne das übrigens je so richtig aktiv angestrebt zu haben. Meine Freizeit verbringe ich zum größten Teil ebenfalls mit Büchern - ich empfinde es als großes Privileg, dass Hobby und Beruf praktisch identisch sind.

CK:

Wie kommt man als Verlagsvolontär dazu sich bei Heyne zu bewerben – und warum fiel die Wahl dann auf Dich?

SM:

Eigentlich habe ich mich ja gar nicht geworben, es war, sagen wir mal so, eine interessante Verkettung von Zufällen. Wolfgang Jeschke und Friedel Wahren haben eine Assistenz gesucht und in der Redaktion von „science fiction media“ angerufen, ob wir nicht jemand geeigneten wüssten. Und da war ich eben gerade am Telefon. Mein „Vorstellungsgespräch“ in der Türkenstrasse verlief dann so nett und reibungslos, dass die Sache mit der Assistenz nicht weiter erwähnt wurde, sondern gleich eine ganze Lektorenstelle daraus wurde. Man muss allerdings dazu sagen: Das waren andere Zeiten - manchmal erscheint es mir wie eine andere Epoche -, da ging es dem Buchmarkt noch gut und die SF- & Fantasy-Reihe bei Heyne hatte an die zwölf Titel im Monat.

CK:

Inwieweit warst Du denn dann in langfristige Planungen des Programms zu Zeiten von Wolfgang Jeschke bereits eingebunden?

SM:

Also, langfristige Planungen in Verlagen sollte man wirklich nicht überbewerten. Letztlich steht jedes halbe Jahr alles immer wieder auf dem Prüfstand. Ich habe mit Wolfgang Jeschke gemeinsam die letzten vier oder fünf Programme zusammengestellt. Stärker kann man eigentlich nicht eingebunden sein.

CK:

Ist der Schatten des Förderers der deutschen SF nicht übergroß. Ist das für Dich eher eine Last, oder eine Herausforderung?

SM:

Eine Last sollte es nicht sein. Dann also eine Herausforderung. Aber ich weiß natürlich, dass ich eine Wolfgang Jeschke vergleichbare Rolle nie spielen werde - das hing viel zu sehr mit seiner Person und seinem engen Verhältnis zu dem verstorbenen Verleger Rolf Heyne zusammen. Und ich weiß auch, dass die Förderung gerade der deutschen Science Fiction in einem schrumpfenden Markt und bei zunehmender Konzentration auf internationale Spitzenautoren für einen einzelnen Verlag, so groß er auch sein mag, eine ziemlich schwierige Sache ist. Da muss sich einfach auch im Markt, bei der Konkurrenz und beim Publikum, was tun. Und auch bei den Autoren – denn was zur Zeit so an unser Lektorat geschickt wird, ist in der übergroßen Mehrzahl leider nicht zu veröffentlichen, von keinem seriösen Verlag.

CK:

Nun wird Dir die Auswahl für das Programm, bedingt durch die vielen Serien (Star Trek, Shadowrun), doch recht eingeschränkt. Kannst Du überhaupt noch neue Autoren für Heyne aufbauen?

SM:

Soweit es eben die Anzahl der Programmplätze zulässt. Im übrigen bin ich fest davon überzeugt, dass ein Verlag, der sich nicht um neue Autoren bemüht, keine Zukunft hat.

CK:

Wo willst Du neue Schwerpunkte im Programm setzen?

SM:

Ich möchte das ganze Thema SF & Fantasy ein wenig öffnen. Man sollte sich nicht in die Genre-Ecke verkriechen und dem Rest der Welt vorwerfen, sie wüsste nicht, was gut ist. Sondern muss, was die editorische und gestalterische Vorgehensweise betrifft, immer offen sein für Anregungen von außen, für neue Zielgruppen. Wir versuchen das gerade mit einer kleinen Reihe, den „Meisterwerken der Science Fiction“, in der wir etliche Klassiker wieder veröffentlichen – ohne dabei den Eindruck zu erwecken, es handle sich hier um Literatur, die prinzipiell nur für einen kleinen Leserkreis bestimmt ist. Außerdem sollte man jeden Autor für sich betrachten und überlegen, wie man ihn am besten positioniert – also nicht einfach SF-Artwork drauf und dann in den Buchladen damit. Ganz einfach ausgedrückt: Jeder nur mögliche Synergieeffekt aus anderen Medien, aus anderen Bereichen der Unterhaltungskultur, muss genutzt werden. Steven Spielberg macht einen Film, der auf einer Philip-K.-Dick-Story basiert. Bestens, wir machen dazu eine Dick-Edition – und zwar so ausgestattet, dass nicht nur die zugreifen, die ohnehin wissen, dass Dick einer der besten Autoren des 20. Jahrhunderts war.

CK:

Gerade in der jüngeren Vergangenheit haben einige sehr erfolgreiche Stammautoren Heynes den Verlag verlassen. Ich denke hier an Julian May (zu Bastei), George R.R. Martin (Fantasy bei Blanvalet), Dan Simmons und Terry Pratchett zu Goldmann. Woran liegt diese Neuorientierung? Hängt das mit der Programmreduzierung zusammen?

SM:

Nein. Und eine Neuorientierung ist das im übrigen auch nicht. Natürlich bemühen wir uns weiterhin um die Spitzenautoren. Nur: Jeder Autor hat eben seine speziellen Vorstellungen, was seine Bücher betrifft, und jeder Autor hat auch einen Agenten.

CK:

Man hört immer wieder, dass der Rotstift des Vertriebes regiert. Nicht mehr bei Lektor liegt die letztliche Entscheidung, ob ein Buch produziert wird, sondern bei den vermuteten Verkaufszahlen. Stimmt das? Macht Dir das Arbeiten da noch Spaß?

SM:

Spaß macht es dann, wenn ein Autor oder ein Titel, von dem man überzeugt ist und den man nur mit großer Mühe im Haus durchgesetzt hat, dann auch ein hinreichend großes Publikum findet. Diese ganz spezielle Freude eines Lektors habe ich übrigens gerade mit unserer Philip K. Dick-Edition. Aber natürlich habt ihr recht: Der Vetrieb ist inzwischen an beinahe allen verlegerischen Entscheidungen beteiligt, und das gilt keineswegs nur für die großen Verlage. In Zeiten, in denen fast jede Buchhandlung mit Warenwirtschaftsystem arbeitet, ist das wohl unvermeidlich.

CK:

Hast Du eigentlich genügend Mittel um Bücher, die Du als gut empfindest anzukaufen, oder bleibt nach dem Erwerb der Rechte an den Serien zu wenig übrig?

SM:

Es gibt kein exakt bemessenes Budget für die Reihe. Außerdem: So viel Geld für die Rechte geben wir dann auch wieder nicht aus. Woran es mangelt, das sind Programmplätze. Deshalb kann ich eben leider nicht auf alles bieten, was ich gut finde.

CK:

Ein weiteres Gerücht im Blätterwald ist, dass die Flut von Veröffentlichungen deutschsprachiger Autoren in den letzten Monaten, insbesondere im Fantasy-Bereich, durch die Anweisung von oben ausgelöst wurde, bereits angekauftes Material zu publizieren, bevor neue Mittel für den Rechteankauf zu Verfügung gestellt würden. Stimmt das?

SM:

Nein. Wie gesagt, es gibt kein festes Budget. Und was die deutschen Fantasy-Autoren betrifft: Friedel Wahren hat in den letzten Jahren gezielt danach gesucht. Übrigens mit voller Unterstützung von Wolfgang Jeschke und mir.

CK:

Neben Wolfgang Jeschke verlies ja auch Friedel Wahren, die ja für den Bereich der Fantasy verantwortlich zeichnete, den Verlag. Wer koordiniert hier jetzt das Programm, wie ist die interne Aufteilung?

SM:

Eigentlich betreue ich jetzt die Reihe insgesamt, aber ich freue mich, dass ich mit Martina Vogl eine neue junge Kollegin habe, die sich mit Begeisterung in den Fantasy-Bereich einarbeitet und dann auch die Arbeit von Friedel Wahren übernehmen wird.



CK:



In Kürze startet eine neue Co-Edition mit VPM. Sechs Perry Rhodan-Taschenbücher sollen es werden. Was versprecht Ihr Euch von dem Projekt? Sind derartige Projekte Optionen für die Zukunft?



SM:



Wir hoffen, dass es durch die Kooperation zwischen Heyne und VPM, die ja eine große Tradition hat, gelingt, beiden Verlagen den Zugang zu einem neuen Publikum zu ermöglichen - und damit letztlich auch die Basis für die Science Fiction in Deutschland zu erweitern. Wenn das funktioniert, schließe ich für die Zukunft nichts aus.

CK:

Erst wurde das Issak Asimov Magazin eingestellt, jetzt erscheint die letzte, bereits angekündigte Ausgabe des Magazin of F & SF nicht mehr. Woran lag es, dass auch dieses Taschenbuchmagazin eingestellt wurde? Mangelnde Qualität der Stories oder ungenügende Verkaufszahlen?

SM:

Also, sich über die Qualität der Stories auszulassen, ist ziemlich müßig, das pendelt ja immer hin und her. Der Grund war schlicht und einfach, dass die Absatzzahlen in den letzten Jahren in ein Schwarzes Loch gestürzt sind. Und um ein weiteres Gerücht in diesem Zusammenhang gleich aus der Welt zu schaffen: Dass die beiden Magazine eingestellt wurden, lag weder an Wolfgang Jeschkes Abschied noch am Verkauf von Heyne an Springer, sondern daran, dass sich kein Verlag der Welt auf Dauer Bücher leisten kann, bei denen er gerade mal ein Drittel dessen wieder einnimmt, was er dafür ausgibt.

CK:

Da darf die Frage nach dem weiteren Schicksal des SF-Jahres und der Original-Anthologien nicht fehlen?

SM:

Also, generell ist es natürlich so, dass alle Projekte, die dem Verlag keinen Gewinn bringen, in irgendeiner Form hausintern argumentationsbedürftig sind. Das SF-Jahr möchte ich wirklich gerne weitermachen, insbesondere auch um die kritische Auseinandersetzung mit dem Genre in all seinen medialen Erscheinungsformen nicht abbrechen zu lassen – und ich glaube, dass ich das hier auch mit Argumenten unterfüttern kann, andere Reihen haben ja ebenfalls Bücher dieser Art. Mal sehen. Was die Original-Anthologien betrifft, so waren sie ja doch sehr mit dem Namen Wolfgang Jeschke verbunden - wann und in welcher Form es da weitergehen soll, wurde noch nicht entschieden.

CK:

Von Wolfgang Jeschke war bekannt, dass er besonders den intelligenten Zeitreisegeschichten zugetan war. Hast auch Du ein SF-Steckenpferd?

SM:

Mich interessieren vor allem jene Romane, die die politischen Debatten und Konflikte unserer Zeit in ein spannendes und intellektuell anregendes SF-Szenario verweben - wie es etwa Ursula Le Guin seit Jahren macht. Zur Zeit ist dies ja nicht unbedingt en vogue, von Autoren wie Ken MacLeod und China Miéville mal abgesehen. Aber ich bin sicher, dass es da bald wieder eine Renaissance geben wird.

CK:

Wie sieht ein typischer Arbeitstag von Sascha Mamczak bei Heyne aus? Wirst Du „nur“ fürs Lesen bezahlt?

SM:

Leider nein. Die meiste Zeit verbringt man damit, den Weg eines Buches, von der Wiege bis zur Bahre, wenn man so will, organisatorisch zu begleiten. Was bedeutet: jede Menge zu telefonieren, e-mails zu schreiben und im Haus herumzulaufen. Das Berufsbild des Lektor hat sich in den letzten Jahren doch sehr stark gewandelt.

CK:

Was liest Sascha privat, wenn er mal nicht lesen muss?

SM:

Eigentlich alles, natürlich auch Phantastik in jeder Form. Insbesondere achte ich aber drauf, dass ich bei den amerikanischen Gegenwartsautoren keine Neuerscheinung verpasse. John Updike, Philip Roth, Rick Moody, Don de Lillo, Richard Ford - das sind so meine Favoriten.

CK:

Wie siehst Du als Fachmann die Zukunft der Ware SFIFantasy-Buch in einem Zeitalter, in der die anderen Medien (Computer-Spiele, DVDsITV) immer größeren Zulauf bekommen? Ist der Rückgang der Verkaufszahlen eine vorübergehende Erscheinung, oder müssen sich die Verlage dauerhaft auf weniger Leser einstellen, mit der Folge dass zunehmend sichere Serientitel publiziert werden, und neue Autoren kaum eine Chance erhalten?

SM:

Ich denke, in den kommenden Jahren wird eine Handvoll von Topauoren den Rahm abschöpfen und der ganze Rest wird sich auf einem ziemlich niedrigen Niveau stabilisieren. Wie es dann weitergeht, hängt letztlich von der Richtung ab, die das Genre insgesamt einschlägt. Wenn es gelingt, dem Ganzen wieder einen neuen Drive zu geben, einen Sex-Appeal zu verleihen, so wie es etwa William Gibson Anfang der Achtziger gemacht hat, dann werden auch wieder Leser danach greifen, die heute sagen (und das höre ich beinahe täglich): Ist doch ohnehin immer dasselbe! Ganz einfach formuliert: SF- und Fantasy-Bücher wird es immer geben, und es wird immer Verlage geben, die neuen Autoren eine Chance geben - aber die Substanz müssen die Autoren schon selbst liefern.

CK:

Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast, uns Rede und Antwort zu stehen. Wir wünschen Dir und Deinem Verlagshaus alles Gute und weiterhin viele tolle Bücher.


 
 
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