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  Interview: Carsten Kuhr sprach mit Kai Meyer (Interview)
Geschrieben am Wednesday, 27.October. @ 19:36:57 CEST von carsten
 
 
  Interview Ein Interview mit Kai Meyer


EIN INTERVIEW MIT KAI MEYER (3)

EIN INTERVIEW MIT | KAI MEYER

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Von Carsten Kuhr

Kein anderer Autor wird so oft und regelmaessig fuer phantastik.de interviewt wie Kai Meyer. Ich bin mit absoluten Lobeshymnen sehr vorsichtig - viel zu oft schon pries uns die Verlagswerbung einen Autor als "der deutsche Stephen King" an, versprachen uns Werbetexter die Entdeckung eines "neuen Stars am deutschen Buchhimmel". Lassen wir die Buecher des Autors fuer sich selbst sprechen. Sie zeigen uns einen Schriftsteller, der auf vielen Buehnen zuhause ist - Historienroman mit phantastischen Sequenzen, unheimliches Jugendbuch, Thriller, Krimi, Horrorfilm-Drehbuecher - alles minutioes recherchiert und stilistisch ungewoehnlich ueberzeugend ausgearbeitet, begeistern seine Werke Lektoren, Kritiker und Leser gleichsam. Nun erschien in diesem Monat im Loewe Verlag, der auch seine Reihe um die "Sieben Siegel" publiziert, mit "Die Fliessende Koenigin" der erste Band einer Fantasy-Trilogie, die fuer junge und erwachsene Leser zugleich gedacht ist. Grund genug fuer phantastik.de, erneut das Gespraech mit dem Autor zu suchen.


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CK:

Frueher beim Aufbau Verlag, dann Econ und jetzt bei Heyne mit den Titeln fuer eine eher erwachsene Klientel, dazu bei Loewe die Jugendbuecher - wie kam es zu dem Wechsel, warum die Aufteilung auf die zwei Verlage?

KM:

Der Wechsel zu Heyne liegt ja schon ein paar Jahre zurueck. Ich war kurz zuvor fuer zwei Buecher von Aufbau zu Econ gewechselt, fuehlte mich dort aber nach dem Weggang meines Lektors Reinhard Rohn alles andere als wohl. Zu dieser Zeit gab es von mehreren Seiten Angebote fuer "Die Alchimistin", die damals nur als Expose existierte. Weitbrecht, Econ, Aufbau und eben Heyne wollten das Buch gerne haben, und ich habe mich dann fuer letzteren entschieden. Zum einen natuerlich wegen der Hoehe des Angebots, zum anderen aber auch aufgrund der Tatsache, dass ein Verlag wie Heyne ein Buch ganz anders in den Markt druecken kann, als das etwa bei Econ der Fall war. Und ich fuehle mich nach wie vor sehr wohl bei Heyne, die Buecher laufen dort als Spitzentitel im Hardcover und Taschenbuch, und mehr kann man sich als Autor eigentlich nicht wuenschen. Zudem hat Heyne nach und nach fast alle meine aelteren Titel gekauft, um sie im Taschenbuch neu aufzulegen. Demnaechst kommen dort auch noch "Hex", "Schweigenetz", "Die Geisterseher" und "Die Winterprinzessin". Was Loewe angeht, so war auch das letztlich eine Entscheidung aus Sympathie - ausserdem ist Loewe einer der groessten deutschen Jugendbuchverlage. Am Expose der "Sieben Siegel" hatten ebenfalls mehrere Jugendbuch-Verlage Interesse, u.a. Loewe und Schneider. Ich habe mich dann mit den Verantwortlichen getroffen und habe mir angehoert, was sie mit der Reihe vorhatten. Da war es naheliegend, auch "Die Fliessende Koenigin" bei Loewe zu veroeffentlichen. Ich hatte vor etwa zwei Jahren das Angebot, fuer den Arena-Verlag ein SF-Jugendbuch zu schreiben, habe das aber zugunsten von Loewe abgelehnt. Ich denke, wenn man sich bei einem Verlag wohl fuehlt, ist es Unsinn, Projekte zu streuen.

CK:

"Harry Potter" ist in aller Munde, da liegt es nahe, dass jeder Marketingstratege nach entsprechenden Nachfolgern sucht. Ist der Verlag mit einem Konzept eines Jugendbuchprojekts auch fuer Erwachsene an Dich herangetreten, oder kam der Anstoss fuer die "Fliessende Koenigin" von Deiner Seite?

KM:

Loewe hat mich gefragt, ob ich Lust haette, eine Fantasy-Trilogie fuer sie zu schreiben. Und mein allererster Kommentar war: "Kein Harry-Potter-Verschnitt, und keine Tolkien-Fantasy." Damit waren sie einverstanden, und so kam es zu "Die Fliessende Koenigin", die nun wirklich eine voellig andere Art von Phantastik ist. Ich kann mit "Harry Potter", ehrlich gesagt, nicht viel anfangen. Das ist ja alles sehr charmant geschrieben, und in der Theorie kann ich auch diesen clever gesteuerten Kult verstehen. Ich bin allerdings irgendwann im zweiten Band beim zigsten Quidditch-Spiel haengengeblieben und habe seitdem nicht mehr weitergelesen. Internatsgeschichten, und das sind die Potter-Buecher im Kern, sind ja nun wirklich nichts Neues, und da waren mir - zumindest als Kind - die "Schreckenstein"-Buecher lieber.

CK:

In was fuer einer Tradition siehst Du Dich mit der "Fliessenden Koenigin", was sind bezueglich derartiger Buecher fuer Jugendliche und Erwachsene deine Vorbilder?

KM:

In der Kategorie Jugendbuch ist "Die Fliessende Koenigin" wohl weit naeher an Philip Pullmans "Der Goldene Kompass" und dessen Fortsetzungen als an "Potter" & Co. Wobei der Begriff "Jugendbuch" gerade in diesem Fall irrefuehrend ist. Pullman hat meines Erachtens im dritten Band ziemlich nachgelassen, und fuer Kinder ist das sicher ueberhaupt nichts mehr - ich habe ja schon als Erwachsener den Ueberblick ueber all die Handlungsebenen verloren. Aber zumindest kann ich, was Gewalt angeht, nun immer auf Pullman verweisen und zum Verlag sagen: "Habt ihr das gelesen? Wenn der das darf, will ich das auch!" Sein dritter Band ist ziemlich extrem, was Blut und Tote in einem vorgeblichen Jugendbuch angeht. Na ja, und jetzt darf ich das auch...

CK:

Ist es eigentlich unabdingbar in Jugendbuechern auch immer jugendliche Protagonisten auftreten zu lassen? Auch Merle ist ja eine heranwachsende Hauptperson.

KM:

Nicht unabdingbar, aber in der Regel erwuenscht - von den Verlagen, den Lesern und deren Eltern. Es gibt tausende Jugendbuecher, z.B. die unzaehligen Nacherzaehlungen der Abenteuerklassiker, in denen kein einziges Kind auftaucht. Aber ich habe bei der Arbeit an der "Sieben-Siegel"-Reihe festgestellt, wieviel Spass es mir macht, aus der Sicht von Teenagern zu erzaehlen. Merle und Serafin aus "Die Fliessende Koenigin" sind dabei noch ein ganzes Stueck komplexer als die "Sieben-Siegel"-Helden; sie sind auch ein wenig aelter.

CK:

Nach Prag, Afrika und Rom jetzt ein phantastisches Venedig als Handlungsort, was fuehrt Dich fort von heimischen Schauplaetzen wie Weimar? Sind hiesige Orte nicht exotisch genug oder reist Du einfach gerne, und nutzt die Recherche auch fuer einen Kurzurlaub?

KM:

Ich habe fast dreissig Buecher geschrieben, die mehr oder minder in typischen mitteleuropaeischen Landschaften spielen. Das ist gut und schoen, wird aber auf die Dauer ein wenig eintoenig - wieviele Moeglichkeiten gibt es, einen Wald zu beschreiben? Puristen moegen sagen: "Hundertausend!" Von mir aus. Aber das sind Kritiker, keine Autoren - die haben von sowas, mit Verlaub, wenig Ahnung. "Goettin der Wueste" war fuer mich ganz bewusst ein Schritt in eine exotischere Richtung. Nach sechshundert Seiten Wueste war es dann aber auch damit gut. Nun war halt Venedig dran, weniger wegen seiner Exotik (IST Venedig exotisch?), sondern eher wegen seiner sehr eigenwilligen Atmosphaere. Im Film "Wenn die Gondeln Trauer tragen" ist wirklich nichts verfaelscht - genauso ist diese Stadt! Viele Autoren haben ueber ein Labyrinth von Gassen geschrieben, aber sie haben noch kein echtes gesehen, bevor sie nicht in Venedig waren. Das ist wirklich unfassbar. Ich war waehrend der Recherche fuer "Die Fliessende Koenigin" eine Woche lang dort, und trotz Stadtplan und passablem Orientierungssinn haben meine Frau und ich uns diverse Male verlaufen, vor allem nachts, wenn die Gassen wie leergefegt sind. Was die Reisen angeht: Ich war fuer meine Buecher in Rom, Prag, Venedig und diversen anderen Orten, nur Namibia habe ich mir erspart. Ich hasse Flugzeuge, und Fluege von mehr als zwei, drei Stunden versuche ich zu vermeiden. Allerdings spielt mein naechstes Buch fuer Heyne in der Suedsee...

CK:

Wie waehlst Du Deine Handlungsorte, speziell jetzt Venedig aus? Kennst Du die Orte bereits vor der Idee zu einem Buch, oder steht an erster Stelle die Idee, zu der Du dann einen passenden Ort suchst?

KM:

In Venedig war ich schon frueher, in Rom und einigen anderen Staedten aus meinen Buechern auch - ich kannte sie also schon, bevor ich darueber geschrieben habe. Nach Prag bin ich allerdings ganz bewusst mit der Idee fuer "Der Schattenesser" im Kopf gefahren.

CK:

Die Buecher um "Die Fliessende Koenigin" sollen in einem Abstand von jeweils einem Jahr erscheinen. Sind die beiden ausstehenden Titel schon fertig, oder wieweit steht die Handlung insgesamt bereits fest? Wie lange sitzt Du, insbesondere im Vergleich zu einem Titel fuer ein erwachsenes Publikum, an solch einem Buch?

KM:

Der zweite Band ist so gut wie fertig, ich sitze gerade am Finale. Band 3 steht nur als grobes Handlungsgeruest in meinem Kopf. Den groben Verlauf der Gesamthandlung kannte ich von Anfang an, es ist ja eine einzige Geschichte, die in drei Buecher gesplittet ist. Was die Dauer der Arbeit daran angeht: Ich mache keinen Unterschied zwischen "Die Fliessende Koenigin" und, sagen wir, "Die Unsterbliche", der Fortsetzung von "Die Alchimistin". Stilistisch gibt es da auch weit weniger Unterschiede als etwa bei den "Sieben Siegeln". Die Venedig-Trilogie ist nicht anders geschrieben als meine Erwachsenen-Buecher. Alles andere wuerde bedeuten, dass ich die Leser weniger ernstnehme oder vorab auf ein bestimmtes Alter spekuliere.

CK:

Arbeitest Du generell nach einem festen, im Vorfeld niedergeschriebenen Expose, oder laesst Du Dich von der Muse inspirieren, und von der Handlung mitreissen?

KM:

Ich arbeite fast ausschliesslich nach Exposes, die ich vorher Szene fuer Szene ausarbeite. Alles andere ist fuer mich nicht praktikabel. Hin und wieder habe ich mal versucht, einfach drauflos zu schreiben, vor allem bei den "Sieben Siegeln". Aber sowas macht mich nervoes, und meist gibt es Probleme mit dem Schluss. Es ist schon hart genug, sich jeden Morgen vor einen leeren Bildschirm zu setzen - wenn ich mir dann noch ueberlegen muss, was an diesem Tag an Handlung ansteht, macht mich das wahnsinnig. Ich mache dann tausend andere Sachen, vom Einkaufen bis hin zum Essengehen, nur um nicht schreiben zu muessen. Ich habe festgestellt, dass ich bei "ungeplanten" Buechern viel mehr Tage wegen Lustlosigkeit verliere als bei solchen, fuer die ich ein fertiges Expose habe. Abgesehen davon: Ein Expose ist ja nicht bindend, ich werfe staendig Ideen und ganze Szenen und Figuren ueber den Haufen, wenn sie mir beim Schreiben des Romans nicht mehr passen.

CK:

Inwieweit hattest Du auch auf die aeussere Gestaltung von "Die Fliessende Koenigin" Einfluss?

KM:

Es laeuft eigentlich bei den meisten Buechern so, dass mir Vorschlaege vorgelegt werden, die ich absegnen oder ablehnen kann - zumindest im Hardcover. Bei "Die Fliessende Koenigin" hat der Illustrator Joachim Knappe nur eine einzige Skizze angefertigt, mehr war nicht noetig. Wir waren alle sofort ueberzeugt. Ich halte das Bild fuer eines meiner schoensten Cover, vielleicht fuer das beste ueberhaupt. Es trifft die Atmosphaere des Romans haargenau. Bei Heyne ist es manchmal etwas komplizierter. Ich glaube, ich gelte dort in Cover-Fragen als ein wenig schwierig. Ich habe nach wie vor grosse Probleme mit dem Cover von "Die Unsterbliche", aber es war schon zu spaet, daran noch etwas zu aendern, auch wenn ich den ganzen Verlag damit verrueckt gemacht habe. Bei anderen Buechern hat das besser funktioniert: "Die Alchimistin", zum Beispiel, hatte erst ein ganz scheussliches Cover, ehe dann ein weit schoeneres ausgesucht wurde. "Goettin der Wueste" sieht im Taschenbuch auch besser aus als im Hardcover. Seit ich im Heyne-Taschenbuch meine eigene Autorenausstattung habe (also ein durchgehendes Design fuer alle meine Buecher) ist es ein wenig besser geworden; allerdings laengst nicht bei jedem Titel.

CK:

In Deinen letzten Romanen dominieren weibliche Protagonisten - so auch in "Die Fliessende Koenigin". Sind Frauen als Handlungstraeger fuer Dich interessanter und vielschichtiger als die ueblichen Indiana-Jones-Superhelden?

KM:

Maenner als Helden tendieren bei mir oft zu ziemlichen Waschlappen, waehrend meine Frauenfiguren in der Regel sehr tough sind. Ich habe bei maennlichen Protagonisten immer das Gefuehl, sie durch hundert Details brechen zu muessen, damit sie nicht so macho-maessig rueberkommen wie bei vielen US-Autoren. Bei Frauen ist das eher umgekehrt: Die mache ich immer noch staerker, selbstbewusster und cleverer, damit sie nicht in die entgegengesetzte Schublade rutschen. Insgesamt ist es auch so, dass ich die vier, fuenf Monate, die ich an einem Buch sitze, lieber tagtaeglich mit einer Frau verbringe als mit einem Mann. Ich muss mir auch keine Supermaenner als Alter Ego erschaffen - gross genug bin ich selbst...

CK:

Was musst Du als Autor bei dem Schreiben von Buechern fuer ein jugendliches Publikum beachten? Was ist, mal abgesehen von Gewalt- und Sexszenen, anders wenn Du einen "Sieben-Siegel"-Roman oder eines der Merle-Buecher verfasst? Ist da eine bestimmte Message rueberzubringen, oder steht auch dort die spannende Erzaehlung, die Aufloesung der Raetsel im Vordergrund?

KM:

Es steht immer die Geschichte im Vordergrund, egal, ob ich fuer Erwachsene, Jugendliche oder beide schreibe. Es gibt Themen, die mir am Herzen liegen, aber nicht in Form irgendwelcher Botschaften, und die ziehen sich durch alle meine Buecher - sogar durch die beiden RTL-Filme. Aber sowas muss, bitte schoen, jeder selbst rausfinden. Ich werde mich hueten, sie als offensichtliche "Message" mit dem Vorschlaghammer einzubleuen.

CK:

Im Festa-Verlag ist jetzt die Serie Buchreihe "Kai Meyers Mythenwelt" in Vorbereitung, die auf deinem Konzept basiert. Der amerikanische Autor James A. Owen, der bislang im wesentlichen Comics getextet hat, sitzt derzeit an der Ausarbeitung (Phantastik.de berichtete). Hast du Dein "geistiges Kind" gerne aus der Hand gegeben?

KM:

Der Knackpunkt dabei ist James. Seine Sachen sind grossartig, und die ersten fertigen Manuskripte haben alle meine Erwartungen uebertroffen. Ich hoffe wirklich, dass sein Gespuer fuer skurrile Charaktere, grossartige Dialoge und einen ganz eigenen Humor in den Uebersetzungen rueberkommen wird. Aber ich bin da recht zuversichtlich. James und ich haben uns auf ziemlich merkwuerdige Art und Weise kennengelernt. Bekanntgeworden ist er in den USA durch seine Comic-Reihe "Starchild", eine Fantasy-Serie irgendwo zwischen Neil Gaimans "Sandman", Holdstocks "Mythago Wood" und Irvings "Sleepy Hollow". Ich habe vor ein paar Jahren bei ihm einen Kunstdruck eines seiner Bilder bestellt, die Lieferung verzoegert sich, und darueber sind wir zum ersten Mal in Kontakt gekommen. Spaeter hat James dann ein altes Kunstmagazin vom Beginn des 20. Jahrhunderts neu herausgegeben, "International Studio". Die Sache war ein ziemlicher Flop, von der ersten Nummer sind nur ein paar Dutzend Exemplare ausgeliefert worden - der Rest verrottet in irgendeinem Lagerhaus. Ich hatte mir damals bei Bud Plant die Nummer 1 bestellt und war, wie ich spaeter erfuhr, einer der ganz wenigen, die ein Heft bekommen haben. Ich schlage also das Magazin auf, schaue ins Impressum - und sehe unter "European Correspondent" meinen Namen! Ich hab erstmal lachen muessen, es war so offensichtlich, dass James irgendeinen europaeischen Namen brauchte, damit das Ganze besser klingt. Nur gefragt hatte er mich nicht. Ich hab ihm daraufhin ein Fax geschickt, er hat sich entschuldigt - und seitdem stehen wir fast taeglich ueber E-Mail in Kontakt. Als dann das "Mythenwelt"-Projekt geboren wurde, habe ich ihn gefragt, ob er nicht einen Band schreiben wolle. Er war so euphorisch und voller Ideen, dass er jetzt alle sieben schreibt. Tagsueber arbeitet er mittlerweile uebrigens in einem grossen Animationsstudio in Phoenix, bei den Leute, die unter anderem "Titan A.E." gezeichnet haben.

CK:

Wie funktioniert die Zusammenarbeit? Bist Du laufend involviert? Bist Du als stilistisch sehr anspruchsvoller Autor mit den bisher vorliegenden Ergebnissen zufrieden?

KM:

Ich kenne die Exposes - die uebrigens von James stammen, nicht von mir. Ich habe lediglich die Grundidee und ein paar Details beigesteuert, vor allem Elemente der ersten beiden Buecher. Jetzt bekomme ich ab und an ein fertiges Manuskript, mache Vorschlaege, James arbeitet sie ein und dann geht das Ganze zu Hannes Riffel zur Uebersetzung.

CK:

Bei Feder & Schwert kam jetzt mit "Engel: Pandoramicum" ein Comic-Album heraus, fuer das Du nicht nur den Text geschrieben hast - du hast auch mit an dem Rollenspiel gearbeitet, auf dem die Geschichte basiert. Neuland fuer Dich, oder? Gibt es da fuer die Zukunft weitere gemeinsame Projekte ?

KM:

Erstmal muss "Engel" im Markt etabliert werden. Das wird ein paar Jahre dauern, schaetze ich. Dann sehen wir weiter.

CK:

Im August 2001 erscheint bei Heyne mit "Die Unsterbliche" die Fortsetzung zu Deinem bislang erfolgreichsten Roman "Die Alchimistin". War eine Fortsetzung bereits urspruenglich eine Option, oder kam die Idee erst nach dem kommerziellem Erfolg auf?

KM:

"Die Unsterbliche" ist weniger eine uebliche Fortsetzung, als der zweite Band einer grossangelegten phantastischen Familiensaga. "Die Alchimistin" war bewusst in diese Richtung angelegt, man kann das ganz deutlich im Buch erkennen. Das urspruengliche Expose war noch viel laenger als der fertige Roman, und Teile von dem, was damals aus Gruenden des Umfangs wegfiel, tauchen jetzt in "Die Unsterbliche" auf. Die Frage ist natuerlich, ob Heyne ohne den Erfolg des ersten Buches mitgespielt haette, als ich gesagt habe, ich will weiter ueber Aura und die anderen schreiben. Aber so war das zum Glueck nie ein Problem. In zwei, drei Jahren wird dann wohl auch ein dritter Band erscheinen.

CK:

Neben "Die Unsterbliche", diversen Neuauflagen z.B. Deines "Nibelungen"-Zyklus bei Heyne, und dem zweiten Band um Merle und die "Fliessende Koenigin" - wie sieht Deine weitere Planung fuer 2001/2002 aus? Was fuer Projekte sind bereits spruchreif?

KM:

Spruchreif ist das naechste Heyne-Hardcover fuer den Herbst 2002. Die Geschichte wird, wie gesagt, in der Suedsee spielen. Aber mehr mag ich dazu noch nicht verraten. Nur so viel: Das Buch wird sehr duester werden, eine ziemlich groteske Art von historischem Horror-Roman.

CK:

Was wurde aus den Optionen der Verfilmung Deiner Buecher, insbesondere von "Die Geisterseher"?

KM:

Die Filmrechte an "Die Geisterseher" und "Hex" sind an mich zurueck gefallen, obwohl der Regisseur Peter Keglevic nach wie vor versucht, "Hex" als Film auf die Beine zu stellen. Auch "Der Rattenzauber" ist geplatzt - zum Glueck, ehrlich gesagt. Das Drehbuch hatte, obwohl ich es geschrieben habe, auf Wunsch von RTL nicht mehr viel mit dem Roman zu tun. Im Allgemeinen sind aber vor allem die astronomischen Kosten das Problem. Gerade wurde "Sieben Siegel" optioniert, die Produktionsfirma von Alfred Biolek versucht, das Ganze als Serie fuers Kinderprogramm zu entwickeln.

CK:

Zu "Die Fliessende Koenigin" gab es fuer Presse und Buchhandel eine CD, auf der ein Stueck aus dem zweiten Kapitel des Romans gelesen wird, gekoppelt mit einem Interview mit dir. Ist eventuell auch an eine offizielle Auswertung als Hoerbuch gedacht?

KM:

Bislang nicht. Kann aber noch kommen.

CK:

Du hast einmal erzaehlt, dass Du als jugendlicher Leser viel SF verschlungen hast. Tolkiens "Herr der Ringe" gehoert zwar nicht unbedingt stilistisch, aber vom Erzaehlen her zu Deinen Vorbildern. Koenntest Du Dir vorstellen, einmal einen tolkienesquen Fantasy-Roman oder eine Space Opera zu verfassen?

KM:

Ich bin da sehr unentschieden. An einem Tag habe ich furchtbare Lust auf Fantasy a la Tolkien, am naechsten ueberhaupt keine. Fuer Space Opera gilt dasselbe. Meine Nibelungen-Romane, die im September gesammelt bei Heyne unter dem Titel "Nibelungengold" wiederveroeffentlicht werden, haben teilweise einen starken High-Fantasy-Einschlag. "Das Drachenlied" war der Versuch, ein wenig in die Richtung von "Der Hobbit" zu gehen. Und "Der Rabengott" ist meine Variante eines Sword-and-Scorcery-Helden im Stile Elrics.

CK:

Du bist jetzt seit einigen Jahren als Autor erfolgreich taetig. Da erreichen Dich doch bestimmt auch jede Menge Fanpost, Kritik oder Anregungen sowie Fragen Deiner Leser. Nervt Dich das, stoert Dich eine Einmischung in Deine Welt wenn Du Vorschlaege bekommst, hast Du schon einmal konkret auf Hinweise oder Kritik reagiert?

KM:

Die meisten E-Mails und Briefe kommen zu den Jugendbuechern, und das ist wirklich eine tolle Sache. Meist sind das 10- bis 14jaehrige, die mit einer unglaublichen Begeisterung an die Buecher herangehen. Wer das Gaestebuch auf der "Sieben-Siegel"-Homepage unter www.siebensiegel.de verfolgt, weiss, wieviel Zuendstoff zum Beispiel im Liebesleben eines der Helden stecken kann... Ansonsten gilt: Kritik kommt selten, eher Zuspruch. Vereinzelt mal ein Hinweis auf einen Fehler. Im Hardcover von "Goettin der Wueste" gibt es irgendwo einen Satz, in dem eine taube Hauptfigur anmerkt, dass die Voegel verstummt sind oder etwas in der Art... Das ist sowohl mir als auch der Lektorin durch die Lappen gegangen. Eine Leserin hat mich darauf hingewiesen, und in der Taschenbuchausgabe habe ich den Satz dann geaendert. Solche Tips sind natuerlich sehr willkommen.

CK:

Wenn Du zurueckdenkst, welches Buch ist in der Retrospektive Dein eigenes Lieblingsbuch und warum? Liest Du ab und an Deine alten Titel nochmals an, benutzt Du Fragmente und Ansaetze aus aelteren Buechern in Deinen aktuellen Werken?

KM:

Ich habe einmal einen einzigen Absatz aus einem meiner Heftromane in "Hex" verbraten, die Beschreibung einer Moorlandschaft. Heute wuerde ich das nicht mehr tun. Hin und wieder lese ich mal in das eine oder andere aeltere Buch hinein, aber selten. Fuer "Die Unsterbliche" musste ich zwangslaeufig "Die Alchimistin" nochmal ueberfliegen - woraufhin ich in der 9. Auflage des Taschenbuchs gleich ein Dutzend Aenderungen habe machen lassen. Sowas erspare ich mir in Zukunft lieber. Mein Lieblingsbuch? Schwer zu sagen. "Goettin der Wueste", obwohl ich zum Zeitpunkt der Erstveroeffentlichung ziemlich unsicher war, ob es funktioniert. Heute halte ich es fuer eines meiner besten und ambitioniertesten Buecher. Gleiches gilt fuer "Das Geluebde", gerade weil es so vollkommen anders ist als alle anderen. Ein Kammerspiel, fast ein Zwei-Personen-Stueck - darauf bin ich ziemlich stolz. Dann "Der Schattenesser", wegen der Thematik und weil es einfach voellig ueberdreht ist. "Das Haus des Daedalus", weil ich sofort nach Rom ziehen wuerde, wenn ich koennte. Und jetzt natuerlich noch "Die Fliessende Koenigin", weil es ganz genauso geworden ist, wie ich es haben wollte - vielleicht sogar noch besser.

CK:

Ein schoenes Schlusswort! Vielen dank, dass Du Dir die zeit fuer das Interview genommen hast. Wir wuenschen Dir fuer die Zukunft alles Gute, und uns natuerlich, dass weiterhin solch tolle Buecher von Dir erscheinen werden.


 
 
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