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  Interview: Im Gespräch mit: Thilo P. Lassak
Geschrieben am Saturday, 01.September. @ 10:48:59 CEST von Guido
 
 
  Interview Kürzlich erschien im Ravensburger Buchverlag der Roman "Mumienherz" von Thilo P. Lassak, der Auftakt zu der furiosen Jugendroman-Trilogie "Die Rückkehr des Seth". Unser Mitarbeiter Carsten Kuhr hat sich mit dem Autor unterhalten, der unter dem Namen THiLO unter anderem bereits unzählige Kinderbücher geschrieben hat.

Hallo Herr Lassak. Erst mal vielen Dank, dass Sie sich für unsere Leser Zeit nehmen. Können Sie sich vielleicht einmal ganz kurz selbst vorstellen - über Sie ist ja recht wenig bekannt?

Das liegt daran, dass "Mumienherz" das erste Buch ist, das ich unter meinem kompletten Namen veröffentlicht habe. Unter meinem Vornamen THiLO sind aber in den letzten Jahren rund 50 Kinderbücher erschienen. Nach meinem Publizistikstudium habe ich nicht, wie zunächst geplant, als Journalist gearbeitet, sondern sofort begonnen, Drehbücher fürs Kinderfernsehen zu verfassen. Mein Start war bei der "Sesamstraße", "Bibi Blocksberg" und andere folgten. Ich habe also praktisch schon immer geschrieben.

Was veranlasst einen erfolgreichen Kinderbuchautor, sich plötzlich einem phantastischen Thriller-Plot für ein deutlich älteres Publikum einfallen zu lassen?

Wie auch bei meinen Kinderbüchern war die Idee irgendwann einfach da. Grundlage sollte die ägyptische Götterwelt sein. Damit war klar, dass die Leser mindestens zwölf sein mussten, um den Stoff zu verstehen.

Sie beschreiben, ohne hier zu viel verraten zu wollen, einen Kult, der auf Ägyptische Zeiten zurückgeht. Wie haben Sie hier recherchiert - eine Reise ins Land am Nil, Besuch der Museen, Studium der Fachliteratur?

Dreimal ja. Ägypten hat mich, wie so viele andere, schon immer fasziniert. Vier Wochen habe ich mich in Kairo aufgehalten und bin den Nil abwärts gereist. Zusätzlich zur Fachliteratur habe ich besonders die Bücher gelesen, die sich mit den offenen Geheimnissen rund um die Pyramiden und Tempel beschäftigen, und davon gibt es ja eine ganze Menge. Viele dieser Rätsel habe ich aufgegriffen und auf neue Weise beantwortet, das meiste allerdings erst im zweiten Band, der im Januar erscheinen wird.

Nun sich alte Geheimkulte ja ein beliebtes Topic - Dan Brown und Konsorten lassen grüßen. Haben Sie sich einem Trend angeschlossen, oder wie kamen Sie auf einen Jahrtausende aktiv überdauernden Kult - der Orden der Freimaurer ist ja zum Beispiel nicht annähernd so alt?

Die Menschen - mich eingeschlossen - lieben eben Verschwörungstheorien. Hinter jedem wichtigen Ereignis wird ein Komplott vermutet. Wurde Jim Morrison vom CIA getötet? Fand die Mondlandung in der Wüste statt? Warum mussten John F. Kennedy und Marilyn Monroe wirklich sterben? Was ist wirklich mit Diana und Dodi passiert? Der Gedanke, dass hinter all diesen Ereignissen eine verschworene Gemeinschaft, eine staatliche Organisation oder meinetwegen die Mafia steckt, löst Kribbeln aus. War alles anders, als es in den Geschichtsbüchern steht? Mein Kult ist 15.000 Jahre alt. Die Forschung verneint, dass es damals schon organisierte Sippen am Nil gab. Das so genannte Reich der Horusverehrer begann aber am 15. Juni 4241 v.Chr., was sich durch den Stand des Sirius genau berechnen lässt. Zu diesem Zeitpunkt müssen die Horusverehrer bereits eine hochentwickelte Kultur gewesen sein, und die ist sicherlich nicht innerhalb weniger Jahrhunderte entstanden.

Einer Ihrer Personen arbeitet in mittlerer Führungsposition beim Nobelpreis-Komitee. Eine Welt hinter dem berühmtesten Preis, den die Welt zu vergeben hat, ist ja eine recht geheimnisvolle Umgebung. Wie kamen Sie darauf, Ihren Antagonisten ausgerechnet dort anzusiedeln, wo haben Sie hierfür recherchiert? War das auch bewusst als Kontrapunkt zum Altägyptischen Plot gedacht?

Birger Jacobsen ist durch seine Kontakte innerhalb des Kults auf diese wichtige Position gesetzt worden. Hier laufen die Bewerbungen für den Medizin-Nobelpreis über seinen Schreibtisch. Er erledigt die Vorsortierung und spricht manche der Mediziner direkt an, wenn sie für den Kult mit ihrem Wissen von Vorteil sein können. Die altehrwürdige Akademie hat von diesen Vorgängen in ihrem Haus keinen blassen Schimmer.

Musik spielt eine wichtige Rolle im Leben Ihres Protagonisten - in Ihrem auch?

Unbedingt! Noch vor zehn Jahren habe ich eine eigene Musiksendung im Radio gehabt, war pro Woche oft auf zwei, drei Konzerten und habe viele nationale und internationale Größen interviewt. Ein signierter Drumstick von Marky Ramone hängt über meinem Schreibtisch. Heute begnüge ich mich damit, Musik in meinem Wohnzimmer zu hören. Aber auf Schallplatte, mit CDs oder gar Downloads kann ich nichts anfangen.

Punkbands tauchen über den ganzen Roman über auf. Warum wählten Sie diese Musikrichtung, und nicht zum Beispiel Rap oder Hip-Hop, die ja bei der Zielgruppe auch hoch im Kurs stehen?

Ich muss zugeben, dass ich mich in diesem Bereich zu wenig auskenne. Die wichtigsten frühen Platten stehen zwar in meinem Regal, Sugarhill Gang, Public Enemy, Eric B. & Rakim und auch die Beastie Boys. In den letzten Jahren habe ich mich aber auf andere Bereiche konzentriert.

Sind Sie selbst Anhänger der Punk-Bewegung, die ja auch gesellschaftlich für Rebellion mit den bestehenden System und dessen Vorgaben stand - sind Sie innerlich ein Rebell?

Die Rebellion der Punks finde ich unglaublich spannend und ich mag die Ästhetik, besonders in den rohen Anfängen um das Jahr 77. Aber wie Rascal schon in "Mumienherz" sagt: Punk ist mehr, als besoffen vor dem Kaufhaus zu liegen. Sich die Haare rot zu färben und Leute anzupöbeln ist für mich weder Rebellion noch Punk. Meine einzige Rebellion besteht darin, weder in Schule noch Uni einen Karriereweg im Auge gehabt zu haben. Um so was habe ich mich nie geschert. Heute ernähre ich immerhin eine sechsköpfige Familie mit dem, was mir am meisten Spaß macht. Und ich sitze alleine im Park und lese Kinderbücher. Wenn das kein Punk ist!

Sie siedeln Ihre Handlung in New York an. Warum nicht Köln, Hamburg, Berlin, warum muss es der Big Apple sein? Waren Sie selbst zu Recherchezwecken in N.Y.?

Mir war sofort klar, dass die Handlung international sein sollte. Kairo stand durch die ägyptische Mystik ja schon fest, New York schien mir ein passender Gegenpart zu sein. Beim Studium der Stadtgeschichte nahm mich der Big Apple sofort gefangen. Zu beinahe jedem Mauerstein dort gibt es eine Legende. Leider habe ich es nicht mehr geschafft, mich auch dort umzusehen. Mein Terminkalender hatte keine Lücke.

Mir fiel während der Lektüre auf, dass Sie sehr bildhaft fabulieren. Im Kopf des Lesers entstehen Bildsequenzen, quasi ein Film. Ist dies von Ihnen so geplant, haben Sie gar eine Verfilmung im Hinterkopf?

Als Drehbuchautor mit langjähriger Erfahrung habe ich das Buch tatsächlich nicht in Kapitel, sondern in Szenen geschrieben. Das ist meine Arbeitsweise. Ich weiß, was auf den nächsten Seiten passieren soll und wo sich die Figur aufhält. Dann gehe ich im Kopf diese Straße herunter, rieche und sehe wie die Figur, suche mir den spannendsten Blickwinkel. Wenn der Spaziergang zu Ende ist, muss ich nur noch alles aufschreiben, was ich erlebt habe. Wer daraus ein Drehbuch machen möchte, wird es sehr einfach haben. Gegen eine Verfilmung hätte ich selbstverständlich nichts. John Malkovich wäre ein perfekter Birger Jacobsen.

Der Verlag und Sie haben sich viel Mühe mit den begleitenden Material gegeben. Ein sehr liebevoller Internetauftritt wurde extra geschaffen - inwieweit waren Sie in die Planungen und die Verwirklichung involviert - basiert dies auch auf Ihren Ideen?

Um die Internetseite möglichst authentisch zu gestalten, habe ich alle Texte geschrieben. Auch den gesamten Aufbau der Seite haben wir gemeinsam besprochen. Der Ravensburger Verlag war auf allen Etagen von Anfang an von "Mumienherz" überzeugt, deshalb war eine entsprechende Präsentation schnell beschlossen.

Unser Held entdeckt gleich zu Beginn die Beat-Poeten für sich - eine eher ungewöhnliche Wahl, mal abgesehen davon, dass junge Menschen immer weniger zum Medium Buch greifen. Dennoch findet sich Sid in den Werken der Autoren wieder. Was bedeuten für Sie diese Werke, kann man als Lehrer und oder Autor den jungen Menschen die Bedeutung der teilweise sehr tiefschürfenden Gedankengänge überhaupt vermitteln - haben die Kids einen Draht für derartige Gedanken?

Das habe ich mich zuerst auch gefragt. Doch dann fiel mir meine alte Ausgabe von "On the road" wieder in die Hände. Ich selbst habe es mit 14 gelesen, dazu andere Beat-Poeten sowie Bukowski und Henry Miller. Zu der Zeit liest man in der Schule - glaube ich - "Faust". Der ist bestimmt auch nicht einfacher zu verstehen. Generell werden Jugendliche ja immer unterschätzt. Ich kann nur jedem raten, wenigstens ein paar dieser Werke zu lesen, es muss ja nicht auf Englisch sein. Die Lehrer bitte ich, die Finger davon zu lassen, um keinen zu verschrecken. Vielleicht sollten sie die Bücher im Unterricht verbieten - dann verschlingt sie garantiert auch noch der letzte Lesemuffel.

In Ihrer Handlung treten auch immer wieder Celebrities auf - John Lennon, Madonna etc. - Künstler, die Sie bewundern, oder warum haben Sie diesen einen Platz im Buch verschafft?

Es sollte alles möglichst real wirken, reale Fiktion, sozusagen. Dazu gehören natürlich auch wahre Begebenheiten und Persönlichkeiten. Madonna wollte nach meinen Informationen tatsächlich ein Appartement im San Remo kaufen, das Haus am Central Park, in dem Sid wohnt. So habe ich mir gestattet, sie im Fahrstuhl auftauchen zu lassen, zusammen mit Paul Simon, der dort wirklich lebt. Sollten die beiden sauer sein, können sie gerne auf einen Kaffee vorbeikommen, dann räumen wir alles aus.

Das Finale lässt den Leser mit einem nervenzerfetzenden Cliffhanger zurück - wussten Sie zum Zeitpunkt des Schreibens bereits, wie Sie die Handlung fortführen würden?

Ja, das war mir klar. Aber verraten werde ich nichts.

Wie und wann schreiben Sie - fertigen Sie vorab ein Exposé - ggf. von der gesamten Trilogie, oder entsteht das Buch, während Sie vor der Tastatur sitzen?

Während des Schreibens auf die zündende Idee zu hoffen, wäre mir bei immerhin rund 1100 Seiten viel zu riskant. Schnell hat man sich verzettelt oder ein entscheidendes Detail vergessen, durch das alles unlogisch wird. Wie ich es vom Drehbuch her kenne, habe ich mich zunächst mit einem etwa 25seitigen Konzept an den Verlag gewand, der alle drei Bände umfasste. Gemeinsam haben wir dann die Fallstricke der Geschichte beseitigt. Pro Band habe ich dann ein Treatment ausgearbeitet, in dem bereits jedes Kapitel und sein Inhalt mit Ort, Zeit und detaillierter Handlung auf rund 80 Seiten aufgeführt war. Daran habe ich immer wieder herumgefeilt, bis alles passte. Schon zu diesem Zeitpunkt wusste meine Lektorin genau, wie das fertige Buch sein würde. Das eigentliche Schreiben ging dann relativ schnell, und durch die lange Vorbereitungszeit musste am Manuskript kaum noch etwas geändert werden.

New York und Kairo - zwei Metropolen, die zu ihrer Hochzeit die Welt durch ihre Ausstrahlung geprägt haben, zwei Städte aber auch, in denen Arm und Reich aufeinanderprallen. Das spiegelt die Begegnung Sids mit der Punk-Göre Rascal wider. Gegensätze, die sich beleuchten, die sich reizen und damit für einen Autor interessant sind?

Genau. Sid führt ja ein als Millionärssohn ein extremes Leben, das er aber mit zunehmendem Alter abstoßend findet. Bei seiner Flucht vor dem Kult wird er ins andere Extrem geworfen, die South Bronx mit ihren Junkies und Abbruchhäusern. Von Rascal weiß Sid - und mit ihm der Leser - ja noch nicht besonders viel. Aber so, wie sie hier auftritt, bietet sie ihm das Leben, dass er sich immer erträumt hat. Schön, dass ich sie gefunden habe.

Wie viel von Ihnen selbst steckt in Sid - oder besser gefragt, in welcher der Figuren haben Sie selbst sich am meisten eingebracht?

Hmmm. Ich glaube, in jeder Figur stecke ich ein bisschen. Die sarkastischen Kommentare zur Lage der Welt, die Birger Jacobsen von sich gibt, könnten auch von mir stammen. Bei Rascal ist es die Fantasie, sie sprudelt ja geradezu über. Und natürlich ihre Musik. Bei Sid ist das Grüblerische.

Die Frage nach den Vorbildern darf nicht fehlen.

Ein besonderes Vorbild habe ich nicht. Ich lese alles gerne, was mich fesselt und wo mich der Fortgang der Handlung überrascht. Das gelingt leider nur wenigen, da ich als "Kollege" die Tricks beim Schreiben kenne und die Falltüren und falschen Fährten erahne, die der Autor legt. "Das Jesus-Video" von Andreas Eschbach ist so ein Glücksfall, bei Krimis geht nichts über Ian Rankin.

Haben Sie recht herzlichen Dank, dass Sie uns Rede und Antwort gestanden sind. Wir wünschen Ihnen alles Gute und uns, dass der zweite Band bald erscheint!

Carsten Kuhrs Rezension zu "Mumienherz" ist hier zu finden.

Die Website zur Trilogie ist hier zu finden.
 
 
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